Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: @Alex

susu, Friday, 04.04.2003, 21:57 (vor 7713 Tagen) @ Garfield

Als Antwort auf: Re: @Alex von Garfield am 04. April 2003 10:51:07:

Hallo Garfield.

Ja, es gibt auch Natur-Völker, bei denen Frauen und Männer grundsätzlich gleichermaßen auf die Jagd gehen. Das funktioniert aber nur unter bestimmten Bedingungen. Nämlich dann, wenn es keine kräftigen Raubtiere und auch keine anderen Menschengruppen in der unmittelbaren Nähe gibt, gegen die man sich verteidigen muß. Und wenn die Beutetiere ebenfalls nicht besonders kräftig und schnell sind. Dann nämlich ist der Macho-Mann auf einmal weniger gefragt, und wenn Menschen über sehr lange Zeit unter solchen Bedingungen leben, scheint durchaus der Effekt einzutreten, daß Männer und Frauen sich in ihren Erbanlagen wieder annähern. Weil einfach die frühere Rollenverteilung nicht mehr wirklich nötig ist und die entsprechenden Instinkte dann nach und nach verkümmern.

Siehst du das in anderen Zusammenhängen als Naturgegeben an? Und welche Vorteile bietet der Macho-Mann (oder überhaupt eine Aufgabenteilung nach Geschlecht) in der heutigen Gesellschaft?

Das mag ja sein. Es gibt da aber schon Kriterien, die mehrheitlich auf Männer zutreffen, wie eben auch Kriterien, die mehrheitlich auf Frauen zutreffen. Wenn es nicht so wäre, dann würde man ja Männer und Frauen am Gesicht grundsätzlich gar nicht unterscheiden können. Natürlich gibt es Menschen, bei denen das schwierig ist. Aber die meisten Menschen lassen sich schon eindeutig zuordnen.

OK, aber eigentlich machen die Menschen, die nicht so einfach zuzuordnen sind, oder fast immer anders zugeordnet werden als sie sich selbst sehen diese These zunichte. Frau O. wird von Leuten, die sie nicht kennen grundsätzlich als "der Mann da" beschrieben.

Außerdem ging es ja eben nicht darum, herauszufinden, welches Gesicht nun männlich oder weiblich ist. Man hat vorher festgelegt, welche Gesichts-Bausteine männlich und welche weiblich sind. Wenn dann später im fertigen Gesicht die männlichen Bausteine überwogen, war das Gesicht eben eher männlich, ansonsten eher weiblich.

Die Frage ist doch, warum diese Gesichtsteile gendered sind.

Ja, das sehe ich auch so. Nur bezweifle ich, daß es wirklich immer 100%ig gelingt, diese angeborenen biologischen Grundlagen zu überformen. Ich denke, sie sind tief in uns allen unverändert immer noch da und werden nur durch anerzogene bewußte oder auch unbewußte Überlagerungen mehr oder weniger überdeckt oder verfälscht. Und das alles scheint ganz offensichtlich auch noch mit dem Hormonspiegel zusammen zu hängen. Denn wenn Hormontherapien sich schon körperlich so extrem auswirken können (wie z.B. bei chinesischen Schwimmerinnen...), wieso sollten sie dann keinerlei Wirkung auf die Psyche haben? Tatsächlich wurde bei Personen, die zwecks Geschlechtsumwandlung eine Hormontherapie bekommen haben, festgestellt, daß sich auch ihre Hirnaktivitäten drastisch veränderten. Bei natürlichen Hormonschwankungen dürften die Wirkungen natürlich nicht so krass, aber doch auch vorhanden sein. Wie ja auch dieser Test mit den Frauen in und außerhalb der Eisprungphase gezeigt hat. Und eigentlich dürfte jeder auch schon bei sich selbst festgestellt haben, daß wir in gewissen Situationen eben auch schon mal bereit sind, Dinge zu tun, die wir sonst niemals tun würden...

Wobei komischerweise dieselben Hormonkonstellationen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen. Viele Frauen erleben die Menopause als deprimierend, Transmänner die die gleichen Effekte während der HRT erleben, sind darüber hocherfreut (na, nicht unbedingt über die Schweißausbrüche...). Und das sich Hirnaktivitäten verändern, kann auch damit zu tun haben, daß sich die Einstellung zum eigenen Körper ändert. Es gibt keine einfache Verbindung zwischen Hormonen und Psyche, oder auch Hormonen und Handeln.

Ja, das stimmt. Ich kann mir beispielsweise gut vorstellen, daß bei den heutigen Zuständen in Deutschland so mancher junge Mann echte Minderwertigkeitskomplexe wegen seines Geschlechts entwickelt und vielleicht nur deshalb plötzlich den Wunsch nach einer Geschlechtsumwandlung verspürt.

Den Gedanken kann ich aus meiner Erfahrung nicht bestätigen. Die These von den Minderwertigkeitskomplexen ist mittlerweile aus der psychologischen Betrachtung von GID verschwunden, was sich auch in der Namensgebung (früher hieß´es GDD: Gender disphoria disorder) wiederspiegelt.

Man muß dabei aber auch bedenken, daß viele Tierarten eine völlig andere Lebensweise haben als wir. Da ist es nämlich teilweise so, daß die Geschlechter fast das ganze Jahr über getrennt leben und sich nur zur Paarungszeit treffen. So können natürlich dauerhafte Partnerschaften nur zwischen Tieren desselben Geschlechts entstehen. Ich denke, daß solche Partnerschaften durchaus einen biologischen Sinn haben. Gerade für Tiere, die Angriffe von Raubtieren zu befürchten haben, ist es gut, in der Herde oder zumindest zu zweit unterwegs zu sein. So können sie sich gegenseitig warnen. Und homosexuelle Kontakte kommen dann allein schon deshalb zustande, weil bei manchen Tierarten nur sehr wenige Männchen überhaupt bei den Weibchen zum Zuge kommen. Den übrigen bleibt also gar nichts anderes übrig, als aufeinander herumzurammeln, um ihren Trieb abzureagieren.

Och, es gibt ja auch noch die Onanie. Das praktizieren so gut wie alle Säugetiere.

Noch mal der Tip: Biological Exhuberance. Ein wirklich lesenswertes Buch.

Das mag sein. Aber insbesondere bei der Umwandlung vom Mann zur Frau bringt doch auch eine Hormontherapie im Erwachsenenalter keine 100%igen Ergebnisse mehr. Vielen Frauen, die früher Männer waren, sieht man das jedenfalls auch deutlich an. Wenn jedoch die Therapie schon in der Kindheit beginnt, sind die Ergebnisse besser.

Na ja, was bedeutet 100%ige Ergebnisse? Um´s mal so zu sagen, auch die meisten Cisfrauen sind keine Supermodels und einige MtFs sehen nach den gängigen Schönheitsidealen weitaus besser aus, als die Mehrheit der Frauen.
Und passen tun viele...

Ja, das stimmt in der Theorie. Aber was würdest du deinem Kind sagen, wenn es dir immer wieder erzählt, daß es von anderen beschimpft oder sogar körperlich angegriffen wird, einfach nur, weil es eben "anders" ist? Dann kannst du ihm zwar sagen, daß nur Idioten sowas tun, aber davon werden die Beschimpfungen auch nicht weniger verletzend und die Schläge auch nicht weniger schmerzhaft.

OK, aber kann ich ein schwarzes Kind weiß machen, damit es mit weniger Problemen zu rechnen hat? Kann ich ein Kind mit einer Körperbehinderung davor schützen "anders" zu sein?

Ja, bei Toiletten mag das reichen... Aber stell dir mal folgende Situation vor: Du stehst in einem öffentlichen Schwimmbad nackt unter der Dusche. Auf einmal kommt eine Gruppe pubertierender Mädchen rein. Sie machen aber keine Anstalten, normal unter die Duschen zu gehen, sondern stellen sich vor dir hin, diskutieren lauthals Größe und Form deiner Geschlechtsteile und machen sich womöglich noch über dich lustig. Fändest du das toll? Wenn es da keine Verbote mehr gäbe, könntest du dich noch nicht einmal darüber beschweren, denn es wäre dann ja ihr gutes Recht, dort zu stehen...

Dort zu stehen ist ihr gutes Recht, mich in meiner Menschenwürde zu verletzen nicht. Da ist Art.1 GG vor.

Das Problem ließe sich nur lösen, indem man jede Dusche mit einer Kabine umgibt. So etwas hab ich aber noch nie in irgendeiner Schwimmhalle gesehen. Man müßte also sämtliche öffentlichen Duschräume umbauen...

Dazu könnte ich auch wieder Bände schreiben: Warum T* nicht in´s Schwimmbad gehen... Ja, im Prinzip müßte das, oder es müste zumindest eine Einzelkabine geben auf die ausgewichen werden kann. Das ist nicht allein ein Trans-Thema: Wie wird sich ein Junge, der von einem Mann sexuell mißbraucht wurde in einer Gemeinschaftsdusche fühlen?

susu


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