Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: @Alex

Alex, Friday, 21.03.2003, 16:31 (vor 7727 Tagen) @ Garfield

Als Antwort auf: @Alex von Garfield am 21. März 2003 12:43:37:

Huhu Garfield!

Das Problem besteht eben darin, daß wir nichts weiter sind als die geistig höchstentwickelten Tiere auf diesem Planeten. In früheren Zeiten hatten alle diese negativen Verhaltensweisen, über die wir hier schreiben, durchaus ihren Sinn und ihre Berechtigung. Und in gewisser Hinsicht haben sie sie durchaus auch noch heute. Viele Menschen sind nach wie vor schon rein instinktiv bestrebt, ihre Erbanlagen weiter zu geben. So mancher "normale" Mann wird einen Mann wie Jaye Davidson durchaus attraktiv finden - nur Kinder kann er mit ihm nun einmal keine zeugen.

Woher weißt Du das? Jaye hat Statements hierzu abgelehnt. Mir ist nicht bekann, welche Genitalien er besitzt, auch nicht, ob er Eizellen produziert oder eine Gebärmutter hat, ebensowenig wie ich weiß ob er spermienproduzierende Hoden besitzt, oder beides. Das einzige was sichtbar ist, ist, dass es sich um einen, meiner Meinung nach, sehr attraktiven Menschen handelt, der für mich sehr viel Harmonie ausstrahlt.

So gesehen ist es durchaus natürlich, solche Menschen abzulehnen. Alles, was nicht vom äußeren Anschein her in's Schema "zur Familiengründung geeignet" paßt, wird als "unnormal" eingestuft und somit instinktiv abgelehnt.

Ich tippe eher auf Ideologien als Ursache dieses Übels. Im Tierreich ist solches Verhalten eher selten, soweit ich weiß. Da sinkt dann lediglich die Attraktivität für einen potentiellen Partner, wenn ein Schlüsselreiz fehlt, oder schwächer ausgebildet ist. Beispiel Po bei Schimpansen ist ein Merkmal für die Attraktivität. Runder, großer Po = Attraktiver für pot. Partner und korreliert mit der "Gebährfreudigkeit". Das bedeutet aber nicht, dass bei geringerer Ausprägung die betreffenden Tiere abgelehnt oder ausgestoßen werden.

Damit will ich das nicht befürworten, aber es ist leider nur allzu menschlich, so negativ auf alles "Unnormale" zu reagieren. Das steckt tief in uns allen drin. Ab einem gewissen Intelligenzgrad kann man solche negativen Instinkte vielleicht ganz gut kontrollieren, aber sie sind mehr oder weniger immer da...

Wie gesagt, ich tippe mehr darauf, dass Ideologien da viel Unsinn verursacht haben. In anderen Kulturen waren z.B. Hermaphroditen sehr angesehen.

"Real ist für TG, dass sie so, wie es ihrem Wesen entspricht nicht leben können, OHNE das Geschlecht zu wechseln, weil die Ablehnung der Umwelt dann noch stärker wäre. Außerdem darfst Du nicht vergessen, dass es auch unter TG genauso viele Klischeegläubige gibt, wie in der Durchschnittsbevölkerung auch."
[quote]Das sehe ich auch so. Die Frage ist aber: Wie kommt ein Mensch erst einmal zu dem Wunsch, eben nicht seinem offiziellen Geschlecht entsprechend leben zu wollen? Dazu wird doch nun gerade kaum jemand erzogen. Der Wunsch kommt oft einfach von innen heraus, resultiert also ganz offensichtlich eben nicht immer aus irgendeiner Erziehung, sondern zumindest in vielen Fällen aus dem, was dieser Mensch eben schon von Natur aus IST.
[/quote]

Meines Erachtens entsteht der Wunsch daraus, dass eine scharfe Trennung von "Tugenden" und "Verhaltensregeln" vorgenommen wurde, die so, meiner Meinung nach, nicht mit dem Geschlecht, sondern nur mit dem individuellen Wesen in Verbindung gebracht werden kann.
Merkt nun ein Mensch, dass eine wesentlich größere Zahl von Verhaltensweisen, die er bevorzugt dem "anderen" Geschlecht zugeordnet werden und bleibt er in der binären Logik, dass diese auch dem "anderen" Geschlecht "gehören", dann kommt der Gedanke auf vielleicht "im falschen Körper" gebohren zu sein, und wir haben eine GID diagnostiziert. Eine kleinere Anzahl von Verhaltensweisen wird je nach Umfeld toleriert, oder derjenige unterdrückt sie. Aber ab einem gewissen Maß von "nicht in die Schublade passen" wird derjenige möglicherweise an Trans* denken.

Man muß dabei immer auch bedenken, daß erwachsene Menschen ja schon jahrzehntelange Beeinflussung durch die Umwelt hinter sich haben, in positiver wie in negativer Hinsicht. Das kriegt man nicht einfach so von heute auf morgen wieder raus. Wenn man sie wenigstens schon mal dazu gebracht hat, über bestimmte Mißstände nachzudenken oder manche Äußerungen oder Verhaltensweisen vielleicht einzuschränken, hat man schon viel erreicht. Die nächste Generation wird dann schon weniger negativ beeinflusst, und so ändert sich dann mit der Zeit eben doch einiges wirklich und nicht nur zum Schein.

Das stimmt. Vor wenigen Jahrzehnten wären zwei sich küssende Männer im Straßenbild undenkbar gewesen, heute werden sie dafür wenigstens meist nicht mehr gesteinigt. Wir scheinen also auf einem Weg der Besserung zu sein. Aber solange da von manchen noch dumme Kommentare kommen, solange sollte man als Mensch mit halbwegs Verstand im Kopf, dazu nicht schweigen. *hihi* eine Freundin von mir hat mal mitten in einem Kaufhaus ein Pärchen "zur Sau gemacht", die dabei waren einen Transvestiten übelst zu beschimpfen.... die waren so verdattert, dass sie mit denen danach sogar vernünftig reden konnte und die echt was kapiert haben *g* Ich hab mich am Boden gerollt vor Lachen, als sie mir die Geschichte erzählte. So wie das klang, haben die zugegeben sich dumm verhalten zu haben und werden das wohl nie wieder tun :-))

"Anfänglich würde es schon helfen, wenn Intoleranz öffentlich verurteilt würde und z.B. nicht zum Verlust des Jobs führen könnte. Ich erinnere da an eine TG Bürgermeisterin Michaela Lindner. Was hatte sich da verändert? Die politische Meinung wohl kaum."
[quote]Ja, und es war gut, daß damals groß darüber berichtet wurde. Das hat mit Sicherheit viele Menschen zum Nachdenken gebracht.
[/quote]

Ich hoffe es.

"...während die nicht-operierten oft sehr zufrieden leben, wenn es ihre Erziehung zulässt ein stabiles Selbstbewußtsein aufzubauen."
[quote]Ja, eben - WENN! Die Erziehung kommt aber nicht nur von Eltern oder Lehrern, sondern in nicht unerheblichem Maße auch von Mitschülern, gleichaltrigen Freunden usw. Gerade Kinder in jungen Jahren verfügen weder über die nötige Lebenserfahrung noch über die geistigen Fähigkeiten, um ihre Instinkte zu kontrollieren. [/quote]
Folglich leben sie sie voll aus, und jedes Kind, das irgendwie "unnormal" ist, bekommt das mehr oder weniger zu spüren. All die schönen Sprüche von Toleranz und Akzeptanz interessieren da einen Scheißdreck. Besonders fatal ist das, weil gerade die Kindheitsjahre einen Menschen entscheidend fürs spätere Leben prägen. Wenn ein Kind jahrelang von anderen Kindern systematisch fertiggemacht wird, bleibt nichts mehr übrig, was man noch als Selbstbewußtsein bezeichnen könnte. So ist das Leben - hart, aber dafür auch ungerecht.

Wie gesagt... mehr Ideologien als Instinkte sind meiner Meinung nach die Ursache des Übels.... und die werden von Eltern an ihre Kinder weitergegeben. Wenn also die Eltern der Mitschüler Deines Kindes sich dumm verhalten, hat Dein Kind darunter zu leiden, das ist richtig. Und das habe ich am eigenen Leib erfahren.
Ich könnte auch schwerlich leugnen, dass das die Ausbildung eines gesunden Selbstbewußtseins deutlich schwerer macht... aber schwerer hat es jeder Mensch, der in Normen zu passen hat und weiß, dass er ihnen nicht gerecht werden kann (und/oder will).
Und letztlich bin ich meiner Meinung nach ganz gut geraten *g* und nicht sonderlich verschüchtert oder zur instabilen Persönlichkeit herangewachsen, auch wenn es manchmal sehr hart war. Ich denke ich bin daran gewachsen und hab vielleicht mit dadurch einen äußerst sensiblen Sinn für soziales Verhalten und insbesondere für Gerechtigkeit entwickelt, was zumindest die zu schätzen wissen, die mich mögen.

Liebe Grüße

Alex


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