Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Verstiegen ....

Alex, Thursday, 20.03.2003, 20:07 (vor 7728 Tagen) @ Garfield

Als Antwort auf: Re: Verstiegen .... von Garfield am 20. März 2003 16:19:03:

Hallo Garfield!

Nun muß ich mich auch langsam wieder melden :-)

Also dass das hier theoretisch wird, ist zwangsläufig allein schon durch manche Kritik an unserer Denkweise so. Es ist unglaublich schwierig einem Menschen, der zwei Geschlechter als ultima ratio ansieht zu vermitteln, dass man selber der Meinung ist es gäbe diese zwei Geschlechter nicht, sondern nur einen völlig kontinuierlichen Geschlechter-Raum. Das ist mathematisch gesprochen der Versuch jemanden, der nur 0 und 1 kennt von der Existenz der reellen Zahlen zu überzeugen.
Wichtig ist dabei nicht die Theorie an sich, sondern durch entkräften von scheinbaren Gegenargumenten erst mal zum Nachdenken darüber anzuregen.
Die Theorie von zwei Geschlechtern ist bei den Menschen so fest verankert, dass kaum jemand auch nur ansatzweise wagt daran zu zweifeln und rationale Überlegungen darüber anzustellen.

Auch in der Wissenschaft ist es allgemein üblich, komplexe Zusammenhänge in vereinfachten Modellen darzustellen. So gibt es beispielsweise keinen wirklichen Atomkern, genauso wenig wie es eine wirkliche Atomhülle gibt. Trotzdem werden diese Begriffe allgemein verwendet, weil man sich den Sachverhalt dann vereinfacht bildlich vorstellen kann.

In der Wissenschaft dienen Modelle der Erklärung und i.d.R. sind die Gültigkeitsgrenzen von Modellen genau festgelegt.
Das Modell Geschlecht, wird aber völlig selbstverständlich als allgemeingültig gebraucht und dazu mißbraucht Wesen die offensichtlich NICHT in den Gültigkeitsbereich dieses Modells fallen AN DAS MODELL anzupassen. Teilweise sogar mit gesetzgebender oder chirurgischer Gewalt (was von den Betroffenen sogar als Folter geschildert wird; siehe z.B. hier) und das alles nur um ein falsches Modell als allgemeingültig beizubehalten, welches NICHT allgemeingültig ist! Das erinnert an das Beibehalten des geozentrischen Weltbildes, wider besseres Wissen, sehr.

Wenn man vom männlichen und vom weiblichen Geschlecht spricht, hat das letztendlich auch nur Modellcharakter. DEN typischen Mann und DIE typische Frau wird man real kaum finden. Dennoch kann man die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung trotz mehr oder weniger großer Abweichungen von der jeweiligen Norm einem dieser beiden "Modellgeschlechter" zuordnen.

Wie viele davon fühlen sich durch die Normierungssucht und restriktive Umwelt wohl dazu genötigt, in eines dieser Modelle zu passen, und schaffen es dadurch nicht, sie selbst zu sein?
Ich vermute, dass es eine Mehrheit wäre, die NICHT in eines dieser Modelle auch nur annährend passt, wenn da nicht eine Gehirnwäsche vom Tag der Geburt an stattfinden würde, über die sich nur wenige hinwegsetzen können.

Ich bin mir nicht so sicher, worum es dir eigentlich konkret geht.

Es geht darum, den Sinn und Unsinn dieses Gechlechter-Modells zu prüfen, und zwar so rational, dass anerzogene Schein-Axiome ebenfalls neu auf Wahrheit geprüft werden und nicht ein neues Modell auf einem alten und falschen Modell aufgebaut wird.

Es gäbe zwei Möglichkeiten, um die von dir immer wieder angesprochene Problematik mit den Geschlechtern zu lösen:
[quote]Erstens könnte man die Anzahl der Geschlechter erweitern. Aber wo soll das enden? Zunächst einmal könnte man ein drittes Geschlecht einführen, dem alle Menschen zugeordnet werden, die man den beiden jetzt allgemein anerkannten Geschlechtern nicht einigermaßen eindeutig zuordnen kann.
[/quote]

Vorher stellt sich mir noch die Frage: Welchen Sinn macht dieses Modell überhaupt?

Das wird manchen Menschen aber dann auch bald nicht mehr reichen. Menschen, die z.B. körperlich Männer sind, sich psychisch aber als Frauen fühlen, könnten die Einführung eines eigenen Geschlechtes verlangen, oder auch Menschen, deren Chromosomen irgendwie von der Norm abweichen... Ehe wir uns versehen, haben wir dann auf einmal mindestens 32 (und irgendwann womöglich mal 10 Milliarden) Geschlechter, die sich noch nicht einmal bei der Geburt festlegen lassen. Man müßte einem Menschen bei der Geburt erst einmal ein zeitweiliges Geschlecht verpassen, das dann später nach aufwändigen körperlichen und psychologischen Untersuchungen endgültig festgelegt werden müßte...

Wenn es jedoch wirklich einen Sinn hätte ein Geschlecht festzulegen, wovon ich wie gesagt nicht überzeugt bin, dann könnte es Sinn machen, das Modell auch nur dort anzuwenden, wo es wirklich von Nutzen ist. Um Deine Aussage über die Anzahl der Geschlechter aufzugreifen: Heute gehen Humanwissenschaftler von etwa 4000 Geschlechtervarianten aus.

Das würde einen Riesen-Aufwand mit sich bringen. Und wofür?

Welchen Aufwand, wenn die Geschlechtsbestimmung nur dort vorgenommen wird, wo sie einen Nutzen bringt, würde das den Aufwand sogar reduzieren... so viele sinnvolle Anwendungen gibt es ja nicht, denk ich mal.

Da wäre die zweite Möglichkeit schon wesentlich einfacher: Wir schaffen den Geschlechtsbegriff einfach ab. Administrativ wäre das wahrscheinlich kaum ein Problem. Aber ansonsten fallen mir da ad hoc doch einige Probleme ein:
[quote]Konsequenterweise dürfte man dann ja öffentliche Toiletten, Umkleideräume oder Duschen nicht mehr nach Geschlecht trennen. Und damit hätten viele Menschen aber definitiv ein Problem.
[/quote]

Weil sie das per täglicher Gehirnwäsche anerzogen bekommen haben, dass sie ja etwas gaaaanz anderes sind! Wenn dieses unlogische Gedankengespinst ein Ende hat, wird das genauso selbstverständlich, wie die gemischte Sauna.

Man müßte dann konsequenterweise auch die Sprache vereinheitlichen, also alle eindeutig weiblichen oder eindeutig männlichen Formen entfernen. Wer will das wirklich?

Seh ich nicht so... das entwickelt sich von selbst... die Sprache ändert sich eh ständig und passt sich der Kultur an.

Und vor allem müßte man die Menschen dahingehend beeinflussen, sich nicht mehr als Frauen oder Männer zu sehen. Das wäre dabei wohl das größte Problem, denn das wollen wirklich nur vergleichsweise wenige.

Och, das sehe ich anders... ich hab nicht das geringste Problem damit, ob sich jemand so oder so oder so sieht... solange ich selber AUCH so akzeptiert werde, wie ich bin. D.h. es würde völlig genügen Akzeptanz und Respekt jedem Menschen gegenüber einzuführen.


Wie man's auch dreht und wendet - der Anschiß lauert überall und recht kann man's eh nicht allen machen. Die Beibehaltung der zwei "Modell-Geschlechter" scheint mir jedenfalls das kleinste Übel zu sein.

Wenn Du mir endlich erklären würdest, wozu das gut sein soll, könnte ich auch dazu Stellung nehmen. Ich sehe im Mißbrauch dieses Modells ein großes Übel. Akzeptanz und Toleranz dagegen enthalten für mich keinerlei Übel.

Wenngleich man manche momentan übliche Praktiken (wie z.B. die zwangsweise Zuordnung von nicht ganz eindeutig geborenen Kindern zu einem der beiden anerkannten Geschlechter per OP) doch überdenken sollte.

Dazu ein deutliches JA! Wie gesagt, Betroffene schildern es als Folter und jahrelange Vergewaltigung. Das sollte genügend zu denken geben.

Liebe Grüße

Alex


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