Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Wie versprochen: Grundsatztext

Arne Hoffmann, Monday, 10.03.2003, 11:36 (vor 7738 Tagen) @ Alex

Als Antwort auf: Re: Wie versprochen: Grundsatztext von Alex am 10. März 2003 08:50:52:

Hi Alex,

ich sehe, ich habe mit dir prinzipiell dasselbe "Problem" wie mit Susu. Unsere Positionen sind nicht weit genug auseinander, um eine Debatte nötig bzw. möglich zu machen.

Das läßt sich schwerlich bestreiten. Schlimmer noch: Kaum jemand wagt es überhaupt über berechtigte Zweifel an dieser Teilung wenigstens zu diskutieren, geschweige denn daran zu rütteln.

Was man insbesondere am Fall des Soziologiestudenten Michel/Birgit Reiter gut beobachten konnte, der bei der Geburt keinem eindeutigen Geschlecht zugeordnet werden konnte und in seinen Pass eine Eintragung als "Zwitter" wünschte. Das konnte er letztlich aber nicht durchsetzen. Der zuständige Richter befand: "Die rechtliche Bedeutung des Geschlechts ist zwar in den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland zurückgegangen. Wehrpflicht und Ehe sind aber nur zwei der wesentlichen Institute, die eine Zuordnung des Menschen zu einem der beiden Geschlechter voraussetzen."

Warum nicht? Außerdem waren die drei Punkte im Zusammenhang zu sehen! Der wichtigste Punkt war der, dass die "Vorteile" oft nur für denjenigen gelten, der gewisse Tätigkeiten verübt, oder eine Ansicht hat. Deswegen mein Beispiel mit der Autoaggression! Objektive Vorteile hat ein sich selbst verletzen sicherlich nicht... für denjenigen hat es sie aber dennoch. Du verstehst?

Ja. Ich möchte deswegen keine Debatte über diese Frage, weil sie zu weit von unserem Thema wegführen würde. Deshalb erst mal generelle Zustimmung im Zusammenhang, um den es hier geht.

Selbst die Häufigkeitsverteilung (insbes. der Gaußpeak) ist teilweise schon derart, dass kein Statistiker mehr eine Aussage tätigen würde.

Meinst du? Ich habe den Eindruck, bestimmte tertiäre Geschlechtsmerkmale, beispielsweise eine kräftige Statur, der typische "männliche Körperbau", findet sich weit überwiegend tatsächlich bei Männern.

Und generell: Wer es nötig hat, den Gesprächspartner herabzusetzen gibt zu verbal unterlegen zu sein, keinen besseren Weg zu wissen ...

Und nervt trotzdem. :-)

*lol* nun bin ich ernsthaft gespannt... sowas zersäge ich zum Frühstück *g*

Danke für deine Rückmeldungen zu den einzelnen Behauptungen. Ich halte dem zur Ergänzung und zum Vergleich mal entgegen, was ich dazu auf der Grundlage meiner Recherchen für "Sind Frauen bessere Menschen?" geschrieben habe. Wobei das natürlich arg verkürzt ist:

"Ihr hoher Testosteronhaushalt macht aus Männern wandelnde Zeitbomben." Entgegen dem landläufigen Vorurteil ist die Datenlage zu Testosteron mehr als dürftig und die Untersuchungen widersprechen einander stark. Auf dem Jahrestreffen der Gesellschaft für Hormonforschung 1995 wurden sogar Berichte verteilt, denen zufolge ein MANGEL an Testosteron aggressives Verhalten erzeuge. Die Aussagekraft von Tierversuchen, bei denen etwa Ratten in überfüllten Käfigen gehalten werden und gelegentlich einen Elektroschock bekommen, gilt ohnehin nicht als groß, da diese Lebensumstände mit dem Alltag eines Mannes doch nur in groben Grundzügen zu vergleichen sind. Sowohl die Zufuhr als auch die Rücknahme von Testosteron erzeugen jedenfalls keine beobachtbare Verhaltensänderung. In ihrem Buch "Sex im Gehirn" verweist es auch Annette Bolz deshalb ins Reich der Legenden, dass Testosteron Feindseligkeit oder Östrogen Sensibilität und soziale Kompetenz förderten.

- "Wenn Männer unter Druck stehen, fallen sie in andere Länder ein; Frauen hingegen fallen in Einkaufszentren ein." Dieses Klischee übergeht, dass Männer nicht aus persönlichem Druck oder Aggression heraus in den Krieg ziehen, als ob es eine Kneipenschlägerei wäre. Stattdessen spielen in diese politische Entscheidung die unterschiedlichsten Faktoren mit hinein, etwa Leichtgläubigkeit, Gehorsam, Altruismus, Pflichtbewusstsein, Ehrgeiz, der Wille zur Selbstbehauptung, Angst vor sozialer Ablehnung, Gewinnstreben, Sicherheitsbedürfnis und vieles andere. Zwar benutzt unsere Gesellschaft fast ausschließlich das männliche Geschlecht, um sein Leben an der Front zu riskieren (was in anderen Kulturen und Epochen keineswegs immer der Fall war), aber bei Umfragen für oder gegen militärische Aktionen unterscheiden sich Frauen von Männern kaum voneinander. Und auch weibliche Staatsführerinnen, ob Margaret Thatcher, Tansu Ciller oder Golda Meir, waren sehr wohl in der Lage, die Söhne ihres Landes in den Krieg zu schicken.

- "Während Jungen verbale oder körperliche Gewalt anwenden, versuchen Mädchen, den Konflikten aus dem Weg zu gehen oder sie zu entschärfen." Ende 2001 zog die Bielefelder Soziologin Christiane Schmerl ein Resümé über den Stand der Aggressionsforschung und kam zu dem Schluss, dass sich Männer und Frauen hier kaum voneinander unterscheiden. Speziell bei Kindern und Heranwachsenden lässt sich zwar sagen, dass Jungen mehr raufen. Mädchen halten sich dafür jedoch an üble Nachrede, Freundschaftsentzug und Verspotten und sind dabei mindestens so aggressiv wie Jungen.

- "Die meisten Männer können besser sehen als denken." Dass aus biologischen Gründen Männer eher auf optische Reize fixiert seien als Frauen, widerlegen die Autoren selbst, ohne dass es ihnen auffällt: An einem öffentlichen Platz wie einem Strand lassen ihren Untersuchungen zufolge weitaus mehr Frauen als Männer ihre Blicke schweifen. Tatsächlich ergab 1993 eine Umfrage der Gesellschaft für Rationelle Psychologie unter etwa tausend Frauen, worauf diese besonders viel Wert legen: Mit 93% stand eine stattliche Größe ganz oben auf dem Wunschzettel, gefolgt von muskulösen Armen (87%), einem großen Glied (81%), breiten Schultern (74%) und einem männlichen Gesicht (73%). "Intelligenz" wurde nur von zwanzig Prozent gewünscht

- "Männer haben einen weitaus stärkeren Sexualtrieb als Frauen und können praktisch immer und überall." Einer Studie des Hamburger GEWIS-Institutes zufolge fordern Frauen dreimal pro Woche Sex, während Männer im Schnitt zweimal schon okay finden. Professor Werner Habermahl, verantwortlich für diese Studie, kommt zu dem Schluss, dass Frauen deutlich "schärfer" als Männer seien. Aus anderen Ländern liegen vergleichbare Ergebnisse vor.

- "Männer sind ständig auf der Suche nach neuen Frauen, während Frauen außerordentlich treu sind." Eine unter der Leitung des prominenten Sexualwissenschaftlers Gunter Schmidt durchgeführte Erhebung über das Sexualverhalten von Studierenden ergab, dass die Studentinnen der neunziger Jahre, was ihre "Koitusfrequenzen" und ihre "Partnermobilität" angeht, heterosexuell aktiver waren als ihre männlichen Kommilitonen. Schon Shere Hite fand in ihren umfangreichen Befragungen heraus, dass 70 Prozent aller Frauen, die mehr als fünf Jahre verheiratet waren, sexuellen Kontakt außerhalb der Ehe unterhielten. Und einer Umfrage von Ende 2000 zufolge nutzen sechsmal mehr Frauen Betriebsfeiern für einen Seitensprung als Männer.

- "Praktisch alle sexuellen Normabweichungen treten nur bei Männern auf." Homosexualität soll auch bei Frauen schon beobachtet sein. Knapp die Hälfte aller Sadomasochisten sind einer aktuellen Studie zufolge weiblich. Exhibitionistische Tendenzen zeigen mehr Frauen als Männer, auch wenn der Gesetzgeber solche Entblößungen nur bei Männern unter Strafe stellt. Zoophilie kommt bei Männern wie Frauen gleichermaßen selten vor.

- "Frauen können vernetzter denken als Männer, weil sie über ein dickeres Corpus Callosum (Hirnbalken) verfügen." Größe und Form des Corpus unterscheiden sich bei Angehörigen desselben Geschlechts stärker voneinander als zwischen den Geschlechtern. Bei Blindstudien, bei denen also die Forscher nicht wussten, ob sie ein männliches oder ein weibliches Gehirn vor sich hatten, konnten sie sogar überhaupt keine Größenunterschiede des Balkens feststellen. Pseudowissenschaftliche Erkenntnisse über diesen Hirnbalken gab es übrigens schon Anfang des letzten Jahrhunderts: Nur wurde damals eine gänzlich andere Reihenfolge festgelegt: Weiße Männer hatten den größten Hirnbalken, es folgten weiße Frauen, dann schwarze Männer, zuletzt schwarze Frauen. Auf dieser Grundlage, so wurde argumentiert, seien bestimmte Berufe von Frauen schlichtweg nicht auszufüllen. Heutzutage diffamiert man mit derselben Logik eben Männer. <<<

Ein ganz anderes Problem ist es, dass vielen Kindern beigebracht wurde, dass sog. "eheliche Pflichten" existieren. Eine der oben genannten Frauen "vor der ich mich kaum retten konnte" hatte nur deshalb den Eindruck Männer hätten einen stärkeren Trieb, weil sie sich selber nie ausleben konnte. Nachdem für uns geklärt war, dass Sex NUR GEMEINSAM schön sein kann, war sie kaum zu halten.

Es hängt ja auch vom Alter ab. In jungen Jahren sind die Jungs schärfer und die Mädels eher zurückhaltend. So ab Mitte dreißig verkehrt sich das, und die Frauen sind fordernder as die Männer. So gesehen wäre "ältere Frau und jüngerer Mann" eine sinnvolle Paar-Konstellation.

Def. falsch! Ich kenne drei Windel-Fetischistinnen, zwei Gummi/Latex Fetischistinnen, eine koprophag veranlagte Frau, und einige die alle möglichen Varianten des SM praktizieren. Mir würden bestimmt noch mehr einfallen, wenn ich ein bisschen nachdenke... aber reicht ja.

In der Tat. Eine Koprophagin kenne ICH ja nicht mal.

Sieht so aus *g* höchst amateurhafte Interpretation irgendwelcher Statistiken, von denen sie nicht mal die Versuchsrandbedingungen kannten, scheint mir.

Sie sind eigentlich Kommunikationswissenschaftler. Das allein muss ja nichts heißen; ich selber bin ja eigentlich Medienwissenschaftler. Aber wo ich 22 Seiten mit Quellenangaben habe, haben die Peases, glaube ich, anderthalb. Im Prinzip wiederholen sie ständig stur dieselbe These, nämlich dass unser Geschlechterverhalten noch aus "unserer" Zeit als Neandertaler stamme.

Die Grenzen sind nicht "aufgeweicht".

Findest du nicht? Immer mehr Frauen in Männerberufen, immer mehr Männer mit Kinderwagen? Bei uns im Dorf war mein Vater der erste, der mit Kinderwagen zu bestaunen war, weil das vorher als Domäne der Mutter galt.

Selbst einem Hetero kann es ziemlich egal sein als "schwul" bezeichnet zu werden. Es ist immer eine Frage ob man das als Abwertung sieht, oder eben nicht. Wer Homosexualität als etwas völlig gewöhnliches sieht, was es auch ist (siehe Evolutions-Psychologie bzw. Tierreich), der wird sich kaum abgewertet fühlen.

Jain. Ich würde mich zumindest genervt fühlen, wenn ich als etwas bezeichnet werde, was ich nicht bin. Dabei wird ja meine persönliche Identität verletzt.

Wo ist dann das Problem? Es kann mir doch niemand verbieten für mich wertvolle Wesenszüge zu pflegen?!?

Nein. Aber wenn solche Züge ständig als "Dinosaurier-Verhalten" und "längst überholt" etc. angegriffen werden, dann ist das irgendwann schon störend.

Andererseits ist es wohl wie bei Gewerkschaften auch: Es kommt vor, dass man übers Ziel hinaus schießt. Und es nutzt keinem, wenn der Tarif toll ist, aber die Firma in Konkurs.

Das ist das Problem.

Und für objektive Gender Betrachtungen scheinen weder Femis noch Maskus als Gruppe zu taugen, da sie zu sehr in festgefahrene Ideologien eingebunden sind ... einzelne Menschen aber sehr wohl!

Naja, die neue Männerbewegung in Deutschland ist wenige Jahre alt und meiner Wahrnehmung nach sehr heterogen - nicht nur was die Splittung zwischen emanzipatorischen und anti-emanzipatorischen Männern betrifft. Welche "festgefahrenen Ideologien" entdeckst du denn bei den "Maskus"?

Außerdem verpasse ich sonst "Erin Brockovich" noch ganz ... ;-)

Oooch :o) Das hier is doch spannender *g*

Naja, aber so ein richtig schöner Die-toughe-Frau-gegen-lauter-doofe-Männer-Film ... :-)

Lieber Gruß

Arne


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