Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 1 - 20.06.2001 - 20.05.2006

67114 Postings in 8047 Threads

[Homepage] - [Archiv 1] - [Archiv 2] - [Forum]

Re: @Alex

Alex, Friday, 28.03.2003, 19:10 (vor 7720 Tagen) @ Garfield

Als Antwort auf: Re: @Alex von Garfield am 28. März 2003 10:11:09:

Huhu Garfield!

"...was meinst Du, warum? Ich find den echt schnuckelig... vom Aussehen her... viel mehr kenn ich ja nicht."
[quote]Ja, so vom Gesicht her finde ich ihn ja auch durchaus attraktiv. Wenn er auch sonst überall so weiblich aussehen würde, dann wäre er/sie mit Sicherheit mein Typ. Aber da er sonst eben eher männlich aussieht und somit meine instinktiven Wünsche nicht erfüllt, wäre er eben für mich kein potenzieller Partner.
[/quote]

Ok, wenn wir es von Schlüsselreizen haben, kann ich das jetzt nur auf eine weibliche Brust beziehen, die er eben nicht hat. Diese stellt nach anerkannten Theorien einen statistisch relevanten Schlüsselreiz dar. Aber da es eben persönliche Geschmäcker gibt, ist das zwar statistisch relevant, aber eben nicht zwingend. Dazu kommt der Kult, der in unserer Gesellschaft darum aufgebaut wurde, und der damit eine Betrachtung der Wirksamkeit dieses Schlüsselreizes unmöglich macht. Ich hab sogar schon einen Fall persönlich mitbekommen, wo es für den Mann nur deshalb wichtig war, dass seine Freundin eine große Brust hatte, weil er glaubte andere würden sie ihm deshalb neiden.... also seines Status wegen, nicht weil er es anziehend gefunden hätte.
Mir z.B. ist die Größe einer weiblichen Brust absolut unwichtig (was eine Freundin auch schockiert hatte, weil sie aus ähnlichen Gründen wie oben stolz auf ihre großen Brüste war, und es als abwertend empfand, dass mir die Größe unwichtig war).

"Schlüsselreize sind nach wie vor vorhanden."
[quote]Ja, und das ist z.B. etwas, das von Geburt an festgelegt ist und nicht anerzogen. Wenn das anders wäre, würden die meisten Männer heute ja z.B. auch auf dürre Supermodels á la Kate Moss stehen. Denn die werden ja heute überall in den Medien als Schönheitsideal prädentiert. Das tun sie aber mehrheitlich offensichtlich nicht.
[/quote]

Schlüsselreize sind vorhanden, damit stimme ich überein. Sie spielen eine wichtige Rolle. Die "Kunst" des Menschen war es aber erstmals, darum seltsame Gedankengebilde zu errichten, die die Bedeutsamkeit überbetonen und übeschätzen. Diese wirken IMO weit stärker aus, als die Schlüsselreize selbst.

"Ganz zu schweigen von chemischen Schlüsselreizen, die garnicht bewußt wahrgenommen werden."
[quote]Und die können wohl schwer durch Erziehung geprägt werden.
[/quote]

Nein, natürlich nicht, ich bestreite das ja auch garnicht.

"Nein. Nicht-Anziehung oder schwächere Anziehung ≠ Ablehnug"
[quote]Gut, da habe ich mich nicht ganz korrekt ausgedrückt, es ist allerdings auch eine Definitionsfrage. Nicht-Anziehung kann aber durchaus die Basis für Ablehnung und/oder Aggression bilden.
[/quote]

Nein, Ablehnung ist aktiv, Nicht-Anziehung ist passiv.

Oftmals ist es nämlich so, daß sowohl Menschen als auch Tiere einfach nur ein Ventil suchen, um ihren Frust abzulassen. Bevorzugt wählt man sich dafür dann natürlich ein Opfer, das man eben nicht sonderlich sympathisch findet.

Das ist ein völlig anderes Thema. Aggression trifft natürlich eher selten die, die man mag. Ansonsten hat aber schlechter Umgang mit Aggression mit Anziehung durch Schlüsselreize nichts zu tun.

"Was sagt das aus? Wohl auch, dass Bisexualität seltener bekannt wird, als real vorhanden."
[quote]Das ist richtig. Ich glaube sowieso, daß die meisten Menschen (genau wie Tiere auch) von Natur aus bisexuell sind. Ich vermute, daß echte Heterosexualität genauso selten vorkommt wie echte Homosexualität. Auf den ersten Blick scheint das zwar dem natürlichen Zweck der Sexualität zu widersprechen. Aber ich denke, daß das durchaus sinnvoll ist. Es hat einen gewissen "Übungs-" bzw. "Trainings-Effekt" wenn man's eben erstmal mit gleichgeschlechtlichen Partnern macht, sofern keine biologisch sinnvollen Alternativen erreichbar sind. Dann kommt mit Sicherheit noch dazu, daß es ja eben kaum einen 100%igen Mann und auch kaum eine 100%ige Frau gibt. So kann es durchaus vorkommen, daß jemand z.B. chemische Signale des eigentlich anderen Geschlechts aussendet und somit für das eigene Geschlecht sexuell attraktiv ist.
[/quote]

Sexualität ist, wie die Nahrungsaufnahme lustbestimmt. Wenn die Natur sicherstellen will, dass wichtige Dinge zur Selbst- und Arterhaltung stattfinden, empfinden das alle natürlichen Wesen als Lust.
IMO gehen die Varianzen dabei jedoch wesentlich weiter, als dies die meisten Menschen glauben wollen. Sicher diente die Lust an Sexualität letztendlich dem Sicherstellen des Überlebens der Art.
Dennoch ist die Lust nun an sich vorhanden und kann nun nicht mehr in diesem Zusammenhang betrachtet werden, sonder nur noch absolut selbständig. Ähnlich wie sich die Nahrungsaufnahme nicht mehr der Selbsterhaltung unterstellen läßt, sondern nur noch dem Wunsch nach Genuß nach persönlichem Geschmack, wobei die Bandbreite sogar den vermeintlichen "Zweck" dieses Triebs negieren kann, nämlich z.B. tödlich enden kann.
Initiatoren von Gedankengebilden wie sie z.B. die christliche Kirche vertritt, ignorieren dies, bzw. instrumentalisieren die angebliche Erkenntnis einzig für ihre Kontrollzwecke.

Letzteres habe ich selbst auch mal erlebt. Ich habe mich eigentlich sexuell nie zu Männern hingezogen gefühlt. Trotzdem hatte ich mal einen Jungen in meiner Schulklasse, von dem ich mich tatsächlich auch sexuell angezogen fühlte. Irgendwie war er für mich eine Frau. Noch merkwürdiger war, daß das auf Gegenseitigkeit beruhte. Und ich bin mir sicher, daß er auch zumindest nicht homosexuell war. (Er hatte dann später auch eine Freundin.)

Schön, dass Du diese Erfahrung gemacht hast. Das beweist Dir besser als es jede Statistik könnte, WIE groß die Bandbreite der Schlüsselreize ist.
Diese Bandbreite ist IMO ebenso wichtig, wie die Mutation für die Evolution. Es ist also der größte Schwachsinn so etwas durch Ideologien wegrationalisieren zu wollen, oder nicht wahrhaben zu wollen, oder sie zu ignorieren.
Und mit den Folgen dieser manipulativen Eingriffe, nämlich dem Abwerten überlebenswichtiger natürlicher Gegebenheiten, haben wir heute so sehr zu tun, dass die natürliche Bandbreite nicht einmal mehr erkannt wird, bzw. für so klein gehalten wird, dass es als Ausnahme gilt...

"das beweist nur, dass die Körpergröße offensichtlich Geschlechtsmerkmal genug für Kaninchen ist...."
[quote]Nein, gleichgroße Kaninchen-Böcke bespringen sich auch gegenseitig. Nur können die sich dann gut dagegen wehren und es ist dann nicht so, daß ständig nur auf einem herumgerammelt wird. Das tun sie aber eben nur, wenn keine Weibchen greifbar sind. Gesellschaftliche Zwänge kann man da als Faktor wohl ausschließen. Also ist es doch offensichtlich so, daß gleichgeschlechtliche Partner im allgemeinen als weniger attraktiv erachtet, aber in "Notfällen" trotzdem durchaus in Betracht gezogen werden. Und wieso sollte das bei Menschen anders sein?
[/quote]

Wieder ein Beweis davon, dass die Lust getrennt von Fortpflanzung betrachtet werden muß, anderslautende Ideologien werden Lügen gestraft.
Die Attraktivität durch Schlüsselreize mag die Fortpflanzung sicher stellen, aber auch diese ist eben dem persönlichen Geschmack unterworfen.

"IMO ist Deine instinktive Ablehnung ein Märchen."
[quote]Stimmt, die Ablehnung selbst ist nicht instinktiv. Aber wenn Ablehnung darauf aufbaut, daß man jemanden eben irgendwie unattraktiv findet, dann basiert sie letztendlich auf Instinkten.
[/quote]

Ja... Instinkten, die wieder weit mehr Varianzen enthalten, als es nach erfolgter kultureller Prägung noch sichbar ist.

"Ich fühle mich auch von keinem Menschen abgelehnt, nur weil er nicht mit mir in die Kiste will."
[quote]Wirklich nicht? Also, das hab ich aber manchmal schon anders erlebt. Zwar nicht selbst, aber immerhin. Ich hab mal einen Film gesehen....
[/quote]

Gekränkte Eitelkeit besteht aber aus Minderwertigkeitsgefühlen und ist nicht gleichzusetzen mit Ablehnung durch geringere Attraktivität.

Solche Gefühle scheinen aber erst seit der Möglichkeit der Selbstanalyse zu existieren, also erst beim Menschen, soweit ich weiß.

Erst wenn die Schlußfolgerung möglich ist, Desinteresse als persönliche Beleidigung zu interpretieren (wegen vermeintlicher eigener Defizite => Minderwertigkeit), ist so etwas möglich. Wir bewegen uns also auf zwei gänzlich unterschiedlichen Ebenen... Desinteresse durch geringe Attraktivität -> Instinktebene..... Aggression durch Desinteresse -> autoreflektive Ebene (und somit muß die Autoreflektion erst durch ein Bewußtsein ermöglicht sein, ein deutlicher Unterschied zur Instinktebene)

"Das hängt mit unserer verbohrten ach so römisch-christlichen Kultur zusammen... Hexenjagt gibt es wohl immer noch."
[quote]Jain. Die römisch-christliche Kultur hat dafür gesorgt, daß Homo- oder Transsexualität verteufelt wurde. Sie hat aber nie darauf hingearbeitet, daß weniger attraktive Menschen nicht akzeptiert werden! Das hat mit dem Einfluß der Kirchen gar nichts zu tun.
[/quote]

Doch, auch das hat sie. Auch für z.B. "entstellte" Menschen war die Inquisition äußerst lebensbedrohlich.
Welche Art der "Unattraktivität" genügt hat, um als Hexe verbrannt zu werden, war allerdings Glücksspiel.
Die damals sogenannte Sodomie (einfach alles was "anders" war, homo, trans, was auch immer) wurde verteufelt, da die Akzeptanz die ideologische Sichtweise der Sexualität korumpiert hätte und somit eine Gefahr für die Kontrollierbarkeit der Massen darstellte.

"*grrrmpf* Charaktereigenschaften hat jedes Neugebohrene... sicher. Aber was hat das damit zu tun, dass man Menschen in Schubladen presst?
[quote]Wie soll ich es denn noch anders formulieren? Das eigene Wesen ist da, nur die Schublade ist generell zu eng... die Sozialisation tritt so lange nach, bis es meistens reinpasst... klappt aber nicht immer."
Ja, das bestreite ich ja auch gar nicht! Mir geht es nur darum, daß Menschen schon von Geburt an durchaus nicht gleich sind. Und daß eben nicht alle Unterschiede nur aus Erziehung resultieren. Und daß die Menschen, die man in die männliche Schublade steckt, allein schon durch ihre spezielle hormonelle Veranlagung eben auch tatsächlich häufig überwiegend "männliche" Eigenschaften haben. Und daß die Menschen, die in der weiblichen Schublade landen, tatsächlich mehrheitlich auch überwiegend "weiblich" veranlagt sind. Klar wird es immer wieder Abweichungen geben. Und man sollte schon Möglichkeiten finden, Menschen, die eben nicht in eine der beiden Schubladen passen, auch nicht mit Gewalt dort hineinzupressen. Das ändert aber nichts daran, daß die Mehrheit der Menschen mit dem offiziellen Geschlecht, das ihnen bei der Geburt verpaßt wurde, doch ganz gut zurecht kommt. Weil dieses offizielle Geschlecht eben oft weitgehend mit dem tatsächlichen Geschlecht übereinstimmt. 100%ige Übereinstimmung wird man wohl kaum finden, aber oft paßt es eben doch weitgehend.
[/quote]

Jein. Ich kann Dir sogar einen Fall nennen, den Du wahrscheinlich als absolute Bestätigung Deiner Meinung sehen wirst, der aber dennoch in meinem Verständnis enthalten ist (solltest Du etwas anderes vermutet haben, haben wir uns mißverstanden), den Colapinto Fall:
<hr>
Im Jahre 1966 sollte bei zwei körperlich-geschlechtlich eindeutigen Zwillingsbrüdern eine Vorhautverengung behandelt werden. Durch einen medizinischen Unfall bei der Behandlung verlor einer der beiden Zwillinge seinen Penis. Die Eltern suchten Rat bei dem Psychiater Dr. John Money (Uni Baltimore, USA).

Dr. John Money war durch seine Forschungen an intersexuellen Kleinkindern schon in den 1950er Jahren zu der Theorie gelangt, daß Menschen bei ihrer Geburt von ihrer Geschlechtsidentität her noch neutral seien, und diese sich im Wesentlichen durch eine klare, eindeutige Erziehung zum männlichen oder weiblichen Geschlecht ergeben würde. Eine geschlechtsangleichende Operation bei Kleinkindern mit uneindeutigen Genitalien und solchen mit unfallbedingtem Penisverlust mußte nach seiner Meinung spätestens bis zu einem Alter von max. 18 bis 24 Monaten stattfinden, da sich Kinder nach diesem Alter ihres eigenen geschlechtlichen Erscheinungsbilds bewußt wären ("Zeitfenstertheorie"). Money hielt es auch für entscheidend, dass in der Erziehung nach der operativen Angleichung keinerlei Zweifel des Kindes an seiner Geschlechtsidentität zugelassen werden sollten, und somit verpflichtete er die Eltern der Kinder zur absoluten Verschwiegenheit ihrem Kind gegenüber bzgl. der vormaligen körperlich-geschlechtlichen Uneindeutigkeit, und riet ihnen sogar, den Wohnort zu wechseln. Diese Verschwiegenheit fand später Eingang in den sich nach Money entwickelnden medizinischen Standard.

Als im Jahr 1966 sich nun die Eltern eines geschlechtlich eindeutig geborenen Zwillingsjungen an ihn wandten, sah Money die Gelegenheit, seine Theorie zu beweisen.

Auf seinen Rat hin wurde der Junge zu einem Mädchen umoperiert, das bedeutete u. a. eine Kastration (Entfernung der gesunden Hoden) und hohe Östrogengaben spätestens ab dem Alter, in dem bei Mädchen üblicherweise die Pubertät einsetzt. Das Kind wurde fortan von den Eltern eindeutig als Mädchen erzogen und regelmäßig durch ein psychiatrisches Team vor Ort betreut. Die Beratung durch Dr. Money persönlich erfolgte einmal im Jahr.

Der Fall erlangte Weltruhm als der "John/Joan-Fall" weit über den medizinischen Bereich hinaus bis hin in die feministische Bewegung der 1960er und 1970er Jahre.

Daraus entwickelte sich der Standard in der gesamten medizinischen westlichen Welt, Kinder mit uneindeutigen Genitalien operativ einem "normalen" Erscheinungsbild anzugleichen; dieser Standard setzte sich Anfang der 1970er Jahre durch. Heute wird jedes 2000. Kind, das in den westlichen Ländern geboren wird, noch im Kleinkindalter auf Anraten der Ärzte und mit Einwilligung der Eltern geschlechtlich operativ angeglichen, häufiger zum Mädchen hin, weil diese Operation einfacher ist.

Schon in der Kindheit zeigte das umoperierte Kind, obwohl die OP bis zu dem von Money genannten Alter stattgefunden hatte, ein deutlich maskulines Verhalten (Wahl der Spielsachen, Dominanz unter den Kindern, Pinkeln im Stehen, in der Pubertät anscheinend "lesbische" Tendenzen). Außerdem weigerte es sich im Alter von 13 Jahren endgültig, jemals wieder zur Untersuchung zu Money nach Baltimore zu kommen, und erfuhr auf sein Drängen hin in einer tränenreichen Episode von seinem Vater im Alter von 14 Jahren seine Geschichte.

Er begann sofort, wieder als Junge zu leben, und ist heute verheiratet und Stiefvater von drei Kindern. Hätte man ihm damals seine gesunden Hoden gelassen, hätte er mit seiner Frau auch leibliche Kinder haben können.

Money hatte den Fall als Erfolg dargestellt, und nur die Verhaltensweisen des Kindes erwähnt, die man als eine Annahme der weiblichen Geschlechtsidentität hätte deuten können; alle Warnsignale hingegen verschwieg er der medizinischen Fachwelt. Als es klar wurde, daß der Fall ein Mißerfolg war, verschwieg Money dies 17 Jahre lang, obwohl er den Fall weiter verfolgt hatte.

Im Jahre 1997 stellten Prof. Dr. Milton Diamond (Sexologe an der Uni Hawaii) und Dr. H. Keith Sigmundsson den Fall mit seiner Tragweite der Fachwelt vor. Der Journalist Colapinto schrieb über den Fall ein Buch, das es seit 2000 auch in der deutschen Übersetzung unter dem Namen "Der Junge, der als Mädchen aufwuchs" gibt.
<hr>

Dies zeigt dass persönliche Anlagen und charakterliche Eigenschaften biologische Zusammenhänge haben (Wobei ich das "Pinkeln im Stehen" als Trotzreaktion eines sich unverstanden fühlenden Kindes sehe *g* nicht als biologische Gegebenheit).
Was es nicht zeigt, ist, wie groß die Bandbreite der natürlichen Verhaltensweisen wäre, wenn sie nicht durch machtbesessene Ideologien verbogen worden wäre. So etwas ist aus den Berichten über Naturvölker besser zu ersehen. Und diese Bandbreite ist eben bei weitem größer, als es die meisten glauben. In jeder einzelnen Eigenschaft als auch in der Gesammtheit.

Von Susu kam in Bezug darauf schon mal das Argument, daß man sich dann aber nicht über diverse Klischees in Bezug auf Männer und Frauen beklagen dürfe. Das sehe ich nun allerdings auch nicht so....

Zustimmung. Ich glaube zwar immernoch, dass Du die kulturelle Prägung bei weitem unterschätzt, aber ich ignoriere den Colapinto-Fall durchaus nicht in meiner Denkweise.
Fakt ist aber, dass wie diesbezüglich wohl nur weiter kommen, wenn wir es machen wie die genannten Indianervölker: Jegliche restriktive Haltung diesbezüglich zu unterlassen, wenn sich ein Mensch gemäß seinen Anlagen entwickelt. Und die Einteilung in zwei Geschlechter ist somit sehr destruktiv, da es ein Individuum verleitet bis zwingt sich in eine dieser Gruppen einzuordnen, also die Entwicklung der Fähigkeiten stört oder behindert.

"...und zwar weit mehr als zwei. Und dadurch bezeichnet das Wort Geschlecht an sich fast nichts mehr."
[quote]Na ja, aber da die Mehrheit der Menschen sich doch offenbar mit ihrem offiziellem Geschlecht wohl fühlt, hat das Wort Geschlecht schon noch eine Bedeutung!
[/quote]

Von wie vielen Menschen weißt Du, dass sie sich wirklich wohl fühlen, bzw. wer sagt, dass Anpassung nicht nur scheinbares Wohlgefühl ist? Ich sags mal so: Wenn wir auf einer Skala von -100 (weibliches Modell) bis +100 (männliches Modell) davon ausgehen, dass sich die stat. Häufung in unserer Gesellschaft bei +/- 70 liegt, eine empfindliche Reaktion der Umwelt aber erst unter +/- 40 auftritt... ABER der natürliche Häufungspunkt irgenwo in der Nähe von +/- 20-30 liegen dürfte, dann sind da schon sehr viele Menschen in ihrer Entwicklung behindert, zum Nachteil der gesammten Gesellschaft, denn je besser jedes Individuum seine Fähigkeiten entwickeln und einsetzen kann, desto reicher ist die Gesellschaft, ganz davon zu schweigen, dass Leid von vielen kein Thema mehr wäre.

Man könnte natürlich offiziell noch weitere Geschlechter einführen, aber wie schon mal geschrieben, wäre das wohl ein Faß ohne Boden, weil dann immer wieder neue Gruppierungen noch ein weiteres Geschlecht fordern würden...

Nochmal: Eine Einteilung in ein Geschlecht halte ich für kontraproduktiv für die gesammte Gesellschaft. Je weniger soziale Geschlechter ohne Restriktionen lebbar sind, desto ärmer wird die ganze Gesellschaft. Auf meiner Skala von [-100.. +100] existiert real JEDER Zwischenwert. Und ich glaube nicht, dass sich das vielleicht anfängliche Bestreben nach einem benannten sozialen Geschlecht fortsetzen würde, wenn die reale Existenz JEDES Skalenwertes Allgemeinwissen wäre, sowie ideologisch nicht abgestritten oder abgelehnt würde.

"Beim jetzigen Stand der durch die gnadenlose kulturelle Prägung ging vielleicht. Versuch das mal bei indigenen Völkern... da tipp ich eher auf unter 50% also keine absolute Mehrheit *g* Mist... geht ja nicht mehr die sind ja auch schon ziemlich "denaturiert"."
[quote]Da hast du recht. Bei uns wurde ja lange Zeit alles unterdrückt, was nicht in die beiden offiziellen Modell-Geschlechter paßte. Das hatte natürlich einen gewissen Auslese-Effekt zur Folge, so daß solche Abweichungen von den offiziellen Normen heute bei uns vielleicht seltener auftreten.
[/quote]

Die Anpassungsfähigkeit spielt hier dem oberflächlichen Analytiker einen Streich. Hier handelt es sich nicht um ein Äquivalent zur biologischen Auslese, sondern um weitreichende Deformation der individuellen Anlagen in ein Schema... das Schema wird hier zur zur "self-fulfilling profecy".

Das Schema verursacht einen großen Teil der Wirkung, und ist IMO nicht die Wirkung einer biologischen Ursache, bzw. die biologische Ursache ist nur für einen kleinen Teil des Schemas verantwortlich....

"Mein Fazit: Nicht Vermischungen der Geschlechter sind pathologisch, sondern der (Un)Sinngehalt des Wortes Geschlecht."
[quote]Das hängt davon ab, wie man das Wort "Geschlecht" definiert. Wenn man eben davon ausgeht, daß jeder Mensch 100%ig alle Eigenschaften seines offiziellen Geschlechtes haben muß, ist das natürlich Unsinn. Wenn man aber einen bestimmten Spielraum läßt, dann wird das schon weniger unsinnig.
[/quote]

Warum nicht die gesammte natürliche Bandbreite als "Spielraum" lassen? Und damit wird der Geschlechterbegriff, der eh oft nur ein Sammlung von Eigenschaften beschreibt, von denen auf ein beliebiges Individuum nur ein Bruchteil zutrifft (wenn ich die kulturelle Prägung mal aussen vor lasse sowieso), ein leerer Begriff.

"Nein, dafür sorgten die Mächtigen dieser Welt, mit Feuer und Schwert."
[quote]Auch, aber ich habe doch das Gefühl, daß Menschen sehr bereitwillig alles als Norm übernehmen, was ihnen eben als "normal" präsentiert wird. Kinder beispielsweise orientieren sich in den ersten Lebensjahren instinktiv an ihren Eltern und ahmen sie nach. Das tun sie auch dann, wenn ihre Eltern das nicht von ihnen fordern oder sie gar dazu zwingen.
[/quote]

Insbesondere religiös verpackt, funktionierte das ja offensichtlich sehr gut.
Nachahmung ist eine wichtige Lernform, klar. Bei Kindern fällt das deswegen so auf, weil man später nie wieder so geballt lernt, wie in den ersten Lebensjahren. Aber bei Erwachsenen ist diese Form des Lernens nicht überflüssig, aber die Fähigkeit der Prüfung von Inhalten wird auch immer wichtiger. Woher das bereitwillige Übernehmen von Inhalten kommt, darüber könnten wir uns wohl in einem eigenen Thread mal einige Monate auslassen... wahrscheinlich angefangen beim Alpha-Wolf eines Rudels. Auf jeden Fall sind wir bezüglich Gender/Sex-Themen in unserer Kultur in eine Sackgasse gelaufen und da spielten Feuer und Schwerte ebenso eine wichtige Rolle, wie subtilere Mittel der Manipulation, oder die menschliche Empfänglichkeit für Ideologien.

"Wie oben schon gesagt, hängt das IMO eher davon ab, wie weit man seine "primitiven Neigungen" ZULÄSST. Oder intelligent genug ist, die kulturelle Prägung eigenständig zu überdenken."
[quote]Ja, das sehe ich genauso. Das ändert aber nichts daran, daß die primitiven Neigungen immer da sind.
[/quote]

Entweder hast Du mich mißverstanden, oder ich verstehe Dich nun miß.

Meine Antwort sollte ausdrücken, dass ich der Meinung bin, das ZULASSEN dieser Instinkte würde Ausgrenzung und Ablehnung verhindern, wobei Dein Satz sagte die UNTERDRÜCKUNG würde dies verhindern.
Mehr wollte ich damit nicht sagen, und um das Vorhandensein von Instinkten kann es sich ja nicht gedreht haben, da waren wir uns ja einig... ich selbst hab ja von "Schlüsselreizen" angefangen.

Ja, das ist sicher auch ein Punkt. Und gerade bei diesem Jungen traf das auch wirklich zu. Er hat z.B. irgendwann auf einmal damit angefangen, Briefe mit Gedichten an Mädchen aus der Klasse zu verschicken. Die haben sich darüber amüsiert, einige haben die Briefe mit zur Schule gebracht und sie in den Pausen laut vor der ganzen Klasse vorgelesen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß er das nicht einkalkuliert hat. Ich glaube wirklich, daß er genau so eine Reaktion erwartet hat. Vielleicht hat er insgeheim doch gehofft, daß eines der Mädels vielleicht doch positiv reagiert. Aber ich glaube, er hat das auch deshalb gemacht, um sich selbst und anderen zu demonstrieren, daß er ja sowieso immer der Gearschte ist. Eben um seine Opferhaltung zu pflegen.
Aber ich habe auch Fälle erlebt, wo die Betroffenen gar nicht so erpicht auf die Opferhaltung waren. Wo es einfach nur so war, daß sie sich schlecht zur Wehr setzen konnten und gerade deshalb immer auf ihnen herumgetrampelt wurde. Manche Leute brauchen eben ab und zu einen Fußabtreter, um irgendwelchen Frust abzureagieren oder um ihr Ego zu stärken. Und dazu wählen sie sich bevorzugt Opfer, die ihnen eher unsympathisch sind und die sich schlecht wehren können. Ob diese Opfer auch Opfer sein möchten, interessiert dabei nicht.

Auch hier ein Mißverständnis. Man muß seine Opferhaltung nicht aktiv pflegen, um Opfer zu sein. Es genügt, wenn man nicht weiß, wie man sie aktiv verhindert.
Und da Opfersein mit Zerstörung des Selbstwertgefühls einhergeht, wird es nicht einfacher, sondern schwieriger, je länger man Opfer ist. Ist die Opferhaltung stark verinnerlicht, wird ein "Befreiungsschlag" immer schwieriger.

Liebe Grüße

Alex


gesamter Thread:

 

powered by my little forum