Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: @Alex

susu, Thursday, 03.04.2003, 22:16 (vor 7714 Tagen) @ Garfield

Als Antwort auf: Re: @Alex von Garfield am 03. April 2003 09:24:23:

Hi Garfield

Also, ich meinte das nicht auf das Äußere bezogen! Auch in Naturvölkern war und ist der ideale Mann der perfekte Jäger und Beschützer. Ich habe vor einiger Zeit einen interessanten Artikel über ein Naturvolk im südamerikanischen Regenwald gelesen. Da diese Regenwald-Indianer nur wenig intensive Landwirtschaft betreiben und sich ansonsten nur durch Sammeln und Jagen ernähren, können sie nur in kleinen Gruppen verstreut im Regenwald leben. Diese Gruppen müssen obendrein auch noch alle paar Jahre ihren Wohnort wechseln. Es kommt zwischen diesen Gruppen immer wieder zu Kriegen. Die Gründe dafür sind oft absolut lächerlich: Wenn beispielsweise eine angesehene Person in einer Gruppe stirbt, kann schon mal der Medizinmann einer Nachbargruppe in Verdacht geraten, dies per Zauberei bewirkt zu haben. Oder man ist einfach neidisch, weil man gehört hat, das eine andere Gruppe Dinge wie neue Metall-Töpfe oder Messer besitzt und will diese Gegenstände in den eigenen Besitz bringen. Dann ziehen die Männer der Gruppe also in den Krieg. Von ihren Frauen werden sie dabei noch angespornt und dazu ermahnt, doch auch möglichst tapfer zu sein und viele Feinde zu töten. Oft kommt es dann aber vor, daß man den Wohnort der "feindlichen" Gruppe im immer noch riesigen Regenwald nicht findet, oder daß diese Gruppe ihren Wohnort mittlerweile schon wieder gewechselt hat. Dann kehren die Männer wieder nach Hause zurück. Da sie keine Beute mitbringen, ist ja klar, daß es keinen Krieg gegeben hat. Und dann kommt es nach der Rückkehr ins eigene Dorf oft zu Schlägereien zwischen den Männern. Auf die Frage eines Europäers, wieso sie sich eigentlich prügeln, antwortete in so einer Situation einer der Indianer, daß sie das eigentlich nur tun, damit ihre Frauen sie nicht für Feiglinge halten. Jeder Mann muß dort also offensichtlich damit rechnen, von seiner Frau vorgeworfen zu bekommen, daß er und die anderen Männer sich ja nur aus Feigheit vor dem Kampf gedrückt hätten. Und dann ist es gut, wenn man(n) wenigstens darauf verweisen kann, daß man doch in der Prügelei vorhin eine gute Figur gemacht und viel Tapferkeit bewiesen hat...

Da verweise ich wieder auf andere Naturvölker, bei denen "Mann" und "Frau" durch einen Test unterschieden werden. Bis zum soundsovielten Lebensjahr (wenn ich mich recht erinnere 14) werden alle Kinder gleich erzogen, lernen sowohl Jagdttechniken als auch die traditionlelle Stickerei. Dann ziehen die Kinder das erste Mal mit auf die Jagdt, die, die dabei Beute machen, sind dannach "Männer", die, die keine machen, "Frauen". Das ist völlig unabhängig vom biologischen Geschlecht und dieses Volk erschien den christlichen Anthropologen, die es "entdeckten" als ziemlich queer, denn für sie war ein Viertel der Ehen schwul, ein Viertel lesbisch und bei der Hälfte des Rests waren die Frauen die Männer (und umgekehrt).

Das bezieht sich wahrscheinlich auf meine Bemerkungen zu diesen Untersuchungen an Frauen während und außerhalb der Eisprungphase. Das hab ich mal in einer Fernsehreportage gesehen. Es war dort so, daß es nicht viele Möglichkeiten gab, Ergebnisse durch gezielte Fragen oder falsche Interpretation zu verfälschen. Man hat die Frauen nämlich einfach vor Computer gesetzt, auf denen ein Programm installiert war, mit dem sie aus verschiedenen Komponenten ein Gesicht ihres Traummannes zusammen setzen konnten. Es war wahrscheinlich ein Programm, wie es auch von der Polzei zur Erstellung von Phantom-Bildern verwendet wird.

Aha.

"Wie definierten die Forscher Männer mit "weiblichem" Aussehen und wie Männer mit "männlichem" Aussehen? Gibt es da eine Objektive Antwort?"

Ja, die gibt es! Jeder Mensch kann beim Ansehen eines Gesichtes sofort sagen, ob das Gesicht eher männlich oder eher weiblich aussieht. Ob sich dahinter wirklich auch ein Mensch des entsprechenden Geschlechts verbirgt, ist eine ganz andere Frage und tat für diesen Test gar nichts zur Sache. Es ging ja nur darum, ob die Frauen regelmäßig immer dieselben Gesichtszüge bevorzugen, oder ob es da Schwankungen gibt.

Es gibt Gesichter die Androgyn wirken, oder völlig rausfallen. Da brauche ich nur in den Spiegel zu schauen um ein Gesicht zu sehen, daß eher beides oder weder noch ist. Und dann ist da noch die Frage, ob alle Menschen den Gleichen Maßstab anlegen, wenn sie Gesichter unterscheiden. Nach meiner persönlichen Erfahrung tun sie es nicht, weil ich in kurzen Abständen schon unterschiedlich gelesen wurde, mal als Frau und mal als Mann.

Du meinst wirklich, daß es keinerlei Zusammenhänge zwischen biologischen Tatsachen und der Partnerwahl gibt? Du glaubst also, daß es reiner Zufall ist, daß viele Männer Frauen mit einer typisch weiblichen Figur (also eben mit einem breiten Becken) attraktiv finden und daß gleichzeitig ein breites Becken wichtig für eine problemlose Geburt ist? Du meinst, daß es auch Zufall ist, daß viele Männer Frauen mit großen Brüsten attraktiv finden und daß gleichzeitig ein bestimmtes Volumen der Brust nötig ist, um ein Baby (oder auch mehrere Babies) ausreichend stillen zu können? Und daß es auch reiner Zufall ist, daß viele Frauen große und kräftige Männer bevorzugen und daß gleichzeitig solche Männer früher allein durch ihre Körperkraft schon gute Jäger und Krieger waren?

Ich glaube, daß es bestimmte biologische Grundlagen gibt, diese aber kulturell überformt werden. Ich bin kein Vertreter der clean-slate These, aber was genau auf der Schiefertafel stand, bevor sich die Kultur einschleicht ist sehr unscharf, d.h. deine Beispiele sind nicht wirklich sicher, u.a. auch, weil diese Tatsachen (breites Becken gut bei der Geburt, Kraft wichtig zum Jagen) schon länger bekannt sind und deshalb in der Kultur der Partnerwahl enthalten sind. Die Wurzeln der Moderne liegen im Biologismus, die Moderne prägt diese Kultur.

Ja, da stimme ich dir zu. Aber ich bin mir auch sicher, daß bei weitem nicht alle unbewußten Wünsche anerzogen sind. Die Menschen, die entgegen ihrer Erziehung eine Geschlechtsumwandlung machen lassen, sind dafür doch das beste Beispiel. Und die wurden mit Sicherheit nicht allesamt so extrem erzogen, daß sie regelrecht zum Gegenteil ihrer Erziehung gezwungen wurden! Aber das hatten wir ja alles schon mal...

Stimmt. Wobei ich gerade bei Transidentität keine Lust habe, sie völlig zu biologisieren, dafür ist diese Gruppe einfach zu heterogen.

"Es gibt eine Menge Tierarten, bei denen Individuen oder auch ganze Populationen gleichgeschlechtliche Partner bevorzugen."
Hm, das kann aber allein schon deshalb nicht sein, weil diese Arten dann längst ausgestorben wären. Bist du dir sicher, daß diese Untersuchungen korrekt durchgeführt worden sind? Daß man diese Tiere z.B. auch mindestens ein Jahr lang intensiv beobachtet hat und nicht einfach nur darauf aus war, ein möglichst unerwartetes Ergebnis zu bekommen um dann bei Veröffentlichung desselben möglichst hohe Erfolge zu erzielen?

Ein Beispiel sind Steinböcke, zu denen es sehr detailierte Studien gibt. Es ist nicht so, daß die Böcke gar nicht mit den Weibchen verkehren würden, nur tun sie das sehr selten. Richtige Beziehungen, die auch länger halten gibt es nur zwischen den Männchen. Der Verhaltensbiologe, der diese Studien durchgeführt hat, schrieb in seiner Arbeit, er habe dieses Verhalten zunächst als irgendetwas anderes als Homosexualität beschreiben wollen, weil er sich nicht habe vorstellen können, daß so ein "prächtiges Alpha-Tier wie Bock 8 eine Schwuchtel sei", schlußendlich habe er aber einsehen müssen, daß dem tatsächlich so war. Es ist eher so, daß Biologen homosexuelles Verhalten möglichst als nicht-sexuell betrachten, weil auch unter ihnen die selben Vorurteile vorhanden sind, wie beim Rest der Bevölkerung. Außerdem wiederspricht es der Theorie, daß jedes Verhalten evolutionär Sinn machen muß (die Soziobiologie hinkt da anderen Bereichen etwas hinterher, was die Theoriebildung angeht, eine Eigenschaft kann auch ein Seiteneffekt anderer Eigenschaften sein, d.h. nicht sie sondern diese anderen Eigenschaften haben evolutionären Nutzen, während die betrachtete Eigenschaft sinnlos oder gar abträglich erscheint).

Dem stimme ich durchaus zu. Das Problem dabei ist nur: Was, wenn beispielsweise ein Junge mit einem verkrüppelten Penis später tatsächlich den Wunsch entwickelt, eine Frau zu sein? Die entsprechende Operation ist dann wesentlich aufwändiger und umständlicher. Und dann ist da eben noch das Problem, was dieser Junge vorher in seiner Kindheit durchmachen muß...

Die OP ist nicht aufwändiger, vor allem wächst da nichts mehr, d.h. das Ergebnis ist viel vorhersehbarer. Die ISNA prägte einst den Spruch "Beratung statt Beschneidung" (grob übersetzt). Eine Kindheit in der Eltern einem Kind zeigen, daß es OK ist, egal was die Umwelt sagt, ist wahrscheinlich besser, als eine Kindheit in der die Eltern dem Kind Hromone geben, damit es wie alle anderen ist. Da entsteht viel eher Scham und Angst davor, als anders erkannt zu werden.

Und was die Klofrage angeht: Im Moment sind nur relativ wenige Menschen davon betroffen. Wenn man aber den Geschlechtsbegriff abschaffen würde, gäbe es gar keine Möglichkeit mehr, öffentliche Toiletten, Dusch- oder Umkleideräume zu trennen. Das wäre für viele Menschen ein Problem.

Das Problem ist dadurch zu beheben, daß das weniger restriktiv gehandhabt wird. An meiner Arbeitsstelle gibt es nur ein Personalklo und einen Umkleideraum. Da hat niemand ein Problem mit. In Zügen gibt es nur EIN Klo, ebenso in Flugzeugen. Auf Großveranstaltungen gibt es Dixies, steht an denen ein M oder F? Aber muß es denn Situationen geben, in denen ich aus beiden Toiletten rausfliege? Kann´s da nicht irgendeine Regelung geben? Das Diva in Köln hat einfach alternative Beschriftungen "Butch enough?" und "Femme enough?". Auch eine Lösung.

Grüße
susu


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