Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Religion ist...

Student(t), Saturday, 05.04.2008, 03:29 (vor 5883 Tagen) @ Lude

Lude:

Religion ist der Versuch das eigene Bewustsein anderen aufzudrängen.

Ich antworte:

Nein! Religion ist die Öffnung des Bewußtseins für das Bewußtsein Anderer durch Teilhabe am Bewußtsein Gottes. Ohne Gott ist unser jeweilige Tod der einsamste Moment unseres Lebens; mit Gott ist unser Tod der Moment der umfassendesten Kommunikation, die überhaupt möglich ist. Denn dadurch, daß der Logos selbst ("Am Anfang war das Wort...") als Mensch auftrat und sich hinrichten ließ, sind wir verbunden in dem Einen.

Lude:

Das ist aber zum Scheitern verurteilt. Ein Bewustsein ist immer einsam, es
kann an keinem anderen teilhaben.


Ich antworte:

Da haben wir den Fehler. Bewußtsein ist immer Bewußtsein von Etwas. Zum Beispiel bin ich mir deiner Einwände, Zweifel u.dgl. bewußt - das heißt also, ich nehme insofern an dir teil; ich "liebe" dich, so komisch das auch (für unsere Ohren) klingt. Erst der Zweifel, die Ablehnung, der "böse Blick" führt zum einsamen Bewußtsein.

Damit haben wir jetzt auch den Fehler, an dem die ganze Diskussion krankt. Vergleichen wir damit hierzu nochmal die Position des Feminismus in ihrem Antagonismus zu "unserer" Position. Da diskutieren wir seit vielen Jahren ohne Ergebnis. An Intelligenz-Mangel liegt das nicht. Alle Argumente sind irgendwie richtig. Wenn ich an einem Menschen nämlich nur das Schlechte sehe, dann kann ich dieses Schlechte auch widerspruchsfrei beschreiben und bin damit unwiderlegbar. Ebenso hat der Gegner recht. Auch er ist unwiderlegbar - in dem, was er sieht.

Worauf es ankommt, ist also, mehr zu sehen. Dazu gehört "Glaube", anders gesagt: Liebe. Die Liebe sieht nicht nur das bis dahin Verdunkelte; sie schafft sogar Neues. Sie ist schöpferisch. Und so ist es mit Gott. Er ist die Liebe in einem ungeheuren, völlig unfaßbaren Maße. Er ist Mensch geworden, hat sich klein gemacht und den Jüngern die Füße gewaschen, den schändlichsten Tod auf sich genommen und seinen Mördern vergeben - und damit den Tod überwunden. Wer nicht verzeihen kann, stirbt.

Jedes Argumentieren gegen Gott ist richtig - solange mit ihn negiert.

Jedes Argumentieren gegen den Mann ist richtig - solange man ihn negiert.

Dieses Negieren heißt aber nichts Anderes, als sich selbst ein Gefängnis zu bauen. Nun, daß auch Gefängnis-Insassen im Gefängnis wohl sich fühlen und die Welt außerhalb desselben als Illusion sehen und die Horizont-Erweiterer als Verirrte qualifizieren, hat Platon mit seinem Höhlengleichnis mustergültig gezeigt.

Ein echtes Hindernis auf dem Weg zu einer Öffnung für ein umfassendes Bewußtsein, in Konsequenz also für ein Gottes-Bewußtsein, ist auch die Übernahme des alttestamentarischen Bildes von Gott als eines strafenden, rachsüchtigen Übervaters. Seit Christus und seiner symbolhaften Tat der Fußwaschung ist das alte Gottesbild nicht mehr gültig, auch wenn es lange noch so mißbräuchlich tradiert worden ist. Wer nicht davon loskommt, macht sich ein unnötiges Problem.

Leider bin ich erst jetzt dazu gekommen, die vorherigen Beiträge zu überfliegen, da ich meinen Sohn bei mir habe. Ich kann auch jetzt die Mühe nicht genügend erwidern. Wir werden aber sicher noch darauf zurückkommen.

Gruß
Student


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