Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Wer ist "Wir"?

Garfield, Friday, 04.04.2008, 21:32 (vor 5884 Tagen) @ Chato

Hallo Nick!

Was findest du an einer vervollkommneten irdischen Justiz eigentlich so gut und erstrebenswert?

Daß Menschen, die anderen vorsätzlich schaden, zur Rechenschaft gezogen und vor allem daran gehindert werden, noch mehr Menschen zu schaden.

Gleichwohl könnte es so sein, daß diese "unfehlbare göttliche Justiz" trotzdem existiert, oder nicht?

Du meinst also, man sollte es dem lieben Gott überlassen, Kriminelle zu richten und immer brav auch noch die zweite Backe hinhalten, wenn man auf die erste geschlagen wurde? Na, das wird viele Schwerkriminelle sicher begeistern! :)

Wieso interessierst du dich überhaupt für Männerrechte? Laut dieser Logik ist es doch völlig wurscht, was man den Männern auf Erden zumutet - nach dem Tod kommen sie doch eh ins göttliche Paradies, wo dann alles in Ordnung ist. Oder glaubst du etwa doch nicht so sehr an die ausgleichende göttliche Gerechtigkeit? :)

Die "Unfehlbarkeit" der menschlichen Justiz, die man nun statt der abgeschafften göttlichen bekommen hat (unfehlbar natürlich und bekanntlich nicht ihrer Weisheit, sondern ihrer totalitären Willkür- und Machtfülle nach), ist für mich ein ganz klarer Hinweis auf das, was verlorengeht, wenn man glaubt, der Mensch selbst könne tun, was er früher wohlweislich Gott überließ.

Daß es die menschliche Justiz schon sehr lange gibt, ist dir aber klar, oder? Gut - ich erwarte nicht von dir, daß du da meine Ansicht teilst, daß diese Justiz sogar älter ist als jede Religion. Aber daß es die irdische Justiz schon zumindest seit Jahrtausenden gibt, daß sie also bereits existierte, als die weit überwiegende Mehrheit der Menschen fest an die Existenz eines Gottes glaubte, und zwar häufig sogar in weit drakonischerer Form als heute, daß sie also keine Erfindung der Neuzeit ist, müßte dir eigentlich bekannt sein.

Das ist das, was letztlich zählt. Aber es ist halt leider nicht das, was letztlich dabei herauskommt.

Doch. Es spielt keine Rolle, wieso man sich an sinnvolle Regeln des Zusammenlebens hält - wichtig ist, daß man es tut.

Wir reden hier doch die ganze Zeit über von nichts anderem, als daß dies in der Wirklichkeit eben nicht geschieht...

Das ist wieder ein anderes Thema. Mißstände hat es im Übrigen immer gegeben, auch schon in früheren Zeiten. Denke nur mal an die Kreuzzüge: Man sagte den Menschen, daß sie mit dem Kampf gegen Unglaäubige all ihre Sünden loswerden könnten, also kämpften sie gegen Juden, Moslems und alle, die sie dafür hielten, plünderten und mordeten und glaubten dabei teilweise wirklich, ein gottgefälliges Werk zu tun. "Deus lo vult" war das Motto dabei.

Ja, und heute erzählt man z.B. den Frauen, daß sie stark und emanzipiert wären, wenn sie sich egoistisch und rücksichtslos verhalten. Also tun sie das und fühlen sich dabei teilweise noch gut.

So ist das eben: Je mehr Freiheit man den Menschen läßt und je mehr man sie sogar noch ermuntert, gegen elementare Regeln des Zusammenlebens zu verstoßen, umso häufiger werden sie genau das tun. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob sie an einen Gott glauben oder auch nicht.

Das Problem besteht doch genau darin, daß jeder, der nicht an Gott glaubt, das, was er selber meint, findet und tut, für einen "positiven Wert" hält.

Oder eben, daß jemand, der an Gott glaubt, fest davon überzeugt ist, daß alles, was er tut, dem lieben Gott gefällt. Es hat schon Massenmörder gegeben, die ihre Verbrechen mit Bibelzitaten begründeten. Wer nur verkommen genug ist, wird selbst in einem Benjamin Blümchen-Bilderbuch eine Begründung für die übelsten Verbrechen finden.

Auch die SS hat nach ihren positiven Werten gehandelt...

Ja, und als es dann die ersten Erschießungen von unschuldigen Zivilisten gab, nahm das sehr viele SS-Leute, die daran beteiligt waren, psychisch so mit, daß man sich gezwungen sah, andere Lösungen für die Massen-Exekutionen zu suchen. Als Himmler mal so einer Erschießung beiwohnte, mußte er schließlich den Blick abwenden. Und ich denke, Hitler wußte sehr genau, wieso er sich nicht zu direkt mit der "Endlösung der Judenfrage" befaßt und die Ausführung lieber anderen überlassen hat.

Wie erklärst du dir das? (Im Übrigen hat Hitler sehr wohl an die Existenz eines Gottes geglaubt.)

Ganz egal, ob man etwas rational für sinnvoll und richtig hält - die allermeisten Menschen haben die elemtarsten Grundregeln instinktiv eingeprägt. Man kann das durch falsche Erziehung natürlich teilweise zunichte machen - aber selbst das klappt oft nicht vollständig. Selbst übelste Massenmörder haben zuweilen Phasen, in denen sie ihre Verbrechen bereuen. Auch dann, wenn sie an keinen Gott glauben.

Gottlosigkeit liefert den Menschen nun mal vollständig an sich selbst aus, sprich: an einen von Wahnsinn und blindem Egoismus motivierten, myop interessegeleiteten Machtkampf, bei dem aus Prinzip die Scharen der Narren die größten aller Übeltäter unterstützen und mit ihnen den Sieg über die davontragen, die sich bei den positiven Werten, an die sie persönlich glauben, noch irgendwie dunkel auf Gott beziehen, auch wenn sie das heute nicht mehr wissen (wollen).

Das hat nichts mit dem Glauben an einen Gott zu tun. Es gibt genügend religiöse Fanatiker, die den Glauben ihrer Mitmenschen mißbrauchen, um sie zu Verbrechen aufzuhetzen.

Genau dieses atheistische, naiv vernünftelnde Aufklärer-Vertrauen in "das Gute" im Menschen, das deshalb keines Gottes mehr bedarf, führt früher oder später linear zur "unfehlbaren menschlichen Gerechtigkeit" in Gestalt einer kollektivistischen Diktatur, die keines Diktators mehr bedarf, weil ihr Inhalt die von der Mehrheit geteilte Gottlosigkeit selbst ist.

Nein. Ganz im Gegenteil schaffen sich Diktaturen eigene Religionen. Der Gott ist dann der Diktator selbst oder aber irgendein üblicherweise längst toter Philosoph, auf den sich der Diktatur beruft. Und andere Religionen werden nur deshalb verfolgt, weil sie als Konkurrenz für die neue Religion betrachtet werden.

Wenn die Männerbewegung nun dasselbe "Recht auf Egoismus" für sich beansprucht, dann spielt das zwar keine Rolle, denn mit diesem Anspruch wird sie scheitern. Aber das spielt dann eben keine Rolle.

Das ist wahr.

Wer hingegen sich selbst "negativ verwendet" und über sich nichts akzeptiert, das dies objektiv und unfehlbar beurteilt... richtet... wieder aufrichtet... hat keinen Ausweg mehr...

Das mag auf manche Menschen zutreffen - die brauchen dann in der Tat die Drohung eines göttlichen Strafgerichtes, und idealerweise auch die Angst vor der irdischen Justiz. Andere Menschen brauchen das aber nicht. Die brauchen nicht zwingend eine "höhere Autorität", um zu wissen, daß es nicht in Ordnung ist, den Nachbarn zu erschlagen und auszurauben. Die brauchen dafür weder Gott noch Staat.

Der Student, der hier die sachlichen und logischen Zusammenhänge ganz gut dargestellt hat, wie ich finde, hat nicht von der Liebe des Vaters zu seinem Kind gesprochen, sondern von der Liebe des Kindes zu seinem Vater. Das hat du verwechselt, weil du es nicht erkennst, und so das Gegenteil dessen verstanden, was gemeint war.

Nein, das habe ich nicht verwechselt. Der Student hat u.a. geschrieben, daß ein Mann ohne Glauben an Gott kein guter Vater sein könne.

Deswegen kann atheistischer Antifeminismus aus sich heraus nicht dauerhaft Bestand haben.

Das sehe ich eben so im realen Leben ganz und gar nicht.

Freundliche Grüße
von Garfield


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