Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Logorrhoe 1. Teil

Maesi @, Saturday, 23.09.2006, 20:00 (vor 7015 Tagen) @ Garfield

Hallo Garfield

"Gehören Reiche, wer auch immer das sein mag, nicht zur Allgemeinheit."

Sicher. Aber der Unterschied zu anderen Mitgliedern der Allgemeinheit
besteht darin, daß zumindest die überwiegende Mehrheit der Superreichen
keinen Finger für das weitere Anwachsen ihres Reichtums rühren muß. Dafür,
daß sie immer reicher werden, sorgen Manager und Banken, die diesen
Reichtum wiederum von anderen erarbeiten lassen. Wenn nun aber sehr wenige
immer mehr Besitz ansammeln, dann müssen zwangsläufig dafür sehr viele
andere immer ärmer werden. Und genau das zeigt sich ja auch regelmäßig in
den Statistiken. Wenn aber immer mehr Geld in den Besitz von Menschen
kommt, die bereits so viel Geld besitzen, daß sie es gar nicht mehr
verkonsumieren können, dann legen sie es eben an, und zwar nicht nur in
Deutschland, sondern auch im Ausland (in diversen Ländern außerhalb der
Euro-Zone ist der Euro mittlerweile Zweit- oder Drittwährung), und ein
guter Teil des Geldes fließt auch in imaginäre Geldkreisläufe, in denen
imaginäre und teilweise sehr hohe Gewinne erzeugt werden, die dann aber
natürlich letztendlich irgendwie doch durch reale Produktionsleistungen
gedeckt werden müssen, was die darin involvierten Unternehmen dazu zwingt,
exorbitant hohe Gewinnsteigerungen anzustreben und dafür
auf-Teufel-komm-raus zu rationalisieren. Gleichzeitig bricht für die Masse
der Bevölkerung die Kaufkraft zunehmend weg, so daß sie immer weniger
konsumieren können. Das muß den Binnenmarkt zwangsläufig schwächen. Das
alles zusammen muß dann natürlich langfristig einen Anstieg der
Erwerbslosenzahlen bewirken, der die Situation weiter verschärft.

Erstens einmal hat das oben Beschriebene mit den von Dir erwaehnten 'Schwarzgeld-Konten' der PDS (sie die ueberhaupt existieren) wenig zu tun. Die sogenannten 'Superreichen' haben ihr Vermoegen tatsaechlich zum grossen Teil in der Wirtschaft in Form von Beteiligungen plaziert. Was daran schlecht ist, erschliesst sich mir nicht, denn jeder der seine Kohle auf einem Bank- oder Postkonto deponiert hat, macht ja auch nichts anderes.

Zweitens ist mir schleierhaft, was Du unter 'imaginaeren Geldkreislaeufen' und 'imaginaeren Gewinnen' verstehst. Wenn die Gewinne der 'Superreichen' tatsaechlich zu einem guten Teil 'imaginaer' (also bloss in der Phantasie) existieren, wie sollte dann die Allgemeinheit diese eingebildeten Gewinne durch reale Produktionsleistungen decken muessen?

Drittens kann ich nicht nachvollziehen, weshalb es schlecht ist, wenn Geld im Ausland angelegt wird. Deutschland hat naemlich einen Nettozufluss an Geld, hat in dieser Hinsicht also gar kein Problem. Hier habe ich den Eindruck, dass Du im alten Devisenbewirtschaftssystem sozialistischer Staaten verhaftet bist, welche den Anspruch erhoben, den gesamten Aussenhandel von und zu ihren Hoheitsgebieten zu kontrollieren.

Viertens wuerde ich gerne wissen, woran Du die 'zunehmend wegbrechende Kaufkraft der Bevoelkerung' misst. Der Konsum nimmt nach Jahren der Stagnation sowie leichter Ruecklaeufigkeit eher wieder zu, auch die Wirtschaft erholt sich wieder.

"Irgendwer muss ja das Geld verdienen..."

Das ist auch ein Problem. Wenn immer mehr Menschen aufs Abstellgleis
geschoben werden, sinkt die Zahl der Geldverdiener. Zwar läßt sich das
problemlos durch Maschinenarbeit und Verlagerung von Produktion ins
Ausland ausgleichen - es bleibt aber das Problem, daß der Binnenmarkt
zunehmend geschwächt wird. Solange der Export gut läuft, kann man das
ignorieren. Sobald aber der Export auch schwächelt, wird es eng.

Im Binnenmarkt wird die Gueter- und Dienstleistungsnachfrage durch Steuererhoehungen (z.B. MWST) und immer neue Abgaben geschwaecht. Der Binnenhandel belastet diese Abgaben den Konsumenten weiter, die letzten Endes alles bezahlen muessen. Folge: der Inlandkonsum geht zurueck.

Der Export 'laeuft' nicht irgendwie. Die Bearbeitung von Absatzmaerkten ist heute eine sehr wichtige unternehmerische Aufgabe. Wer sich als international taetiger Unternehmer auf seinen Lorbeeren ausruht, geraet sehr schnell ins Hintertreffen.

Das gilt aber offensichtlich genauso für das derzeit real durchgezogene
Programm. Seit Jahrzehnten erzählt man uns beispielsweise, daß
Lohnverzicht und Steuersenkungen für Großkonzerne Arbeitsplätze schaffen
würden. Im realen Leben zeigt sich jedoch immer wieder das Gegenteil.
Mittlerweile bezeichnen sogar schon CDU-Politiker - in der Hoffnung auf
Wählerstimmen - diese Theorien als "Lebenslügen".

Dieser Theorie liegt die Idee zugrunde, dass die Grosskonzerne durch gewaehrte Steuervorteile im Land gehalten werden; man hatte Schiss, dass sie ansonsten ihr Steuerdomizil ins Ausland verlagern und dem Staat dadurch Steuereinnahmen wegbrechen. Das Steuerdomizil entspricht jedoch keineswegs notwendigerweise dem Standort, wo die meisten Arbeitsplaetze des Unternehmens sind. Der Staat schaute also in erster Linie aufs eigene Portemonnaie, die Erhaltung der Arbeitsplaetze wurde bloss vorgeschoben, um den (dummen) Waehler ueber den Tisch zu ziehen. Sofern die Regierungen Kohl und nachfolgend Schroeder tatsaechlich glaubten, mit Steuergeschenken Arbeitsplaetze zu schaffen oder wenigstens zu erhalten, dann muss man ihnen eine erhebliche Realitaetsferne attestieren.

Die Lohn- und v.a. die Lohnnebenkosten in Deutschland sind im internationalen Vergleich allerdings sehr hoch; hier haette der Staat eigentlich laengst ansetzen muessen. Nun kann der Staat die Loehne in einer funktionierenden Marktwirtschaft kaum direkt beeinflussen, es sei denn er traete in groesserem Umfang als Marktteilnehmer (also als Arbeitgeber) oder als gesetzlicher Lohnregulator auf. Wie Gueter- und Dienstleistungspreise unterliegen Loehne in erster Linie dem Diktat von Angebot und Nachfrage. Die Lohnnebenkosten hingegen bestimmt zu einem erheblichen Teil der Staat. Anstatt immer weitere Steuergeschenke an Grossunternehmen zu machen, haette der Staat sich bei den Lohnnebenkosten zuruecknehmen muessen; damit haette er die Erhaltung oder Schaffung neuer Arbeitsplaetze direkt positiv beeinflusst. Hingegen haette er die voellig unuebersichtliche Steuergesetzgebung schon laengst vereinfachen und straffen muessen. Ein weiteres Problem in Deutschland ist der unglaubliche buerokratische Wasserkopf. Fuer jeden Schwachsinn benoetigt man in Deutschland heute scheinbar eine Bewilligung. Gerade kleine und mittlere Unternehmen trifft dieser administrative Overhead sehr hart.

Ändern tut man aber trotzdem nichts daran. Schließlich will man es sich nicht mit den
"Schwarzgeld"-Gebern verscherzen.

Diesen Satz verstehe ich jetzt nicht. Wer sind die 'Schwarzgeld'-Geber und inwiefern ist ihr Geld 'Schwarzgeld'?


Gruss

Maesi


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