Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

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Logorrhoe 1. Teil

Salvatore Ventura @, Berlin, Friday, 22.09.2006, 01:50 (vor 7016 Tagen) @ Garfield

Hallo Salvatore!

"Gehören Reiche, wer auch immer das sein mag, nicht zur Allgemeinheit."

Sicher. Aber der Unterschied zu anderen Mitgliedern der Allgemeinheit
besteht darin, daß zumindest die überwiegende Mehrheit der Superreichen
keinen Finger für das weitere Anwachsen ihres Reichtums rühren muß. Dafür,
daß sie immer reicher werden, sorgen Manager und Banken, die diesen
Reichtum wiederum von anderen erarbeiten lassen. Wenn nun aber sehr wenige
immer mehr Besitz ansammeln, dann müssen zwangsläufig dafür sehr viele
andere immer ärmer werden.

Ja ne, der Teufel schiet immer auf dicksten Haufen oder auch der Segen des Zinseszinseffekts. Aber ehrlich, einer der dümmsten Fehler, die man auf dem Gebiet der Wirtschaft machen kann, ist, sie für ein Nullsummenspiel zu halten. Wäre das so, ginge es den Ärmeren wesentlich schlechter als vor 100 Jahren. Das tut es aber nicht, es geht ihnen viel besser. Den Reichen geht es natürlich noch viel besser, das wird auch so bleiben, aber das muss uns ja nicht interessieren.

Und genau das zeigt sich ja auch regelmäßig in

den Statistiken. Wenn aber immer mehr Geld in den Besitz von Menschen
kommt, die bereits so viel Geld besitzen, daß sie es gar nicht mehr
verkonsumieren können, dann legen sie es eben an, und zwar nicht nur in
Deutschland, sondern auch im Ausland (in diversen Ländern außerhalb der
Euro-Zone ist der Euro mittlerweile Zweit- oder Drittwährung), und ein
guter Teil des Geldes fließt auch in imaginäre Geldkreisläufe, in denen
imaginäre und teilweise sehr hohe Gewinne erzeugt werden, die dann aber
natürlich letztendlich irgendwie doch durch reale Produktionsleistungen
gedeckt werden müssen, was die darin involvierten Unternehmen dazu zwingt,
exorbitant hohe Gewinnsteigerungen anzustreben und dafür
auf-Teufel-komm-raus zu rationalisieren. Gleichzeitig bricht für die Masse
der Bevölkerung die Kaufkraft zunehmend weg, so daß sie immer weniger
konsumieren können. Das muß den Binnenmarkt zwangsläufig schwächen. Das
alles zusammen muß dann natürlich langfristig einen Anstieg der
Erwerbslosenzahlen bewirken, der die Situation weiter verschärft.

Also betriebswirtschaftlich betrachtet ist das eher wirr. Ich bin für Kurse in Wirtschaft in Deutschland, damit die Gewinne in Zukunft nicht mehr imaginär sind. Ich kann mich noch gut an imaginäre Gewinne erinnern, während der New Economy. Das waren die Gewinne von Leuten, die dachten sie hätten Gewinne erzielt. Hatten sie auch, sogenannte Buchgewinne. Ein Telefonanruf hätte gereicht, um aus imaginären Gewinnen, reale Gewinne zu machen. Nur waren alle zu gierig. Interessant war, dass die "Ärmsten" die Gierigsten und vor allem Beratungsresistentesten waren.


"Die PDS macht Politik für Reiche, das is ja ein dolles Ding."

Zumindest steht es im Gegensatz zu ihrem Programm. Man muß da aber
natürlich (wie bei allen anderen Parteien auch) differenzieren zwischen
der Führungsebene und der Basis. Je höher jemand in der Parteihierarchie
steht, umso mehr wird üblicherweise Idealismus durch das ersetzt, was man
heute gern als "Pragmatismus" bezeichnet.

Ihr Programm ist richtig groovy: ein Job für mindestens 1.400 EUR für jeden. Vielleicht steht ja die Gelddruckmaschine doch noch irgendwo.


"Irgendwer muss ja das Geld verdienen..."

Das ist auch ein Problem. Wenn immer mehr Menschen aufs Abstellgleis
geschoben werden, sinkt die Zahl der Geldverdiener. Zwar läßt sich das
problemlos durch Maschinenarbeit und Verlagerung von Produktion ins
Ausland ausgleichen - es bleibt aber das Problem, daß der Binnenmarkt
zunehmend geschwächt wird. Solange der Export gut läuft, kann man das
ignorieren. Sobald aber der Export auch schwächelt, wird es eng.

Kleine Firmen machen zwar 80% unserer Wirtschaftskraft aus, aber exportieren tun die eher wenig, Maschinen haben die auch nicht, aber Probleme mit Behörden haben die jede Menge.


"Doch das Prgogramm ist perfekt, nur die Welt leider nicht. Aber wenn die
Wirklichkeit nicht mit der Vorstellung übereinstimmt - schade für die
Wirklichkeit."

Das gilt aber offensichtlich genauso für das derzeit real durchgezogene
Programm. Seit Jahrzehnten erzählt man uns beispielsweise, daß
Lohnverzicht und Steuersenkungen für Großkonzerne Arbeitsplätze schaffen
würden.

Also man muss nüsch allet gloom, wat eim erzählt wird.

Im realen Leben zeigt sich jedoch immer wieder das Gegenteil.

Mittlerweile bezeichnen sogar schon CDU-Politiker - in der Hoffnung auf
Wählerstimmen - diese Theorien als "Lebenslügen". Ändern tut man aber
trotzdem nichts daran. Schließlich will man es sich nicht mit den
"Schwarzgeld"-Gebern verscherzen.

Schwarzgeld gibt es in der Politik kaum, dazu isse zu unwichtig. Politiker sind zu phantasielos, manchmal denken sie, so könnte es gehen. Tuts dann aber nicht, leider kommt es völlig anders.
Die Politik umweht der Hauch der Vergeblichkeit, vielleicht ist sie einfach zu weiblich geworden. In Abwandlung eines alten Willy Brandt Spruchs schlage ich vor: "Weniger Politik wagen."

Saludos
Salvatore


Freundliche Grüße
von Garfield


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