Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Rechts versus Links

Maesi, Saturday, 26.05.2007, 21:58 (vor 6180 Tagen) @ Peter

Hallo Peter

Ich finde die Klassifizierung durchaus treffend. Definieren wir rechts als
"konservativ" und links als "progressiv" dann ergibt das Sinn. Der
Rechtsfeminismus setzt auf den NS-Mutterkult auf und konstruiert die
Überlegenheit des weiblichen Geschlechts aus der Fähigkeit zu gebären.
Männern obliegt in diesem Denkmodell (auch Gynofeminismus genannt) die
Rolle des rechtlosen Ressourcenbeschaffers. Das gesamte Ehe-, Sorge- und
Unterhaltsrecht trägt eindeutig die Handschrift dieser feministischen
Schule.

Ich finde sie nicht treffend. Links und rechts als politische Charakterisierungen waren nie besonders aussagekraeftig. Am Leben erhalten werden diese Einteilungen in erster Linie von den sogenannten Linken; sie bezeichnen sich in ihrem Selbstverstaendnis als Linke und den politischen Gegner als 'Rechte'. Als 'rechts' bezeichnen sich im eigenen Selbstverstaendnis fast nur noch Vertreter radikaler nationalistischer Splittergruppen, der ueberwaeltigende Rest der Bevoelkerung meidet eine solche Selbstbezeichnung wie der Teufel das Weihwasser. Wer also ist denn nun eigentlich 'rechts'? Die paar tausend Spinner in politischen Splitterparteien, die sich so nennen und vielleicht noch jene paar 10000, die sie waehlen? Oder sind alle jene als 'rechts' anzusehen, die von irgendwelchen Spinnern, die sich selbst als links ansehen, so bezeichnet werden? Schwierige Frage, fuerwahr...

Auch die Definition von rechts als konservativ und links als progressiv fuehrt bloss zu Verwirrung. Die Gruenen waeren demnach in Bezug auf den Naturschutz stockkonservativ (= rechtsradikal). Die Sozialdemokraten waeren in Bezug auf die Verteidigung und Bewahrung der sozialen Errungenschaften ebenfalls konservativ (= rechts). Die Globalisierer waeren links (um nicht zu sagen linksradikal), waehrend die Globalisierungsgegner sich von rechts bis rechtsextrem einreihten. Die Labour-Party der 70er-Jahre in England waere sowieso rechtsradikal (da stockkonservativ den Klassenkampfidealen des 19. Jhds. verhaftet) gewesen, waehrend die Tories damals als Privatisierer (einem Novum, da bis dahin ja auschliesslich verstaatlicht worden war) dagegen wahre linke Revoluzzer gewesen waeren.

Kopfweh bereitet mir der Begriff NS-Mutterkult. Dieser dient ganz klar zur Diffamierung nicht genehmer Lebensweisen. Wer als Ehepaar beschliesst, dass die Mama die Kinder betreut, waehrend der Papa die wirtschaftliche Versorgung uebernimmt, haengt einem Nazikult an. Alles klar! Das fuehrt beispielsweise zum seltsamen Ergebnis, dass strengglaeubige Juden seit jeher einem familialen NS-Kult froenten. Potztausend, das haette ich aber nicht von denen gedacht! Sorry, ich schaetze sonst Deine Beitraege; aber diese unbesonnene Uebernahme einer derart vorbelasteten Worthuelse ('NS-Mutterkult') Deinerseits musste ich Dir einfach unter die Nase reiben...

Moegen gewisse Linke halt einen Rechtsfeminismusbegriff konstruieren, um die mit ihnen ideologisch verwandten, 'guten Linksfeministen' gegen die 'boesen Rechtsfeministen' abzugrenzen. Es ist lediglich ihr eigenes ideologisches Abgrenzungsproblem und nicht meines. Und was dann die 'rechtsfeministischen' Leute à la Frau Hermann oder meinetwegen auch Chato angeht, ist mir deren angeblicher 'Rechtsfeminismus' solange wurscht, wie sie ihre Lebensideale nicht mit staatlichen Zwangsmitteln anderen auferlegen wollen. Dagegen ist mein natuerlicher Gegner der kollektivistische Menschheitsbegluecker, der glaubt mittels staatlichen Zwangsmassnahmen seine 'Ideale' den anderen aufzwingen zu duerfen, ja sogar zu muessen. Da ist es mir dann aber vollkommen egal, ob die sich um Links- oder Rechtskollektivisten handelt. Denn mir kommt es ja auf den politischen Inhalt an und nicht auf die Verpackung.

Der klassische Linksfeminismus hatte die volle und gleichberechtigte
Teilhabe der Frau am gesellschaftlichen Leben zum Ziel und hat dieses
definitiv erreicht.

Was ist fuer Dich der klassische Linksfeminismus und worin bestehen die Unterschied zu anderen Feminismen? Wann wurde das Ziel erreicht? Mit der blossen formalen rechtlichen Gleichberechtigung oder mit der sogenannten 'tatsaechlichen Gleichberechtigung' (vulgo Gleichstellung)? Offensichtlich wurde die volle Teilhabe der Frau am gesellschaftlichen Leben noch nicht erreicht, oder doch?

Im übrigen bin ich über diesen Strang hier etwas erstaunt. Die Zickigkeit
mit der hier übereinander hergefallen wird erinnert eher an das
Brigitte.de Forum.

Nunja, es geht natuerlich um gewisse Grundsatzfragen, und da reagieren manche schon ziemlich 'zickig'. Aber was die Bildung des Begriffs 'Rechtsfeminismus' anbelangt, musste ich Max unwillkuerlich Recht geben: hier scheint tatsaechlich jemand von Weltbildverslustaengsten geplagt zu sein, wenn er krampfhaft versucht solche Rechts-Links-Konstrukte beizubehalten. Ist ein solches Beharren auf liebgewonnenen Schemata eigentlich als Konservativismus und damit als 'rechtsgerichtet' zu bewerten?

Gruss

Maesi


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