Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Unredlich

Maesi, Saturday, 26.05.2007, 22:14 (vor 6190 Tagen) @ Peter

Hallo Peter

Du erwiderst trotzdem: "Wie sollte man das denn hinkriegen? Wie sollte

das

funktionieren? Das kann der Staat doch überhaupt nicht herstellen!"

Eben.

Kann er nicht. Deshalb soll er sich ja gefälligst aus dem Privatleben
raushalten und es den Menschen selbst überlassen. Die schaffen

das

schon. Das haben sie nämlich immer geschafft. Sie "schaffen" es
erst nicht mehr, seit es euch gibt. Und das hat eben Gründe - diesen
nämlich vor alem, daß es euch gibt und ihr euch überall planend und
regulierend in das Leben der Menschen reinhängt, um es "zu verbessern".


Wo greift der Staat denn hier proaktiv in das Privatleben ein? Er gibt
nach derzeitigem Recht den Frauen ein Instrumentarium in die Hand mit der
sie Männer unter Zuhilfenahme des staatlichen Machtapparates unterdrücken
und ausbeuten können. Gleichwohl, der Staat zwingt die Frauen nicht dazu,
dies auch zu tun.

Nein, er zwingt sie nicht dazu, aber animiert sie unter Benutzung von zwangsweise eingetriebenem Geld. Ist zwar nicht ganz dasselbe, aber in der letztendlichen Auswirkung spielt das kaum eine Rolle. Ebensowenig spielt es eine Rolle, ob der Staat das tatsaechlich so beabsichtigt hat oder es nur das Ergebnis einer Fehleinschaetzung ist.

Ergo: Du wirst nicht daran gehindert, zusammen mit einer Frau euer Leben
nach euren Regeln zu leben. Theoretisch, zur Praxis komme ich gleich...

Chato hat auch nicht behauptet, dass man ihn am Zusammenleben mit einer Frau nach seinen Regeln hindert. Aber der Staat ermoeglicht ein einseitiges Aufkuendigen dieses Zusammenlebens und laesst hernach einseitig die Frau die neuen Regeln bestimmen. Die wenigen staatlichen Regeln, die den Mann noch irgendwie schuetzen koenn(t)en, werden in Deutschland ja meist nicht einmal vollzogen. Aber das weisst Du selber ganz genau...

Klar, daß deinereiner sich jetzt furchtbar aufregt bei dem Gedanken,

daß

das, was unbedingt zu trennen ist - Mann und Weib miteinanderverbunden

-

sich gegen staatlichen Wunsch wieder miteinander verbinden und eurer
Ideologie den Effe-Finger zeigen könnte.


"Mann und Weib miteinanderverbunden", das klingt erstmal mächtig
romantisch *gg*. Schaue ich aber mal hinter die Kulissen, dann sehe ich
folgendes:

Die Bindungskraft zwischen Mann und Frau ist relativ gering. Deswegen
wurden mächtig viele Riten ausgebildet, um Frauen zu umschmeicheln, zu
vergöttern, eben bei Laune zu halten (im westlichen kulturkreis
zumindest). Ebenso wurde ein gesellschaftliches Instrumentarium
(rechtliche und gesellschaftliche Zwänge) entwickelt, um die Bindung
zwischen Mann und Frau aufrechtzuerhalten. Art und Umfang des
Instrumentariums variierten (und tun es immer noch)zwischen den
Kulturkreisen. Im Kern überall gleich allerdings die Aufgabenteilung
zwischen Aussenrepräsentation und Ressourcenbeschaffung durch den Mann
einerseits, "Innendienst" für die Frau andererseits.

Im Zuge des kulturellen Entwicklungsprozesses im Westen wurden diese
Instrumente stumpf, die gesellschaftlichen Repressionsinstrumente nicht
mehr gelebt und die rechtlichen Teile davon folgerichtig abgeschafft.

Der draengendste Grund fuer eine Frau bei ihrem Mann zu bleiben, war zu allen Zeiten v.a. ein oekonomischer; sie und ihre Nachkommenschaft wurden versorgt und beschuetzt. Umgekehrt war es keineswegs ein oekonomischer Grund, der Maenner veranlasste bei ihren Frauen zu bleiben sondern Gruende wie Pflichtgefuehl, Liebe, Loyalitaet. Weil diese geistigen Qualitaeten wesentlich weniger zwingend fuer das Ueberleben des Mannnes sind als die oekonomischen fuer das Ueberleben der Frau, wurden gesellschaftliche Instrumente geschaffen, um den Mann einerseits 'bei Laune' zu halten und andererseits sein Pflichtgefuehl zu verstaerken. Die Frau musste man hingegen kaum bei Laune halten, denn sie war durch die oekonomischen Rahmenbedingungen und den Kinderwunsch sozusagen von Natur aus genuegend motiviert. Exakt so wird ein Schuh draus. Die gesellschaftlichen Instrumente bestanden darin, dass der Mann als Familienvater eine soziale Aufwertung erfuhr, er die Familie nach aussen hin vertrat, und er in bestimmtem Umfang auch Entscheidungen fuer die Familie traf. Man hat also den Mann institutionell in die Pflicht genommen, ihm aber gleichzeitig Rechte zugestanden, wohl wissend, dass nur ein gut austarierter Pakt zwischen Mann und Frau Bestand haben konnte. Wenn jedoch nicht bereits ein Grundstock von Liebe, Loyalitaet und Pflichtgefuehl bei Maennern ausgebildet gewesen waere, haette das trotzdem nicht funktioniert.

Maennliche Liebe, Loyalitaet und Pflichtgefuehl lassen sich nicht so schnell und einfach abschalten, wie sich die das weibliche Beduerfnis nach oekonomischer Versorgung befriedigen laesst. Deshalb haben wir heute (noch) eine Asymmetrie. Das Pendel hat jedoch bereits begonnen zurueckzuschwingen. Maenner werden sich an die derzeitige soziale Asymmetrie durch geeignetes Verhalten anpassen. Sie werden verstaerkt Loyalitaet und Pflichtgefuehl unterdruecken, Liebe wird zur blossen Befriedigung des Sexualtriebes reduziert, bis eine neue Symmetrie hergestellt ist. Bereits jetzt sind solche Tendenzen spuerbar. Ob die neue Symmetrie uns gefallen wird, halte ich fuer eher unwahrscheinlich. Aber wir werden damit zu leben lernen.

Nun könnte dies ja nach Deiner Diktion "Mann und Weib" völlig
unbeeindruckt lassen (Effe Finger). Das Fehlen von Repressionsinstrumenten
verhindert ja nicht das einvernehmliche "miteinanderverbundensein" bis in
den Tod.

Aber anscheinend funktioniert das gesamtgesellschaftlich wohl nicht so
richtig mit dem "Mann und Weib miteinanderverbunden" (hohe
Scheidungsraten, mehrheitlich von Frauen ausgehend, Ledige
Alleinerziehende etc pp).

Es funktioniert mehr schlecht als recht, weil ein Teil der 'Repressionsinstrumente' keineswegs abgeschafft ist, sondern im Gegenteil im oekonomischen Bereich immer staerker ausgebaut und verfeinert wurde (Stichwort: Unterhalt). Es ist psychologisch aeusserst interessant, dass Du offensichtlich nur die abgeschafften Rechte der Familienvaeter (vulgo 'Repressionsinstrumente') sehen kannst, und die weiterbestehenden Rechte von Frauen unterschlaegst, obwohl sie doch so ueberdeutlich zu erkennen sind. Die oekonomische Versorgung war ein erheblicher Teil des Deals in der klassischen symbiotischen Familie. Da diese heute ohne irgendwelche Gegenleistungen gesetzlich eingefordert werden kann und bei fehlender wirtschaftlicher Leistungsfaehigkeit des Mannes durch die Unterstuetzung des wirtschaftlich immer leistungsfaehigen Staates substituiert wird, ist die Seite der Frau damit befriedigt. Was Du also thematisierst, ist nicht das Nichtfunktionieren der urspruenglichen, wohlausgewogenen Familiensolidaritaet sondern das Nichtfunktionieren einer durch gesetzliche Repressionsinstrumente erzeugten, gewollt einseitigen Familiensolidaritaet. Es ist sehr wichtig, dass man da die Unterscheidung macht.

Aber es ist ja auch nicht so, dass die klassische symbiotische Familie ueberhaupt nicht funktionierte. Sie funktioniert aber eben nur solange, wie beide Ehegatten diese Familie aufrechterhalten wollen. Die gesetzlich gewollte Schieflage zur Sicherstellung ausschliesslich der oekonomischen Familienaspekte, verschafft der Frau einfach einen 'Vorteil', wenn sie die Familie zerstoeren will. Nicht jede tut es, aber viele halt doch. Die Scheidungsrealitaet wiederspiegelt nichts anderes als die derzeitigen rechtlichen und soziooekonomischen Bedingungen; unter anderen Bedingungen wuerde sich das Ergebnis wieder mehr oder weniger stark verschieben.

Witzig, das Du jetzt dafür dem Staat die Schuld gibst (und den Linken und
den 68ern und wem auch immer) und dich über die "Einmischung in das
Privatleben" beschwerst, gar Freiheit forderst. Das ist für mich einfach
unredlich. Sag doch rundheraus, dass Du nicht Freiheit für "Mann und Weib"
forderst, damit diese in Ruhe zusammenleben können. Sondern das Du Freiheit
für Dich forderst, nach eigenem Belieben Repressionsinstrumente gegenüber
dem Weib einzusetzen, um dieses an dich zu binden.

Inwiefern ist Chato unredlich? Der Staat greift ja mit der Gesetzgebung einseitig regelnd in die Familie ein. Jeder, der will, kann das nachpruefen. Machen wir mal ein Gedankenexperiment:

Was wuerde passieren, wenn die (Zivil-)Ehe vollstaendig abgeschafft wuerde, ebenso saemtliche durch den Staat erzwungenen Familiensolidaritaetsleistungen sowie jegliche soziale Unterstuetzung durch den Staat; wenn wir also gewissermassen wieder zum 'Urzustand' zurueckkehrten, einen 'Reset' durchfuehrten? Eine aeusserst interessante Frage! Dann wuerde IMHO wieder die persoenliche Solidaritaet unter den Menschen zu greifen beginnen, ganz einfach weil sie darauf angewiesen sind, um zu ueberleben. Sehr schnell wuerde man dann wahrscheinlich wieder zu institutionalisieren beginnen. Aber eben nur auf der Grundlage von bereits bestehenden symbiotischen Bindungen, die sich vorher frei im Rahmen der oekonomischen Bedingungen entwickelt haben; wir haetten dann vermutlich wieder eine Art Ehe aehnlich der, wie wir sie frueher hatten. Ich bin ueberzeugt davon, dass Chatos Forderungen nach strikter staatlicher Nichteinmischung zwingend dazu fuehrten, sofern sie wirklich konsequent durchgezogen wuerden. Und das scheint uebrigens auch sein Kalkuel zu sein.

Die Quintessenz ist also: wenn der Staat in die Familiensysteme eingreift, dann muss er es ausgewogen tun und alle relevanten Bedingungen beruecksichtigen - sowohl oekonomische wie nichtoekonomische. Da er derzeit groesstenteils oekonomische (= materielle) Belange regelt und vollzieht, ergibt sich die heutige Schieflage mit Vorteil fuer die Frauen. Wenn der Staat nicht schnell handelt und sich entweder stark aus der oekonomischen Privilegierung von Frauen zurueckzieht oder aber die ideellen Belange zugunsten der Maenner (wieder) staerker beruecksichtigt, wird es wohl so herauskommen, wie ich oben schon beschrieben habe. Es wird sich eine neue Symmetrie einstellen, in der Maenner ihre ideellen Beduerfnisse einfach zurueckfahren und mittels materiellen Surrogaten ersetzen werden. Was diese noch staerkere Konzentration auf rein materielle Dinge fuer die Gesellschaft bedeutet, mag sich jeder selbst ausmalen. Moeglicherweise wird das 'Problem' in vier bis fuenf Generationen ohnehin ausgestanden sein, weil die zunehmende, sozialinduzierte Sterilitaet keine neuen Generationen mehr nachkommen laesst.

Offen gestanden halte ich die heutige materialistische Gesellschaft eher fuer faehig, die oekonomische Umverteilung zugunsten der Frauen zurueckzufahren, anstatt ideelle Belange zu regeln. Wie soll denn ein materialistischer Staat ueberhaupt ideelle Belange erkennen koennen? Es ist ja gerade wesentlicher Bestandteil unserer Misere, dass der Staat die immateriellen Beduerfnisse und Belange von Maennern/Vaetern nicht beachten will. Ausserdem wuerden wir uns im zweiten Fall genau das einhandeln, was wohl die wenigsten hier wollen, naemlich einen nahezu alles bevormundenden und regelnden, uebermaechtigen Staat nicht bloss im oekonomischen sondern neu auch im zwischenmenschlich-emotionalen Bereich. Die heutige soziale Situation ist nach meiner Ueberzeugung instabil, und das, was wir derzeit politisch tun (noch staerkere Bestrebungen zur materiellen Umverteilung hin), macht sie noch instabiler.

Gruss

Maesi


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