Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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...des Gedankens Blässe angekränkelt

Freddy, Tuesday, 04.09.2007, 00:11 (vor 6682 Tagen) @ Chato

Heute ist das Norm und Durchschnitt, würde ich sagen. Früher war eine weit
selbstkritischere Haltung sich selber gegenüber eine kulturelle Leistung
des Christentums, die mehr und mehr entfällt, seit ein Sündenbewußtsein
angeblich "die Freiheit einschränkt". Dafür wird letztere jetzt von der
Welt selbst her wegen der unvermeidlichen Konsequenzen dieser imaginären
"Freiheit" nicht bloß eingeschränkt, sondern aufgehoben. Ein
ausgesprochen schlechtes Geschäft, würde ich sagen.

Das würde ich auch sagen, aber gleichzeitig fällt es mir ausgesprochen schwer, aufgrund neuer Probleme zu alter Ordnung zurückzukehren. Besser ist es, eine neue Ordnung zu finden bzw. neue Lösungen. Immerhin gibt es eine Entwicklung, der Mensch ist nicht zeitinvariant wie ein Naturgesetz, daß man heute technisch genauso umsetzen könnte wie vor hundert oder tausend Jahren.

Ich kenne selber einige Leute, die keine Grenzen ihrer egozentrischen Freiheit akzeptieren - es gibt aber auch ein "Danach", in welchem die Suche nach neuen Möglichkeiten nicht mehr egozentrisch ist.

Hegel mag durchaus auch sekundär in deine Vorstellungswelt gelangt sein,
das tut nichts zur Sache. Um Entwicklungspsychologie aber ging es in
deiner Spekulation nicht, sondern ersichtlich um gesellschaftliche und
politische (Höher-)Entwicklungen gemäß einer vermeintlichen,
konkret-politischen / -sozialen Gesetzmäßigkeit, welcher Männer sich heute
zu ihrem Nutzen besser anpassen sollten. So hattest du argumentiert. Diese
"Gesetzmäßigkeiten" nenne ich spekulativ-erdacht und deshalb a priori
unwirklich. Du leitest deine Überlegungen übrigens aus bereits
Abgeleitetem her, das seinerseits völlig verkehrt und ideologisch ist. Das
Gegenteil von "Schlecht" ist nach den Gesetzen der Logik nicht "Gut",
sondern meistens "noch schlechter", weil Gut keine Funktion von Schlecht
(Wahr keine Funktion von Unwahr) ist, sondern aus sich selbst besteht.

Die bloße Feststellung, daß der Mensch sich psychisch entwickelt, ist zunächst mal eine wissenschaftliche und keine ideologisch. Ideologie kann dann entstehen, wenn man sich fragt, was man mit diesem Wissen anfängt. Überhaupt kann ich mir nicht vorstellen, daß die reine Feststellung, daß es eine psychisch-geistige Entwicklung des Menschen gibt, für Dich Spekulation ist. Da Du selbst Kinder hast, läuft dieser Prozeß doch vor Deinen Augen ab.

Es geht hier um die Herkunft von Menschenbildern, nicht darum, daß
sie etwa an sich etwas Verkehrtes seien. Nein, Materialist bin ich
natürlich gewiß nicht. Aber das bedeutet nicht, daß die Fragen, die du nun
anschneidest, deswegen so simpel wären, wie du es dir zurechtlegst.

Es wird hier ja auch nur ein Menschenbild (eine Theorie) vorgeschlagen, die wir überprüfen können. Die Feministinnen haben z.B. auch eine Theorie vorgeschlagen, die sich bei der Überprüfung aber als falsch erwies.

Soll unser Menschenbild vielleicht so fest sein, daß wir gar nichts mehr überprüfen? Wenn ja, dürfen wir uns nicht wundern, daß die Entwicklung stagniert.

Ebenso könnte jemand anhand der Äther-Theorie "beweisen", daß Naturwissenschaft sowieso nicht funktioniert. Falscher Glaube negiert ja auch nicht die Religion an sich.

Realität ist das, was intersubjektiv erfahrbar ist, ohne daß vorher
jemandem erklärt werden muß, daß es da sei. Wirklichkeit ist unendlich
viel mehr, nicht nur, weil sie viel zu groß ist, um von uns erkannt werden
zu können, sondern v.a. deshalb, weil sie in der Tiefe von einer Art ist,
die sich unserem Forschen, Denken und Verstehen entzieht. "Lediglich
Erdachtes" ist deshalb und insofern unwirklich, wenn es über
Nichterklärbares spekulative Aussagen in einer Weise trifft, wie sie nur
bei Phänomenen in der Realität möglich sind. Letzteres wäre ja
überprüfbar. Ersteres hingegen ist der unzulässige Versuch, spekulative
Aussagen über intersubjektiv nicht Erfahrbares in einer Weise zu treffen,
daß die Realität sich gewissermaßen danach zu richten habe. Das tut sie
natürlich nicht, sondern sie richtet sich nach der Wirklichkeit, welch
letztere sich aber, wie gesagt, unserem Verstehen, unserer Kontrolle und
unserem Zugriff entzieht.

Zum einen macht diese Theorie Aussagen über menschliche Verhaltensweisen, und diese sind in der Realität überprüfbar! Auch intersubjektiv. Die alternativen Bewegungen gehören z.B. alle zur selben Bewußtseinsstufe, obwohl sie alle ganz unterschiedliche Dinge tun bzw. befürworten. Man muß auf die Essenz schauen, nicht auf das Aussehen.

Nebenbei entzieht sich die Wirklichkeit keineswegs unserem Verständnis.

Hegel hat nun aus Unbegreiflichem spekulativ
etwas vermeintlich Begreifbares gemacht und damit den philosophischen
Grund gelegt für die ausgedachten, unwirklichen Ideologenwelten und "real
existierende Paradiese auf Erden" der Moderne, namentlich bei Karl Marx
und seinen späteren Epigonen. Diese Unwirklichkeit ist die
Erklärung dafür, warum Gottlosigkeit notwendigerweise in die Hölle führt
(Hölle meint hier das völlige Fehlen von Wahrheit).

Zu Karl Marx habe ich hier noch einen interessanten, kritischen Text gefunden.

Real sind sie schon, aber ohne Wirklichkeit, so sage ich - ganz reale
Lügen halt. Warum so starke Wirkungen? Weil Ideologien vom Denken des
Menschen vollständig Besitz ergreifen und es derart prägen können, daß er
Dinge tut, die er niemals täte, wenn er frei und wirklichkeitsgemäß
nachdächte. Das kann er aber nicht mehr, wenn die Wirklichkeit in seiner
Vorstellung vollständig durch Erdachtes ersetzt wurde.

Wenn sich die Wirklichkeit, wie Du sagst, unserem Verstehen, unserer Kontrolle und unserem Zugriff entzieht, ist der Mensch dann nicht praktisch gezwungen, sie durch Erdachtes zu ersetzen?

Etwas Beliebiges vorstellen kann ich mir auch ohne Hegel.


Schon. Der Unterschied ist in dem Fall, daß du eben weißt, daß es
sich um eine Vorstellung handelt, während bei Hegel lediglich
Vorgestelltes zu etwas vermeintlich Wirklichem wird.

Eben dieses Prinzip gilt auch bei der Theorie der Bewußtseinsstufen: Wenn Du weißt, daß Du Dich auf einer bestimmten Stufe befindest, hat diese Stufe keine Macht mehr über Dich. Du siehst ihren Einfluß und kannst Dich dadurch von ihm lösen.

Ideologien bewähren sich hingegen nie, sondern die
nächste löst in endloser Folge die je vorangegangene ab, nachdem diese
gescheitert ist und das entsprechende Chaos hinterlassen hat. Daraus gibt
es keinen Ausweg, außer der Rückkehr zur Wirklichkeit - also zur Akzeptanz
von Gottes guter Ordnung der Welt.

Daß die Ideologien kein Ende nehmen, ist eine Hinweis darauf, daß die entsprechenden Menschen ihre jeweilie Bewußtseinsstufe nicht sehen können. Sie hängen daran fest und können sie nicht integrieren. Vor dieser Aufgabe zurückzuweichen ist jedoch auch keine Lösung.

Die Kirche lehrt nicht, daß das Leid an sich sinnvoll sei, sondern daß
Leid die logische Folge der Sünde, also der Trennung von Gott ist. Es ist
sinnvoll, in solcher Lage das Leid zu akzeptieren, weil es einfach real da
ist, aber nicht, um darin zu versinken, sondern um herauszukommen aus dem
Elend. Da wir das nicht aus eigener Kraft vermögen, benötigen wir dafür
Gott, den "Hersteller", weil wir diese Welt und ihre Gesetze nun mal weder
gemacht haben noch sie beeinflussen können, sondern ihnen als Teil der Welt
unterliegen.

Hat Gott in seiner Ordnung denn keine Männerbewegung vorgesehen?

Gruß,
Freddy


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