Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

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Zumutbarkeitsregeln

Conny, NRW, Thursday, 07.08.2008, 00:15 (vor 6347 Tagen) @ Garfield

Ja, ich denke, daß man dauerhaft nicht so einfach um den 1-Euro-Job herum
kommt. Diese 1-Euro-Jobs wurden ja eingeführt, weil man einerseits die
Unterschicht zur Sicherung der Kaufkraft braucht und sie natürlich auch
ruhig halten will, weshalb man ihr die Stütze nicht zu sehr zusammen
streichen darf.

Dabei ließt man immer wieder, daß es eigentlich zu viele Arbeitsgelegenheiten, wie das so schön euphemistisch heißt. Dieser eine Euro bzw. es sind 1,50 Euro wird Mehraufwandsentschädigung genannt, da ich zum einen dort hin kommen muß, mehr essen muß und auch nicht so billig einkaufen kann. Dazu kommt dann auch, daß es keine 40 Stunden pro Woche sind, sondern nur 30 und bei Krankheit oder Urlaub (den gibts dort glaube ich auch 2 Tage pro Monat) gibt es nichts.

Dabei wird einem aber vorgerechnet, daß auch mancher Arbeiter nicht mehr hat.

Bei Vermietern beispielsweise sind Hartz IVler mittlerweile
durchaus gern gesehen - da kommt nämlich die Miete zuverlässig vom Amt,
während jemand mit einem schlecht bezahlten Job vielleicht mal ein paar
Monate keinen Lohn kriegt und dann auch keine Miete zahlen kann.

Das ist mir neu. Zu Zeiten der Sozialhilfe kann das so gewesen sein, aber heute gibt es eben für Renovierungen kein zusätzliches Geld, so daß man auf die billigste Farbe zurück greife muß. Ich kenne es eigentlich anders herum, daß Verharzte nicht gern gesehen sind.

Dann wäre es ja in vielen Branchen schwieriger mit
der Lohndrückerei; man müßte häufig sogar höhere Löhne zahlen und womöglich
Abstriche bei der Profitspanne hinnehmen. Das darf natürlich auch nicht
sein. Deshalb muß man den Hartz IVlern Druck machen, indem man ihnen
1-Euro-Jobs aufdrückt.

Dann sehe Dir mal §16a SGB II an. Ausschnitte daraus:
(1) Arbeitgeber können zur Eingliederung von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen mit Vermittlungshemmnissen in Arbeit einen Beschäftigungszuschuss als Ausgleich der zu erwartenden Minderleistungen des Arbeitnehmers und einen Zuschuss zu sonstigen Kosten erhalten. (...)

(2) Die Höhe des Beschäftigungszuschusses richtet sich nach der Leistungsfähigkeit des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und kann bis zu 75 Prozent des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts betragen.

Vollständig steht das hier: http://bundesrecht.juris.de/sgb_2/__16a.html

Das wurde dort glaube ich still und heimlich mit aufgenommen.

Noch dazu wird das für die Dienstvorschriften interpretiert und diese schreiben dazu vorher eine Arbeitsgelegenheit vor. Man muß den Menschen ja wieder daran gewöhnen mit dem Hahn aufzustehen und vergißt dabei, daß der Wach-Schlaf-Zyklus nicht bei jedem Menschen gleich ist. Gibt es dazu nicht etwas in Arnes Blog?

Bei uns zählt eben der als tüchtig, der morgens um 5 aufsteht und abends zeitig ins Bett geht. Dazu gibt es eben auch dieses bescheuerte Sprichwort "Abends wird der Faule fleißig". An die unterschiedlichen Menschentypen denkt bei der "modernen" Arbeit eben niemand. Auch ein Landwirt kann seine Kühe daran gewöhnen, daß sie zu bestimmten Zeiten gemolken werden.

Diese ganzen Vorurteile und Klischees hat der heutige Mensch so verinnerlicht, daß man sie nur schwer weg bekommt. Man denke dabei nur daran, daß die Frau bei gleicher Arbeit weniger verdienen soll. Davon gibt es aber noch sehr viel mehr und die machen auch vor diesem Forum hier keinen halt, wie man immer wieder mal erlebt.

Anders können es die Unternehmer auch bald nicht mehr machen. Denn auf der einen Seite stehen die Zinsen und auf der anderen die Einnahmen. Die Zinsen fließen an die Reichen und werden immer mehr und auf der anderen Seite stehen die Verbraucher, die immer weniger in der Tasche haben. Bezahlen muß dieses Geld, das der Unternehmer vom Staat bekommt, der Steuerzahler und daher eben auch dieser abhängig Beschäftigte. Mit diesem Zuschuß könnte man sich eigentlich schon fast selbständig machen.

Obendrein haben sich auch schon viele gefunden, die
damit nun auch noch ein gutes Geschäft machen, z.B. indem sie 1-Euro-Jobber
vermitteln oder indem sie ihre Firma einfach als gemeinnützige Einrichtung
umdeklarieren und so das bisherige Personal durch billige 1-Euro-Jobber
ersetzen können.

Und eigentlich steht im SGB II immer noch etwas von zusätzlicher Arbeit und daher kann ich solche "Verträge" nur unter Vorbehalt und das auch noch unter Zwang unterschreiben.

Würde man den Hartz IVlern zuviele Schlupflöcher lassen, dann würde dieses
Konzept ja nicht aufgehen. Also wird man alles tun, um ihnen diese
Schlupflöcher zu verbauen.

Im Grundgesetz steht etwas vom Recht auf Arbeit. Praktiziert wird aber die Arbeitspflicht und so etwas haben normal Sklaven.

Ich würde mir da alle relevanten Gesetzbücher genau durchlesen.

Du vergißt dabei, daß aus den Gesetzen Dienstvorschriften gemacht werden und diese muß der Beamte befolgen. Darauf hat man oft auch keinen Zugriff. Zu §16a SGB II gibt es eben auch so eine Dienstvorschrift, die aber zig Seiten umfaßt und die wollte er mir nicht geben. Ich sollte sie eigentlich von ihm fordern.


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