Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 1 - 20.06.2001 - 20.05.2006

67114 Postings in 8047 Threads

[Homepage] - [Archiv 1] - [Archiv 2] - [Forum]

Re: Gedanken 2, Teil 2

Garfield, Monday, 14.10.2002, 17:41 (vor 8459 Tagen) @ Doc

Als Antwort auf: Re: Gedanken 2, Teil 2 von Doc am 11. Oktober 2002 22:27:25:

Hallo Doc!

"Also ich weiß nicht, aber irgendwie untermauern deine Beispiele das genaue Gegenteil dessen, was sie wohl untermauern sollen."

Dann hab ich mich mißverständlich ausgedrückt, was angesichts der Tatsache, daß ich meine Beiträge meist zwischen Tür und Angel und quasi so nebenbei schreiben muß, auch kein Wunder ist.

Wenn Frauen weniger Interesse an Sex hätten, dann gäbe es keine weiblichen Sex-Touristen, keine Männer-Strip-Shows, keine Erotik-Geschäfte für Frauen und auch nicht die vielen weiblichen Kunden von Erotik-Versandhäusern. Dann wären es auch nicht die Mädchen, die früher sexuelle Kontakte haben als Jungen. Die Fremdgeh-Quote wäre bei Frauen nahezu gleich 0, und Vibratoren würden in deutlicher niedrigeren Stückzahlen verkauft werden.

Ich denke, Frauen tarnen ihr sexuelles Interesse einfach nur besser. Weil sie denken, daß das von ihnen erwartet wird. Und oft wird das auch tatsächlich von ihnen erwartet. Die Mütter der heutigen Frauen sind ja zum größten Teil noch nach alter Schule erzogen worden, also mit dem Grundsatz, daß es für eine Frau unschicklich ist, zuviel Interesse an Sex zu zeigen. Das haben sie an ihre Töchter weiter gegeben. Mag sein, daß sich das in der nächsten Generation ändert. Aber auch dann werden Männer eine Frau, die ihr Interesse an Sex zu deutlich zeigt, mit Skepsis betrachten. Mit so einer Frau geht man(n) zwar durchaus gern ins Bett, aber eine feste Beziehung oder sogar Ehe will auch heute noch kaum ein Mann mit solch einer Frau eingehen. Da ist dann immer der Gedanke im Hinterkopf, dann womöglich ständig Hörner aufgesetzt zu bekommen oder schnell wieder verlassen zu werden.

Wenn es Männern wirklich nur um Sex gehen würde, dann würde es auch entsprechend viele Frauen geben, die ihr sexuelles Interesse sehr deutlich zeigen. Da es Männern (wie die von Arne oben genannte Umfrage wieder gezeigt hat) aber eben nicht nur um Sex geht, sondern eben auch um Liebe, gemeinsame Unternehmungen und Zärtlichkeit, sind sie bei der Partnerwahl entsprechend vorsichtiger, und dem tragen die Frauen Rechnung, indem sie eben so tun, als wäre Sex für sie nur eine Nebensache.

Auch wenn Frauen bei der Partnerwahl noch auf andere Dinge achten: Das tun Männer durchaus auch. In früheren Zeiten ging man eine Ehe noch viel pragmatischer an. Vor allem in reichen Familien wurde selten aus Liebe geheiratet. Man heiratete, um das Vermögen einer oder beider Familien zu bewahren und zu vermehren und um den Fortbestand der Familie zu sichern. Ob man den Partner liebte und sexuell anziehend fand, war unwichtig. Dafür gab es ja Liebhaber(innen). Fremdgehen war keine Seltenheit, und oft wußten die Partner von den Affären oder hatten sogar selbst auch welche. Solange alles still und heimlich ablief und offiziell niemand davon erfuhr, war das okay.

Als der Vater von Winston S. Churchill aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr mit seiner Frau schlafen konnte, nahm seine Frau sich Liebhaber. Und zwar nicht einen oder zwei. Genau weiß es natürlich niemand, aber schon zu ihren Lebzeiten wurde geschätzt, daß die Zahl ihrer Liebhaber dreistellig war.

Otto von Bismarck hatte in seiner Jugend (übrigens genau wie Lord Nelson) ein sexuelles Verhältnis mit einer verheirateten Frau, deren Mann dies auch wußte und tolerierte.

Und die Frauen, die keinen Liebhaber fanden, befriedigten ihre sexuellen Bedürfnisse anders. Weißt du, woher die Bezeichnung "Schoßhund" stammt? Ja, ganz genau daher... :-) In Paris war das mal so verbreitet, daß dort ständig Hunde auf der Straße den Frauen unter die Röcke gingen und man schließlich in einem Großeinsatz viele streunende Hunde einfing und tötete.

Und wenn schon in früheren Zeiten auch Frauen sehr wohl gut ausgeprägte sexuelle Bedürfnisse hatten, wieso sollte das denn heute, wo über Sex viel offener geredet wird, anders sein? Zwar werden Frauen, die zuviel Interesse an Sex zeigen, von Männern immer noch schnell als Schlampe eingestuft. Andererseits ist es aber so, daß einer Frau auch bei einem Seitensprung von ihrer Umwelt mehr Verständnis entgegen gebracht wird als einem Mann. Während ein Mann dann nämlich grundsätzlich ein mieses Schwein ist, wird im umgekehrten Fall, also beim Seitensprung einer Frau, auch wieder ihrem Mann die Schuld gegeben. Dann hat er's seiner Frau nämlich nicht oft und gut genug besorgt und sie damit praktisch zum Fremdgehen gezwungen... Da gilt es dann auf einmal als ganz selbstverständlich, daß Frauen auch sexuelle Wünsche haben.

"Der Mann ist sexbedürftig, die Frau sucht nach Versorgung."

Jain. Die Frau sucht nach Sex UND Versorgung. Und wenn beides vom selben Mann nicht zu bekommen ist, dann haben nicht wenige Frauen durchaus kein Problem damit, es sich eben von zwei verschiedenen Männern zu holen. Entweder gleichzeitg (durch Fremdgehen) oder nacheinander (durch Scheidung). Idealerweise aber durch eine Verbindung von beidem...

"Ja, und wer dieses Interesse zeigt, ist ein widerlicher Sexist.
Man kann das nicht richtig machen."

Ich hab gestern "American Pie" gesehen und ein paar Tage zuvor "Crazy". Beides sind Teenie-Komödien, die nach einem typischen Schema aufgebaut sind: Männliche Sexualität wird lächerlich gemacht und/oder negativ dargestellt, während weibliche Sexualität verklärt, idealisiert und natürlich durch und durch positiv dargestellt wird. Die männlichen Darsteller sieht man dort z.B. beim Wettonanieren oder beim Sex mit einem Apfelkuchen. (Wer denkt sich nur solchen Unsinn aus?)

"Der Unterschied zwischen Belästigung und erfolgreicher Anmache liegt darin, ob man für die Frau attraktiv ist."

Das ist richtig. Fatal ist dabei natürlich wieder, daß solch subjektive Ansichten einer einzelnen Frau mittlerweile praktisch Gesetzes-Charakter haben.

"Und glaub mir, die Frau gibt es einem nonverbal relativ deutlich zu verstehen, ob sie so etwas möchte oder nicht."

Sicher. Das tun Männer aber Frauen gegenüber durchaus auch. Nur wird das in der Regel vom weiblichen Geschlecht ignoriert, so daß man(n) meist schon noch etwas aktiver werden muß, um etwas zu erreichen.

"Zur Antwort darauf, daß von Männern erwartet wird, daß sie einer gewissen Rolle entsprechen. Das wird nur von gewissen Männern erwartet."

Dieses Rollenbild wird Männern aus ganz verschiedenen Gründen übergestülpt. Du meintest es jetzt ganz konkret bezogen auf die Partnersuche. Klar - da erwartet frau natürlich nur entsprechende Aktivitäten von Männern, die sie als attraktiv einstuft. Dieselben Aktivitäten von anderen Männern sind dann auf einmal sexistisch und primitiv, auf jeden Fall aber inakzeptabel.

Aber auch allgemein haben Männer da einer bestimmten Rolle zu entsprechen. Wenn Frau Hilfe braucht, nimmt sie die durchaus auch von weniger attraktiven Männern an. Die kriegen dann zwar maximal ein Dankeschön und sind danach wieder Luft, aber erstmal sollen sie dem "schwachen Geschlecht" gefälligst ritterliche Hilfe leisten.

Und viele Frauen erwarten auch von unattraktiven Männern eine gewisse Aufmerksamkeit. Frauen saugen Komplimente auf wie Schwämme das Wasser und beziehen daraus sehr viel Selbstvertrauen. Frauen, die eher unattraktiv sind (oder sich für unattraktiv halten) freuen sich einfach nur über ein Kompliment. Frauen dagegen, die attraktiv sind (oder sich für attraktiv halten) erwarten häufig von JEDEM Mann eine gewisse Anerkennung. Auch wenn der Typ sie überhaupt nicht interessiert, hat er sie doch gefälligst immer ein wenig anzuhimmeln, wenn auch bitteschön aus ausreichender Entfernung. Tut er dies nicht, nehmen sie das schnell übel und verbreiten dann z.B. das Gerücht, daß er schwul sei.

Nur wenn ein für sie interessanter Mann kein Interesse an ihnen zeigt, wird er damit für manche Frauen noch interessanter.

Wie dem auch sei: Frauen brauchen Sex mindestens genauso sehr wie Männer. Wie schon mal geschrieben war ich schon mit einigen Frauen so gut befreundet, daß sie mir wirklich alles erzählt haben. Da kamen dann auch recht häufig Klagen darüber, daß ihre Männer - sei es aufgrund der Alltagsroutine oder durch Überarbeitung oder auch aus gesundheitlichen Gründen - ihnen sexuell nicht mehr geben, was sie brauchen. Das war für alle diese Frauen sehr wohl ein Problem.

Ein Cousin von mir lebte bis vor kurzem mit einer Frau zusammen. Er arbeitete nachts und schlief tagsüber. Er schlief auch immer recht lange, so daß seine Freundin sexuell nicht so sehr viel von ihm hatte. Sie baggerte deshalb ständig andere Typen an. Einmal rief sie frühmorgens den Mann einer meiner Cousinen an und sagte, ihr Auto würde nicht anspringen, und ob er nicht mal schnell vorbeikommen und ihr helfen könne. Er war schon mal stinksauer, so früh aus dem Bett geklingelt zu werden, aber was tut man nicht alles für die liebe Verwandtschaft... Meine Cousine ist dabei auch wach geworden und dann gleich mitgefahren. Als sie ankamen und diese Tussi meine Cousine auf dem Beifahrersitz sah, guckte sie schon mal wenig begeistert. Der Mann meiner Cousine setzte sich in ihr Auto, startete - und das sprang sofort an. Nun war er wirklich sauer... :-) Mittlerweile hat sie meinen Cousin natürlich verlassen.

Außerdem haben Frauen ganz andere Möglichkeiten als Männer, bestimmte sexuelle Neigungen in aller Öffentlichkeit auszuleben, ohne daß sie deshalb gleich schief angesehen werden oder sich strafbar machen. Wenn Frauen beispielsweise exhibitionistische Neigungen haben, dann müssen sie sich nicht nackt in den Park stellen. Sie haben genügend Möglichkeiten, sich entsprechend aufreizend zu kleiden, und niemand wird daran Anstoß nehmen. Sie werden immer ein dankbares männliches (und durchaus auch weibliches!) Publikum vorfinden. Der weibliche Körper gilt in unserer Gesellschaft als absolutes Nonplusultra der Ästhetik, und das gibt jeder leidlich attraktiven Frau mahezu alle Freiheiten und Möglichkeiten. Ein Mann, der dasselbe versucht, wird dagegen eben zumindest schief angesehen oder macht sich sogar strafbar.

Wenn ein Mann sich beispielsweise in einer weiten, kurzen Hose ohne Unterwäsche vor einer Frau hinsetzt und sie ihm dabei unter die Hose sehen kann, ist er ein mieser Exhibitionist, der die Frau sexuell belästigt. Wenn eine Frau sich im Minirock und ohne Unterwäsche vor einem Mann hinsetzt, und er ihr unter den Rock sieht, ist er ein mieser Spanner. In jedem Fall ist der Mann in der Unrechtssituation, die Frau dagegen voll im Recht, ganz egal, was sie tut.

Ähnlich ist das auch mit anderen Sachen. Oft erscheint es uns nur so, daß sich Frauen auf sexuellem Gebiet ganz anders verhalten und dort ganz anders denken als Männer. Tatsächlich verhalten sie sich oft genauso, aber männliches und weibliches Verhalten wird einfach unterschiedlich bewertet.

Freundliche Grüße
von Garfield


gesamter Thread:

 

powered by my little forum