Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Gedanken 2

Garfield, Thursday, 10.10.2002, 22:05 (vor 8463 Tagen) @ Doc

Als Antwort auf: Re: Gedanken 2 von Doc am 10. Oktober 2002 17:35:22:

Hallo Doc!

"Eine Frau war halt weniger wert als ein Mann und nahm nicht am "Männerleben" teil."

Umgekehrt nahm ein Mann in der Regel aber auch nicht am "Frauenleben" teil! Natürlich gab es Menschen, die der Meinung waren, daß die üblichen Tätigkeiten der Männer höherwertig wären als die der Frauen. Aber es hat immer auch Frauen gegeben, die der Auffassung waren, daß Frauen den Männern haushoch überlegen wären. Das war aber wohl meist eine Trotzreaktion auf ähnlich wirre Ansichten einiger Männer. (Die dann aber auch sowohl von Männern als auch von Frauen immer wieder ernsthaft widerlegt wurden.)

Schon im 17./18. Jahrhundert wurden übrigens Bücher verboten, weil ihre Autoren darin behauptet hatten, daß Frauen keine Menschen wären.

"Frauen wurden nicht für voll genommen, wenn sie sich auf Männerdomänen wagten, und taten es auch nur selten."

Wie war das denn mit Männern, die sich in Frauendomänen wagten? Vor allem als sich dann mit zunehmender Industrialisierung zunächst im wohlhabenderen Bürgertum zunehmend eine deutlichere Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau etablierte (was von Feministinnen damals übrigens als Befreiung der Frau von außerhäuslicher Arbeit begrüßt wurde!), führte das doch auch dazu, daß Männern immer weniger Kompetenz in typischen Frauendomänen zugetraut wurde. Noch in den 80er Jahren bestand eine Köchin in dem Internat, wo ich während meiner Abi-Zeit wohnte, darauf, daß ich den Platz an der Spüle beim Küchendienst mit einem Mädchen tausche. Ihre Begründung dafür: "Das gibt es hier nicht, daß ein Junge spült."

Ich habe neulich ein Buch aus dem Jahre 1921 gelesen. Da schreibt der Autor, daß eine gute Hausfrau wesentlich mehr Kenntnisse auf diversen Gebieten haben muß als die meisten berufstätigen Frauen (die es damals sehr wohl auch schon gab). Und dieser Autor war keineswegs ein besonders fortschrittlich denkenden Mann, sondern ein katholischer Geistlicher mit entsprechend konservativen Ansichten. Hausfrauen wurden damals keineswegs verachtet, wenn sie ihre Arbeit gut machten.

Es muß immer eine gewisse Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau gegeben haben. Das beweisen ja allein schon die anatomischen Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Männer haben z.B. in der Regel Bartwuchs im Gesicht, was bei Frauen seltener auftritt. Das weist darauf hin, daß es in früheren Zeiten vor allem die Männer waren, die sich häufiger im Freien aufhielten und so diesen Schutz vor Kälte brauchten, während die Frauen das weniger nötig hatten. So könnte man noch einiges als Indiz dafür heranziehen.

Und wenn es schon körperliche Unterschiede gibt, dann ist es nur logisch, daß es auch geistige Unterschiede, also eben auch unterschiedliche Interessen, geben muß. Und das sieht man heute deutlich, wenn man sich z.B. ansieht, welche Zeitschriften die "Durchschnittsfrau" und der "Durchschnittsmann" lesen.

Ich denke, daß diese Arbeitsteilung und die dabei entstandenen unterschiedlichen Interessen von Männern und Frauen der wesentlichste Grund dafür sind, daß Männer und Frauen sich eben bis heute nicht unbedingt für dieselben Berufsfelder interessieren.

Und wenn eine bestimmte Gruppe von Menschen sich nicht oder wenig für eine bestimmte Tätigkeit interessiert, dann neigen Menschen (und zwar sehr wohl auch Angehörige eben dieser Gruppe) dazu, ihnen weniger Kompetenz in dem Bereich zuzugestehen. Darunter leiden dann die Ausnahmen in der Gruppe, die sich sehr wohl für diese Tätigkeit interessieren.

Aber es hat schon im 17./18. Jahrhundert immer wieder Frauen gegeben, die z.B. studiert und damit bewiesen haben, daß das auch für Frauen damals sehr wohl möglich war. Natürlich mußten sie dabei Widerstände überwinden. Aber die kamen nicht nur von den Männern, sondern von der gesamten Gesellschaft. Dorothea Leporinin (besser bekannt als Dorothea Erxleben) hat das in ihrem 1742 veröffentlichten Buch "Gründliche Untersuchung der Gründe, die das weibliche Geschlecht vom Studieren abhalten" sehr gut dargelegt.

Sie hat damals die Frauen aufgerufen, mehr Interesse an der Bildung zu zeigen. Wenn viele Frauen ihrem Aufruf gefolgt wären, dann wäre es bald völlig normal gewesen, daß auch Frauen studieren. Aber die Mehrheit der Frauen interessierte sich dafür eben nicht, und so blieben studierende Frauen noch lange Ausnahmen.

Heute geht es Männern in mancher Hinsicht ganz genauso. Es sind ja keineswegs nur die Frauen, die beispielsweise dafür sorgen, daß Männer nach einer Scheidung zumeist die Arschkarte kriegen, zum Zahlvater degradiert werden und womöglich ihre Kinder nicht mal mehr sehen dürfen. Es sind auch nicht nur Frauen, die männerfeindliche Äußerungen machen oder zulassen. Männer tun oder unterstützen das alles bewußt oder unbewußt ebenso. Die Probleme gehen heute wie damals von der gesamten Gesellschaft aus.

"Was natürlich wieder eine Frage aufwirft: woher kommt das Interesse heute? Nicht, daß es so groß wäre wie das der Männer, aber größer als vor der Emanzipation ist es auf jeden Fall."

Richtig. Es hat ja schon immer Frauen gegeben, die ganz andere Interessen hatten als ihre "typischen" Geschlechtsgenossinnen. Die haben heute natürlich weniger Widerstände im Weg, was ja auch gut ist.

Wenn eine Frau studiert, heißt das aber noch lange nicht, daß sie beabsichtigt, später auch in dem Beruf zu arbeiten und Karriere zu machen. Ich kenne einige Frauen, die studiert und auch gute Abschlüsse haben, aber nie oder nur kurz in ihrem Beruf tätig waren. Und zwar nicht, weil ihre Partner sie dazu gezwungen haben, ihren Beruf an den Nagel zu hängen, sondern weil sie allesamt gar keine Lust haben, zuviel zu arbeiten.

Menschen neigen nun einmal dazu, es sich möglichst einfach zu machen. Und viele Frauen finden es leichter und einfacher, maximal auf Teilzeit zu arbeiten und ansonsten nur Hausfrau und/oder Mutter zu sein. Das geben sie ja auch bei Umfragen immer wieder an. Frauen haben diese Möglichkeiten eben häufiger, da die meisten Männer immer noch bereit sind, Hauptverdiener zu sein oder das sogar immer noch als ihre Pflicht betrachten. Wenn der Partner gut genug verdient, gibt das den Frauen die Möglichkeit, frei zwischen verschiedenen Alternativen zu wählen, oder sich auch mal einfach umzuentscheiden. Das geht aber eben nur, wenn der Mann wie noch vor 100 Jahren brav die Rolle des Hauptverdieners übernimmt. Tatsächlich kommt es selbst bei weiblichen Führungskräften laut Statistik häufiger vor, daß sie einfach mal aus dem Job aussteigen und etwas ganz anderes machen als dies bei männlichen Führungskräften vorkommt. Weil Frauen sich in der Regel auch bei sehr gutem Verdienst einen Partner suchen, der mindestens genauso viel verdient und ihnen so jederzeit finanzielle Sicherheit bieten kann. Männer dagegen können sich so einen Ausstieg aus dem Job häufig aus umgekehrten Gründen nicht leisten.

"Hm, da kommt mir gerade ein seltsamer Gedanke: wenn die Bevorzugung aufhören würde, würde dann der Anteil an Wissenschaftlerinnen, Politikerinnen etc. wieder auf das alte Niveau zurückfallen?"

Das glaube ich nicht. Es gibt ja heute keine ernsthaften Hindernisse mehr für Frauen. Durch die Bevorzugung kommt es zwar vor, daß Frauen regelrecht zu bestimmten Berufen überredet werden, aber ich denke, wenn sie das nicht wirklich wollen, werden sie da ohnehin früher oder später das Handtuch werfen.

Da Frauen bei Unternehmungsgründungen besonders gefördert werden, gibt es relativ viele weibliche Unternehmensgründer. Da die Banken die zusätzlichen Fördergelder einkalkulieren, sind sie offenbar lascher bei der Prüfung der Unternehmens-Konzepte und der Kreditwürdigkeit von Unternehmensgründerinnen. Dazu kommt, daß ja heute auch keine Bank als "frauenfeindlich" gelten möchte und allein deshalb dann schon mal das eine oder andere Auge zugedrückt hat. Und so kam es, daß vor einiger Zeit festgestellt wurde, daß viele dieser Unternehmerinnen schnell wieder pleite gingen.

Man hat durch die spezielle Förderung zwar erreicht, daß mehr Frauen Unternehmen gründeten, gebracht hat das jedoch letztendlich nichts. Ähnlich sieht das auch auf anderen Gebieten des Frauenförderwahns aus.

Arne hat in seinem Buch die Situation im akademischen Bereich gut beschrieben. Da sucht man zwecks Quote überall Frauen. Die findet man auch immer wieder. Nur leider hören viele dieser Frauen bald wieder auf und konzentrieren sich auf einmal doch nur wieder auf Familie und Haushalt. Und schon kann die Uni die nächste Frau für den Job suchen... Was das alles kostet, rechnet natürlich niemand aus.

"Es hat schon immer genügend Männer gegeben, die den Rat einer intelligenten Frau zu schätzen wußten und sich auch von ihren Ehefrauen, Geliebten oder Müttern beraten ließen."

"Gibt es auch heute. Aber das sind alles die Aufmerksamkeit auf sich ziehenden Ausnahmen."

Ich glaube nicht, daß das Ausnahmen waren und sind. Ich habe vor, mich mal gründlicher damit zu befassen, wie häufig es vorkam, daß Frauen indirekt über Männer Macht ausübten. Wenn man sich Bücher über historische Ereignisse durchliest, trifft man immer wieder auf solche Frauen. Ich denke, daß der Einfluß der Frauen auf die Gesellschaft in früheren Zeiten heute weit unterschätzt wird.

"Mir fallen hier auf Anhieb einige Männernamen ein, aber so gut wie keine Frauennamen. Anette v. Drost-Hülshoff und Clara Schumann vielleicht..."

Ich hab jetzt leider keine Bücher dazu in Reichweite. Aber sieh dir nur mal die Briefmarkenserie der Post mit Frauenporträts an.

"Heißt aber lange nicht, der Mann hätte auf diesem Gebiet nichts zu sagen gehabt. Es hat ihn nur nicht gekümmert."

Hm, das Klischee vom Mann, der z.B. beim zu späten Heimkommen die Frau mit dem Nudelholz hinter der Tür stehen hat, ist keine Erfindung der Neuzeit... Ich kenne kein einziges Paar, bei dem nicht die Frau im Wesentlichen bestimmt, wie die Wohnung eingerichtet wird und wo was zu stehen oder zu liegen hat. Die Männer haben manchmal noch einen Raum im Keller, in dem sie machen können, was sie wollen, aber das war's dann schon. Und ich glaube nicht, daß das früher viel anders war.

"Um die Erziehung wurde auch insofern kein großes aufhebens gemacht, als daß sich keiner tiefsinnige Gedanken machte, ob irgendwas vielleicht der kindlichen Seele schaden könnte.
Diesbezüglich hat sich in der heutigen Zeit unter dem Begriff der Pädagogik bzw. Sozialpädagogik und Kinderpsychologie ebenfalls ein Wahnsystem herausgebildet, das noch viel stärker tabuisiert ist als der Frauenmythos und sehr viel zur Erpreßbarkeit von Zahlvätern beiträgt. Dazu komme ich vielleicht noch ein andermal zu sprechen."

Ja, das sehe ich auch so. Heute wird viel zuviel Aufhebens um die Kinder veranstaltet. Man betreibt Erziehung um des Erziehens Willen und vergißt dabei, daß es eigentlich doch vor allem darum gehen sollte, die Kinder auf das reale Leben als Erwachsene vorzubereiten. Mit dem heute üblichen "Duzi-duzi"-Getue erreicht man das aber nicht. Und die Kinder sind letztendlich die Leidtragenden, denn sie sind es, die dann später entgegen aller pädagogischen Theorien nicht mit ihrem Leben zurecht kommen. Weil niemand sie darauf vorbereitet hat.

Schade - ich wollte zum Rest deines Beitrages auch noch etwas schreiben, habe aber leider keine Zeit mehr dafür. Vielleicht komme ich morgen dazu...

Freundliche Grüße
von Garfield


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