Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 1 - 20.06.2001 - 20.05.2006

67114 Postings in 8047 Threads

[Homepage] - [Archiv 1] - [Archiv 2] - [Forum]

Re: Debilität

Xenia, Saturday, 08.01.2005, 18:00 (vor 7642 Tagen) @ Magnus

Als Antwort auf: Re: Debilität von Magnus am 08. Januar 2005 12:16:52:

Ich weiß nicht, wie oft man das erklären muss, aber in Deutschland kann keine Frau abtreiben, die

a.) Ohne Beratungsschein ankommt
b.) du keine drei Tage vergehen läßt zwischen Beratung und Abtreibung
c.) die Abtreibung ohne medizinische Betreuung vornehmen will (und das ist auch gut so)
d.) sich jenseits der 12. Schwangerschaftswoche befindet und die durch die Schwangerschaft nicht gefährdet ist (was wohl auf die meisten zutreffen sollte)

Mit anderen Worten: du kannst nur straffrei abtreiben, wenn du dich beraten läßt und dies bescheinigt bekommst (da fällt mir ein: stellen eigentlich die katholischen Beratungsstellen wieder Scheine aus?), wenn du die Abtreibung von einem Arzt vornehmen läßt, aber erst drei Tage nach Beratung und wenn du noch innerhalb der Fristenregelung bleibst.

Das sind die Einschränkungen, die in Deutschland bezüglich der Abtreibung herrschen. Das ist keine Scheinregel, sondern eine Lösung, die sowohl dem ungeborenen Leben, dass dir wichtiger zu sein scheint, als auch den Rechten der Frau Rechnung trägt. Und imho die beste Lösung, die es in Deutschland jemals gab.

- ungeborenes Kind oder Ungeborenes ist durchaus eine legitime Ausdrucksweise,

Aber eine wie ich finde irreführende. Sie impliziert, wir hätten es hier mit selbständig lebensfähigen Wesen zu tun, die voll ausgebildet seien.

zumalen diese (ungeborenen) Kinder durchschnittlich ab der 22. Schwangerschaftswoche selbstständid überlebensfähig sind - und diese Grenze geht mit den wachsenden medizinischen Möglichkeiten stetig nach unten.

Im Gesetzestext steht: ...seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind.

Eine weitere Differenzierung wird jedoch nicht vorgenommen nur eines ist in Deutschland juristisch gesichert (siehe §219 StGB), nämlich dass das ungeborene Kind in jedem Stadium der Schwangerschaft ein Recht auf Leben besitzt. Das GG (Jeder hat ein Recht auf körperliche Unversehrtheit etc.) greift nämlich auch für das Ungeborene. Trotzdem ist dies in dem Staat kein Hindernis für die offizell geltende rechtswidrige aber mit Schein straffrei Abtreibung.

Dasselbe was für das Ungeborene gilt, gilt aber auch für die bereits Geborene, nämlich die Mutter. Einer von beiden muss zurückstecken - und unser Staat hat sich entschieden, es den bereits Geborenen mit Einschränkungen zu überlassen, ob sie ein Kind in ihrem Körper aufwachsen lassen wollen. Mir ist klar, dass es dir lieber wäre, wenn die Frau zurückstecken müsste - du bist ja keine.

Warum zitierst du den §218a nicht weiter?

Weil das die Ausnahmesituation ist.

In Absatz (2) steht nämlich (fett von mir):

Ja, ich weiß, was da drin steht. Und wieder ist es die Frage: wem gebe ich nun das Recht: der Mutter oder dem Fötus.

Genau diese fette Hervorhebung von mir ermöglich die Abtreibung von (behinderten) ungeborenen Kindern bis zur Geburt.

Bis zur - diese Horrorgeschichte von Tim trifft jedoch nicht auf alle Abtreibungen zu, die unter diesem Paragraphen stattfinden. Insofern haben wir es bei Spätabtreibungen nicht durchgängig mit lebensfähigen Föten zu tun.

Interessanter Weise bedarft es hier auch keiner Beratung mehr. Wenn du nun meinst, ein notwendige "behinderung" eines Kindes sei doch eine "Einschränkung", damit der seelische Beinträchtigung greift, dann gibt man zu, dass behinderte (ungeborene) Kinder weniger ein Recht auf Leben haben, als gesunde.

Nein, damit gibt man zu, dass es eine große Belastung sein kann, ein behindertes Kind großzuziehen oder auch auszutragen. Und dem ist nicht jede gewachsen. Das sollte man Menschen auch zugestehen. Behinderte Föten sind genausoviel wert wie alle anderen. Man gibt der Frau lediglich die Möglichkeit einer größeren Bedenkzeit.

Xenia


gesamter Thread:

 

powered by my little forum