Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Schenke Leben

Garfield, Tuesday, 29.10.2002, 12:32 (vor 8446 Tagen) @ Sam

Als Antwort auf: Re: Schenke Leben von Sam am 28. Oktober 2002 18:42:15:

Hallo Sam!

"Solche und ähnliche Befürchtungen haben sicher einige. Sie sind aber unbegründet."

Damit kommen wir zum springenden Punkt. Theoretisch ist es auf vielen Gebieten so, daß bestimmte Mißstände aufgrund irgendwelcher Gesetze nicht möglich wären. Praktisch sieht das nur leider nicht immer so aus. Es gibt Gesetze, die zwar bestehen, aber nicht umgesetzt sondern schlichtweg ignoriert werden. (Sonst gäbe es ja beispielsweise auch keine Männer-Wehrpflicht und auch keine sonstige Frauenbevorzugung.) Es gibt weiterhin überall Gesetzeslücken, die auch gern ausgenutzt werden. Und es gibt nicht zuletzt immer wieder auch kriminelle Machenschaften, und zwar sehr wohl auch in der Spitzenpolitik und in den Chefetagen der Wirtschaft.

Außerdem sind Ärzte keine selbstlosen Götter in Weiß, sondern letztendlich auch nur ganz normale Menschen mit denselben Fehlern und Mängeln die alle übrigen Menschen auch mehr oder weniger haben. Und im Allgemeinen verdienen sie auch recht gut. Viele Menschen denken, daß Besserverdienende es doch weniger nötig hätten, irgendwelche kriminellen Machenschaften abzuziehen, um sich zu bereichern. Tatsächlich ist es aber so, daß bei den allermeisten Menschen die Ansprüche proportional zum Einkommen steigen. Wer viel verdient, der gibt auch viel aus. Es sind nicht die ärmsten Haushalte in Deutschland, die am stärksten verschuldet sind, sondern es sind die Haushalte mit mittleren oder hohen Einkommen. (Allein schon, weil Geringverdiener ohne größere Sicherheiten kaum hohe Kredite bekommen.) Wer viel verdient, "muß" dann auf einmal auch ein großes Haus mit großem Grundstück drumherum haben und mindestens zwei Autos, wovon wiederum mindestens eines ein dicker BMW, Audi oder Mercedes zu sein hat... Jedes Jahr ist mindestens ein Urlaub fällig, natürlich in einem teuren Luxushotel usw. Das alles kostet natürlich, und oft stellt sich dann heraus, daß man sich finanziell doch etwas übernommen hat. Man kann also tatsächlich davon ausgehen, daß Menschen mit hohem Einkommen noch eher dazu neigen, sich noch etwas hinzuzuverdienen, sobald sich die Möglichkeit dazu bietet. Im Gegensatz zu Geringverdienern haben sie meist auch berufliche Positionen, die es ihnen ermöglichen, ohne größere Kontrolle durch andere relativ ungestört auch mal kriminelle Machenschaften abzuziehen. Eine Verkäuferin, die mal einen 50-Euro-Schein aus der Kasse mitgehen läßt, wird dabei meist erwischt werden. Eine Hauptbuchhalterin oder ein Geschäftsführer jedoch kann durchaus über längere Zeit größere Geldbeträge zur Seite schaffen, ohne daß das jemandem auffällt.

Deshalb traue ich niemandem so einfach über den Weg und verlasse mich auch nicht darauf, daß alles schon korrekt und gesetzmäßig ablaufen wird. Wie sagte Lenin schon so schön und treffend: "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!" Ich ziehe es eben vor, alles möglichst weitgehend unter Kontrolle zu haben anstatt mich gutgläubig irgendjemandem auszuliefern.

"In Deutschland gibt es leider keine Widerspruchsregelung, sondern jeder Organspender muss sein Einverständnis extra erklären."

Das finde ich genau deshalb auch gut so.

"Ich finde es eben einfach schade, wenn das aus Bequemlichkeit oder Unwissen nicht geschieht."

Meine Verlobte und ich haben jeweils so eine Patientenverfügung unterschrieben. Dabei geht es nicht nur um Organentnahmen, sondern auch z.B. darum, zu verhindern, daß eine(r) von uns in irgendeiner Situation womöglich einen staatlichen Vormund zugewiesen bekommt, was in bestimmten Fällen gesetzlich vorgeschrieben ist, falls es solch eine Verfügung, in der explizit jemand gewissermaßen zum gesetzlichen Vertreter mit allen Vollmachten erklärt wird, nicht gibt.

Falls ich irgendwann einmal klinisch tot im Koma liegen sollte und es wirklich keine Heilungsmöglichkeit mehr gibt, kann meine Verlobte also die Organentnahme erlauben. Aber eben nur dann. Da sie schon ihre Erfahrungen mit Ärzten machen mußte, vertraue ich ihr soweit, daß sie in so einer Situation keinem Arzt blind glauben, sondern alles tun würde, um sicherzustellen, daß es eben wirklich keine Heilungsmöglichkeit mehr gibt.

"Von der Züchtung vollständiger Organe ist man allerdings wohl noch weit entfernt."

Ja, aber man arbeitet daran. Und wenn in Deutschland diese Forschungen nicht gesetzlich behindert oder sogar verboten werden, dann haben wir hier vielleicht auch bald nicht mehr das Problem mit fehlenden Spenderorganen. Obendrein hätten solche speziell für den Patienten gezüchteten Organe auch noch den Vorteil, daß es ja körpereigenes Gewebe und somit das Risiko von Abstoßungen entsprechend minimal wäre.

Freundliche Grüße
von Garfield


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