Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: nunja...

Garfield, Monday, 11.07.2005, 19:37 (vor 7455 Tagen) @ susu

Als Antwort auf: Re: nunja... von susu am 08. Juli 2005 21:16:05:

Hallo Susu!

Ich habe deine Antwort jetzt erst gesehen. Deshalb also erst jetzt meine Antwort:

"Was in diesen Situationen abreist ist oft die bewuste Wahrnehmung des eigenen Denkens. D.h. subjektiv entsteht der Eindruck, man habe nicht gedacht. Tatsächlich laufen aber kognitive Prozesse in Höchstgeschwindigkeit ab. Bildlich geprochen: Das Gehirn benötigt alle Recourcen für die Bewältigung der Krisensituation und schaltet Unnötiges, wie z.B. das Bewustsein, ab."

Ja, und genau das bezeichne ich als unbewußtes Denken und Handeln. Das muß nicht zwangsläufig instinktiv gesteuert sein. Es gibt auch erlernte Handlungsabfolgen, die unbewußt ausgeführt werden können. Aber unbewußte Handlungen können eben auch instinktiv gesteuert sein.

"Viele Gefahrensituationen für die die beschriebenen Effekte gelten, existieren aber erst seit relativ kurzer Zeit. Solche Berichte kenne ich z.B. von Plegekräften und MedizinerInnen aus der Notaufnahme. Und für "Sekundenschnell an die künstliche Beatmung anschließen" kann es keinen jahrmillionen alten Instikt geben."

Ja, das sind eben solche erlernten Handlungen, die durch langjährige Übung auch ausgeführt werden können, ohne darüber nachzudenken.

"Richtig, aber auch das ist eine neuronale Leistung nicht unbeträchtlichen Ausmaßes (und die KI-Forschung scheitert an diesem Problem immer wieder)."

Unbewußte Vorgänge im Gehirn müssen nicht zwangsläufig einfach sein. Ganz im Gegenteil: Die allermeisten Vorgänge im Hirn werden uns nie bewußt. Wir merken üblicherweise nichts davon, wie unser Hirn die Herzfrequenz steuert, wir merken auch nichts davon, wie es ganz konkret die unzähligen Muskeln in unserem Körper steuert usw., und wir merken auch nichts davon, wie es alle möglichen Informationen, die auf uns einfluten, irgendwo abspeichert. Das wird uns alles nicht bewußt, obwohl es hoch komplizierte Vorgänge sind. Die im Übrigen selbst bei weniger komplizierten Tierarten schon so funktionieren.

Und davon läuft auch vieles instinktiv ab. Ein Neugeborenes weiß instinktiv, wie es atmen muß. Manchmal ist ein Klaps auf den Hintern nötig, aber den Rest macht das Neugeborene allein, ohne Lernvorgang. Es muß im Normalfall nicht erst künstlich beatmet werden, um dabei Atmen zu lernen. Bei manchen Tierarten wissen die neugeborenen Jungtiere sogar bereits, wie sie laufen können. Zwar laufen sie zunächst noch recht unsicher und müssen eine gewisse Trainingsphase durchlaufen, aber wie es prinzipiell geht, wissen sie von Geburt an, ohne es zu lernen.

"Da gibt es einiges, worauf das zutrifft an universeller Gestik. Anderes in diesem Bereich ist erlernt."

Ja, es ist meist ein Mix aus Instinkten und Erlerntem, denke ich.

"Aber du blendest einen wichtigen Punkt aus, der hier von zentraler Bedeutung ist: Was ist ein Instinkt? Wie äußert er sich?"

Das ist in der Tat schwierig zu entscheiden. Wenn es offensichtlich keinen rationalen Grund für ein bestimmtes Verhaltensmuster oder für bestimmte Empfindungen gibt, dann muß ein Instinkt die Ursache sein.

Manchmal ist das einfach zu entscheiden, wie z.B. bei der Angst vor Spinnen. Oder fällt dir ein rationaler Grund ein, wieso ein Mensch hierzulande Angst vor Spinnen entwickeln sollte?

Manchmal ist es auch so, daß man einen Menschen zum ersten Mal sieht und ihn sofort sympathisch oder auch unsympathisch findet. Das könnte natürlich auch daran liegen, daß dieser Mensch jemandem ähnlich sieht, den man sympathisch oder unsympathisch findet. Wenn einem da aber absolut niemand einfällt, dann ist es wohl eher so, daß dieser Eindruck instinktiv entstanden ist. Das ist dann also schon nicht mehr so eindeutig.

Wenn jemand dagegen etwas tut, was nicht als Instinkt aus früheren Zeiten vererbt worden sein kann, wie z.B. einen Patienten an die Beatmungsmaschine anzuschließen, dann ist es offensichtlich, daß er damit einfach lang geübten, also erlernten Handlungsmustern folgt.

Man muß das eben immer differenziert sehen. Instinkte sind nicht für alles verantwortlich, aber es ist auch falsch, zu behaupten, sie würden heute beim modernen Menschen keine Rolle mehr spielen.

Freundliche Grüße
von Garfield


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