Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Ungleiche Wege zum gleichen Ziel

Beelzebub, Tuesday, 17.10.2006, 02:25 (vor 6991 Tagen) @ Gismatis

Mal im Ernst: hier haben wir eine jener Fallkonstellationen, für die der
Grundsatz gedacht ist, dass im Interesse der Gleichberechtigung

Gleiches

gleich und Ungleiches ungleich behandelt werden muss.

Ich würde das auf keinen Fall zum Grundsatz erheben.

Es ist bereits Grundsatz. Lernt jeder Jurastudent im Grundkurs Verfassungsrecht.

Es kann für mich nur
den Grundsatz geben, dass Mann und Frau gleich zu behandeln sind. Manchmal
aber ist eine Gleichbehandlung aus biologischen Gründen nicht möglich. Dann
muss eine Lösung gefunden werden, die möglichst nicht auf Kosten eines der
Geschlechter geht.

Das trifft für meine Lösung ebenso zu wie auf deine.

Das Ziel ist in beiden Fällen dasselbe: sowohl der vergewaltigte Mann

als

auch die vergewaltigte Frau haben ein Recht darauf, so weit irgend
möglich, so gestellt zu werden, wie sie stünden wenn die Vergewaltigung
nicht stattgefunden hätte.


Gleichzeitig verlangst du, dass er für das Kind aufzukommen hat.

Und zugleich verlange ich, dass er das Geld von der Frau zurückverlangen kann.

Die Folgen für eine vergewaltigte (und durch die Vergewaltigung
geschwängerte) Frau sind: Schwangerschaft, Geburt und anschließende
Verpflichtung gegenüber dem Kind. Die Folge für den vergewaltigten Mann
ist demgegenüber "nur" die Verpflichtung dem Kind gegenüber.


Das ist meiner Meinung nach der größte Brocken.

Ist er das? Dann ist er jedenfalls in zwei Hälften geteilt. Denn die Verpflichtung, für das Kind aufzukommen trifft beide Elternteile zu gleichen Teilen.

Um für beide den Status quo ante wiederherzustellen, ist bei der Frau

nun

mal eine Abtreibung erforderlich, beim Mann hingegen genügt es, ihn
finanziell und sorgerechtsmäßig so zu stellen, wie er ohne die
Vergewaltigung stünde.


Genau das wäre eben eine Lösung, die meiner Vorstellung von
Gleichberechtigung entspricht.

Meiner auch. Nur halt, wie geagt, auf anderem - besserem - Wege.

Selbstverständlich soll der Mann das Recht haben, die Personensorge für
das Kind nicht übernehmen zu müssen. Der Anspruch, von seiner - durch

das

Vorhandensein "seines" Kindes nun mal bestehenden - Unterhaltspflicht
befreit zu werden, läßt sich zweckmäßigerweise am besten dadurch
erreichen, dass ihm gegenüber der Vergewaltigerin ein entsprechender
Schadenersatzanspruch zusteht. Alles andere würde die Rechte des Kindes
beeinträchtigen.


Warum ihn dann nicht gleich automatisch davon befreien? Es kommt doch aufs
Gleiche raus, wenn man der Mutter das Geld wegnimmt, um es dem Vater zu
geben, der es wieder dem Kind geben muss, als wenn es die Mutter direkt
für das Kind aufwendet.

Das Ergebnis ist in der Tat gleich. Aber deine Lösungsmöglichkeit schafft ein neues größeres Problem. Wollte man die Rechtslage deiner Lösungsmöglichkeit anpassen, müssten einige Gesetze geändert werden. Zum Beispiel Artikel 6 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz: "Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht." Der müßte dann durch die Bestimmung ergänzt werden wie "...es sei denn, das Kind wurde durch Vergewaltigung gezeugt." Dann hätten wir wieder Kinder erster und zweiter Klasse - wie einst, als es als "Makel" galt, nichtehelicher Abstammung zu sein.

Am besten fände ich wirklich eine
Abtreibungspflicht für Vergewaltigerinnen.

Auch das ist weder rechtlich möglich, nocht tatsächlich praktikabel.

Abtreibung ist nach wie vor rechtswidrig, sie wird nur in einigen Ausnahmefällen nicht bestraft. Kein solcher Ausnahmefall ist eine Abteibung gegen den Willen der Schwangeren. Dafür sind nach § 218 Abs. 2 StGB sechs Monate bis fünf Jahre Knast vorgesehen.

Außerdem läßt sich nicht immer genau sagen, ob eine Schwangerschaft wirklich von einer Vergewaltigung stammt. Wie wäre es z.B. im Ausgangsfall gewesen, wäre die Vergewaltigerin verheiratet und zur fraglichen Zeit auch mit ihrem Mann im Bett gewesen. Soll auch "auf Verdacht" abgetrieben werden müssen?

Und ich sage es noch mal: es gibt keinen, aber auch wirklich gar keinen
Grund, ein Kind gegenüber anderen Kindern nur wegen der Art und Weise,

auf

die es gezeugt wurde, schlechter zu stellen. Das Kind hat sich seine
Eltern nicht ausgesucht!


Wenn du dem Vater das Recht zugestehst, gegen die Mutter zu klagen, wird
es das aber.

Wieso?


Gruß

Beelzebub

--
"Ihre Meinung ist widerlich. Aber ich werde, wenn es sein muß, bis zum letzten Atemzug dafür kämpfen, dass Sie sie frei und offen sagen dürfen." (Voltaire)

Ich denke, also bin ich kein Christ. (K. Deschner)


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