Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

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An Garfield, Nihi und alle - Charakterdeformierender ...

Garfield, Monday, 21.08.2006, 16:02 (vor 7048 Tagen) @ Ekki

Hallo Ekki!

"Die andere wäre, daß bei einem BGE Menschen nur noch wenig Anreiz hätten, überhaupt Arbeit suchen zu wollen."

Nein. Es müßte natürlich so bemessen sein, daß es in etwa den realen Lebenshaltungskosten entspricht. Für Luxusgüter sollte es nicht mehr reichen. Wer also Luxusgüter möchte, der müßte dafür weiterhin arbeiten gehen.

Nur eben nicht mehr unbedingt auf Vollzeit. Ein Teilzeitjob würde vielen reichen. Das hätte den Effekt, daß sich die vorhandenen Erwerbsmöglichkeiten besser verteilen würden. Auch würde ein gewisser Arbeitskräftemangel entstehen - das würde die Wirtschaft zwingen, auch mal Bewerbern eine Chance zu geben, die heute von vorneherein ausgesiebt werden: Ältere Menschen, junge Menschen ohne Berufserfahrung, Menschen, die vorher einen völlig anderen Beruf gelernt und ausgeübt haben...

"Das, wofür man jetzt noch tricksen muß - nämlich ein Leben nach dem Motto
"Ich bin doch nicht blöd und gehe arbeiten, wenn ich von der Stütze
mindestens so gut lebe"
- das würde durch ein BGE zur
erklärtermaßen staatlich erwünschten Lebensform
."

Nein. Jemand, der nicht arbeitet, hätte ja grundsätzlich ein geringeres Einkommen (BGE + 0)als jemand der arbeitet (BGE + Lohn). Der Lohn könnte dann durchaus auch niedriger angesetzt werden als jetzt - aber ein zu starkes Absinken der Löhne würde der steigende Arbeitskräftebedarf verhindern.

Ohne BGE haben wir heute tatsächlich die Situation, daß manch einer so ein erbärmlich niedriges Einkommen hat, daß er zusätzlich über Hartz IV Stütze beziehen muß, während ein anderer für dasselbe Geld vielleicht wirklich gar nichts tun muß.

"Mit einem - unabhängig von jeder Arbeitsleistung - garantierten Einkommen muß das aber nicht gleichzusetzen sein."

Nein, aber man sollte es damit koppeln.

"Es wäre doch geradezu vorprogrammiert, daß um die angemessene
Höhe
[/u] eines solchen BGE ein Dauerstreit entbrennen würde."

Der Streit entbrennt doch jetzt auch schon um die Höhe der Sozialleistungen. Wirtschaftverbände fordern immer noch mehr Kürzungen, weil sie gern Löhne zahlen möchten, die die jetzigen Sozialleistungen noch unterschreiten.

Man sollte das BGE entsprechend den Lebenshaltungskosten festlegen, und dann entsprechend der Inflationsrate erhöhen oder bei Deflation auch senken.

"Während in den Tarifverhandlungen ständig alles neu verhandelt wird, stünde hier der Anspruch auf das BGE in Stein gemeißelt - mit Gesetzes- oder sogar mit Verfassungsrang."

Das wäre auch gut so. Was sind Tarifverhandlungen denn heute noch wert? Viele Unternehmen haben sich längst aus den Tarifverträgen verabschiedet. Im Osten ist Tariflohn schon lange für viele ein Fremdwort, und im Westen trifft das jetzt auch immer mehr Beschäftigte. Selbst wo es noch Tarifverträge gibt, wird die Position der Gewerkschaften immer schwächer.

"Die BGE-Bezugsberechtigten würden ständig nach einer Erhöhung des BGE schreien und diese mit allen Mitteln durchzusetzen versuchen."

Jetzt schreien auch viele nach irgendetwas. Der erste will mehr Subventionen, der zweite will mehr Gewinn, der dritte mehr Lohn, der vierte mehr Rente... Muß das alles deshalb ersatzlos abgeschafft werden?

"Diejenigen, die noch Einkommen im herkömmlichen Sinne beziehen,
würden sich angeschissen fühlen und sich bei ihren Reaktionen ebenfalls
nicht lumpen lassen."

Warum? Die kriegen das BGE dann ja selbst auch. Und wenn sie so enorm viel verdienen, daß sie es über Steuern wieder voll abgenommen kriegen, dann könnte man ihre Klagen getrost ignorieren.

"Die Arbeitgeber würden weiterhin nach Profitdenken handeln."

Na und? Das ist ihr Job - das müssen und werden sie immer tun!

"Die internationalen Reperkussionen einer solchen Situation, in der
Deutschland ein BGE praktiziert, während andere Länder dies vermeiden,
wären schier unausdenkbar."

Andere Länder sind auch innerhalb der EU eigene Wege gegangen, wie z.B. die Briten mit ihrem Kombi-Lohn. (Der jetzt in Deutschland über Hartz IV praktisch auch möglich ist.)

"Ich sehe nicht, wie irgendein Gemeinwesen die sich hieraus ergebenden
Konflikte aushalten sollte - und dies, nota bene, NACH[/u] der
Einführung des BGE."

Ich sehe nicht, wie irgendein Gemeinwesen die Konflikte aushalten könnte, die entstehen, wenn es die nächste weltweite Wirtschaftskrise gibt UND wenn die Binnennachfrage auch wieder sinkt (was in Deutschland spätestens 2007 mit der Mehrwertsteuererhöhung wieder der Fall sein dürfte). Wer soll dann das schnell wachsende Heer der Erwerbslosen finanzieren? Die Kosten dafür tragen jetzt überwiegend die Pflichtversicherten - aber wenn immer mehr von ihnen selbst erwerbslos werden, dann ist das nicht mehr finanzierbar. Was dann? Massenerschießungen?

Freundliche Grüße
von Garfield


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