Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Huren erklärten direkt nach der Geburt eines Kindes...

Garfield, Tuesday, 27.05.2008, 21:12 (vor 6418 Tagen) @ Conny

Hallo Conny!

Ich glaube nicht an Geschichtsfälschung in so einem Umfang. Das war gerade in früheren Zeiten so gar nicht möglich. Man hätte dazu sämtliche Chroniken und sonstige Aufzeichnungen, die die wahre Geschichte beschreiben, vernichten müssen. Es gab aber keine zentralen Archive, sondern Aufzeichnungen wurden überall verstreut aufbewahrt, oft in Klöstern, aber auch anderswo. Und es gab ja immer irgendwelche verfeindete Parteien - wer die Geschichte fälschen wollte, mußte auch Zugriff auf die Schriften der jeweiligen Gegenseite haben.

Sicher - vieles läßt sich nicht mehr bis ins kleinste Detail nachvollziehen. Es gibt oft Widersprüche in alten Chroniken, die z.B. daraus resultieren können, daß manche Chronisten die von ihnen schriftlich festgehaltenen Ereignisse nicht selbst erlebt, sondern nur von anderen gehört haben. Manchmal wurden Chroniken auch später beim Abschreiben verfälscht, weil ihr Inhalt teilweise dem gerade herrschenden Zeitgeist oder den Ansichten eines Auftraggebers oder Schreibers nicht entsprach. Aber selbst solche nachträglichen Verfälschungen sind manchmal nachweisbar.

Die von dir angeführten Beispiele finde ich nicht seltsam. Zur Einsetzung des Christentums als römische Staatsreligion:

Das war einfach ein geschickter Schachzug, denn das Christentum drohte sich zu einer Ideologie der Unterdrückten zu entwickeln, und so etwas ist immer sehr kritisch. Auch muß man dabei bedenken, daß die Römer vorher eine polytheistische Religion hatten. Wer sich einen ganzen Himmel voller verschiedener Götter vorstellen kann, der hat auch kein Problem damit, wenn noch ein weiterer Gott - in diesem Fall der der Christen - dazu gesellt wird. Wenn es plötzlich nur noch diesen neuen Gott gibt, dann ist das zwar auch etwas ungewohnt, aber der Übergang vom Polytheismus zum Monotheismus ist wohl mit einer geringeren Umgewöhnung verbunden als der umgekehrte Fall. Das größte Problem dabei dürften die Priester der alten Götter gewesen sein. Die haben es im alten Ägypten beispielsweise immer geschafft, solche Veränderungen rückgängig zu machen, denn je mehr Götter es gab, umso mehr Priester und Tempel waren nötig.

Das Christentum als Staatsreligion hatte für das Römische Reich zunächst einige Vorteile:

Statt mehreren Priestern für diverse Götter gab es nur noch den Bischof von Rom als einzukalkulierenden Machtfaktor. Daß der dann später umso mächtiger werden sollte, hat man damals wohl noch nicht einkalkuliert. Und vor allem wurde den unzufriedenen Massen, die bereits zum Christentum übergetreten waren, die Illusion gegeben, daß sich etwas zum Positiven verändert.

Es war auch so, daß das Christentum erst einmal nur der vorherigen römischen Religion gleichgestellt wurde. Viele Menschen haben es angenommen, und so wurde es dann erst möglich, die alten religiösen Rituale zu verbieten und das Christentum zur Staatsreligion zu erklären.

Zum Untergang des Römischen Reiches: Es wurde ja auch von anderen Völkern überrannt. Die wurden dann später wiederum Opfer von Invasoren. Noch bis ins 19. Jahrhundert hinein wechselten diverse Gebiete in Italien immer wieder die Besitzer. Was ist daran verwunderlich? Auch große Reiche können untergehen, wie sich ja auch in der jüngeren Vergangenheit schon häufig gezeigt hat.

Die nordischen Völker werden in der antiken Geschichtsschreibung oft als Barbaren dargestellt, weil diese Geschichtsschreibung überwiegend von römischen Autoren stammt. Noch im Mittelalter bezeichneten die Byzantiner Mitteleuropäer als Barbaren. Das war nicht unbedingt immer sehr negativ gemeint, aber eine gewisse Arroganz steckte schon dahinter.

Und den Rückschritt nach dem Zerfall der griechischen Stadtstaaten hast du doch mal gut erklärt, wenn ich mich recht erinnere. Oder war der Beitrag, in dem erklärt wurde, daß die griechischen Stadtstaaten am Zinsgeld zugrunde gegangen sind, nicht von dir? Wenn der Masse der Bevölkerung Geld entzogen wird, dann muß das zwangsläufig den Effekt haben, daß hohe Spezialisierung auf bestimmte Aufgabenbereiche nicht mehr möglich ist. Weil sehr viele Menschen mangels Geld keine lebensnotwendigen Güter mehr kaufen können und so viel länger damit beschäftigt sind, sich diese Güter z.B. durch Arbeit auf dem Feld, durch Jagd oder Fischfang oder notfalls auch durch illegale Aktivitäten zu beschaffen. Und ohne Spezialisierung muß zwangsläufig das wissenschaftliche und damit auch das technologische Niveau stark sinken. Solche Auswirkungen kann es auch durch Klimaveränderungen oder große Naturkatastrophen geben, die es in der Vergangenheit immer wieder gegeben hat und die schon manche Kulturen ausgelöscht haben.

Die Römer hatten ursprünglich gar keine so fortschrittliche Zivilisation. Sie haben viel von den Etruskern übernommen, und auch von anderen Völkern. Ähnlich es es ja heute mit den USA - da hat man nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges auch stark von deutscher Technologie profitiert.

Es heißt z.B., daß die Römer mit ihren Stahlschwertern im Kampf mit den Kelten große Vorteile gehabt haben sollen. Angeblich mußten die Kelten ihre Eisenschwerter immer nach ein paar Schlägen wieder gerade biegen. Tatsächlich haben aber die Römer hochwertige Stahlschwerter teilweise sogar von keltischen Stämmen gekauft. Dort waren allerdings die Fähigkeiten zur Stahlherstellung sehr unterschiedlich ausgeprägt, und so ist es möglich, daß die römischen Berichte über mangelhafte keltische Schwerter von Kämpfen mit keltischen Stämmen, die in der Schmiedekunst noch nicht weit gekommen waren, herrührten. Oder sie waren einfach nur Propaganda, um den eigenen Truppen Mut zu machen. Den Römern hat vor allem immer ihre bessere Organisation geholfen. Als sich die Germanen dann zunehmend zusammen schlossen, gerieten die Römer auch mehr und mehr in Bedrängnis.

Ich finde an dem, was heute als Geschichtsbild dargestellt wird, im Großen und Ganzen nichts sehr Verwunderliches. Sicher - es gibt durchaus Details, die vermutlich tatsächlich etwas anders abgelaufen sind. Aber in den wesentlichen Punkten dürfte vieles richtig sein, denke ich. Zumindest konnte mich noch niemand derjenigen, die behaupten, daß angeblich ganze Jahrhunderte in den Chroniken massiv verfälscht wurden, überzeugen. Ich hab da immer den Verdacht, daß es denen nur darum geht, möglichst viel Aufmerksamkeit zu erregen, um so vielleicht auf die eine oder andere Weise Geld verdienen zu können.

Freundliche Grüße
von Garfield


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