Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Abwägung und Konsequenz: Selbstbestimmung über Bauch und Brieftasche

LatexTester, Friday, 17.06.2011, 14:12 (vor 5309 Tagen) @ Thorsten

Das kann man so sehen, ich
persönlich sehe aber auch, ...
... daß ein Kind, das unerwünscht und ohne die notwendigen Resourcen
aufwächst, ebenfalls beträchtliche Leiden durchmacht und oft lebenslange
Schäden davonträgt.

Ressourcen sind kein Argument, in Europa hungert keiner, die Ableitung lebenslanger Schäden durch schlechte Eltern wäre auf alle Kinder übertragbar, da nicht definiert ist, was dieses 'lebenslang' bedeuten soll. So wie Du es benutzt, ist es eine willkürliche Zuschreibung.

... daß die Verantwortung für ein unerwünschtes Kind eine erhebliche
Beeinträchtigung für die Lebensqualität der Eltern darstellt.

Auch hier ein unzulässiges Argumentieren. Die Lebensqualität, die in der Regel maximal in einer Einschränkung besteht, kann nicht herangezogen werden, denn diese ist nicht höher zu werten als das Lebensrecht eines Kindes. Analoge Beispiele existieren in anderen Belangen und da würde auch keiner Mord oder fahrlässige Tötung für vertretbar halten, nur weil der Täter mit einer Einschränkung seiner Lebensqualität argumentiert. Aber es muss nicht mal ein Kapitalverbrechen als Beispiel herangezogen werden. So ziemlich alle Delikte kommen dafür in Frage.

... daß man Abtreibung zwar als Mord bezeichnen kann, dann aber
konsequenterweise auch über die Bewusstseinsstufe und Leidensfähigkeit
der Tiere auf unseren Tellern nachdenken sollte.

Nein, Tiere sind juristisch (noch) als Sache definiert. Ein ethisches Argument sticht nur, wenn es innerhalb eines bestehenden Wertekanons und Rechtssystems gebracht wird, nicht aber, wenn die Prämissen willkürlich gewählt werden. In naher oder ferner Zukunft mag die Leidensfähigkeit und das Bewußtsein von Tieren ein dem Menschen gleichgeordnetes Anrecht auf Leben darstellen; im Moment ist das nicht der Fall.

Ich weiß nicht, was hier "richtig" oder "falsch" ist, aber ich würde es
begrüßen, wenn die Grenzen einigermaßen logisch und konsequent gezogen
würden. Und im Moment haben wir das Selbstbestimmungsrecht der Frau über
ihren Bauch und ihr Leben und nichts dementsprechendes für den Mann. Ein
Korrektur in welche Richtung auch immer wäre also durchaus angebracht.

Das Selbstbestimmungsrecht der Frau über ihren Bauch ist unstrittig. Aber das, was in ihrem Bauch wächst, gehört ihr nicht, sondern existiert mit unveräußerlichen Rechten aus sich selbst heraus. So steht es in den meisten Rechtsordnungen dieser Welt. Der Vorteil dieser Logik ist, dass damit auch der Besitz oder das Eigentum an Sklaven als nicht hinnehmbar definierbar ist. Auch die Freiheitsrechte der Frau leiten sich genau aus dieser Überlegung ab.

Nach dem preußischen Landrecht und anderen älteren Rechtsordnungen wurde das Kind nach einer Trennung der Eltern fast immer dem Vater zugesprochen. Inzwischen wird das Kind fast immer der Mutter zugesprochen. Das sind die Pole zwischen denen die Debatte stattfindet, auch wenn in diesem Fall über die Rechte der Abtreibung nachgedacht wird. Es geht darum, welche Rechte und Pflichten aus dem Werden eines Kindes entstehen und wie diese so gerecht wie möglich auf Vater und Mutter verteilt werden können. Ob und wie leichtfertig eine Kultur die Abtreibung ermöglicht oder gar fördert, ist nach dieser Fragestellung vorerst ziemlich unwichtig.


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