Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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ALG II laut Bundesgerichtshof (BGH) nicht bedarfsdeckend

Akademikerin, Thursday, 08.01.2009, 22:04 (vor 6194 Tagen) @ Tigresa

Hallo Garfield,

ich denke, gerade bei Singles, die ALG II beziehen, ist ein recht
einfaches aber angenehmes Leben möglich, wenn sie sich in bestimmten
Punkten einschränken. Denn soweit ich weiß, werden laufende Fixkosten
(Miete, Gas, Strom) vom Amt übernommen. Zusätzlich gibts dann noch ca. 350
Euro oben drauf.
Ich hatte in meiner Studentenzeit weniger zur Verfügung. Ich teilte mir
mit einer Freundin eine kleine gemütliche Dachgeschoßwohnung mit Kohleofen,
habe einfach nur bei Aldi eingekauft, Gemüse aus den Gärten meiner Eltern
gegessen und bin mit dem Rad gefahren. Dafür reichte es für eigene
Fachbücher (diese sind sehr teuer und in der Bibliothek oft vom Verleih
ausgeschlossen) und in den Semesterferien locker für Studienreisen nach
Lateinamerika. Dafür gabs aber manchmal tagelang nur Nudeln und Kartoffeln
;-)

Es ist einfach eine Frage der Organisation, der Ansprüche und Prioritäten.
Allerdings denke ich, daß es etwas anderes ist, wenn man Kinder hat und ALG
II bezieht. Da müssen Eltern schon sehr zurückstecken.

Dazu noch eine kleine Anekdote aus meiner Studizeit:

Ich war bei Lidl an der Kasse und hinter mir in der Schlange standen zwei
junge Herren mit türkischem Migrationshintergrund, die den Wagen voller
Süßigkeiten, Chips, Cola, Zigaretten und einer Packung Windeln geladen
hatten.
Nach dem Bezahlen packte ich meinen Kram ein und bekam daher mit, was sich
abspielte.
Nachdem die Kassiererin den Einkauf der beiden über die Kasse gezogen
hatte, kostete es 22 Euro und irgendwas. Einer der beiden zog ein Dokument
aus der Tasche und wollte damit bezahlen. Die Kassierein erklärte, dies
sein ein Gutschein vom Sozialamt über 20 Euro und der Einkauf würde aber 22
kosten. Die Differenz müßten sie aus eigener Tasche dazulegen.
Es folgte viel Geschrei und eine wilde Diskussion und die Filialleiterin
wurde hinzugerufen. Nach viel hin und her erklärten sich die beiden Männer
bereit, etwas aus dem Einkauf zurückzulegen. Und nun rate mal was sie
ausgewählt haben: na klar - die Windeln. ;-)

Gruß
Tigresa

Hallo Tigresa!
Mir gings ebenso, während meiner Studentinnenzeit hatte ich auch weitaus weniger zur Verfügung als den damals gültigen Sozialhilfesatz. Es ging mir aber immer gut, weil ich immer nette Menschen gefunden habe, die mir wichtige Dinge schenkten (die gesamte Wohnungseinrichtung zum Beispiel waren Geschenke von verschiedensten Leuten ) und auch Sonstiges zum Überleben Wichtige (zum Beispiel, durfte ich das Bad benutzen, mein Wäsche waschen, wenn ich bei Kommilitonen zu Besuch war, die komfortabler wohnten als ich), bei Kneipenbesuchen wurde mir immer mal ein Bier ausgegeben und in den Semesterferien , die ca 50 % des Jahres ausmachten, hatte ich genügend Zeit um zu jobben, damit ich mir Reisen rund um den Globus leisten konnte, natürlich mit Rucksack trampen und schlafen am Strand oder in Billigunterkünften.

Aber anders ist es wenn man als Mutter von Alg II leben muss und ein Kind hat, das aufs Gymnasium geht.Dann wird es wirklich eng. Ich habe in der kurzen Spanne, in der ich auf diese staatliche Unterstützung angewiesen war, auch Geld dazuverdient und es war alles mehr als knapp. Ohne diesen Zuverdienst hätte ich wohl auch nicht mehr lange mit dem Betrag auskommen können.Jetzt bin ich natürlich froh, dass ich mit meiner akademischen Ausbildung wieder in meinem Beruf Fuß fassen konnte und momentan Geld kein Problem mehr für mich ist.

Aber mit Alg II alleine kann man auf Dauer nicht überleben, wenn Kinder vorhanden sind, Das ist einfach mal eine Tatsache die ich nur bestätigen kann.

Es grüßt
die Akademikerin


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