Vom Denken und vom Tun
Guten Abend Roger!
Pardon, wenn ich mich hier als "Monotheist" *angewidert ausspuck* mal einmische
.
Buddhismus ist mit jedem Ismus und jeder spezifischen Sicht von Wirklichkeit
inkompatibel. Es ist das Wesen des Buddhismus, "Anhaftungen" welcher Art auch immer
aufzugeben, weil sie ursächlich sind für das Verbleiben im Samsara (Kreislauf des Leidens).
Das ist natürlich theoretisch alles ganz schön und richtig. Aber eben nur theoretisch. Wirklichkeit ist das bloß für denjenigen, der es auch selbst verwirklicht. Wer lediglich Bücher darüber gelesen hat, deren Inhalte ihn begeistern (begeistern? - das ist eine Anhaftung
) und der sich daraufhin vorstellt, wie schön und v.a. wieviel besser es doch wäre, ein Buddhist zu sein statt ein "Monotheist" *angewidert ausspuck* und sich deshalb für einen solchen Buddhisten hält, IST ein Anhänger eines Ismus, sogar eines besonders blinden und verbohrten Ismus, der überhaupt nichts mit seiner Wirklichkeit zu tun hat.
Ich war in meinen jungen Jahren neun Jahre lang Zen-Mönch der japanischen Soto-Schule. Das hatte wenig mit Bücherlesen zu tun und ich habe viel dabei gelernt. Meiner persönlichen Erfahrung nach ist die Zahl der Buddhisten, also derer, die nicht meditieren und üben, sondern "Bücher über Buddhismus" lesen, die sie irgendwie gut finden und deshalb rein(!) ideologische Anhänger eines ihnen nützlich erscheinenden Ismus sind, unter den Buddhisten in Europa die erdrückende Mehrheit. Die Zahl derer, die das Karmagesetz begriffen, es also nicht bloß als schicke, intellektuelle Idee irgendwie ziemlich einleuchtend finden, sondern es tatsächlich mit ihrer Existenz durchdrungen haben, deshalb der Welt des Samsara wirklich zu entfliehen wünschen und den Achtfachen Pfad mit achtsamer Hingabe üben, um die Vier edlen Wahrheiten zu ergründen, anstatt sie bloß "zu verstehen", weil sie sie halt mal gelesen haben, verschwindend gering.
In Asien ist das noch zum Teil anders, in manchen Klöstern zumal wirklich entgegengesetzt wie hier im Westen, aber die Regel ist es auch dort keineswegs. Im Westen aber ist ein Buddhismus, der kein Ismus wäre, nach meiner Erfahrung so gut wie inexistent. Hier in Europa gibt es diese Tradition nun mal nicht. Sie hat hier keine Wurzeln. Solche bräuchte sie aber, wenn das Ganze in nennenswerter Anzahl authentisch sein sollte. Der authentische Buddhismus breitet sich im Westen nicht aus, sondern wird in Europa und Amerika zerstört - indem er zu einem rein intellektuellen System wird, zu einer Ideologie eben.
Was aus Asien herüberkommt und dann hier hängenbleibt, ist fast immer diffuse Esoterik, irgendein exotisches Hirnkino (also ein ganz besonders oberflächlicher Ismus), bei dem es keineswegs um das Überwinden "jeder formhaften Sicht der Welt", sondern im Gegenteil um eine ausdrückliche Sicht der Welt geht, die dergestalt geformt ist, daß der Betreffende sich in ihr sozusagen sehr gut als Buddha vorstellen könnte, auch wenn er in Wahrheit absolut nichts dafür tut, auf dem "Äonen von Kalpas langen Weg zum Ziel" wenigstens schon mal mit dem ersten Tag im ersten Leben im ersten Kalpa des ersten Äons anzufangen. Das allein wäre nämlich schon ziemlich anstrengend und brächte sowieso nichts, selbst wenn es danach Tag für Tag geübt würde, abgesehen von einem hoffentlich einigermaßen guten Karma, damit man hoffentlich recht zügig mit dem zweiten Leben im ersten Kalpa des ersten Äons von zahllosen Kalpas weitermachen kann und nicht dazwischen 5 Äonen als Höllenwesen oder als Bandwurm zubringt, bevor man mal wieder Mensch wird.
Buddhisten verdichten nicht wie die Monotheisten die erfahrbare Wirklichkeit bis hin zu
einer letzten Entenität (Gott oder Göttin), sondern sie lösen die empirische Wirklichkeit auf
ihrem Pfad zur Erleuchtung nach und nach auf, bis sie frei sind von allen Anhaftungen des
Seins. Darum ist Buddhismus letztlich prinzipiell unverträglich mit Ismen und Weltsichten
welcher Art auch immer.
Diese Aussage ist natürlich ein Ismus nd eine ganz spezifische Weltsicht - und zwar eine sehr falsche. Du redest von "letztlich". Letztlich ist das für uns Christen nicht anders. Die letzte Entität, Gott, löst sich auf in begriffliche(!) Leerheit (nicht in "das Nichts", wie sich intellektuelle Buch-Buddhisten das Nirvana gerne vorstellen (vorstellen! - denn sie kennen es ja nicht als eigene Erfahrung). Es geht einfach nicht an, daß ein Mensch von einem "letztlichen Ziel" redet, von dem er in Wahrheit noch Äonen entfernt ist, als wüßte er irgend etwas etwas darüber. Das ist nun mal Ideologie, also reine Vorstellung, tut mir leid Roger, wenn ich das so direkt sage. Ich weiß, wovon ich rede.
Buddhismus im Westen hat in den allermeisten Fällen nichts mit einer authentischen Praxis zu tun, sondern mit irrealen Phänomenen wie zum Beispiel Rousseaus "Edlem Wilden" oder Gaugins "Südseeparadiesen", die das europäische Publikum bezaubert haben, weil sie eben reine Vorstellung waren. Man ist ja nicht selber hingefahren, um es selbst zu erfahren und zu tun, denn das wäre sehr ernüchternd gewesen, sondern man hat es sich vorgestellt, weil Vorstellungen halt einfach sind und immer nur schön, wenn man sie sich so vorstellt. Deine Vorstellung, der Buddhismus sei vor "Ismen und Weltsichten welcher Art auch immer" gefeit, ist selbst ein Ismus: eine typisch europäische, romantische, westliche Weltsicht, in welcher nun mal der Gedanke für gewöhnlich an die Stelle der Tat tritt (die man gerne anderen überläßt).
Da ich beide Wege praktisch kennengelernt habe, den östlichen und den westlichen, kann ich praktisch vergleichen. Es ist völlig nutzlos, eine umschwärmte Theorie mit eine getadelten Praxis zu vergleichen, denn da gewinnt immer die schöne Theorie. Recht und redlich wäre es einzig, Theorie mit Theorie und Praxis mit Praxis zu vergleichen. Aber dafür bräuchte man die entsprechende Praxis, nicht die nette Theorie. Der Mensch auf seinem Weg zum Ziel braucht "Weltsichten" und auch der Buddhismus hat diese natürlich. Ich habe oben beiläufig ein klein wenig davon angedeutet, als ich vom langen Weg zur Erleuchtung sprach. Wenn man das gründlich täte, fände man eine ausgesprochen hochdiffernzierte und sehr komplexe Weltsicht.
Das "letztliche" Aufgeben aller Weltsichten und Anhaftungen ist das Ergebnis eines langen Weges, auch des christlichen, und geschieht am Ziel - "letztlich" eben. Den harten, mühseligen und gefahrvollen, komplizierten Weg dorthin kann kein Mensch "gedanklich überspringen", weil er ihn sich damit erspart, ihn also gar nicht geht und also nie zum Ziel kommt. Triumphe in der Vorstellung rächen sich in dieser vorletzten aller existentiellen Fragen auf das Bitterste. Das ist nämlich einfach ein Selbstbetrug. Das Opfer dieses Betruges ist immer der Betrüger selbst. Und das ist halt dumm. Man kann nur und muß dringend davon abraten, so gegen sich selbst zu handeln.
Man kann natürlich in Hinblick auf einen konkreten Menschen überhaupt nicht kollektivistisch "den Buddhismus" und "das Christentum" miteinander vergleichen, sondern wenn überhaupt, dann immer nur die Praxis eines einzelnen, je konkreten Menschen mit der eines anderen. Aber auch das ist in Wahrheit nicht möglich, jedenfalls wenn man die beiden betreffenden Menschen nicht wirklich sehr gut kennt. Genau diese Mühe macht sich freilich ausgerechnet derjenige ganz gewiß nicht, der auf wertenden Vergleich aus ist, denn sein Urteil steht schon fest, bevor er etwas weiß und geriete in Gefahr, wenn er wirklich etwas wüßte. Das erklärt übrigens, ganz allgemein jetzt, die hartnäckige menschliche Vorliebe für die Ignoranz. Man will halt "Recht haben" und nicht wissen, ob man wirklich recht hat. Die Gefahr, daß die Antwort auf letzteres ersteres kränkt ist für die meisten einfach viel zu bedrohlich.
[Schlangen-Gleichnis] Soll heißen: Geht euren Weg, lasst jeden Ballast zurück und wenn
ihr dann am Ziel seid, dann könnt ihr auch meine Lehre in die Tonne kloppen. So etwas
gibt?s eben nur im Buddhismus ? einfach genial!
Du irrst dich, Roger. Das ist bei uns Christen überhaupt nicht anders. Aber in die Tonne getreten wird halt erst am Ziel, nicht vorher, und schon gar nicht in der Vorstellung, bevor man die Tonne überhaupt je gesehen hat. Vielleicht könnte es hilfreich sein, deine Sicht zu überdenken? Nicht einmal, sondern dauernd, meine ich... bis du halt wirklich vor der Tonne stehst, in die alles reingetreten wird. Vor dieser Tonne stehend geht es um das, was man getan und unterlassen hat, nicht um das, was man sich vorstellte und sich nicht vorstellen wollte. Das menschliche Leben ist EINS, im Westen wie im Osten läuft es auf das selbe Ende hinaus. Nicht Ost oder West bestimmt dieses Ende, sondern der jeweilige, einzelne Mensch mit dem, was er geworden ist. Oder eben nicht. Das ist wirklich eine ernste Frage, letztlich die einzige, die wirklich vollkommener Ernst ist.
Freundlicher Gruß
vom Nick
gesamter Thread:
- Feministische Bibel nicht für die Verwendung im Gottesdienst -
Benno,
20.04.2007, 12:50
- Feministische Bibel nicht für die Verwendung im Gottesdienst -
Nihilator,
20.04.2007, 13:39
- Feministische Bibel nicht für die Verwendung im Gottesdienst - Max, 20.04.2007, 14:19
- Feministische Bibel nicht für die Verwendung im Gottesdienst -
Hemsut,
20.04.2007, 17:01
- Feministische Bibel nicht für die Verwendung im Gottesdienst -
Nihilator,
20.04.2007, 17:16
- Feministische Bibel nicht für die Verwendung im Gottesdienst -
Hemsut,
20.04.2007, 17:40
- Feministische Bibel nicht für die Verwendung im Gottesdienst - Nihilator, 20.04.2007, 17:52
- Feministische Bibel nicht für die Verwendung im Gottesdienst -
Hemsut,
20.04.2007, 17:40
- Feministische Bibel nicht für die Verwendung im Gottesdienst -
Nihilator,
20.04.2007, 17:16
- Feministische Bibel nicht für die Verwendung im Gottesdienst -
Telefonmann,
20.04.2007, 15:57
- Feministische Bibel nicht für die Verwendung im Gottesdienst - Nihilator, 20.04.2007, 16:03
- Feministische Bibel nicht für die Verwendung im Gottesdienst - Jim, 20.04.2007, 16:06
- Feministische Bibel nicht für die Verwendung im Gottesdienst - Hemsut, 20.04.2007, 16:59
- Feministische Bibel nicht für die Verwendung im Gottesdienst - Benno, 20.04.2007, 18:18
- Feministische Bibel nicht für die Verwendung im Gottesdienst -
Telefonmann,
20.04.2007, 23:02
- Igitt! -
Nihilator,
20.04.2007, 23:36
- Igitt! -
Hemsut,
21.04.2007, 00:08
- feministische Theologie inside - hquer, 21.04.2007, 00:59
- Igitt! - Krischan der Echte, 22.04.2007, 01:06
- Igitt! -
Hemsut,
21.04.2007, 00:08
- Igitt! -
Nihilator,
20.04.2007, 23:36
- Was Buddha lächeln läßt -
Beelzebub,
21.04.2007, 01:34
- Was Buddha lächeln läßt -
Chato,
21.04.2007, 02:53
- Verstehe - ich an deiner Stelle würde mich auch schämen -
Beelzebub,
22.04.2007, 03:56
- Verstehe - ich an deiner Stelle würde mich auch schämen - Nihilator, 22.04.2007, 22:19
- Verstehe - ich an deiner Stelle würde mich auch schämen -
Beelzebub,
22.04.2007, 03:56
- Mich auch - Chato, 21.04.2007, 03:08
- Was Buddha lächeln läßt -
roger,
22.04.2007, 02:44
- Warum Buddha von Femis nicht instrumentalisiert werden kann -
Beelzebub,
22.04.2007, 04:45
- Warum Buddha von Femis nicht instrumentalisiert werden kann -
roger,
22.04.2007, 21:06
- Vom Denken und vom Tun -
Chato,
22.04.2007, 23:57
- Vom Denken und vom Tun - Max, 23.04.2007, 16:04
- Vom Denken und vom Tun -
roger,
23.04.2007, 18:08
- Vom Denken und vom Tun -
Chato,
24.04.2007, 22:06
- Vom Denken und vom Tun - Max, 25.04.2007, 12:09
- Vom Denken und vom Tun -
roger,
26.04.2007, 13:29
- Vom Denken und vom Tun -
Chato,
26.04.2007, 14:46
- Alte Schlachten :-) - Chato, 27.04.2007, 06:26
- Vom Denken und vom Tun -
Chato,
26.04.2007, 14:46
- Vom Denken und vom Tun -
Chato,
24.04.2007, 22:06
- Vom Denken und vom Tun -
Chato,
22.04.2007, 23:57
- Warum Buddha von Femis nicht instrumentalisiert werden kann -
roger,
22.04.2007, 21:06
- Warum Buddha von Femis nicht instrumentalisiert werden kann -
Beelzebub,
22.04.2007, 04:45
- Was Buddha lächeln läßt -
Chato,
21.04.2007, 02:53
- Feministische Bibel nicht für die Verwendung im Gottesdienst -
Benno,
21.04.2007, 12:31
- Mein Senf dazu -
Chato,
21.04.2007, 16:52
- Mein Senf zum Senf -
Beelzebub,
26.04.2007, 02:06
- Mein Senf zum Ketchup -
Chato,
26.04.2007, 04:16
- Und ein Häubchen Mayo drauf -
Beelzebub,
26.04.2007, 20:46
- Mayo für den Brezelbub? Meinetwegen auch das... - Chato, 27.04.2007, 04:16
- Und ein Häubchen Mayo drauf -
Beelzebub,
26.04.2007, 20:46
- Mein Senf zum Ketchup -
Chato,
26.04.2007, 04:16
- Mein Senf zum Senf -
Beelzebub,
26.04.2007, 02:06
- Mein Senf dazu -
Chato,
21.04.2007, 16:52
- Feministische Bibel nicht für die Verwendung im Gottesdienst -
Nihilator,
20.04.2007, 13:39