Die vier Paradigmen der politischen Geschlechtertheorie
Hallo Student(t)
Wenn es um eine Positionierung der Auffassungen geht, die hier zur Sprache
kommen, dann wird oft eine bloße Zweiteilung vorgenommen. Fortgesetztes
Nachdenken hat mich zu einer weiteren Differnzierung gebracht. Im
Ergebnis:1. Das traditionalistische Paradigma.
Es orientiert sich an den Lebensformen, die bei uns bis vor wenigen
Jahrzehnten - andernorts bis heute - gültig waren bzw. sind. [...]2. Das männer- und väterrechtliche Paradigma.
Abgesehen von den Unterschieden, die mit der generativen Funktion
zusammenhängen, sind Männer und Frauen prinzipiell gleich. Dieser
Gleichheit hat die Staats- und Gesellschaftsordnung Sorge zu tragen.[...]3. Das genderistische Paradigma.
Die traditionelle Auffassung, daß der Körper des Menschen, insbesondere
dessen primären Geschlechtsmerkmale, das Geschlecht des Menschen
bestimmen, ist überholt. Das "wahre" Geschlecht eines Menschen weiß nur er
selber. Stimmt es mit dem Geschlecht seines Körpers nicht überein, so kann
und darf u.U. der Körper umgewandelt werden. Es wird also dem Körper die
geschlechts-definierende Funktion abgesprochen - und zwar radikal.Problem: In der Folge einer
geschlechts-definitorischen Entwertung des Körpers wird die
Geschlechtlichkeit auf dem Wege der individuellen Selbst-Konstitution
("Selbstverwirklichung") wieder eingeführt und gleichzeitig zum
politischen Programm erhoben. Eine Emanzipation der Sexualität findet
also nicht statt. War sie vorher eine biologische Funktion und durch
den Körper beherrscht, so ist sie jetzt eine politische Funktion und durch
die Regierenden beherrscht, und zwar durch Schaffung sexualisierter
Institutionen.
4. Das emanzipatorische Paradigma.Hier gilt ebenfalls, daß das Geschlecht keine Funktion des Körpers ist:
Zwar hat der Körper ein angeborenes Geschlecht, doch ist der Körper nur
ein Teil - und nicht der bestimmende Teil - des Menschen. Grundsätzlich
ist der Mensch bisexuell, und zwar ingestalt einer komplexen, sehr
individuellen Zuordnung der Geschlechts-Charaktere auf seine verschiedenen
Persönlichkeits-Ebenen. Dadurch aber wird die Sexualität (ebenso wie Rasse,
Herkunft usw.) relativiert, "aufgehoben" und zum Teil seines individuellen
Gestaltungsspielraumes erhoben.[...]Schlußbemerkung:
Die obige Paradigmen-Überschau ist mein eigener Entwurf. Das vierte
Paradigma wird, soweit ich sehe, nur durch mich selbst vertreten. Das ist
auch nicht verwunderlich, denn hier schreiben überwiegend Männerrechtler
(Paradigma 2). Ich bin aber kein Männerrechtler. Ich bin Theoretiker.
So schoen die oben aufgefuehrten Paradigmen fuer Kollektivisten sein moegen, sie duerfen in einer freiheitlichen Gesellschaft keinen Platz in der Politik einnehmen. Dessenungeachtet mag natuerlich der einzelne Mensch dem einen oder anderen oder vielleicht auch einem nicht oben aufgefuehrten Paradigma anhaengen. Das ist seine individuelle Freiheit, sich seine Lebensweise selbst auszuwaehlen. Insofern frage ich mich schon, was die obige Kategorisierung eigentlich soll. Darueber diskutieren kann man zwar, aber politische Handlungsrichtlinien daraus abzuleiten, fuehrt unweigerlich in den bevormundenden Staat. Waehrend ich Paradigmen 1 und 2 zumindest eine gewisse Sympathie entgegenbringen kann, auch wenn ich sie als allgemeinverbindliche Paradigmen nie und nimmer akzeptieren kann, halte ich Paradigmen 3 und 4 fuer philosphisches Geschwurbel ohne jeglichen Praxisbezug. Vielmehr werden mit solchen Paradigmen bestimmte kollektivistische Ideologien als 'Wahrheit' installiert; die damit einhergehende pseudowissenschaftlich-philophische Rhetorik soll deren voellige Spekulativitaet kaschieren und suggerieren, es handle sich um die (wissenschaftlich bewiesene) 'Wahrheit'. Als Grundlage einer allumfassenden Strategie womoeglich gar installiert durch staatliche Machtmittel, kann das nur fuer jene Leute in Frage kommen, die sich bereits den jeweils dahinterstehenden Ideologien unterworfen haben.
Ob der Mensch nun aus Sicht einer rein abstrakt-sozialen Geschlechtersystematik geschlechtslos, bisexuell oder eindeutig einem von zwei oder meinetwegen noch mehr Geschlechtern zugeordnet werden kann, ist pure Spekulation. Die Wirklichkeit selbst jedenfalls kennt beim Menschen grundsaetzlich zwei biologische Geschlechter, und an die lehnte man sich zu allen Zeiten in allen Kulturen auch an. Die relativ kleine Anzahl von Menschen, die biologisch nicht definitiv einem bestimmten Geschlecht zugeordnet werden koennen, ist aus soziologischer Sicht belanglos, so hart es fuer die Betreffenden auch klingen mag. Wie sich deren Vertreter mit der Mehrheitsgesellschaft arrangieren, ist deren Privatangelegenheit; auf jeden Fall ist die Wahrung und Respektierung ihrer Privatsphaere ihr wichtigster Schutz gegen politisch installierte Uebergriffe der Bevoelkerungsmehrheit. Inzwischen treten aber gewisse Gruppen (z.B. Homosexuelle) politisch ziemlich aggressiv auf. Sie beanspruchen absolute Deutungshoheit; wer ihnen widerspricht, gilt als intolerant oder wird gar zum Feind erklaert. Die einst von Minderheiten eingeforderte Toleranz der Mehrheit ihnen gegenueber ist umgeschlagen in eine intolerante Haltung ebendieser Minderheiten gegenueber der (schweigenden) Mehrheit. Dabei wird das Private offensiv zum Politikum erhoben. In einer freiheitlichen Gesellschaft muss aber jede politische Position auch politisch bekaempft werden duerfen. Wer also seine Privatangelenheit zum Politikum macht, muss auch politische Gegenpositionen verkraften.
Wir stossen immer wieder auf dasselbe Problem: das Private ist NICHT politisch; wer zulaesst, dass es zum Politikum gemacht wird, wird zum Spielball politisch geschaffener Machtstrukturen. Die Politik wird dann zwingend die politisierten Fragen, die eigentlich von den Individuen bzw. Ehepaaren im Rahmen der freien Wahl ihrer Lebensweisen beantwortet werden sollten, summarisch fuer alle beantworten, also im klassisch kollektivistischen Sinne handeln. Typisches Anzeichen davon ist die zunehmende Verrechtlichung. Immer weitere Bereiche regeln wir nicht mehr selbstbestimmt untereinander sondern rufen die rechtsetzenden, rechtausuebenden und rechtsprechenden staatlichen Organe an, um das stellvertretend fuer uns als Individuum und gleich auch noch summarisch fuer alle zu regeln. Arne hat in diesem Zusammenhang in seinem Blog einen aeusserst interessanten Artikel aus 'Eigentuemlich frei' verlinkt, der ein CDU-internes Thesenpapier veroeffentlicht, in dem ein einzelner Exponent der CDU auf die Problematik des ausufernden Wohlfahrtsstaates, der den freiheitlichen Rechtsstaat immer mehr zurueckdraengt, eingeht (siehe untenstehenden Link). Auch die tumben linksideologischen Mechanismen und rhetorischen Tricks im sogenannten 'Kampf gegen Rechts' werden dort recht gut durchleuchtet. Ich empfehle allen v.a. diese beiden Themen im Text einmal sorgfaeltig durchzulesen und sich den entsprechenden Thesen ehrlich zu stellen. Bei den Regulierfungsfanatikern ist das natuerlich vollkommen vergebens aber beim grossen Rest, der sich noch nicht vollstaendig zu Untertanen degradieren lassen will, kann das vielleicht einen Denkprozess ausloesen - ich hoffe es zumindest.
Gruss
Maesi
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- Die vier Paradigmen der politischen Geschlechtertheorie - Winfired, 03.02.2008, 21:59
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Dummerjan,
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Chato,
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