Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

233.682 Postings in 30.704 Threads

[Homepage] - [Archiv 1] - [Archiv 2] - [Forum]

Damit war das Experiment erfolgreich

Maesi, Monday, 03.12.2007, 23:43 (vor 6592 Tagen) @ *carlos*

Hallo carlos

Das tut so gut, von Dir zu lesen; ich kann Deinen Ausführungen nur
zustimmen, mein Freund... Womöglich hätte ich diesem komischen Peter
Sonstwas gegenüber etwas moderater formuliert, aber mir geht diese linke,
moralinsaure Penetranz, mit der er Wertkonservative und deren Werte
niedermacht, wie hier in Sachen Erziehung, so was von auf die Nüsse...
Jetzt kommt mir dieser Kerl schon mit Mao Ze Dong angewackelt; ich wette
ein ganze Menge, daß er von der VR China und Mao keinen Dunst hat... Ach
was, scheißegal...

Naja, ich glaube nicht, dass Peter boesartig ist. Aber von diesen Dingen hat er IMHO nur eine voellig abstrakte, theoretische Meinung. Vielleicht verpasse ich ihm mit meinen Postings einen Denkanstoss, und er betrachtet die Erziehung einmal aus einer anderen praktischeren Warte. Ob er das tun will, ist natuerlich seine eigene Entscheidung.

Darueberhinaus kursieren ueber unsere Altvorderen leider viele negative Geruechte. Ob und inwieweit sie zutreffen, wird nicht ueberprueft. Dabei reichte es meist schon voellig aus, einmal seine Eltern oder Grosseltern zu fragen: 'Hey, wie war das damals? Wie habt ihr eigentlich gelebt, die alltaeglichen Probleme gemeistert?' Keine grossartigen politischen Stellungnahmen einfordern sondern einfach danach fragen, wie sich der Alltag gestaltete. Die Oral-History macht ja auch nichts anderes, bloss dass die Historiker dabei systematisch vorgehen und die Ergebnisse in einen weitergehenden Kontext setzen koennen; gerade bei der Erforschung der Kultur des sogenannten 'einfachen Volkes' als wichtiger Bestandteil der Sozialgeschichte kommt man IMHO um solche Befragungen nicht herum. Noch leben die alten Leute, die uns Kunde aus einer Zeit geben koennen, die wir selbst nicht miterlebten. Aber sie sterben uns weg und damit stirbt auch ihr Wissen.

Unwissenheit ueber fruehere Zeiten ist keine Schande, wer jedoch diese Unwissenheit gezielt pflegt und mit irgendwelchen ideologisch motivierten Phantasievorstellungen ueber das, was frueher geschah, auffuellt, der ist nicht unwissend sondern dumm. Deshalb reagiere ich auf Allgemeinplaetze wie 'ewiggestrig', 'verstaubt', 'ueberkommen', 'patriarchalisch' usw. usf., wenn irgendwelche Besserwisser fruehere Zeiten charakterisieren wollen, inzwischen etwas unleidlich. Denn meistens haben diejenigen, die diese Worthuelsen benutzen, nie irgendwelche Anstrengungen unternommen ihre Vorstellungen anhand einfacher Befragungen jener, die diese Zeiten erlebt haben, zu ueberpruefen. Und diesen Duenkel gegenueber unseren Vorfahren nehme ich denen wirklich krumm. Wer hingegen Wahrheit zu ergruenden versucht, der kommt schnell zum Schluss, dass die frueheren Zeiten laengst nicht so finster waren, wie sie immer wieder charakterisiert wurden. Andererseits wird manches auch idealisiert, wobei diese Idealisierung vielleicht teilweise auch eine Reaktion auf die Skandalisierung Vergangenheit ist.

Seit den 68er-Besserwissern wird in den Diskursen nur noch theoretisiert; die Wahrheit ueber frueher versucht man zu definieren und zu konstruieren und faellt laufend damit auf die Schnauze, weil Widersprueche auftauchen. Bei Widerspruechen wird die konstruierte (virtuelle) Realitaet gegenueber der Wahrheit vorgezogen und letztere als nichtexistent erklaert. Damit rettet man vielleicht sein ideologisches Weltbild aber entfernt sich gleichzeitig von der Wahrheit. Kein Wunder, dass die 68er-Aktivisten aufs Alter nicht weiser werden. Weise wird man eben nur, wenn man sich der Wahrheit zu naehern versucht, und nicht indem man sie konstruiert. Diskurse koennen einem allenfalls bei der Annaeherung an die Wahrheit helfen, aber sie koennen nie die Wahrheit ersetzen.

Natürlich wohnen den von mir skizzierten Körperstrafen keinerlei
Selbstzweck inne, und sie beschreiben im Grunde immer nur den Fall der
Ultima Ratio, die auch einem Vater keinesfalls gefällt. Über allem steht
doch die Liebe zum eigenen Kind, was ich als den selbstverständlichen
Regelfall unterstelle. Typen, wie dieser Miesepeter lassen diese wichtigen
Punkte ganz gerne unter den Tisch fallen...

Im Idealfall waeren natuerlich keinerlei Koerperstrafen notwendig, weil alle anderen Sanktionsmittel ausreichen. In der Praxis ist dieses Ideal nie auch nur annaehernd erreichbar. Deshalb ist es IMHO durchaus sinnvoll, die Koerperstrafe als Ultima Ratio beizubehalten. Dem Ideal, nichtkoerperliche Sanktionsmittel zu bevorzugen, kann und soll man ja trotzdem verpflichtet sein. Ich halte die Unterschiede zwischen einer praktisch angewandten (gemaessigten) autoritaeren und einer praktisch angewandten (gemaessigten) antiautoritaere Erziehung fuer nicht besonders gross. Der Disput geschieht vielmehr auf einer rein theoretischen, doktrinaeren Ebene.

Mach?s gut!

Du auch

Maesi


gesamter Thread:

 

powered by my little forum