Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

233.682 Postings in 30.704 Threads

[Homepage] - [Archiv 1] - [Archiv 2] - [Forum]

Damit war das Experiment erfolgreich

Maesi, Wednesday, 21.11.2007, 00:12 (vor 6605 Tagen) @ Peter

Hallo Peter

Um es kurz zu machen: Die Jungs waren noch aggressiver, die Mädchen

noch

ängstlicher.

Und warum ?

Hehe! Man hatte geglaubt, Geschlechtsverhalten beruhe auf
(frauenfeindlicher) Sozialisation. Die wollte man vermeiden.


Das Denken war damals noch nicht so weiberfixiert. Es ging tatsächlich um
die Kinder. Genauer: Um den Wunsch, die extrem repressiv gewalttätigen
Erziehungsmuster der Vergangenheit zu beseitigen und die damit verbundenen
psychischen Deformationen (Erziehungstraumata) zu verhindern.

Über die Art und Weise und die Folgen einer autoritären Erziehung gibt es
in der Literatur massig Quellen. Als Resumee läßt sich autoritäre
Erziehung als Versuch beschreiben, die individuelle Persönlichkeit bereits
im Kindesalter durch Anwendung von physischer und psychischer Gewalt zu
brechen und aus dem Menschen eine gesellschaftlich determinierte
Funktionsdrohne zu machen.

Eine sehr parteiische Definition von autoritaerer Erziehung. Eine analoge parteiische Definition koennte man auch fuer antiautoritaere Erziehung lancieren. Z.B. als Versuch die individuelle Persoenlichkeit voellig frei entwickeln zu lassen, wobei sich bevorzugt asoziale, egomane Charakterzuege herausbilden.

Damit unterschied sich die autoritär bürgerliche Erziehung in keinster
Weise von maoistischen Erziehungsmustern.

Hier begehst Du einen fundamentalen Fehler, der allerdings in den Sozialwissenschaften offensichtlich gang und gaebe ist. Zuerst definierst Du theoretische Archetypen von Erziehungen und dann bewertest Du sie auf einer voellig abstrakten Ebene. Diese Bewertungen sind aber voellig wertlos, wenn sich die definierten Archetypen nicht an der sozialen Realitaet orientieren. Hast Du's gemerkt? Mit diesem einzigen obigen Satz hast Du lapidar unterstellt, dass die buergerliche Realitaet tatsaechlich dem von Dir postulierten Idealarchetypen 'Autoritaere Erziehung' entsprach oder zumindest nahekam. Leider wissen wir historisch gesehen erstaunlich wenig ueber die soziale Realitaet in den Familien. Wie funktionierten die Familien der Kaiser-, der Zwischenkriegs-, der Nazi- oder der fruehen Nachkriegszeit jedoch tatsaechlich? Aufschluss darueber koennte die Oral-History oder das systematische Studium von authentischen Tagebuechern geben. Das wurde meines Wissens gerade fuer den Erziehungsbereich leider nie gemacht, weshalb hier immer wieder so komische Phantasien ueber die 'ewiggestrigen' Erziehungsmethoden herumgeistern, waehrend die sogenannt progressiven Erziehungsmethoden (insbesondere an oeffentlichen Einrichtungen wie Schulen praktiziert) offensichtlich versagt haben, wie ein Blick in die Jugendkriminalitaetsstatistik aufzeigt.

Das diese Vorgehensweise ein eklatanter Verstoß gegen die Menschenwürde
war und ist und das genaue Gegenteil von Aufklärung steht ausser Frage.

Ohne stichhaltige Belege ueber die (angeblichen) Verstoesse gegen die Menschenwuerde ist der obige Satz natuerlich voellig belanglos. Diese Belege (im Sinne sozialgeschichtlicher Forschung) bleiben uns die Erziehungswissenschaftler jedoch bis heute schuldig. Viel lieber geilen sie sich an ihren theoretischen Erziehungsmodellen und ihren und ihren eigenartigen Phantasien ueber frueher angewandte Erziehungsmethoden auf.

In Wirklichkeit aber ist Geschlechtsverhalten angeboren.


Korrekter: Über die Gesamtgruppe ist die Tendenz geschlechtstypisch
normalverteilt. Es gab immer und wird immer Kinder geben, deren
Verhaltensmuster vom Geschlechterklischee mehr oder weniger stark
abweicht. Die Welt ist bunt.

Zustimmung. Darueberhinaus gibt es aber auch bestimmte soziale Rahmenbedingungen, die bestimmte Verhaltensmuster bei den Menschen als mehr oder weniger erfolgreich herauskommen lassen. Man mag mir jetzt ruhig Sozialdarwinismus vorwerfen.

Nehmen wir ein ganz konkretes Beispiel: Weshalb ist die egalitaere Familienform, in dem Mutter und Vater mehr oder weniger dieselben Aufgaben uebernehmen (beide sowohl erwerbstaetig als auch kinderbetreuend) in der Praxis so selten? Ist das so, weil Frauen und Maenner tatsaechlich unterschiedliche angeborene Praeferenzen haben oder weil sich in der sozialen Realitaet eine asymmetrische Arbeitsteilung aus diversen Gruenden aufdraengt? Wenn es v.a. letzterer Grund ist, wie weit muesste man die soziale Realitaet kuenstlich verbiegen (z.B durch Dekrete oder pekuniaere Anreize), damit sich die Menschen den politisch-ideologisch gewuenschten Sollzustand annaehern. Wie weit darf das Verbiegen der sozialen Realitaet gehen, damit sie nicht als bevormundendes Zwangssystem empfunden wird? Wie passt die (gerade in Deutschland von Maennern praeferierte) Verweigerungshaltung gegenueber Familiengruendung in dieses Schema? Anders ausgedrueckt: werden die staatlich gefoerderten 'Rollenmodelle' ueberhaupt akzeptiert oder werden sie nicht eher mittels Verweigerungsstrategien unterlaufen? Jede Einflussnahme auf ein bestimmtes System ruft erwuenschte und meist auch unerwuenschte Auswirkungen hervor. Ist die Soziologie heute in der Lage, diese Auswirkungen auf menschliche Gesellschaften einigermassen zuverlaessig abzuschaetzen? Diese Fragen wurden bislang von den zustaendigen Soziologen noch nicht einmal ansatzweise beantwortet von den Genderwissenschaftlern ganz zu schweigen. Vielmehr beharren sie auf ihren theoretischen Modellen und Entwicklungsprognosen, die sich aber mit der sozialen Realitaet und der festgestellten Entwicklung nicht decken. Basierend auf dieser festgestellten erheblichen Diskrepanz etwas salopp formuliert: sind unsere Soziologen und Genderwissenschaftler ueberhaupt kompetent? Oder besteht deren Kompetenz nicht eher in klugschwaetzerischen Phrasen und einem unverstaendlichen, theoretisch bleibenden Fachjargon anstatt echter wissenschaftlicher Kompetenz?

Konservative
Eltern wissen das und dämpfen die Aggressivität der Jungen bzw.

ermuntern

ängstliche Mädchen.


Du meinst, konservative Eltern betreiben somit Gender-Mainstreaming durch
repressive Erziehungsmaßnahmen? Und bremsen getreu der derzeitigen Maxime
Jungs aus und bevorteilen Mädchen, da diese derzeit
gesellschaftlich-ökonomisch einen höheren Nutzwert haben?

<sarkasmus>Wow, wie humanistisch</sarkasmus>

Dass in konservativen Erziehungsmodellen aggressive Tendenzen von Jungs gegenueber Maedchen kriminalisiert/poenalisiert werden, ist ein Fakt. In progressiven Erziehungsmodellen uebrigens auch, wenn auch wahrscheinlich mit etwas anderen Methoden. Als (generelles) Ausbremsen der Jungs wuerde ich das aber nicht bezeichnen, schon eher als Kanalisieren und Umleiten der Aggression auf produktive Gebiete, wobei die Jungs selbst einen erheblichen Anteil daran haben, wohin diese umgeleitet wird; die Erzieher sind hier keineswegs allmaechtig. Wahrscheinlich erklaert das zu einem erheblichen Teil auch, warum Jungs/Maenner in vielerlei Hinsicht so kreativ und produktiv sind, waehrend bei Frauen sich dies sehr stark in ihr gutes Aussehen und in ihr Bestreben, mittels sozialer Kontakte andere fuer ihre Zwecke einzuspannen, ergiesst. Natuerlich sind dies bloss gesellschaftliche Tendenzen, und die lassen keinerlei Aussagen auf das konkrete Individuum zu; aber es sind nun mal in der sozialen Wirklichkeit messbare Tendenzen.

Und die Sozi-Tussis machten es eben falsch. Weil sie falsch

sozialisiert

waren. Ohne Sozialisation bzw. ohne Sozialpädagogik-Studium hätten sie

es

richtig gemacht.


Was wäre denn "richtig" in deinem Sinne?

Naja, das Eingehen auf individuelle Praeferenzen der Kinder ohne sie deswegen gleich schlecht zu machen. Wenn ein Junge einen grossen Bewegungsdrang hat, das einfach akzeptieren. Nicht gleich einen Herzkasper bekommen, wenn ein Junge Kriegsspiele spielt oder mal mit anderen Jungs relativ harmlos herumrauft, auf Baeume klettert (Verletzungsgefahr) oder mit Freunden einen Wettstreit im Weitpinkeln veranstaltet usw. usf. Es hinnehmen, wenn ein Junge nicht mit Puppen spielen oder stricken lernen will sondern sich lieber fuer Fussball, Computer oder Autos interessiert. Inwieweit hier Sozialpaedagogen tatsaechlich Fehler machen kann ich nicht beurteilen, wahrscheinlich eher weniger als Paedagogen und Erzieher ohne Spezialausbildung. Sozialpaedagogen kann man stattdessen ganz andere Vorwuerfe machen, aber des gehoert jetzt nicht hierher. Was hingegen ersatzlos aus staatlichen Massnahmen gekippt werden muss sind Genderumerziehungsprogramme, die etwa von Dissens e.V. und anderen Organisationen angeboten werden; sie achten nicht die individuelle Persoenlichkeit der Kinder sondern wirken auf sie destruktiv.

Eine Ideologie, die Unterschiede zwischen Jungs und Maedchen von vornherein ausschliesst und daraus sogar ableitet, das von Staates Gnaden zugeschanzte Recht zur systematischen Gleichmacherei zu haben, ist vom Kern her genauso totalitaer und sektiererisch wie eine Ideologie, die sich sklavisch an maennlichen und weiblichen Normmenschen festklammert und jegliche Abweichung von der konfektionierten Norm als pathologisch diskreditiert.


Gruss

Maesi


gesamter Thread:

 

powered by my little forum