Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Damit war das Experiment erfolgreich

Peter @, Wednesday, 21.11.2007, 14:37 (vor 6604 Tagen) @ Maesi

Hallo Maesi,

Eine sehr parteiische Definition von autoritaerer Erziehung. Eine analoge
parteiische Definition koennte man auch fuer antiautoritaere Erziehung
lancieren. Z.B. als Versuch die individuelle Persoenlichkeit voellig frei
entwickeln zu lassen, wobei sich bevorzugt asoziale, egomane
Charakterzuege herausbilden.

Stimmt, im Kontext meiner zielorientierten Definition ist auch Deine Definition zulässig und wurde/wird auch verwendet. Insbesondere der letzte Halbsatz war ja eines der Standardargumente gegen antiautoritäre Erziehung.

Damit unterschied sich die autoritär bürgerliche Erziehung in keinster
Weise von maoistischen Erziehungsmustern.

Hast Du's gemerkt? Mit diesem einzigen obigen Satz

hast Du lapidar unterstellt, dass die buergerliche Realitaet tatsaechlich
dem von Dir postulierten Idealarchetypen 'Autoritaere Erziehung' entsprach
oder zumindest nahekam. Leider wissen wir historisch gesehen erstaunlich
wenig ueber die soziale Realitaet in den Familien. Wie funktionierten die
Familien der Kaiser-, der Zwischenkriegs-, der Nazi- oder der fruehen
Nachkriegszeit jedoch tatsaechlich? Aufschluss darueber koennte die
Oral-History oder das systematische Studium von authentischen Tagebuechern
geben. Das wurde meines Wissens gerade fuer den Erziehungsbereich leider
nie gemacht,

Ich würde eher sagen, es gibt eine Fülle von Materialien, literarischen Beschreibungen und ähnlichen Quellen.

Interessant hier:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/22/22605/1.html

Stichwort "schwarze Pädagogik"

weshalb hier immer wieder so komische Phantasien ueber die
'ewiggestrigen' Erziehungsmethoden herumgeistern, waehrend die sogenannt
progressiven Erziehungsmethoden (insbesondere an oeffentlichen
Einrichtungen wie Schulen praktiziert) offensichtlich versagt haben, wie
ein Blick in die Jugendkriminalitaetsstatistik aufzeigt.

Ich bezweifel das es bloß "Phantasien" sind.

Haben die Schulen wirklich "versagt"? Allgemein setzt sich langsam die Erkenntnis durch, dass unsere Schulen konsequent und gründlich ihren eigentlichen feministischen Kampfauftrag erfüllt haben:

?Wenn wir wollen, dass es unsere Töchter einmal leichter haben, müssen wir es unseren Söhnen schwerer machen.?

Jede Einflussnahme auf ein bestimmtes System ruft erwuenschte
und meist auch unerwuenschte Auswirkungen hervor. Ist die Soziologie heute
in der Lage, diese Auswirkungen auf menschliche Gesellschaften
einigermassen zuverlaessig abzuschaetzen? Diese Fragen wurden bislang von
den zustaendigen Soziologen noch nicht einmal ansatzweise beantwortet von
den Genderwissenschaftlern ganz zu schweigen. Vielmehr beharren sie auf
ihren theoretischen Modellen und Entwicklungsprognosen, die sich aber mit
der sozialen Realitaet und der festgestellten Entwicklung nicht decken.
Basierend auf dieser festgestellten erheblichen Diskrepanz etwas salopp
formuliert: sind unsere Soziologen und Genderwissenschaftler ueberhaupt
kompetent? Oder besteht deren Kompetenz nicht eher in klugschwaetzerischen
Phrasen und einem unverstaendlichen, theoretisch bleibenden Fachjargon
anstatt echter wissenschaftlicher Kompetenz?

Ja, das ist eine hochinteressante Frage. Ich halte es für extrem unwahrscheinlich, dass es keine entsprechenden, großrechnergestützten prognostischen Simulationen gibt. Es gibt diese für Konsumentenverhalten, Wählerverhalten u.v.m., warum also nicht auch für Genderfragen?

Scheint also so, als ob entsprechende Prognosen, Abschätzungen und Simulationen nicht großartig publiziert werden. Und in der öffentlichen Wahrnehmung Soziologen lieber abstrakt Theoretisches verbreiten, mit dem sie zwar wenig Verständnis ernten, aber auch keine Zensur oder Sanktionen befürchten müssen.

Erinnert doch ein wenig an den Marxismus-Leninismus früher. Diesen kann man eben auch wissenschaftlich oder aber ideologisch "analysieren".

Dass in konservativen Erziehungsmodellen aggressive Tendenzen von Jungs
gegenueber Maedchen kriminalisiert/poenalisiert werden, ist ein Fakt. In
progressiven Erziehungsmodellen uebrigens auch, wenn auch wahrscheinlich
mit etwas anderen Methoden. Als (generelles) Ausbremsen der Jungs wuerde
ich das aber nicht bezeichnen, schon eher als Kanalisieren und Umleiten
der Aggression auf produktive Gebiete, wobei die Jungs selbst einen
erheblichen Anteil daran haben, wohin diese umgeleitet wird; die Erzieher
sind hier keineswegs allmaechtig. Wahrscheinlich erklaert das zu einem
erheblichen Teil auch, warum Jungs/Maenner in vielerlei Hinsicht so
kreativ und produktiv sind, waehrend bei Frauen sich dies sehr stark in
ihr gutes Aussehen und in ihr Bestreben, mittels sozialer Kontakte andere
fuer ihre Zwecke einzuspannen, ergiesst. Natuerlich sind dies bloss
gesellschaftliche Tendenzen, und die lassen keinerlei Aussagen auf das
konkrete Individuum zu; aber es sind nun mal in der sozialen Wirklichkeit
messbare Tendenzen.

Ebenfalls messbare Tendenz ist es, diesselben Verhaltensmuster bei Jungs zu pönalisieren, bei Mädchen aber zu billigen wenn nicht gar zu befördern.

Deswegen ist es hinsichtlich des Genderdiskurses schon (fast) egal, welches Erziehungsmodell Anwendung findet.

Oder anders formuliert: Wenn aktive, aggressive Jungs ne Dosis Ritalin verpasst bekommen, aktive aggressive Mädchen aber als selbstbewußte emanzipierte "Rrriot-Girlz" stolz vorgezeigt werden, dann stimmt was grundsätzlich nicht.

Und zeigt deutlich, dass es gar nicht um die - hier so oft befürchtete - Gleichmacherei geht, sondern um das genaue Gegenteil: Die Besserstellung der Frau qua Geburt.

Was wäre denn "richtig" in deinem Sinne?


Naja, das Eingehen auf individuelle Praeferenzen der Kinder ohne sie
deswegen gleich schlecht zu machen. Wenn ein Junge einen grossen
Bewegungsdrang hat, das einfach akzeptieren. Nicht gleich einen Herzkasper
bekommen, wenn ein Junge Kriegsspiele spielt oder mal mit anderen Jungs
relativ harmlos herumrauft, auf Baeume klettert (Verletzungsgefahr) oder
mit Freunden einen Wettstreit im Weitpinkeln veranstaltet usw. usf. Es
hinnehmen, wenn ein Junge nicht mit Puppen spielen oder stricken lernen
will sondern sich lieber fuer Fussball, Computer oder Autos interessiert.
Inwieweit hier Sozialpaedagogen tatsaechlich Fehler machen kann ich nicht
beurteilen, wahrscheinlich eher weniger als Paedagogen und Erzieher ohne
Spezialausbildung. Sozialpaedagogen kann man stattdessen ganz andere
Vorwuerfe machen, aber des gehoert jetzt nicht hierher. Was hingegen
ersatzlos aus staatlichen Massnahmen gekippt werden muss sind
Genderumerziehungsprogramme, die etwa von Dissens e.V. und anderen
Organisationen angeboten werden; sie achten nicht die individuelle
Persoenlichkeit der Kinder sondern wirken auf sie destruktiv.

Eine Ideologie, die Unterschiede zwischen Jungs und Maedchen von
vornherein ausschliesst und daraus sogar ableitet, das von Staates Gnaden
zugeschanzte Recht zur systematischen Gleichmacherei zu haben, ist vom
Kern her genauso totalitaer und sektiererisch wie eine Ideologie, die sich
sklavisch an maennlichen und weiblichen Normmenschen festklammert und
jegliche Abweichung von der konfektionierten Norm als pathologisch
diskreditiert.

100% Zustimmung

Gruß
Peter


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