Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Bezeichnend ist....

Maesi, Sunday, 10.03.2002, 13:24 (vor 8674 Tagen) @ Beatrix

Als Antwort auf: Re: Bezeichnend ist.... von Beatrix am 27. Februar 2002 14:31:24:

Hallo Beatrix

Was ist ein 'neuer Mann'?

Einer , der Beruf und Familie besser vereinbart und eine
partnersschaftliche Beziehung führt.

Danke fuer die Erklaerung; demzufolge bin ich kein neuer Mann.

Du vergißt aber, daß hier ein Forum ist, indem es ausdrücklich um Fragen
der Gleichberechtigung gehen soll. So gesehen müßte das Berliner
Manifest absolut ontopic sein.

Das Berliner Manifest ist hier ontopic; ich habe nie etwas anderes behauptet. Aber auch die Manifestanten muessen zur Kenntnis nehmen, dass es eine Meinungsvielfalt bezueglich Rollenmodelle gibt.

Daß es ausgerechnet HIER niemanden vom Hocker reißt, finde ich sehr
verdächtig. Da frage ich mich, wie ernst ich die übrigen Beiträge nehmen
soll.

Das Berliner Manifest ist ziemlich vaeterlastig. Vielleicht gibt es hier im Forum nicht so viele Vaeter? Vielleicht sind die meisten Poster mit dem Inhalt vollauf einverstanden, sodass sie ihn gar nicht mehr kommentieren wollten?

Chancengleichheit muß aber erst mal geschaffen werden. Solange keine
freie Wahl da ist, herrscht Ungleichheit und Ungerechtigkeit.

Chancengleichheit ist natuerlich eine Frage der Interpretation. Fuer mich ist Chancengleichheit gegeben, wenn es keine diskriminierenden Regelungen mehr gibt. Insofern ist die Chancengleichheit formal erreicht.
In der Praxis wird es aber immer Diskriminierungen geben, ansonsten braeuchten wir ja gar keine Gesetze dagegen. Aber aufgrund der Gesetze kann eine allfaellige Diskriminierung eingeklagt werden. Du wirst jetzt sagen, dass viele die diskriminiert werden den Aufwand fuer eine solche Klage scheuen. Dabei handelt es sich dann eben um ein Abwaegen zwischen Aufwand und Ertrag.
Desweiteren wirst Du immer wieder Entscheidungen treffen muessen zwischen zwei oder mehreren Wegen. Du wirst aber haeufig nicht mehrere Wege gleichzeitig beschreiten koennen. Konkretes Beispiel: Du kannst eine gute/r Mutter/Vater sein, wenn Du gleichzeitig eine berufliche Karriere machen willst, wirst im Privatleben bereits Abstriche machen muessen; wenn Du zusaetzlich noch einen Freundeskreis pflegen willst, Dich ehrenamtlich im Sozialbereich betaetigst und vielleicht noch ein politisches Mandat anstrebst, wirst Du das alles sehr schnell nicht mehr unter einen Hut bringen. Dadurch dass Du Dich auf bestimmte Gebiete konzentrierst, verminderst Du Deine Chancen in anderen Gebieten ebenfalls noch erfolgreich zu sein, empfindlich. Da kann Dir der Staat dann aber auch nicht mehr helfen.

Andererseits habe ich Probleme mit der Tendenz, dass der Staat immer staerker in die familialen Strukturen regelnd eingreifen will.

Das will er nicht. Es gibt sicher kaum ein Land, in dem so wenig
familienfreundliche Rahmenbedingungen staatlicherseits geschaffen wurden
wie gerade Deutschland.

Du vergleichst Deutschland wahrscheinlich mit den Industrielaendern; schon wenn Du die Schwellenlaender miteinbeziehst, wird das nicht mehr stimmen, ganz zu schweigen von den Entwicklungslaendern. So gesehen ist Deine absolut gehaltene Behauptung unzutreffend.

Und wahrscheinlich erst recht kein Land, in dem
das Mißtrauen gegenüber der Obrigkeit so groß ist wie bei uns.

Diese Behauptung lese ich zum ersten Mal. Ich habe schon oft gelesen, in Deutschland seien die Menschen besonders obrigkeitsglaeubig. Was nun zutrifft, weiss ich leider auch nicht. Wahrscheinlich weder das eine noch das andere.

Die Unterzeichner fordern Veränderungen. Veränderungen von
Bedingungen, die es ja bereits gibt, nicht von Verhältnissen, die ganz
neu und zusätzlich geschaffen werde müßten.

Das Fordern von Veraenderungen ist auch der Manifestanten gutes Recht. Trotzdem muss nicht jeder mit der Art und Weise, wie die Veraenderungen durchzufuehren sind, einverstanden sein.

Wenn ich nicht provoziert hätte, hätte ich gar keine Reaktionen
bekommen. Jetzt treffen ja inzwischen welche ein.

Aber offensichtlich nicht alle nach Deinem Geschmack.

Wie sich die Familie in der Praxis organisiert, geht den Staat nur in
soweit was an, als die Familie, wenn sie in Not gerät, Hilfe braucht.
Dann wird nämlich in der Regel laut genug nach Vater Staat geschrieen.
Und in Not geraten Familien immer öfter.

Na klar geraten sie immer oefter in Not, besonders oft bekanntlich die geschiedenen Familien. Wo vorher ein Haushalt finanziert werden musste, sind es jetzt zwei Haushalte (von allfaelligen Anwalts- und Gerichtskosten bei Unterhalts- und Sorgerechtsstreitigkeiten ganz zu schweigen); obendrein rutscht der (meistens maennliche) Unterhaltszahler in Deutschland noch in eine schlechtere Steuerklasse. Diese Not ist eben oft ein Resultat der Scheidungen; und besonders oft der strittigen Scheidungen.

Pseudoliberale Ansichten wie Deine sind mit dafür verantwortlich, daß es
in Deutschland überhaupt keine richtige Familienpolitik gibt. Überall
sonst gibt es aber eine. Jedenfalls überall dort, wo grundsätzlich eine
Vielfalt an Lebensformen auf Akzeptanz stößt.

Als in der Schweiz wohnhafter Schweizer werde ich wohl kaum Einfluss auf die deutsche Familienpolitik haben. Insofern schlaegst Du hier den Sack und meinst den Esel.
Zu Der Vielfalt an Lebensformen gehoert auch, dass die bisherige Rollenverteilung ebenfalls toleriert wird; die Manifestanten erweckten in mir den Eindruck, dass sie diese Toleranz nicht haben.

Dieser 'Zusammenhang zwischen patriarchalen Strukturen und Gewalt' koennte genausogut aus einem feministischen Manifest entnommen worden sein; ich bin ueberzeugt davon, dass in einer matriarchalen Gesellschaft (was auch immer das ist) ebenfalls ein Zusammenhang zwischen den Strukturen und Gewalt festgestellt wuerde. Gewaltneigung ist Teil des Menschen, das scheinen die Manifestanten nicht begriffen zu haben.

Ach, so einfach ist das? Deshalb ist Töten erlaubt, oder wie? Deshalb
dürfen wir mal eben den Militäretat erhöhen und nette kleine Bömbchen
produzieren, womit sich schön weit weg auf dem Globus andere Leute
beschießen können, statt lieber Lebensmittel für alle zu erzeugen und
direkt zu vermarkten?

Also, was Du alles in mein Posting hineinliest, ist wirklich interessant. Ich habe weder eine Erhoehung des Militaeretats noch eine 'Bomben-statt-Lebensmittel'-Politik gefordert. Lies bitte einfach die Postings etwas genauer durch, bevor Du antwortest.
Ich bleibe bei meiner Behauptung, dass in einer matriarchalen Gesellschaft (was auch immer das ist) ebenfalls eine strukturell bedingte Gewalt vorkommen wuerde. Die Gewalt kommt nicht davon, dass wir Maenner oder Frauen sind sondern davon, dass diese Gewaltneigung Teil der menschlichen Natur ist. Und wo Gesellschaftsstrukturen aufgebaut werden, wird es immer auch strukturell bedingte Gewalt geben. Andererseits scheinen wir ohne gesellschaftliche Strukturen nicht leben zu koennen.

Du hast das mit den "patriarchalischen " Strukturen wohl gleich in den
falschen Hals gekriegt. Für mich bedeutet das v.a., daß nach wie vor
Millionen von Männern zum Töten abgerichtet werden und mal eben - wenn
es den Mächtigen gefällt - als Kanonenfutter und Waffenkonsumenten
verheizt werden dürfen. Und daß sie das alles auch noch richtig und
unvermeidlich finden.

Mit dem Begriff 'Patriarchat' bzw. 'patriarchalisch' wird viel zu oft Schindluder getrieben. Das Wort heisst nichts anderes als 'vaeterliche Ordnung'. Da Du Dich ja selbst fuer Vaeteranliegen engagierst, wirst Du wohl selbst schon festgestellt haben, dass dies in unserer Gesellschaft ein sinnentleerter Begriff ist; Vaeter haben in unserer Gesellschaft (zumindest in dieser Eigenschaft) nur wenig Einfluss; schon gar nicht setzen sie irgendeine Ordnung allein fest.
Gerade dem modernen Feminismus ist es gelungen, diesen Begriff umzudeuten und auf jegliche bestehende Herrschaftsstruktur anzuwenden, selbst wenn Vaeter dort kaum eine Bedeutung haben; nicht selten behaupten feministische Theoretikerinnen, dass eine matriarchalische Gesellschaft keine Hierarchie kenne und gewaltlos sei. Dass sich die Manifestanten keine eigenen Gedanken gemacht haben und sich so bereitwillig der feministischen (Um-)Deutung des Begriffs unterwerfen, gibt mir wirklich zu denken.
Im uebrigen sind nicht nur Krieg und ungerechte Politik Produkte der diversen (im feministischen Sinne) patriarchalen Herrschaftsstrukturen sondern auch die Menschenrechte, Hilfsorganisationen und Demokratien. Da ein Matriarchat nicht existiert (und in der feministisch, mystifizierten Form wohl nie existiert hat) bewegen sich die Spekulationen, wie gerecht und gut diese matriarchalen, nicht-hierarchischen Strukturen waeren im luftleeren Raum; es fehlt jeglicher Bezug zur Realitaet.
Zu guter Letzt: ueberall wo Frauen Macht erlangten, wurden sie in aehnlichem Masse korrumpiert wie die Maenner. In Kriegen kaempfen zwar ueberwiegend Maenner, aber die Drahtzieher dahinter sind Herrschende. Frauen in herrschenden Positionen waren und sind ebensooft in Kriege und Konflikte verwickelt wie Maenner. Sie ueben dann die Macht ebenso wie Maenner manchmal weise, manchmal skrupellos, manchmal gedankenlos aus.

Auch Du scheinst Dich vom Vorurteil, dass Gewalt direkt etwas mit dem Geschlecht zu tun hat, nicht loesen zu koennen.

Also bitte, wer kämpft denn im Kriege? Wer macht denn Politik?

Meines Wissens befindet sich Deutschland nicht im Krieg. Ebensowenig die Schweiz. Deshalb verstehe ich Deinen Hinweis nicht, es sei denn Du willst hier wieder mal die sattsam bekannte Kollektivschuldigerklaerung des Mannes an saemtlichen Kriegen breitwalzen; schuldig aufgrund des Geschlechts. Eben genau das ist das Vorurteil, welches ich im obigen Abschnitt gemeint habe, dem Du offenbar anhaengst.
Politik machen in erster Linie Politiker. Diese werden mehr oder weniger demokratisch gewaehlt. Welche Abgeordnete im Parlament sitzen, dafuer sind die waehlenden Buerger verantwortlich (und manchmal auch fuer die Regierung); unter den Waehlern befinden sich normalerweise auch Frauen.

Na fein. Es ändert aber nichts an der Tatsache, daß Männer im Krieg in
Kriegen zu mind. 80 - 90% Täter und zu mind. 50% Opfer sind.

Das habe ich ja nicht bestritten. Mit dem Geschlechterkonflikt haben Kriege jedoch in der Regel nichts zu tun. Laengst nicht alle Maenner sind auch Soldaten. Deshalb darf der Begriff 'Soldaten' nicht einfach durch den eine andere Gruppe bezeichnenden Begriff 'Maenner' ersetzt werden, selbst wenn der Gruppe 'Soldaten' groesstenteils Maenner angehoeren.

4 065 200 Soldaten! Wieviele Frauen mögen dabei sein? 2%? 5%?
In jenen Staaten, in denen (noch) Wehrpflicht besteht, gilt diese nur fuer Maenner; es handelt sich hier somit um eine Form von Maennerdiskriminierung.

Ja. Das sag ich doch die ganze Zeit!

Dann sag es doch einfach direkt und schnoerkellos: Wehrpflicht nur fuer Maenner ist maennerdiskriminierend. Ist doch gar nicht so schwer.

Tja, und ich sehe den Bedarf in ganz anderer Weise. Jeder Soldat ist ein
Soldat zu viel. Weltweit, überall.

Dies waere ein abendfuellendes Thema, welches mit der Gleichberechtigung der Geschlechter hoechstens insofern etwas zu tun hat, als dass in etlichen Laendern eine diskriminierende Nur-Maenner-Wehrpflicht besteht oder aber in Laendern mit Freiwilligen-Armeen Frauen und Maenner nicht dieselben militaerischen Karrierechancen haben.

Die meisten Kreige werden aus wirtschaftlichen Motiven heraus geführt
und bringen gewissen Leuten reichlich Profit.
Dafür unschuldige Kinder, Tiere und Pflanzen zu opfern ist sinnlos.

Die wirtschaftlichen Motive zum Kriegfuehren sind aber keine Frage der Gleichberechtigung der Geschlechter und somit hier OT.

Nicht ganz unabhängig. Lies Dir z.b. mal die Berichte von Greenpeace
durch. Achte mal darauf, welches Geschlecht die Menschen haben, die z.B.
aus reiner Profitgier ohne jeden Skrupel Urwaldriesen abholzen,
Monokulturen anlegen, Minen ausbeuten, Kinder prostituieren,
Kindersoldaten ausbilden, etc. pp. glaub mir, der Männeranteil liegt da
weit über 50 %.

Naja, bezueglich Abholzen von Urwaeldern und Anlegen von Monokulturen erscheinen mir die Frauen staerker schuldig. Sie sind es, die durch ihr Einkaufsverhalten steuern koennen, ob Produkte, die aus Plantagen und Pflanzungen von abgeholzten Urwaeldern bzw. aus Monokulturen stammen, eine Chance auf dem Markt haben. Gaebe es keine Nachfrage, muesste diese auch nicht durch ein Angebot befriedigt werden.
Was ich damit sagen will, indirekt profitieren wir alle von der Umweltzerstoerung. Und dies ganz unabhaengig davon, welchem Geschlecht wir angehoeren. Eine scharfe Trennung in schuldig/unschuldig bezogen auf das Geschlecht ist sinnlos.

Deutsche machen sich an dem Elend auf der Welt mitschuldig. Das Berliner
Manifest ist von Männern geschrieben, also können auch nur die Männer
von sich sprechen. Sollte es je ein Frauenmanifest geben, erwarte ich
eine gleichermaßen pazifistische und gewaltächtende Grundhaltung.

Der Zusammenhang mit der Gleichberechtigung entgeht mir. Weshalb braucht es geschlechterspezifische pazifistische Manifeste? *verwirrt am Kopf kratz*
Koennte eine Maennerbewegung, die sich nicht auf pazifistische Grundsaetze festlegen wollte, nicht im Sinne von Maennern sprechen?

Deine Erklärungen zum Jugoslawien- und Kuwaitkrieg sind IMHO typische
Rationalisierungen der Notwendigkeit von militär. Eingriffen. Es ist
aber Fakt, daß Gewalt Gegengewalt hervorruft und daß erwiderte Gewalt
eine sog. Gewaltspirale erzeugt. Die Zustände im Nahen Osten sind das
beste Beispiel.

Nichtsdestotrotz haben die Feindhandlungen aufgehoert. Im uebrigen griff die NATO auf dem Balkan nur im Kosovo-Konflikt militaerisch ein. Der von den USA aufgezwungene Waffenstillstand im Bosnienkrieg kam auf diplomatischem Weg zustande. Die pazifistische Bewegung hatte keinen erkennbaren Anteil an der Beendigung der Kriegshandlungen.
Im uebrigen hat die Gewaltspirale schon lange vor physischen Gewalthandlungen der Militaers und Paramilitaers zu drehen begonnen; die kriegerischen Auseinandersetzungen waren eine Fortsetzung des vorher stattfindenden Propagandakriegs.

Darum ging es auch nicht. Aber wenn ich nur lese, wie betont cool Du
hier über das Thema Krieg schreibst, scheint es sehr wohl was mit dem
Geschlecht zu tun zu haben. Ich kann mir keine Frau vorstellen, die bei
der Lektüre solcher Themen nicht empört aufschreit.
Mich läßt das Unrecht auf der Welt und der Anteil der westlichen Welt
daran nicht kalt.

Ich habe nicht cool sondern sachlich ueber mehrere Konflikte geschrieben. Ob ich sachlich schreibe, weil ich ein Mann bin, weiss ich nicht; es entspricht einfach meinem Naturell. Und ob ich empoert aufschreie oder nicht, damit aendere ich die Sachlage auf dem Balkan oder anderswo um kein Jota.
Schoen fuer Dich, dass Du das Recht und Unrecht auf der Welt so messerscharf trennen kannst. Ich kann es in den seltensten Faellen. Diese Kriege sind meistens hochgeschaukelte Konflikte, die weder einen eindeutig Unschuldigen noch einen eindeutig Schuldigen identifizieren lassen. Deshalb gibt es normalerweise auch keine einfache Loesung des Konflikts bzw. Krieges. Und egal, wie eingegriffen wird (oder eben auch nicht); es werden immer auch (weitgehend) Unschuldige leiden.

Im uebrigen habe ich ein Problem damit, wenn verschiedene Dinge, die miteinander nichts zu tun haben gegeneinander ausgespielt werden (Hoch-, Tief- und Strassenbau kontra Gewaltpraevention).

Warum? Es geht um eine Umverteilung von Geldern. Gelder sollten nach
Vernunftgründen verteilt werden.

Das Problem ist, dass diese Gelder nicht einfach aus dem Nichts entstehen, sie muessen erst einmal mittels Steuern und Abgaben eingenommen werden. Steuern und Abgaben wiederum richten sich nach den Einkommen, nach Mehrwerten u.a. Die Steuererhebungen sind somit direkt abhaengig von wirtschaftlichen Taetigkeiten. Wenn kein erarbeitetes Geld da ist, kann man auch nichts (um)verteilen. Es sei denn, man macht Schulden; das kann jedoch nicht lange durchgehalten werden. Staatsschulden sind letztendlich Hypotheken, die unsere Nachkommen zurueckzahlen muessen; und zwar mit Zinsen und Zinseszinsen. Stetig zunehmende Staatsschulden koennte man als besonders perfide Gewaltform ansehen, die wir unseren Nachkommen antun.
Was sind vernuenftige Gruende um Gelder umzuverteilen? Was Du als vernuenftig ansiehst, mag ein anderer als unvernuenftig oder gar schaedlich ansehen. In der Praxis entscheiden normalerweise Politiker darueber, wie in den Budgets Gelder verteilt werden. Sie sind natuerlich ebensowenig unfehlbar darin, die Gelder nach Vernunftgruenden zu verteilen wie Hinz oder Kunz. Im uebrigen ist normalerweise ein wesentlich groesserer (mehr oder weniger) vernunftbasierter Mittelbedarf vorhanden als Gelder zu verteilen sind. So muessen eben Prioritaeten gesetzt werden; irgendjemand fuehlt sich dann immer benachteiligt, wenn er nicht oder nur teilweise finanziell befriedigt wird.

Auch wenn Du das jetzt nicht gerne hoerst; der Bau von Gebaeuden und Strassen bedeutet Arbeitsplaetze, und gesicherte Arbeitsplaetze tragen existentiell zum sozialen Frieden in unserer Gesellschaft bei; IMHO ist das die beste Gewaltpraevention.

Das ist IMHO ein Trugschluß. Es kommt sehr darauf an, was für
Arbeitsplätze geschaffen werden. Arbeit ist nicht gleich Arbeit. Wichtig
ist, daß sinnvolle Arbeitsplätze geschaffen werden. Nicht nur
irgendwelche. Oder welche, die nur Schaden anrichten.

Die Frage ist, was sind sinnvolle Arbeitsplaetze. Selbst wenn diese Definition gelaenge, waeren wohl viele 'sinnvolle' Arbeitsplaetze wiederum von 'nicht sinnvollen' Arbeitsplaetzen direkt oder indirekt abhaengig. IMHO versuchst Du hier eine Trennung zu schaffen, wo keine eindeutige Trennung moeglich ist. Tatsache ist, dass der Mensch durch seine wirtschaftliche Taetigkeit insgesamt, die Natur schaedigt. Natuerlich kann durch geeignete Massnahmen, der schaedigende Einfluss unserer Wirtschaftstaetigkeit auf die Natur und die Schoepfung verringert werden. Nur hat das eben seinen Preis; und der Konsument muss bereit sein, den Preis dafuer zu zahlen. Eine kuenstlich erzeugte Mangelwirtschaft in bestimmten politisch nicht opportunen Wirtschaftsbereichen laesst sich ohne breit abgestuetzte Akzeptanz in der Bevoelkerung nicht lange halten.

Ich bin offenbar nicht so begeisterungsfaehig wie Du.

Nicht nur Du. Deshalb fällt mir auf, daß die Männer hier zehnmal lieber
meckern über das, was noch nicht erreicht wurde als sich mal über
Initiativen zu freuen, die in die richtige Richtung gehen.

Das scheint in der Natur des Menschen zu liegen. Im Manifest wird gewissermassen ebenfalls 'gemeckert', und zwar gegen die als unhaltbar empfundenen Zustaende. Und auch Du hast ja 'gemeckert', weil Du nicht genuegend Aufmerksamkeit fuer Dein Posting bekommen zu haben glaubtest.

Die Regierung hat in den letzten Jahren eine Menge unternommen zur Förderung familienfreundlicher Strukturen in der Arbeitswelt, sowohl in kleinen und mittelständischen Betrieben als auch in großen Konzernen.

Es scheint nicht besonders viel bewirkt zu haben. Die Familie ist unpopulaerer den je.

Nein. das stimmt nicht. Es gibt Untersuchungen, denen zufolge gerade bei
den jüngeren Deutschen die Familie wieder einen viel höheren Stellenwert
auf der Werteskala hat als in früheren Jahrzehnten. Es ist also eher
umgekehrt.

Tatsache ist, dass die Geburtenrate konstant tief ist und bleibt. Auch die Zahl der Eheschliessungen zeigt trendmaessig nach unten. Solche Zahlen sind fuer mich wesentlich aussagekraeftiger als Umfragen, in denen einfach allgemein nach solchen Werten gefragt werden. Was man sagt und wie man handelt scheinen haeufig zwei paar Schuhe zu sein.

Vielleicht haengt das damit zusammen, dass immer mehr Menschen keine Kinder mehr wollen,

selbst wenn Beruf und Kindererziehung besser miteinander vereinbar gemacht werden.
Das ist Deine Spekulation. Ich halte das Umgekehrte für wahrscheinlich,
weil der Vergleich mit den Ländern, in denen die Bedingungen stimmen, ja
dafür spricht: in diesen Ländern ist die Geburtenrate höher. z.B. in
Frankreich.

Auch in Frankreich ist die Geburtenrate allein nicht ausreichend um den jetzigen Bevoelkerungsstand langfristig zu halten. Der Trend ist in ganz Europa gleich, wenn es auch gewisse marginale Unterschiede zwischen verschiedenen Laendern gibt. Worauf diese Unterschiede zurueckzufuehren sind, wurde IMHO nie untersucht.

Mir scheint, die Menschen wollen sich eben kaum mehr langfristig binden. Und Kinder bedeuten eine langfristige Bindung.

du hast da wirklich eine extrem pessimsitische Einstellung. Wenn sich
Menschen tatsächlich nicht binden wollen, dann spielt auch Bindungsangst
aufgrund eigener traumat. Erlebnisse wie z.B. ein Scheidungstrauma eine
Rolle. Wir brauchen also ein besseres Klima mit mehr Vertrauen.

Natuerlich spielt die Bindungsangst aufgrund traumatischer Erlebnisse ebenfalls eine Rolle; das hat die Untersuchung von Napp-Peters auch bestaetigt. Wobei einige Scheidungskinder jedoch eine eher gegenteilige Einstellung bei ihrer spaeteren Bindung haben; sie wollen eine Scheidung moeglichst vermeiden und achten sehr auf ein gesundes Familienleben. Diese waren jedoch eindeutig in der Minderheit.
Aber alles kann man nicht darauf zurueckfuehren. Kinder schraenken auch unsere Freiheit ein. Mir scheint, dass viele das nicht wollen.
Tja, natuerlich brauchen wir mehr Vertrauen. Nur: Vertrauen schaffen ist nicht leicht. Mir scheint, dass das Vertrauen zwischen den Menschen fehlt; und nur sie selber koennen es wiederherstellen. Oeffentliche Institutionen koennen die Vertrauensbildung allenfalls unterstuetzen aber nicht per Dekret verordnen.

Nicht wenige schieben die Familiengruendung zeitlich immer weiter hinaus, bis bestimmte berufliche Ziele erreicht sind. Bis sie feststellen, dass es fuer eine Familie inzwischen zu spaet ist oder sie das Interesse daran verloren haben.

wie kannst du das nur so ruhig daherschreiben? Klingt, als hättest du
Dir vorher eine Schlafpille eingeschoben.;-)


Das ist nicht auf meinem Mist gewachsen, das habe ich irgendwo mal gelesen. Der Schluss erscheint durchaus plausibel, da das Alter der Muetter und Vaeter sukzessive steigt, wenn sie ihr erstes Kind bekommen. Und gerade Ehen die erst mit 30 oder 40 Jahren eingegangen werden, bleiben oefter kinderlos.

Gleichstellungspolitik ist paritätisch zu organisieren.

Genau. Und zwar 50 :50.
Nur so entspricht es der Bevölkerungsstruktur.

Dies waere vergleichsweise einfach zu realisieren.

Ja. Warum passiert es dann nicht? Warum wird stattdessen über jede
einzelene Frau geschimpft, die es wagt, in die Politik vorzudringen?

Wahrscheinlich weil Gleichstellungspolitik noch fest in Frauenhand ist; wenn deren Politik kritisiert wird, faellt die Kritik natuerlich teilweise auch auf die betroffenen Politikerinnen zurueck. Im uebrigen habe ich wenig Mitleid mit Politikern. Es gehoert zu ihrem Beruf kritisiert zu werden. Da macht das Geschlecht kaum einen Unterschied. Und solange die Kritik sachlich bleibt, kann ihr auch sachlich begegnet werden. Immer mehr Leute scheinen jedoch (nicht nur) politische Auseinandersetzungen als Happening zu betrachten, bei dem moeglichst viele Fetzen fliegen sollen. Die angeblich verstaubte Sachpolitik mit ihrem Mangel an Gefuehlsausbruechen wird verachtet; Emotionen sind gefragt.

Vielleicht ist aber auch einfach das Rollenmodell 'Single' inzwischen sehr populaer

geworden.
Na wenn du meinst. Sterben wir halt alle ein wenig früher aus. ;-)

Dazu wird es wohl nicht kommen. Noch gibt es Staaten mit einem erheblichen Geburtenueberschuss.

Der "Lohn" besteht in > > > einer von Akzeptanz und Liebe genährten emotionalen Lebensqualität,...

Fuer viele scheint das offenbar nicht (mehr) genuegend 'Lohn' zu sein.

Ja, um Himmels willen, was ist denn dann ersterbenswert? Kannst Du mir
etwa irgendwas Besseres nennen?

Naja, wenn ich mir so die Medien angucke, dann scheinen Karriere, Selbstverwirklichung, materieller Wohlstand usw. wichtig zu sein.

Eine beglueckende Vorstellung. Irgendwann hat man dann den bisherigen Partner satt und sucht sich einen neuen...

*schauder* Wie Du von meinem netten kleinen Bild auf diese perfide Idee
kommst, ist mir ein Rätsel.

Wahrscheinlich weil das (zu) haeufig vorkommt.

Die zwischenmenschlichen Beziehungen stehen in einer freien Gesellschaft jederzeit zur Disposition; sie sind deshalb eine sehr unsichere Angelegenheit. In einer materialistischen Gesellschaft ist Geld das Mass aller Dinge.

Okay. Du hast die Wurzel des Übels genannt. Ersetze überall das Wort
Patriarchat durch "Materialismus".

Ja, dann sollen sie es aber auch so sagen (wobei auch der Materialismus nicht die Wurzel allen Uebels ist). Wenn immer ich irgendwo wieder mal lese, dass das Patriarchat als Suendenbock hingestellt wird, kann ich nur noch muede mit dem Kopf schuetteln. Fast immer war der Vertreter solche Patriarchatsthesen einfach zu faul, um sich etwas intensiver mit der Kulturgeschichte zu befassen. Aber es ist ja so bequem, diese Allerweltsargumente nachzuplappern.
Mit der These 'in einer materialistischen Gesellschaft ist Geld das Mass aller Dinge' wollte ich lediglich sagen, dass eine solche Gesellschaft bestrebt ist, alles in Franken und Rappen oder von mir aus in Lewonzen und Zumseln zu beziffern. Folgende Aussagen sind fuer eine solche Gesellschaft typisch: 'Das Rauchen verursacht in der Schweiz pro Jahr Kosten von XY Mio. Franken'. Natuerlich gibt es haeufig auch immaterielle Schaeden, die aber trotzdem in Waehrungseinheiten zu schaetzen versucht werden. Oftmals wird beim Leser dadurch der (truegerische) Eindruck von Kostenwahrheit erweckt, obwohl die geschaetzten Kosten erheblich von bestimmten Gedankenmodellen abhaengen.
Das Bestreben, die ganze Welt (bzw. die ganze Ungerechtigkeit auf dieser Welt) aus einer einzigen Perspektive erklaeren zu wollen, ist fuer mich ein typisches Zeichen von totalitaerem Sektendenken. Deshalb kann ich weder dem Materialismus, noch irgendwelchen politischen Entscheidungstraegern, noch den herrschenden (angeblich patriarchalen) Machtstrukturen, noch bestimmten Ideologien, noch den einzelnen betroffenen Menschen die Schuld jeweils alleine zuschieben. Immer muessen zuerst moeglichst viele Einflussfaktoren erfasst und gewichtet werden, bevor man zu einer gut abgesicherten These gelangen kann. Die Manifestanten haben es sich IMHO einfach zu leicht gemacht, als sie das Schlagwort des Patriarchats ins Spiel brachten.

Du selbst hast beispielsweise mehr Geld gefordert fuer Sozialarbeiter, Opferschutz, usw.

Nein, habe ich nicht. Ich habe eine Umverteilung des vorhandenen Geldes
gefordert!

Ich kann Deiner Argumentation nicht folgen. Wenn Du eine Umverteilung vorhandenen Geldes forderst, heisst das nichts anderes als: jemand gibt Geld ab und jemand anderes bekommt (mehr) Geld; ansonsten waere es ja keine Umverteilung.
Ich zitiere jetzt einmal aus Deinem Posting index.php?id=8670 vom 23.2.2002:
'Klar, dafür kann man dann ja schlechtbezahlte SozialarbeiterInnen in finanziell um die Existenz ringenden Sozialeinrichtungen einsetzen. Wofür im Sozialsektor kein Geld da ist, nämlich für Aufklärung und Prävention, das findet sich dann wieder im Hoch- und Tiefbau und im Straßenbau etc. Der Transrapid läßt grüßen. ;-)'
Der obige Abschnitt erweckt in mir den Eindruck, dass Du der Meinung bist, dass die Sozialeinrichtungen mehr Geld erhalten sollten, z.B. zulasten des Hoch-, Tief- und Strassenbaus.

Dieser ganzen Professionalisierung der Hilfe an Opfern, Taetern, Hilfsbeduerftigen u.a. sehe ich mit einer gewissen Skepsis entgegen.

Aber nicht rückgängig zu machen. Wenn in einem Krankenhaus plötzlich
zehnmal so viel Kranke eingeliefert werden, nützt es auch nichts, über
diese ungesunde Entwicklung zu lamentieren. Denn ist medizin. Versorgung
angesagt.

Dabei stellt sich die Frage, wieviele 'Kranke' durch diese professionellen Helfer mitverursacht werden. Sie haben ein ureigenes Interesse daran, moeglichst viele zu therapierende Menschen vorzufinden; nur so koennen sie die eigene Wichtigkeit belegen.
Ausserdem ist professionelle Hilfe nicht zwangslaeufig besser. Einige gute Bekannte, die die Vereinsamung von Menschen verhindern, koennten so manchen teuren Arzt, der psychosomatische Erkrankungen mittels Medikamenten behandelt, ersparen. Hier resigniert immer mehr Aerzte als Heilmittel zu fordern, geht einfach am Kern des Problems vorbei.

Wir haben millerweile fast den nationalen Notstand. Die Menschen
brauchen Hilfe!

Nicht schon wieder: Panikmache! Worin besteht denn der (beinahe) nationale Notstand? Hatten wir ihn frueher schon und haben bloss nichts gemerkt? Sorry, hier bist Du mir einige Erklaerungen schuldig.

[Geschlechterdemokratie]

wo genau sind Deine Probleme dabei?

Siehe dazu auch goprojekts Posting, dem ich vollkommen zustimme.
Demokratie heisst uebersetzt: Herrschaft des Volkes. Was heisst in diesem Zusammenhang 'Geschlechterdemokratie' ueberhaupt? So gesehen, muesste man von einer geschlechterbezogenen Herrschaft des Volkes reden; ein ziemlich schwammiger Begriff. IMHO ist der Begriff 'Geschlechtergleichstellung' wesentlich besser, denn demokratische Rechte (und natuerlich auch Pflichten) beziehen sich immer auf alle muendigen Buerger; ansonsten wuerde es sich ja eben nicht um demokratische Rechte sondern um Sonderrechte fuer bestimmte Gruppen oder Einzelpersonen handeln. Die kleinste Einheit in einer Demokratie ist aber immer der einzelne Mensch. Er kann eine Stimme (z.B. fuer eine Wahl oder Abstimmung) abgeben. Es waere unsinnig, hier noch zusaetzlich diversen Gruppen (z.B. bezogen auf Geschlecht) ebenfalls dieselben demokratischen Rechte zuzubilligen, die die einzelnen Mitglieder jeder Gruppe schon innehaben und wahrnehmen koennen.

Gruss

Maesi


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