Re: Antwort des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Als Antwort auf: Re: Antwort des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend von Beatrix am 12. Oktober 2002 01:41:40:
Hallo Beatrix
[...]
Die Benachteiligung liegt aber in der fehlenden Entscheidungsfreiheit und der fehlenden Chancengleichheit. Eine Frau kann heutzutage eben nicht Chirurgin werden und gleichzeitig eine Familie haben. Entweder oder. Aber nicht sowohl als auch.
Natuerlich kann eine Frau das auch; weshalb sollte eine Frau heutzutage nicht Chrirurgin werden und gleichzeitig eine Familie haben koennen? Die Frage ist dann jedoch: wieviel hat sie als Chirurgin von ihrer Familie? Wahrscheinlich hat sie dasselbe Problem, wie viele Maenner auch, die Karriere gemacht haben: das Familienleben kommt zu kurz.
Die Männer können durchaus eine Führungsposition innehaben und gleichzeitig Frau und Kinder haben. Nur haben sie dann weniger von der Familie, sehen sie vielleicht nur am Abend und in den Ferien etwas intensiver, während Frau und Kinder ansonsten ein eigenes Leben leben.
Eben. Auch ein Mann muss sich ein Stueck weit zwischen Familie und Karriere entscheiden. Somit sehe ich hier kaum einen Chancenvorteil fuer Maenner.
Einer Frau würde diese Konstellation wahrscheinlich nicht reichen. Frauen setzen andere Prioritäten. Sie wollen sowohl interessante und verantwortungsvolle und schöpferische Berufe ausfüllen können als auch die Entwicklung ihrer Kinder mitverfolgen, eine erfüllende Partnerschaft haben und Zeit für sich haben. Eben von allem ein bißchen. Wir sind da wahrscheinlich etwas anspruchsvoller als die Männer.
Ah, jetzt kommen wir auf den Kern der Sache. Nach Deiner Aussage wollen Frauen gar nicht dasselbe wie Maenner. Sie wollen Karriere machen UND ein erfuelltes Familienleben haben. Waehrend die weniger 'anspruchsvollen' Maenner sich offenbar tendenziell eher mit einer Karriere zulasten des Familienlebens begnuegen. Fragt sich bloss, wie der Staat das mittels Gesetzen garantieren soll.
Und obwohl es durchaus machbar wäre, all diese Wünsche zu realisieren - durch partnerschaftliche Teilung der Aufgaben, durch familiengerechte Teilzeitarbeit, durch zusätzliche qualifizierte Kinderbetreuung während der Berufstätigkeit der Eltern - wird all dies bisher eher hintertrieben als gefördert.
Ich weiss nicht genau, was Du fuer Vorstellungen hast ueber Karrierejobs. Aber Fuehrungsfunktionen in Teilzeitarbeit sind aeusserst selten. Ich kenne keinen einzigen Chef, der in Teilzeit angestellt ist. Aber alle Chefs, die ich kenne, nehmen bisweilen (oder auch oefters) mal uebers Wochenende zusaetzliche Arbeit zur Erledigung nach Hause, was dann aber wieder zulasten des Familienlebens geht. Dort wo ich arbeite, wird von Kaderpersonen verlangt, dass sie eine bestimmte Anzahl von Stunden pro Jahr zusaetzlich leisten muessen, ohne dass eine entsprechende Abgeltung (z.B. als Ueberstunden) erfolgt. Das ist die Realitaet, liebe Beatrix.
Man will den Frauen nicht zugestehen, daß sie die Lebensprioritäten anders setzen. Und den Männern, die bereits "aufgewacht" sind und die nun ihre Prioritäten ebenfalls anders setzen möchten, fällt man ebenfalls gesellschaftlich in den Rücken. Alles soll sich an altertümlichen und schädlichen Lebensmodellen - besonders an der traditionellen Arbeitsteilung mit einmal ununterbrochener Erwerbsbiographie plus einmal Vollzeithausfrau - orientieren, egal ob das Sinn macht oder nicht.
Niemand hindert irgendwen daran, die Lebensprioritaeten anders zu setzen. Du moechtest jedoch den Fuenfer und das Weggli (wie wir in der Schweiz zu sagen pflegen). Du moechtest eine Karriere und ein starkes Engagement in der Familie gleichzeitig. Oftmals besteht aber gerade zwischen diesen beiden Bereichen ein erheblicher Zielkonflikt.
Ich werde hier mal ein Beispiel aufzeigen, wie es in der Praxis vorkommen koennte:
Mueller-eins und Mueller-zwo sind beide Leiter je eines Teams in der Marketingabteilung eines multinationalen Unternehmens mit Hauptsitz in London; beide haben in etwa die gleiche Qualifikation und beiden ist ihre Karriere wichtig.
Der Chef kommt an einem Freitag nachmittag zu Mueller-eins und fragt: 'Mueller-eins, ich muss bis spaetestens naechsten Montag 16.00 Uhr z.Hd. des Controllings den monatlichen Finanzbericht unserer Abteilung zusammenstellen. Leider muss ich morgen nach Wien fliegen, um mit einem potentiellen Kunden zu verhandeln und komme erst am Montag abend zurueck. Koennten bitte Sie den Bericht fuer mich erstellen? Heute abend kann ich Ihnen noch zeigen, wie Sie vorgehen muessen.' Antwort von Mueller-eins: 'Tut mir leid, Chef, aber dieses Wochenende habe ich den Kindern versprochen, in den Zoo zu gehen. Und heute abend muss ich die Kinder vom Hort abholen, weil mein Lebensabschnittspartner mitten in der monatlichen Inventur steckt und keine Zeit dazu hat.' Chef: 'OK, Mueller-eins, dann frage ich eben Mueller-zwo'. Mueller-zwo hat selbstverstaendlich Zeit, den Bericht zu schreiben und er hat auch kein Problem damit, an einem Freitag bis 19.00 Uhr von seinem Chef ueber die Erstellung des Berichts instruiert zu werden.
Der Chef kommt eines Tages zu Mueller-eins und fragt: 'Mueller-eins, in drei Monaten findet in Birmingham ein zweiwoechiges Seminar ueber "Neue Marketingstrategien" statt. Unser Mutterhaus in London hat angeordnet, dass aus jeder Marketingabteilung der zehn Rayons in Europa je zwei Personen daran teilnehmen sollen. Haben Sie Lust mich zu begleiten?' Mueller-eins: 'Tut mir furchtbar leid, Chef. Aber zwei Wochen kann ich unmoeglich von zu Hause wegbleiben'. Chef: 'OK, dann frage ich Mueller-zwo.' Selbstverstaendlich hat Mueller-zwo Zeit fuer dieses Seminar. Er verbessert dadurch seine Qualifikation gegenueber von Mueller-eins und kann obendrein Kontakte zu wichtigen Leuten des Londoner Mutterhauses sowie der restlichen europaeischen Rayons knuepfen.
Der Chef kommt zwei Monate nach dem Seminar in Birmingham zu Mueller-zwo und macht ihm folgendes Angebot: 'Mueller-zwo, wie Sie wissen, strebt unser Unternehmen in den USA eine staerkere Marktposition an. Das Marketing fuer die Staaten wird deshalb in Zukunft nicht mehr von London aus geleitet, sondern es wird ein neues Team gebildet, welches von New York aus direkt fuer das Marketing in den USA und Kanada verantwortlich sein wird. Sie sind dem Marketingleiter USA im Seminar in Birmingham positiv aufgefallen, und er haette Sie gerne als Assistenten dabei. Haetten Sie Lust fuer ein halbes Jahr in New York am Aufbau des neuen Marketingteams mitzuwirken?' Natuerlich ist Mueller-zwo bereit fuer diese neue Herausforderung. Nach zwei Jahren harter Arbeit mit nur wenig Freizeit hat er es geschafft: Er ist Marketingleiter fuer die Westkueste, den Mittleren Westen und British Columbia. Mueller-eins wurde gar nicht mehr erst gefragt, denn er waere mit seiner Familie offensichtlich zu unflexibel gewesen, die Aufgabe in den USA zu uebernehmen.
Diese kleine Geschichte soll aufzeigen, dass jemand der nahezu frei ueber seine Zeit verfuegen kann, einen nicht zu unterschaetzenden Chancenvorteil hat gegenueber jemandem, der zeitlich stark gebunden ist. Jemand, der der Karriere hoehere Prioritaet einraeumt als der Familie (ja vielleicht sogar noch Single oder nur lose gebunden ist), wird tendenziell eher Karriere machen koennen, als jemand der stark in der Familie engagiert ist. Flexibilitaet (sowohl zeitliche als auch raeumliche) ist heute ein Muss fuer karrierebewusste Menschen.
Gruss
Maesi
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- Böse Buben, kranke Knaben: 2.Teil LESEN! -
Stefan G.,
09.10.2002, 11:28
- Re: Antwort des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
-
Meckermax,
09.10.2002, 13:37
- Re: Antwort des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend -
Stefan G.,
09.10.2002, 14:29
- Re: Antwort des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend -
Odin,
09.10.2002, 15:53
- Re: Antwort des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend - Stefan G., 09.10.2002, 19:05
- Re: Antwort des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend -
Odin,
09.10.2002, 15:53
- Veröffentlichen von E-Mails -
Jörg ,
09.10.2002, 16:20
- Re: Veröffentlichen von E-Mails - Meckermax, 09.10.2002, 17:12
- Re: Veröffentlichen von E-Mails - Manfred, 10.10.2002, 01:04
- Re: Lachhaft... wie immer... -
XRay,
09.10.2002, 21:59
- Re: Lachhaft... wie immer... - Meckermax, 09.10.2002, 23:41
- Re: Antwort des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend -
Beatrix,
10.10.2002, 03:55
- Re: Antwort des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend -
Meckermax,
10.10.2002, 15:57
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Beatrix,
10.10.2002, 16:34
- Re: Antwort des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend - Meckermax, 10.10.2002, 23:16
- Re: Antwort des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend -
XRay,
11.10.2002, 00:43
- Re: Antwort des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend -
Beatrix,
12.10.2002, 04:41
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Maesi,
13.10.2002, 23:26
- Karrieredenken -
Beatrix,
14.10.2002, 01:32
- Re: Karrieredenken - Maesi, 16.10.2002, 22:43
- Karrieredenken -
Beatrix,
14.10.2002, 01:32
- Re: Antwort des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend - XRay, 15.10.2002, 00:38
- Re: Antwort des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend -
Maesi,
13.10.2002, 23:26
- Re: Antwort des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend -
Beatrix,
12.10.2002, 04:41
- Re: Antwort des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend -
Beatrix,
10.10.2002, 16:34
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Meckermax,
10.10.2002, 15:57
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Stefan G.,
09.10.2002, 14:29
- Re: Böse Buben, kranke Knaben: 2.Teil LESEN! - pit b., 09.10.2002, 17:29
- Re: Antwort des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend