Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Nachtrag...

carlos, Wednesday, 12.06.2002, 23:26 (vor 8581 Tagen) @ Maesi

Als Antwort auf: Re: Nachtrag... von Maesi am 10. Juni 2002 19:56:39:

Servus, Maesi!

„> [snip] Mich interessiert nur, DASS er es getan hat. Deine Denkweise ist ein typisches Produkt der sogenannten „Großen Strafrechtsreform“ aus den 70-er Jahren, die das irrige Denken kolportiert, niemand sei wirklich am selbst begangenen Verbrechen schuld, sondern letzten Endes die „Gesellschaft“: als Selbstläufer ist ein riesiger, überflüssiger und sündhaft teurer Gutachterzirkus entstanden, der gegebenenfalls doziert und gutachtet, aus einem gewöhnlichen Schwerstkriminellen sei halt plötzlich ein bedauernswerter Kranker geworden.<

Zwischen den beiden Extremen (nur der Taeter ist schuld/der Taeter ist krank und kann nichts fuer seine Tat) gibt es viele Zwischenstufen. Das Strafrecht ist so schlecht nicht, auch wenn es gelegentlich zu seltsamen Gerichtsentscheiden kommt. Das Gericht muss letzten Endes jeweils nach den vorliegenden Fakten und Indizien urteilen. Dazu gehoert, dass dem Taeter seine Tat nachgewiesen werden muss. Dazu gehoert auch, dass allenfalls mildernde Umstaende beruecksichtigt werden muessen.“

Das bestreite ich nicht. Das hat auch das Strafrecht vor seiner „Großen Reform“ nicht bestritten.

„> Und auf diesen sogenannten „Fortschritt“ bilde ich mich nur nun wirklich nix ein; ist er doch elementarer Bestandteil und Ursache der ganzen Problemsituation und nicht deren Lösung. Seit damals steht im Strafrecht, quasi in einer Perversion des Gedankens und des Begriffes an sich, nicht mehr die Strafe des Verbrechers im Vordergrund, sondern dessen „Resozialisierung“. „Mittelalter!“ rufst du da? Blödsinn: so lange sind die 70-er Jahre noch nicht her, die Menschheit hat überlebt, und auffälligerweise hat es in früheren Zeiten lang nicht so viel degenerierten Müll gegeben wie heutzutage.<

Auch wenn Du es nicht wahrhaben willst: bei Ersttaetern ist die Rueckfallquote nicht so hoch. Gerade bei diesen hat eine Resozialisierung gute Aussicht auf Erfolg (uebrigens auch bei Sexualstraftaetern). Bei Wiederholungstaetern ist man IMHO manchmal wirklich zu nachsichtig. Ob es in frueheren Zeiten weniger 'degenerierten Muell' gegeben hat, wuerde ich nicht unterschreiben. Trotz der feministischen Hysterie hat die Vergewaltigungsrate in den letzten Jahrzehnten naemlich nicht zugenommen.“

Ob Ersttäter oder Wiederholungstäter: Wo liegt denn für das OPFER der Unterschied? Glaubst Du ernsthaft, es interessiert sich dafür? Auch bei Ersttätern: ich frage mich, WIE NUR kann man in einen dermaßen entmenschten Zustand gelangen, um einem Artgenossen Grausamkeiten vom Schlage einer Vergewaltigung oder sonstigen Gewalttat –wie eben auch Ehefrauen, die ihrem Ehemann das Auge ausschlagen; der Fall war letztens im Fernsehen-- anzutun? Genau dies ist ja auch einer der Punkte des heutigen (Un-)Rechts: Man verwendet Zeit und Geld im Übermaß für den Täter, und um das Opfer kümmert sich, trotz Opferschutzgesetz, keine alte Sau, ganz im Gegenteil. Es hat jetzt einen Haufen Probleme am Hals, die es nie gewollt hat: Es wird durch behördliche Mühlen gedreht, muß haufenweise Zettel, Formulare und Anträge, möglichst noch in dreifacher Ausfertigung ausfüllen, und dergleichen schöner Sachen noch viel mehr. Verdammte Scheiße, kann ich da nur sagen: werd´ nur ja nie Opfer in diesem Staat, weder als Mann, noch als Frau! Die beiden Bereiche darf ich nicht vermischen, sagst Du? Aber klar darf ich das! Zeigt sich doch, wie ideologisiert und verbohrt dieser Staat in ein und derselben Sache mit zweierlei Maß mißt.

„> Und das mit der Gewaltendreiteilung, die sich verabschiedet: das war mein voller Ernst. Menschen, die mir nahestehen, wie meine Kinder, sind mit tausendmal wichtiger, als dieser Staat, der ja doch nicht funktioniert, wenn er soll. Zugegeben: dies ist eine, dies ist meine sehr persönliche Sichtweise, und es sei jedermann unbenommen, dem Staat auch fürderhin sein Vertrauen zu schenken. Marianne Bachmaier, die vor 20 Jahren im Gerichtssaal den Vergewaltiger und Mörder ihrer kleinen Tochter erschossen hatte, hatte jedoch meine volle Solidarität und Sympathie. Ein Armutszeugnis für diesen Staat und seine Justiz: Opfer zu werden, Opfer gleich welcher Straftat, bedeutet hierzulande, von vorn bis hinten verarscht zu sein. Und ich flüstere dir: ich habe keinen Bock darauf, verarscht zu sein; erreiche ich mit meiner Drohung obendrein auch noch mein Ziel, daß nämlich niemand meine Kinder anfaßt, na, dann sind Mittel und Zweck geheiligt, niemandem geschieht was, und alles ist paletti. Alles klar? <

Was Du oben beschreibst, ist nichts anderes als Rache. Das Dumme ist nur: wenn jedermann, der sich ungerecht behandelt fuehlt oder gar Opfer eines Verbrechens geworden ist, das Recht selbst in die Hand nimmt, herrscht sehr schnell das Faustrecht; was schlussendlich nichts anderes als das Recht des Staerkeren ist. Ob das wuenschenswerte Zustaende sind, bezweifle ich.
Fuer Frau Bachmaiers Tat hatte auch ich ein gewisses Verstaendnis; sie wurde damals jedoch zu Recht verurteilt. Bei ihrer Tat handelte es sich um vorsaetzliche Toetung. Ob der Staat (oder im obigen Falle jetzt Du) mit harten Strafen droht, hat auf die Zahl der Verbrechen einen eher kleinen Einfluss. In den USA werden Moerder in der Mehrzahl der Bundesstaaten hingerichtet. Trotzdem gibt es dort eine Mordrate, die weit ueber dem Durchschnitt der anderen Industrielaender (z.T. ohne Todesstrafe) liegt; die Todesstrafe scheint somit keine sonderlich abschreckende Wirkung zu erzielen. Das laesst sich so erklaeren, dass der Taeter bei seiner Tat meist nicht damit rechnet, ueberfuehrt und verurteilt zu werden.“

Nein, es geht mir gar nicht um Faustrecht und Rache, mir geht es um Gerechtigkeit, und die kann mir (Un-)Recht eben nicht liefern. Ich gebe nochmals zu: ich sehe diesen Punkt durchaus auch emotional, weil ich, wenn es z.B. um meine Kinder geht, nicht emotionslos bleiben will und kann. Auch der von Dir formulierte Abschreckungsgedanke –wie auch der Gedanke der „Resozialisierung“ des Straftäters-- ist Bestandteil besagter „Großer Strafrechtsreform“. Mich aber interessiert nichts davon, weil ich im Strafrecht grundsätzlich andere Schwerpunkte, z.B. Opferfürsorge an allererster Stelle, gesetzt sehen möchte. Die Staaten Südamerikas sind Chaoten auf der ganzen Linie: demographisch, sozial, infrastrukturell und in jeder anderer Hinsicht auch. Es interessiert sich niemand für nichts. Auch die Gerechtigkeit, i.e. das Recht, wird daher oftmals in die eigene Hand genommen, weil der Staat sich nicht dafür interessiert. Auch unser Deutschland ist auf dem Wege einer peu-à-peu-Verwahrlosung, verschlingt aber immer mehr Gelder für milliardenschwere Sinnlosigkeiten, dunkle Kanäle und in flächendeckender Korruption. Der Unterschied von dort zu hier: der Staat dort kostet mich per Saldo nur einen Bruchteil dessen, was er mich hier kostet. Ich bin auch beileibe kein Verfechter der Todesstrafe; nicht, weil sie gerecht oder ungerecht wäre, nein, aus zwei Gründen:
1.Ein zum Tode Verurteilter fällt ja nicht von selbst mausetot um, jemand müßte ihn zu Tode befördern, sprich: ein Henker. Mir graut bei der Vorstellung, jemand gäbe bei seiner Berufsbezeichnung oder bei seinem Berufswunsch an: Henker.
2.Die Gefahr von Justizirrtümern ist riesengroß: in den USA geht man davon aus, etwa 10% bis 20% der Hingerichteten seien unschuldig gewesen. Jeder einzelne ist einer zuviel.

“Gruss
Maesi”

MfG,
carlos


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