Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Antwort vom Verteidigungsministerium zum Thema Wehrpflicht

Maesi, Sunday, 27.04.2003, 00:08 (vor 7690 Tagen) @ Alex

Als Antwort auf: Re: Antwort vom Verteidigungsministerium zum Thema Wehrpflicht von Alex am 02. April 2003 12:55:09:

Hallo Alex

Trotzdem werden fuer militaerische Angriffs- aber auch Verteidungsaktionen zum weit ueberwiegenden Teil Maenner eingesetzt. Als Regel betrachtet (mit den fuer Regeln typischen Ausnahmen) trifft XRays These IMHO zu.

Ich will aber weg von diesem Männer/Frauen Hickhack... da werden für mich Menschen eingesetzt. Und speziell Krieg ist eine beschissene Sache. Deswegen stört mich auch die Wehrpflicht.... primär nicht, weil sie nur für Männer gilt, sonder weil sich Berufssoldaten den Job wenigstens aktiv ausgesucht hätten. Sicher ist eine einseitige Wehrpflicht eine Ungerechtigkeit, das sehe ich auch so. Nur die Ungerechtigkeit der Wehrpflicht AN SICH hat nach meiner Meinung einen höheren Stellenwert. Auch hier wieder: Das Geschlechter-Ping-Pong löst sich dabei, ganz nebenbei, von selbst auf.

An der Wehrpflicht haengt aber noch mehr als bloss die Armee. Ohne Wehrpflicht gaebe es auch keine Zivildienstleistenden; zumindest in der Wirtschaft waeren etliche Leute ueberhaupt nicht begeistert, wenn kein Zivildienst mehr existierte. Und so haben wir eine weitere Komponente, die die Beibehaltung der Wehrpflicht stabilisiert.

Ich kenne selber Leute, die zwar die Wehrpflicht ablehnen, einer zivilen Dienstpflicht jedoch durchaus aufgeschlossen gegenueberstehen. Diese muesste dann aber beide Geschlechter umfassen. Denkbar waere auch eine Allgemeine Dienstpflicht mit der Wahlmoeglichkeit, Wehr- oder Zivildienst zu leisten. Aus Sicht der Gleichberechtigung sind das alles vertraegliche Varianten neben der Abschaffung der Wehrpflicht; selbst die allgemeine Wehrpflicht fuer wirklich alle stuende mit der Gleichberechtigung im Einklang.

2. Es stellt sich die Frage, wie die Beschuetzerrolle in unserer Zivilgesellschaft definiert ist, und wie sie wahrgenommen wird...

Was nutzt diese Erkenntnis? Bringt es Dir persönlich was, wenn irgendwelche Männer "tapfere Helden" sind? Mir nicht! Ich bewundere jeden mutigen und trotz Risiko hilfsbereiten Menschen... aber ob das jetzt Männer oder Frauen waren ist mir echt schnurz piepe...

Es ging lediglich darum, welchem Geschlecht in der Gesellschaft eher die Beschuetzerrolle zugeschoben wird. Und das sind nun mal Maenner. Glaubhaft widerlegen konntest Du das bisher jedenfalls auch nicht. Und die obige Erkenntnis kann dann hervorgekramt werden, wenn wieder mal alle Maenner pauschal als Kriegstreiber, Vergewaltiger, Gewalttaeter, etc. verurteilt werden.

Eindeutig auf das maennliche Geschlecht fixiert, ist in den meisten Staaten die militaerische Verteidung.[...] Aber auch Luftschutzeinsaetze, Rettung von Verwundeten (insbesondere im Gefecht), Evakuierung von Zivilisten, etc. im Rahmen von militaerischen Konflikten sind eindeutig Maennerdomaenen.

Ok, ist eine Ungleichbehandlung, sollte nicht sein. Zufrieden?

Ja

Die Frage ist natuerlich, wie wahrscheinlich solche Situationen sind. Soweit es sich um massive physische Bedrohungen handelt, sind diese sehr selten. Soweit es sich um eher harmlose physische Bedrohungen handelt, kann ich Deiner These nicht zustimmen: bei physischer Gewalt verhalten sich Frauen weitgehend passiv;

*grrrrr* schon wieder diese Verallgemeinerungen!
PASS MAL AUF:
Meine Freundin sieht, wie vier Typen vor dem Haus in dem sie arbeitet auf einen einzelnen eindreschen und treten. Was macht sie? Sie rennt raus und wirft sich dazwischen, und hat selbst einige Beulen dabei kassiert, und ihre Nase war angebrochen!
Sie hat das Opfer mit ihrem eigenen Körper bedeckt, und so verhindert, dass die den totgeprügelt haben....

Das war dann die beruehmte Ausnahme von der Regel. Dass sich Menschen bei Gewalt- oder auch Gefahrensituationen, die sich gegen Dritte richten, haeufig passiv verhalten bzw. nichts mit solchen Angelegenheiten zu tun haben wollen, ist ein weitherum bekanntes psychologisches Phaenomen und wurde schon mehrmals auch im Fernsehen demonstriert; z.B. bei gestellten Unfaellen oder Gewalttaetigkeiten, bei denen Unbeteiligte sich nicht fuer Hilfestellung zustaendig fuehlten sondern darauf verwiesen, dass das Sache der Polizei bzw. eines Notfall-Teams sei. Gerade bei Gewalttaetigkeiten zwischen zwei oder mehreren Personen, halten sich die meisten raus aus Furcht, selber in die Auseinandersetzung verwickelt zu werden. Diese Furcht ist uebrigens nicht ganz unbegruendet, denn es gibt Beispiele in denen der selbsternannte Schlichter von den Streitparteien ploetzlich als Stoerenfried empfunden wurde; kurzfristig trat zwischen den Streithaehnen sozusagen ein Burgfriede in Kraft, um zuerst gegen den neuen gemeinsamen 'Feind' anzugehen, der sich da so unverfroren in eine als Privatangelegenheit empfundene Auseinandersetzung eingemischt hatte. Manchmal kann ein begrenzter Streit gerade durch Einmischung Dritter sogar eskalieren und in eine Massenschlaegerei ausarten.

Real passiert, vor etwa 4 Monaten! Und ich bin UNGEHEUER STOLZ auf meine Freundin und IHREN MUT....

Schoen fuer Dich.

Die Problematik 'allgemeine Wehrpflicht ja oder nein' sollte grundsaetzlich losgeloest von der Geschlechterfrage behandelt werden. Lediglich die Ungleichbehandlung von Maennern und Frauen in diesem Zusammenhang ist im Rahmen der Gleichberechtigung interessant.

*seufz* Genau diese Loslösung will ich eben nicht. Damit zeigen wir Probleme auf, lösen aber keine. Es gibt für mich keine Geschlechterfrage. Das Lösen einiger wesentlich wichtigerer Probleme würde Ungerechtigkeiten besser beseitigen, als ein Stilisieren von zwei Typen von Mensch.... um den verbleibenden Rest können wir uns kümmern, wenn die Betrachtung jedes Menschen als Individuum noch Probleme offen läßt.

Weshalb willst Du die Auseinanderhaltung der beiden Themenbereiche nicht? IMHO sollte ueberlegt werden, benoetigt man eine Wehrpflicht oder moeglicherweise eine allgemeine Zivildienstpflicht. Dies sollte man aber genau nicht nach geschlechtlichen Gesichtspunkten diskutieren sondern nach Aufwand und Nutzen fuer die Gesellschaft insgesamt. Sollte eine Mehrheit fuer eine allgemeine Zivildienstpflicht oder gar allgemeine Wehrpflicht zustande kommen, dann betrifft es konsequenterweise beide Geschlechter. Eine zwanghafte Fixierung auf Abschaffung der Wehrpflicht/Zivildienstpflicht mag aus pazifistischen Gruenden heraus sinnvoll sein. Aus Geschlechtersicht sind, wie weiter oben bereits erlaeutert, auch andere Varianten statthaft.

Wenn fuer Dich persoenlich keine Geschlechterfrage existiert, heisst das noch lange nicht, dass das bei anderen ebenso ist. Dieses Forum existiert genau deswegen, weil fuer die meisten der hier Postenden (inkl. Forenmaster) die Geschlechterfrage wichtig ist. Teil dieser Problematik ist auch, dass Maenner Wehrdienst leisten muessen und Frauen nicht. Es gibt aus Geschlechtersicht keine Argumente fuer oder wider die Wehrpflicht; es gibt aus Geschlechtersicht hoechstens Argumente gegen eine Ungleichbehandlung der beiden Geschlechter in dieser Angelegenheit. Wenn Du trotzdem glaubst, geschlechterpolitische Argumente gegen (oder meinetwegen auch fuer) die Wehrpflicht zu haben, dann praesentiere sie bitte; das duerfte Dir allerdings ziemlich schwer fallen. Bisher hast Du jedenfalls nur eine pazifistische Begruendung beigebracht.

Wenn ich beispielsweise die Einkommenssteuerpflicht anschaue, wurde ja auch nicht ueberlegt, ist diese fuer beide Geschlechter zumutbar oder moeglicherweise fuer eines nicht. Es wurde vielmehr abgewogen, welchen Aufwand/Aerger und welchen Nutzen die Einkommenssteuer hat; dann ist man offensichtlich zum Schluss gekommen, dass der Nutzen ueberwiegt, und die Steuer wurde eingefuehrt. Selbstverstaendlich ist jeder Erwachsene unabhaengig vom Geschlecht steuerpflichtig. Auch hier gilt: aus Geschlechtersicht gibt es keine Argumente fuer oder wider die Einkommenssteuerpflicht; es gibt aus Geschlechtersicht jedoch Argumente gegen einkommenssteuerliche Ungleichbehandlung der beiden Geschlechter. D.h. wenn es eine geschlechterbedingte Ungleichbehandlung gaebe, waere diese Tatsache (und nur diese) relevant fuer die Geschlechterfrage.

...Als Waehler (oder auch als Nichtwaehler) musst Du jedoch trotzdem die Verantwortung fuer Deine Wahl (bzw. Wahlabstinenz) uebernehmen...

Tja, dass ist das Problem. Ich kann mich zwar informieren... z.B. über Biographie eines Repräsentanten... nutzt mir aber nix, wenn der nachher trotzdem Dinge tut, bei denen mir die Haare zu Berge stehen... gewählt ist gewählt. Das schränkt die übernehmbare Verantwortung doch erheblich ein... dazu müßte ich ein detailiertes Psychogramm anfertigen, was wohl schwer möglich wäre... und selbst dann wäre ich vor Überraschungen nicht sicher...

Ja, aber nach einer Legislatur kannst Du Deine Stimme einem anderen Repraesentanten zukommen lassen, wenn Du unzufrieden mit dem bisherigen bist.

Eine gueltige, und somit voelkerrechtliche verbindliche Entscheidung eines Staates (bzw. der autorisierten staatlichen Organe) gilt auch fuer alle deren Staatsbuerger...

Das wird aber leider erst mit einer Weltregierung einigermaßen ein Ende haben können.

Wohl kaum. Eine Weltregierung, die sich auf eine einigermassen demokratische Legitimation abstuetzen koennte, waere zwangslaeufig foederalistisch. Zu heterogen und verschiedenartig sind Interessen, Kulturen und Ansprueche auf der Welt, als dass sich alles sinnvoll unter einen Hut bringen liesse.
Ausserdem wuerde das bedeuten, dass insbesondere westlich orientierte Staaten sich mit anderen Kulturen ernsthaft auseinandersetzen muessten und womoeglich bei Entscheidungen von anderen Staaten ueberstimmt werden koennten. Da koennten noch etliche Leute hierzulande ihr blaues Wunder erleben; insbesondere jene, die sich immer betont multikulturell geben.

Allerdings stimme ich Dir zu, dass eine Aufteilung von Verantwortung (sei es fuer militaerische Konflikte, Wehrpflicht und dgl.) auf Geschlechter zu pauschal und deshalb unsinnig ist; insofern sind die durch Feministinnen vorgebrachten pauschalen Verantwortungszuweisungen an das maennliche Geschlecht fuer alles Boese und Schlechte auf dieser Welt unsinnig.

Danke! Und Unsinn wird auch nicht klüger, wenn man drauf herumreitet.

Bloss ist das, was Du als Unsinn bezeichnet, laengst nicht fuer alle anderen auch Unsinn. Deshalb gilt es halt klarzumachen, dass es Unsinn ist und zu begruenden, warum es Unsinn ist. Nach meiner Erfahrung ist die Zuweisung von Taeter- und Opferrollen an Repraesentanten des maennlichen bzw. weiblichen Geschlechts ziemlich weit verbreitet; jedenfalls wesentlich weiter verbreitet als der Feminismus. Typisches Beispiel ist da die haeusliche Gewalt. Kaum jemand weiss, dass diese, sowohl was Opfer als auch Taeter anbetrifft, nahezu gleichmaessig auf die beiden Geschlechter verteilt ist. Wenn aber die meisten nichts von der Gleichverteilung wissen, glauben sie an die Maenner-sind-Taeter-und-Frauen-sind-Opfer-Doktrin, die dauernd gepredigt wird.

Gerade wenn es um militaerische Konflikte geht, wird der korrekte Schluss 'die meisten Soldaten sind Maenner' auch umgekehrt als tendenziell wahr angesehen; obwohl ein einziger Blick auf die Soldatenzahlen sofort bestaetigt, dass die meisten Maenner eben nicht Soldaten (sondern Zivilisten, wie die Frauen) sind. Solche irrigen Umkehrschluesse sind nicht nur im Feminismus sondern auch unter Frauen und Maennern allgemein weit verbreitet. Wenn ich solche Fehlschluesse sachlich widerlege, dann reite ich nicht auf Unsinn herum, sondern ich gehe gegen populaere Irrtuemer vor.

Man merke: wenn Unsinn nicht widerlegt wird, gibt es genuegend Dumme (manchmal bilden sie sogar die Mehrheit), die daran glauben. Selbst wenn der Unsinn widerlegt wurde, gibt es immer noch mehr als genuegend Dumme, die trotzdem weiterhin daran glauben.

Deswegen verwende ich meine Energie nicht dazu, sondern um jeden Einzelnen einzuschätzen... da passt das Bild wenigstens besser.

Das Problem ist, Du kannst nur einen aeusserst geringen Teil von mehreren Milliarden menschlichen Erdenbewohnern einzeln einschaetzen. Diese Strategie ist somit nur in Deinem persoenlichen Umfeld umsetzbar.

Und den Anhänger eine Ideologie überzeugst Du nicht durch Gegen-Ideologie.... er fühlt sich in den meisten Fälle angegriffen, und mach einfach dicht. AUCH in Fällen, wo Du wirklich Recht hast!

Es geht mir auch gar nicht darum, Ideologen zu bekehren. Das Ziel sind Unbeteiligte und Unentschlossene, die oft einfach nur flashc informiert sind und gerade deshalb den populaeren Irrtuemern aufsitzen.

Zeig aber, dass Du an Kampf garnicht interessiert bist, und einen gesunden Gerechtigkeitssinn hast... dann geht manchens einfacher.

Der Kluge gibt so lange nach, bis er der Dumme ist? Nein, danke.
Du scheinst von der Annahme auszugehen, dass mir am (Geschlechter-)Kampf als solchem etwas liegt; Du befindest Dich im Irrtum. Ich will eine Beseitigung von maennerfeindlichen Regelungen. Und das erreiche ich nur, wenn ich diese thematisiere sowie der maennerfeindlichen Rhetorik, die solche Regelungen begruendet, entgegentrete. Ich werde deshalb weiterhin auf Ungerechtigkeiten hinweisen, Irrtuemer berichtigen und Mythen entlarven. Maenner haben viel zu lange sogar zu den abstrusesten maennerfeindlichen Vorwuerfen geschwiegen. Genau mit dieser Leisetreterei sollte endlich Schluss sein. Wie Warren Farrell sagte: 'women can't hear what men don't say'. Also sagen wir es ihnen.

Gruss

Maesi


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