Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Antwort vom Verteidigungsministerium zum Thema Wehrpflicht

Maesi, Tuesday, 01.04.2003, 23:44 (vor 7715 Tagen) @ Alex

Als Antwort auf: Re: Antwort vom Verteidigungsministerium zum Thema Wehrpflicht von Alex am 13. März 2003 14:46:06:

Hallo Alex

...Als wesentliches Problem sehe ich, daß der Mann durch diese Regelung in seiner Beschützerrolle "eingefroren" wird... insofern wird sich wohl auch wenig bewegen. Männer haben weiterhin die Starken zu sein, die im Zweifel bereit sind mit Gewalt zu agieren. Dies im Sinne eines Rechtes, das deren Rechte mit Füssen tritt.......
Naja, das sehe ich nun anders, das ist eine verallgemeinerte These.

Trotzdem werden fuer militaerische Angriffs- aber auch Verteidungsaktionen zum weit ueberwiegenden Teil Maenner eingesetzt. Als Regel betrachtet (mit den fuer Regeln typischen Ausnahmen) trifft XRays These IMHO zu.

Im persönlichen Bereich würde ich z.B. an jeder Beziehung zweifeln, wenn meine Frau nicht willens wäre auch mich zu beschüzen, wenn ich in Not bin.

1. Moeglicherweise bist Du ein atypisches Beispiel. In diesem Falle waere obiges Beispiel unerheblich, da fuer die ueberwiegende Zahl der Menschen unzutreffend. Ausserdem hast Du klammheimlich von der Wehrpflichtsebene auf die zivile persoenliche Ebene gewechselt. Beides ist IMHO nur bedingt miteinander vergleichbar.

2. Es stellt sich die Frage, wie die Beschuetzerrolle in unserer Zivilgesellschaft definiert ist, und wie sie wahrgenommen wird. Ernsthafte physische Gewalt ist in unserer Gesellschaft vergleichsweise selten. Deshalb kann auch kaum von einer generellen Beschuetzerrolle gesprochen werden. Trotzdem gibt es Indizien dafuer, dass Beschuetzer- und Retterfunktionen eher von Maenner denn von Frauen wahrgenommen werden. Im zivilen Bereich sind da v.a. Polizei, Feuerwehr, Seenotrettungs-, Bergrettungsdienste, etc. zu erwaehnen, die zum weitaus groessten Teil von Maennern besetzt sind (insbesondere bei riskanten Einsaetzen); in allen diesen Funktionen setzen sich die Retter bei ihrer Arbeit einem gewissen Risiko aus. Im weiteren Sinne kann man auch den Arztberuf als eine schuetzende/rettende Funktion anschauen; das Risiko an Leib und Leben ist aber bei einem Arzt eher minimal.
Eindeutig auf das maennliche Geschlecht fixiert, ist in den meisten Staaten die militaerische Verteidung. Soweit Wehrpflicht besteht, werden fast ausschliesslich Maenner zum Wehrdienst verpflichtet (Ausnahme: Israel). Auch in Staaten mit mehr als einem nur unerheblichen Anteil von Frauen in den Armeen (z.B. Israel, USA) werden die Einsaetze mit dem groessten Risiko (v.a. Bodeneinsaetze) fast ausschliesslich durch Maenner wahrgenommen, bzw. den Frauen wird freigestellt (im Gegensatz zu ihren maennlichen Kameraden), ob sie an solchen Einsaetzen teilnehmen wollen oder nicht. Hier wird die Beschuetzerrolle bezogen auf militaerische Verteidigung sehr stark auf die Maenner geschoben. Aber auch Luftschutzeinsaetze, Rettung von Verwundeten (insbesondere im Gefecht), Evakuierung von Zivilisten, etc. im Rahmen von militaerischen Konflikten sind eindeutig Maennerdomaenen.

Das schien aber bisher nie der Fall zu sein... Frauen setzen sich da genauso massiv ein wie Männer.... alles andere scheint mir mehr politische Polemik zu sein.

Die Frage ist natuerlich, wie wahrscheinlich solche Situationen sind. Soweit es sich um massive physische Bedrohungen handelt, sind diese sehr selten. Soweit es sich um eher harmlose physische Bedrohungen handelt, kann ich Deiner These nicht zustimmen: bei physischer Gewalt verhalten sich Frauen weitgehend passiv; am ehesten schreiten sie verbal gegen Gewaltdrohungen ein. Wenn ueberhaupt jemand bei Gewalttaetigkeiten schuetzend eingreift, dann am ehesten noch ein Mann, wobei auch dies eher die Ausnahme darstellt. Meist mischt man sich bei Gewalttaetigkeiten naemlich ueberhaupt nicht ein und alarmiert lieber die Polizei (wiederum meistens Maennern bestehend), die dann eingreifen soll.

Und was Frauen bei der Bundeswehr angeht.

Es kann sein, daß Männer dort keine Frauen haben wollen.
Ich sehe aber auch.. und ich habe es in x Diskussionen bestätigt bekommen... Auf Ausdehnung der Wehrpflicht auf Frauen angesprochen, kommen die Aussagen, daß
- sie generell für der Abschaffung der Wehrpflicht sind (,denn wenn sie dafür wären, müssten sie die Wehrpflicht für sich akzeptieren. Die Grünen reden zwar von Abschaffung der Wehrpflicht, aber bewegen eben nichts. Eine Art von Selbstbetrug, wie mir scheint. )...[/i]

ok, ich ja auch, ich halte eine Abschaffung einfach für vernünftig

Die Problematik 'allgemeine Wehrpflicht ja oder nein' sollte grundsaetzlich losgeloest von der Geschlechterfrage behandelt werden. Lediglich die Ungleichbehandlung von Maennern und Frauen in diesem Zusammenhang ist im Rahmen der Gleichberechtigung interessant.

- Männer selbst die Wehrpflicht eingeführt haben....
zählt nicht... nicht "Männer" haben die eingeführt, sondern Menschen, die ich nicht kenne, und die mich nicht gefragt haben, ob ich damit einverstanden bin. Deswegen hab ich mit deren Entscheidung nullkommanix zu tun.

Das ist richtig.

- Männer ja die seien, die auch die Kriege verantworten...
Bestimmt! Deswegen hat die eiserne Lady auch den Falklandkrieg angezettelt.... also objektiv einfach Blödsinn.

Dass Margaret Thatcher den Falklandkrieg angezettelt hat, ist objektiv einfach Bloedsinn. Die militaerische Aggression ging eindeutig von Argentinien aus. Frau Thatcher hat lediglich auf den unprovozierten Angriff auf britisches Staatsgebiet mit Gewalt reagiert; das war voelkerrechtlich legitim (=Verteidigungskrieg). Dies kann hoechstens als Beispiel dafuer dienen, dass Frauen als Regierungschefinnen sehr wohl Gewalt mit Gewalt beantworten koennen.
Ein besseres Beispiel ist in diesem Zusammenhang wohl eher die Rolle, die Madeline Albright im Kosovokonflikt gespielt hat. Die NATO hat bekanntlich damals die Bundesrepublik Jugoslawien militaerisch angegriffen. Vorausgegangen war diesem Konflikt eine intensive Reisediplomatie von Frau Albright zwischen Jugoslawien, wichtigen Staaten der EU und den USA. Man kann davon ausgehen, dass die Entscheidung eines militaerischen Eingreifens sich groesstenteils auf ihre Einschaetzung der politischen Lage in Belgrad stuetzte, und sie so wesentlich an der Verwirklichung der militaerischen Option Anteil hatte. Leider war die Entscheidungsfindung innerhalb der NATO keineswegs transparent, sodass das nur eine (wenn auch plausible) Vermutung meinerseits ist. BTW im Kosovokrieg hatte die NATO kein UNO-Mandat zur Fuehrung des Angriffskriegs, dieser Krieg war somit voelkerrechtlich nicht legitimiert.

Da es recht wenig Frauen in den Entscheidungspositionen gibt, ist die Kriegsbeteiligung prozentual zu begutachten... das wäre mal eine interessannte Untersuchung :-)

Zustimmung

Frauen sagen also wir sind nicht verantwortlich und wollen es auch nicht sein.......Wer allerdings für nichts verantwortlich sein will, der kann halt auch keine leitende Funktion einnehmen...
Auch zu sehr pauschalisiert. Ich war und werde genausowenig gefragt, ob Krieg oder nicht, ob Wehrpflicht oder nicht, und Du auch nicht. Es GIBT kein "die Frauen" oder "die Männer" wir sind alle Individuen

Ganz so einfach ist es natuerlich nicht. Die Idee der repraesentativen Demokratie ist ja, dass die Waehler ihre Macht an gewaehlte Mitglieder von staatlichen Gewalten delegieren (Parlament, haeufig Regierungen, manchmal auch Richter); d.h. die gewaehlten Traeger der staatlichen Gewalt ueben Macht im Namen des Volkes (bzw. einer Mehrheit des Volkes) aus. Deshalb ist es unsinnig, zumindest im Falle von Demokratien, von einer pauschalen Zuweisung von Verantwortung an ein bestimmtes Geschlecht (eben der Maenner) auszugehen. Als Waehler (oder auch als Nichtwaehler) musst Du jedoch trotzdem die Verantwortung fuer Deine Wahl (bzw. Wahlabstinenz) uebernehmen. Denn Du kannst zwar die Macht mittels Wahl delegieren, nicht jedoch die Verantwortung fuer die von Dir getroffene Wahl. So funktioniert nunmal die repraesentative Demokratie. Bei einer direkten Demokratie (bzw. Mischform zwischen direkter und repraesentativer Demokratie) kann der Souveraen als Stimmbuerger direkt auf politische Entscheidungen Einfluss nehmen. Aber auch hier bestehen normalerweise gewisse Einschraenkungen fuer die Einflussnahme.
Eine gueltige, und somit voelkerrechtliche verbindliche Entscheidung eines Staates (bzw. der autorisierten staatlichen Organe) gilt auch fuer alle deren Staatsbuerger. Wuerde beispielsweise die Schweiz der BRD den Krieg erklaeren (in der Schweiz hat die Vereinigte Bundesversammlung die Kompetenz dazu), gaelte dies fuer saemtliche Schweizer, ob diese jetzt einverstanden waeren mit dem Entscheid oder nicht. Die BRD waere dann wiederum berechtigt, geeignete Gegenmassnahmen zu ergreifen, die saemtliche Schweizer betraefen (beispielsweise Einfrierung von schweizerischen Guthaben in der BRD, Ausweisung von Schweizer Buergern aus der BRD, Internierung von als gefaehrlich eingestuften Schweizern, etc.). Dies ist jetzt natuerlich ein drastisches Beispiel; aber kein Schweizer koennte sich einfach darauf berufen, er haette den Kriegsentscheid schliesslich als Individuum nicht mitgetragen, und die BRD duerfe ihn deshalb nicht als Buerger eines feindlichen Staates ansehen. Die Staatszugehoerigkeit bewirkt vielmehr gewissermassen eine summarische Behandlung dessen Buerger durch andere Staaten aber auch eine summarische Haftung der Buerger fuer Entscheidungen des eigenen Staates, und zwar im Guten wie im Schlechten.
Allerdings stimme ich Dir zu, dass eine Aufteilung von Verantwortung (sei es fuer militaerische Konflikte, Wehrpflicht und dgl.) auf Geschlechter zu pauschal und deshalb unsinnig ist; insofern sind die durch Feministinnen vorgebrachten pauschalen Verantwortungszuweisungen an das maennliche Geschlecht fuer alles Boese und Schlechte auf dieser Welt unsinnig.

Gruss

Maesi


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