Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Fahrenheit 68

Maesi @, Saturday, 23.09.2006, 19:53 (vor 6476 Tagen) @ susu

Hallo susu

Mich interessieren viel mehr die gezeitigten Folgen. Gewaltschutzgesetz, Quotenregelungen,
Frauenförderpläne.


Zum einen, danke für die Erklärung warum du auf mein Ausgangsposting nicht
eingegangen bist. So kann man Gegenargumente totschweigen. Das
Gewaltschutzgesetz hast du in deinem Ausgangsposting im Zusamenhang mit
der "Aushebelung des Rechtsstaats" genannt, was mit dem Gesetz keineswegs
gegeben ist. Es erlaubt zwar Eilanordnungen, diese sind aber zeitlich
befristet und im Prinzip sind entstandene Schäden zu ersetzen.

Die Aushebelung des den Menschenrechten verpflichteten Rechtsstaats ist IMHO Tatsache, weil der Beschuldigte nicht angehoert werden muss (Art. 6 der EMRK, Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren); es wird in der Regel keine formelle Anklage erhoben, aber trotzdem verhaengen Gerichte aufgrund von nicht naeher ueberprueften Aussagen der einen Partei Zwangsmassnahmen (Wohnungsverweis, Naeherungsverbot). Schlauerweise wird das Ganze als 'Praeventivmassnahmen' und nicht als Bestrafung verkauft, denn nur unter dieser Praemisse koennen die Zwangsmassnahmen unter Umgehung der Menschenrechte 'gerechtfertigt' werden. Von Beweislastumkehr kann beim GewSchG streng juristisch tatsaechlich nicht gesprochen werden, denn eine solche setzte ja voraus, dass der Beschuldigte ueberhaupt die Gelegenheit erhaelt, sich zu aeussern, damit er die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen entkraeften kann. Diese Gelegenheit hat der der Wohnung Verwiesene in der Regel aber gar nicht. Realiter jedoch ist er natuerlich der Beschuldigung ausgesetzt, (einseitig) Gewalt ausgeuebt oder auch nur angedroht zu haben, und er ist durch den richterlich bestaetigten Wegweisungsbescheid gewissermassen auch bereits 'vorverurteilt'. Argumentativ befindet er sich also tatsaechlich in der Lage, den Behoerden sowie einer weiteren Oeffentlichkeit gegenueber seine Unschuld beteuern zu muessen - im weiteren (nichtjuristischen) Sinne kann man also schon von einer Art Beweislastumkehr sprechen.

Eine Eilanordnung ist IMHO rechtsethisch nur zulaessig, wenn spaeter zwingend ein ordentliches Verfahren folgt; die einstweilige Verfuegung ist dann auch nur gueltig bis zu einem formellen Urteilsspruch, der wiederum nur nach einem ordentlichen Verfahren gefaellt werden kann. Das aber ist gar nicht der Zweck des GewSchG. Vielmehr dient das Gesetz erklaertermassen einer zeitlichen Ueberbrueckung, bis das angebliche Opfer eine neue Bleibe gefunden hat und eben nicht bis ein ordentlicher Prozess stattgefunden hat. Der Beschuldigte muesste sich allenfalls selbst anzeigen, damit er den ihm eigentlich zustehenden fairen Prozess bekommt; von Staates wegen kommt da naemlich meist gar nichts.

Was Du mit 'im Prinzip sind entstandene Schaeden zu ersetzen' meinst, weiss ich nicht; die zusaetzlichen Kosten, die dem Weggewiesenen durch eine neue Unterkunft entstehen, ersetzt ihm jedenfalls niemand. Theoretisch haette der Weggewiesene, so er Eigentuemer oder der alleinige Mieter der Wohnung ist, aus der er verwiesen wurde, Anspruch auf eine Nutzungsentschaedigung. Die muss er aber auf dem ueblichen zivilrechtlichen Weg geltend machen; wenn beim Nutzer der Wohnung nichts zu holen ist, dann hat er eben Pech gehabt. Der Staat, der ihn aus der Wohnung geworfen hat, haftet naemlich nicht subsidiaer fuer allfaellige Nutzungsentschaedigungen. Wurde die Wohnung von beiden gemeinsam gemietet, kann der Weggewiesene vom Wohnungsvermieter belangt werden, wenn der Bewohner die Miete nicht bezahlt, denn fuer den Vermieter ist nur der Mietvertrag massgebend; einen Regress auf den Wohnungsnutzer kann der Weggewiesene in solchen Faellen normalerweise vergessen.

Im Grunde genommen ist das GewSchG nichts anderes als ein Notstandsrecht, das jedoch als ordentliches Gesetz getarnt wurde. Eine aeusserst gefaehrliche Schlaumeierei, die unsere rechtlichen Grundlagen voellig untergraben wuerde, wenn die Installation solcher 'ordentlicher Notstandsgesetze' auch auf anderen Rechtsgebieten Schule machen sollte. Beklagenswert ist auch, dass der Rechtsstaat nicht mehr der Wahrhaftigkeit verpflichtet ist; waere er es, dann liesse er einem Wegweisungs-/Naeherungsverbots-Bescheid zwingend ein ordentliches Verfahren folgen, in dem eine Aufklaerung der tatsaechlichen Vorfaelle an die Hand genommen wuerde. Die Verabschiedung vom Grundsatz der Wahrhaftigkeit ist ebenso gefaehrlich, wie die Tarnung von Notstandsmassnahmen durch ordentliches Recht.

Der zweite Punkt ist deshalb nicht mit den 68ern in Verbindung zu bringen, weil
Quoten im öffentlichen Dienst durch das Frauenförderungsgesetz eingeführt
wurden, daß die Schwarz-Gelbe Mehrheit 1994 beschloß. Das das BGleiG die
Vorschriften übernahm ist sicher problematisch und ich halte dieses Gesetz
auch für abschaffungswürdig. Aber eingeführt haben diese Regelungen Kohl
und Co. (Auch eine Art K-Gruppe, Kohl, Kinkel,
Kanther. Für die Frauen zuständig war damals ein Mädel aus dem
Osten, die noch mal richtig Karriere gemacht hat - als
Kanzlerin)

Wobei natuerlich die staatsfeministische Buerokratie als 'Gesetzesgebaerer' fungierte und die Konservativ-liberale Regierung den Schwachsinn lediglich im Rahmen eines Kuhhandels noch abnickte, weil sie hoffte, damit den Quotentreibern den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Die Gleichstellungsbuerokratie besitzt eine enorme Macht, wenn es um Gleichstellungspolitik geht; sie tritt als 'Experteninstanz' fuer Gleichstellungsfragen in allen moeglichen Belangen dieser Thematik auf und schreckt auch vor Desinformation (z.B. bei Haeuslicher Gewalt) nicht zurueck. Wir haben es hier mit 'Grauen Eminenzen' zu tun, die wesentlich die Gesetzgebung beeinflussen und im Gegensatz zu den von ihnen beeinflussten legislativen und exekutiven Organe vom Buerger weder gewaehlt noch abgewaehlt werden koennen. Theoretisch sind sie zwar gegenueber Legislative/Exekutive (und damit indirekt auch gegenueber dem Souveraen) rechenschaftspflichtig; praktisch jedoch besitzen sie (noch) die Deutungshoheit ueber saemtliche Gleichstellungsdiskurse und beherrschen dadurch Politik und oeffentliche Meinung.

Ziel: Frauenbesserstellung. Massnahme: Beweislastumkehr. Dem Missbrauch
wird so Tür und Tor geöffnet. Verkaufen will uns das Pack diese
Schändlichkeit auch noch als Fortschritt. Susu ist nicht darauf
eingegangen. Warum wohl?


Weil du kein Beispiel gebracht hast, in dem tatsächlich von
Beweislastumkehr gesprochen werden kann... Dein einziger Punkt hierzu war
"Andererseits wird angestrebt, die Beweisführung für die Klägerin (die
Staatsanwaltschaft) in diesem Bereich zu 'erleichtern', was de facto auf
eine mehr oder weniger starke Aushebelung des Rechtsstaats hinausläuft,
der einen fairen Prozess garantieren soll."

Mit dem AGG wird ebenfalls eine Beweislastumkehr installiert. Der Beschuldiger braucht bloss glaubhaft zu machen, dass er Opfer einer Benachteiligung ist, die Beweislast liegt dann beim Beschuldigten. Inwieweit dieses Gesetz als Droh- und Druckmittel zur Abgeltung von (ungerechtfertigten) Schadenersatzforderungen missbraucht wird, wird die Rechtsprechungspraxis zeigen. Die Versicherungen scheinen sich jedenfalls bereits jetzt darauf einzustellen und planen Produkte, mit denen aehnlich wie in den USA die Risiken aus Schadenersatzforderungen versichert werden koennen.


Gruss

Maesi


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