Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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KDV hält Wehrpflicht aufrecht

Dragman, Thursday, 16.07.2009, 03:10 (vor 6008 Tagen) @ Beelzebub

"Die Wehrpflicht existiert nur noch aus einem einzigen Grunde: weil der
Staat billige Arbeitskräfte im medizinischen und sozialen Sektor braucht."

Das stimmt, ist aber nur einer von mehreren wichtigen Gründen. 1) Es ist tatsächlich so, dass zumindest für eine Übergangszeit nach Abschaffung/Aussetzung der Wehrpflicht nur noch Schrott in den Bewerbungsstellen auftaucht. Ist ja heut schon so in den Freiwilligenannahmestellen. Die Spanier und Franzosen waren gezwungen die Musterungskriterien drastisch zu senken. Das erste Vertragsjahr dient mittlerweile nur noch dazu, die Rekruten ausbildungsfähig zu machen, körperlich wie geistig. Da ist da BW-Niveau meilenweit drüber (Stand 2006). Also ist der Zugriff auf ein möglichst geeignetes Rekrutierungspotential immer noch das wichtigste Argument für die Wehrpflicht. Aus der Sicht der Planer zu Recht. 2) Verfassungsbedingt darf sich die BW weder selbst verwalten noch selbst versorgen. Dafür gibt es die so genannte Wehrverwaltung, die inzwischen zwar kräftig abgebaut ist, aber immer noch Hunderttausende Zivilbedienstete umfasst und Milliardenwerte an Liegenschaften, Material und sonstigen Werten aller Art verwaltet. Übrigens auch die Wehrpflichtigen. Fällt die Wehrpflicht, müssen die meisten entlassen werden und die Wertebewirtschaftung muss völlig neu organisiert werden. Nach 53 Jahren BW? Schwer vorstellbar. 3) Das mit den billigen KDVlern ist eine Mär. Die meisten Arbeitgeber ziehen einen rechtlosen 400€-Jobber allemal vor. Dem können sie in den Arsch treten so oft und so fest, wie sie wollen, den werden sie schnell los und den können sie bei der Abrechnung bescheißen, wie es ihnen passt. Der Zivildienstleistende ist da rechtlich wesentlich besser gestellt, hat z. B. freie Heilfürsorge, erwirbt Rentenansprüche (ist das noch so?), kann ellenlang krank feiern, ohne dass ihm was passieren kann. Per se nur für Großorganisationen ein lohnendes Geschäft (Subvention), die dann passenderweise ihre eigenen Ehrenamtlichen oder prospektiven Hauptamtlichen als Zivis eine "Ehrenrunde" drehen lassen. Sonst braucht keiner Zivis. Trotzdem wird diese Fehleinschätzung sorgsam gepflegt, denn sie lohnt sich für alle Beteiligten und den Zivis gibt sie einen sozial wertvollen "Opfertouch" (nicht böse gemeint: Wer Zivi war, ist in entsprechenden Kreisen schlimmstenfalls nur ein halber Chauvi). 4) Sollte sich nach Aussetzung der Wehrplicht heraus stellen, dass die Zivis doch wertvoll waren und gebraucht wurden, was derzeit ja in Abrede gestellt wird, um die Bedingungen der aufnehmenden Dienststellen zu verbessern, könnte es schnell zu einer Diskussion über eine allgemeine soziale Dienstpflicht eines jeden Individuums an der Gesellschaft kommen. Frauen könnten dann nicht ausgenommen werden. Dem stünden deutsche Verfassung und internationales Recht entgegen. Es wäre zumindest ein großes und wohl kaum kalkulierbares Risiko, den Männern zu sagen: Ihr macht mal schön Sozialdienst, die Frauen kriegen Kinder und sind aus'm Schneider. Das ließe sich selbst der germanistanische Bundesschlaffi, ehemals Mann genannt, wohl kaum gefallen.

Trotzdem ist die Idee "kein KDV" sehr gut. Das brächte den Apparat aus den von dir genannten Gründen zum Kollabieren. Wenn es uns noch gelänge, die Inhalte der MRB damit zu verknüpfen, wäre das ideal.


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