Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Fakt: Männer erhalten durchschnittlich 60% weniger Rente

Maesi, Wednesday, 01.10.2008, 00:41 (vor 6292 Tagen) @ Naja

Hallo Naja

Das sind die wesentlichen Gründe, warum Männer mehr verdienen.
. Berufswahl (Ingenieur statt Sozialpädagoge)


Entschuldigung, aber das ist falsch gedacht. Denn in der akademischen
Qualifikation unterscheidet sich ein Ingenieur nicht vom Sozialpädagogen -
beide haben Diplom oder promoviert. Und ob ein Studium als "einfach" oder
"schwer" wahrgenommen wird, ist von den Neigungen und Fähigkeiten des
Einzelnen abhängig, und nicht von stereotypen Vorurteilen! Ein technisch
begabter Mensch wird das Studium der Sozialpädagogik nicht bestehen können,
wenn es ihm an der Fähigkeit zur Empathie und objektiven Analyse mangelt.
Und wer technisch-mathematisch nicht begabt und interessiert ist, wird das
Ingenieursstudium nicht schaffen. Bekanntlich ist alles relativ. Und darum
die logische Frage: Warum wird das eine schlechter bewertet und bezahlt als
das andere?

Wie Adam bereits angemerkt hat, entscheidet der Markt darueber, wer mehr verdient. Der Ingenieur oder der Sozialpaedagoge. Die akademische Qualifikation ist in dieser Beziehung weitgehend irrelevant.

Darueberhinaus ist Dein grenzenloses Vertrauen in akademische Qualifikationen einfach ruehrend. Die akademische Qualifikation sagt ueberhaupt nichts darueber aus, ob das zugrundeliegende akademische Fach streng wissenschaftlicher Art ist oder nicht. Gerade im paedagogischen Bereich arbeitet man mit Hypothesen, die dort Taetigen glauben grossmehrheitlich an die Richtigkeit dieser Hypothesen und handeln dementsprechend. Aber ob eine Hypothese aus wissenschaftlicher Sicht zutrifft haengt nicht davon ab, dass sehr viele an deren Richtigkeit glauben.

Der Sozialpädagoge ist ein Wissenschaftler und arbeitet als solcher nach
wissenschaftlichen Methoden - und eben nicht, wie etwa die Eltern, aus dem
Bauch heraus.

Gerade beim wissenschaftlichen Arbeiten der Sozialpaedagogen setze ich ein grosses Fragezeichen. Wieviele ihrer Hypothesen wurden denn tatsaechlich in der Praxis wissenschaftlich hinreichend experimentell bestaetigt? Die ernuechternde Antwort ist: fast keine. Wollte man diese Hypothesen experimentell bestaetigen, muesste man eine Unzahl von moralisch aeusserst fragwuerdigen Menschenexperimenten durchfuehren, was man aus ebendiesen moralischen Gruenden logischerweise unterlaesst. Dadurch aber bleiben die Hypothesengebilde, auch wenn sie noch so einleuchtend und in sich widerspruchsfrei erscheinen, reine Theorie und somit wissenschaftlich nicht durch die Wirklichkeit untermauert. Dieses Handicap findet man in den Sozialwissenschaften durchwegs.

Bei der Ingenieurswissenschaft hingegen kann man beliebig viele und umfangreiche Materialexperimente durchfuehren. Die physikalischen Eigenschaften von bewaehrten Bau- und Werkstoffen sind ausgiebig erforscht, die mathematischen Grundlagen der Statik und Dynamik wurden in der Praxis hinreichend ausgetestet, womit die dahinterstehenden Theorien eben nicht mehr blosse Theorien sind sondern die Feuerprobe in der Praxis laengst bestanden haben. Pech fuer all die Sozialwissenschaftler, dass das bei ihnen anders ist.

Weil die meisten Menschen nicht in der Lage sind, diese
analytische Methodik hinter dieser Arbeit zu erkennen, wird die Kompetenz
der Sozialberufe völlig unterschätzt. Mit Mathematik hingegen hat
zwangsläufig jeder so seine Erfahrungen gemacht. Das wird dann einfach auf
das Ingenieursstudium übertragen.

Die analytische Methodik der Ingenieure ist den meisten Menschen so wenig vertraut wie die analytische Methodik der Sozialberufe. Dein Einwand ist somit irrelevant.

Und daraus folgt: Berufe werden
keineswegs nur nach Leistung oder Fähigkeit bezahlt, sondern auch nach
deren gesellschaftlichen Status. Und da ist es eben auffällig, dass die so
genannten "Frauenberufen" trotz gleichwertiger Qualifikation einen deutlich
geringeren Status aufweisen - und dementsprechend auch schlechter bezahlt
werden.

Nochmals: der Markt bestimmt den Preis von bestimmten beruflichen Qualifikationen. Die Leistung selbst ist lediglich innerhalb eines bestimmten Berufs ein Faktor fuer die Lohnhoehe. Das leuchtet auch unmittelbar ein, denn die voellig unterschiedlichen Leistungen eines Ingenieurs, eines Sozialpaedagogen oder eines Waldarbeiters koennen gar nicht miteinander verglichen werden.

Ich bin kein Feminist, aber diese ungleiche Bewertung der Berufsfelder
finde ich schon recht auffällig, zumal sie eben nichts mit Qualifikation
und Leistung zu tun hat.

Der Markt orientiert sich an Angebot und Nachfrage. Die Nachfrage aber kann man kuenstlich stimulieren, worauf dann das Angebot entsprechend reagiert. Der Markt basiert in unserer heutigen Konsumgesellschaft weitgehend auf Psychologie. Wenn Sozialberufe schlecht bezahlt sind, liegt es ganz einfach an einem Ueberangebot bzw. einer fehlenden Nachfrage auf dem Markt.

Wenn aber der (freie) Markt im Sozialbereich keine genuegend hohe Nachfrage produziert, welche ein gewinntraechtiges Wirtschaften auf der Angebotsseite erlaubt, entsteht auch kein Angebot. Gerade bei den Sozialberufen versucht man deshalb den Markt zu umgehen, indem man einen Monopolisten (naemlich den Staat) ins Spiel bringt, der die Preisdifferenz zwischen dem niedrigen Nachfragepreis und dem als 'gerecht' empfundenen wesentlich hoeheren Angebotspreis durch zwangsweise eingetriebenes Geld (Steuern) bezahlt. Da der Staat selbst chronisch knapp bei Kasse ist, versucht er die Preisdifferenz moeglichst klein zu halten. Folge davon: die staatlich subventionierten Sozialberufe sind zumeist schlecht bezahlt; wenn sie allerdings dem freien Markt ausgesetzt waeren, wuerden sie noch schlechter bezahlt.

Ausnahme: es gelingt einer politischen Lobby durch gezielte Bearbeitung der betr. Entscheidungstraeger die Subventionen zugunsten der eigenen Klientel und zulasten anderer Anspruchsgruppen in die Hoehe zu treiben. Die anderen Anspruchsgruppen haben aber zumeist ebenfalls eine Lobby, wodurch es zu einem (freien) Wettbewerb diverser Lobbygruppen zur Erlangung staatlicher Subventionen kommt. Wer diesen Wettbewerb gewinnt, erhaelt mehr staatliche Subventionen und dadurch hoehere Loehne. Die umzuverteilende Staatsknete ist aber letzlich beschraenkt, was den Konkurrenzkampf unter den Lobbygruppen ziemlich hart werden laesst.

. Wochenendzuschläge

. Nachtzuschläge


Dazu sei gesagt: Die Sozialpädagogen, die ich kenne, arbeiten ALLE nachts
und am Wochende! Oder glaubt hier irgendwer, dass ein Erziehungsheim oder
eine sozialpsychatrische Einrichtung so etwas wie "Öffnungszeiten" hat?
Und gefährlich kann dieser Beruf auch sein, wenn man z.B. mit Alkoholikern
oder anderen Suchtkranken arbeitet. An- und Übergriffe sind da keine
Seltenheit.

Mag sein. Ist aber durch das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage auf dem Markt bereits lohnmaessig abgegolten. Niemand muss einen solchen Job ergreifen; wer es dennoch tut, sollte sich vorgaengig ueber alle wesentlichen Vor- und Nachteile des Berufes informieren, anstatt hinterher herumzujammern, er sei unterbezahlt, habe lange und unregelmaessige Arbeitszeiten, regelmaessigen Wochenenddienst etc. etc.


Gruss

Maesi


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