Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Von Gott kann man keine Vorstellung haben.

Chato, Wednesday, 24.10.2007, 05:58 (vor 6632 Tagen) @ Student
bearbeitet von Chato, Wednesday, 24.10.2007, 06:08

Moin Student!

Ich behaupte, daß man sich Gott nicht vorstellen kann. Er ist höher als jede Vorstellung (und "höher als alle Vernunft").

Genau so ist es! Ich gehe noch weiter und behaupte: Wer tatsächlich an Gott glaubt, der macht das überhaupt nur deshalb, weil er eben keine Vorstellung von Gott hat und sie auch nicht benötigt. Man möchte Ihn sich dann gar nicht konkret vorstellen, weil das die Wirklichkeitserfahrung abschneidet und ihr völlig entgegensteht. Bei mir ist das jedenfalls so und ich vermute, daß es bei dir nicht anders sein wird.

Daraus erhebt sich allerdings in denjenigen Fällen ein ganz spezifisches Problem, wo ein anderer mich nach Gott fragt und damit ausdrücklich eine Vorstellung verbunden wissen will. Der völlig zutreffende Satz: "Man kann sich Gott nicht vorstellen", wird dann wegen des präexistenten Vorurteils, nur Vorstellbares könne überhaupt existieren, regelmäßig so mißverstanden, daß Gott nicht sein könne, wenn Er nicht vorstellbar ist.

Was ist da zu tun? Es ist natürlich sinnlos, konkret über Gott zu reden, wenn sogar seine Menschwerdung, die ja unserem Angewiesensein auf Vorstellbares Rechnung trägt, keinen Anknüpfungspunkt mehr bietet. Soweit ist es ja inzwischen weithin schon gekommen! Ich denke, daß dann zunächst bloß das Sensibilisieren für die grundsätzliche Fragwürdigkeit menschlicher Vorstellungsmechanismen, für ihre prinzipielle Bildhaftigkeit und apologetische Wirklichkeitsferne, Voraussetzungen für spätere Einsicht vorbereiten kann. Mehr ist bei solcher Ausgangslage nicht drin. Man darf dann freilich nicht erwarten, daß das freundlich aufgenommen wird, sondern muß mit heftigsten Projektionen und Beschuldigungen rechnen, weil damit ja auch die Ich-Vorstellung des Betreffenden zu schwanken beginnt - und das macht Angst (obwohl gar kein Grund dafür besteht).

Hinter der Forderung nach der Vorstellbarkeit Gottes steckt im Prinzip die Prämisse von der Vorstellbarkeit von "Ich". In manchen Fällen kann die Sache dann von hier her aufgerollt werden, wenn nämlich bereits die Erfahrung oder doch eine deutliche Ahnung vorhanden ist, wie sehr Sein und Vorstellung von "Ich" in Wahrheit auseinanderfallen. Aber wo das vorgestellte Ich naiv und heftig verteidigt wird, funktioniert das selbstverständlich nicht.

Man kann aber eine Gewißheit von ihm haben. Man wird ihn dann lieben und sich durch ihn geliebt wissen.

Das ist das A und O der Sache! Aber sag mal zu jemandem, der in fixen Vorstellungen zu leben gewohnt ist, er möge sich Gewißheit über etwas Unvorstellbares verschaffen. Der zeigt dir doch einen Vogel :-)) Es ist zwar in Wahrheit ganz kinderleicht (im Wortsinne!), aber eben deshalb für viele schier unmöglich. Das Ich muß halt immer bei allem dabei sein und seine Vorstellungen dürfen auf keinen Fall infragegestellt werden. Man könnte auch sagen, daß das Ego keinen anderen Gott neben sich duldet. Solange das so ist, kann Gott nicht erfahren werden, was den Götzen des Ego nur umso mehr darin bestätigt, daß es zwar diesen Götzen gibt, nicht aber einen Gott über ihm. Das dreht sich im Kreis und es hilft nur noch die bittere Erfahrung des Lebens. Für dritte heißt es ab da: strikt raushalten. Das bleibt dann die innere Angelegenheit eines anderen Menschen, der selber damit klarkommen möchte und es also auch muß.

Man kann auch einen - äußerst abstrakten - Begriff von ihm haben. Der taugt aber als solcher nicht viel.

Im Gegenteil, ein solcher Begriff wird früher oder später zum unüberwindlichen Hindernis, wenn er nicht preisgegeben wird. Und je besser er ist, desto schwieriger ist das Loslassen. Manche modernistische Theologie legt beredtes Zeugnis davon ab, wie atheistisch auch und gerade Christen werden können, die hochkomplexe Gottesbegriffe vor sich herwälzen.

Vielmehr kommt es auf das Erlebnis an. Denn der Intellekt ein schlechter Zugang zu Gott, wie überhaupt zu jedem Liebeserlebnis.

Ja, Erfahrung ist das A und O bei der ganzen Sache! Eine sehr profane Analogie dazu: wer unter der fixen Idee leidet, er könne den Geschlechtsverkehr nur dann ausüben, wenn er bei seinem Vollzug immer alles genau im Blick behält, beobachtet, bewertet und analysiert, ist 100% impotent und wird natürlich nicht dadurch potenter, daß er diese verdrehten Ideen mit vermehrter Intensität forciert, sondern dadurch, daß er diesen ganzen Mist einfach vergißt. Und wenn er es sich aber nicht vorstellen kann, daß man das Zeug alles vergessen kann? Dann bleibt er eben impotent. Was sonst?

Ein Gott, von dem man eine Vorstellung hat, ist gar kein Gott.

...sondern eben eine Vorstellung! *LOL*

Vielmehr handelt es sich dann um eine Illusion; eine anschauliche Konkretisierung von Wünschen, Hoffnungen, Ängsten
oder Enttäuschungen. Davon sollte man sich freimachen. So besehen ist "Atheismus" also nicht ganz falsch.

Atheismus ist m.E. eine Art seelische Impotenz im oben beschriebenen Sinne. Natürlich ist es nicht nur nicht ganz falsch, sondern kreuzehrlich zu sagen: "Ich krieg keinen hoch!", wenn man keinen hochkriegt. Besser wäre es natürlich für den Betreffenden, wenn er stattdessen einen hochkriegte, weil ihm sonst nämlich alles entgeht, was er sich nicht vorstellen kann. Und das ist so gut wie alles. Schade natürlich...

So, und damit möchte ich mich aus dieser Debatte erstmal ausklinken. Was nicht geht, soll man lassen.

Gruß vom
Nick :-)

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Wenn wir Toren wüßten, daß wir welche sind, wären wir keine.


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