Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Von Affen, Menschen und Briketts

Chato, Wednesday, 24.10.2007, 00:03 (vor 6632 Tagen) @ Nihilator

N'abend Nihi!

Wunderbar. Dann sind wir uns wohl vollkommen einig. Daß es alles sei, habe ich nie auch nur angedeutet.

Ich weiß, du hast es weder gesagt noch angedeutet. Aber ich argumentiere doch gerade damit, daß du das bloß deshalb behaupten kannst, weil dir nicht bewußt ist, daß dies bereits in deinem reduktionistischen Denken drinsteckt und nur deswegen von dir nicht bemerkt, sondern automatisch immer vorausgesetzt wird - obwohl es erwiesenermaßen verkehrt ist!

Die einzige geistige Tätigkeit, die in unserer atheistischen Welt noch als "wahrheitserzeugend" akzeptiert wird, ist der Reduktionismus. Das ist derart selbstverständlich geworden, daß der Unfug dieser Annahme gar nicht mehr auffällt. Weiter unten behauptest du ja selbst expressis verbis, die reduktionistischen Bilder seien "unser einziger Zugang zur Wahrheit"! Mach dir bitte klar, daß du hier stillschweigend voraussetzt, was dir dann hernach wie ein Ergebnis vorkommt und daß du das deshalb nicht von selbst bemerkst: Reduktionismus kann kein Weg zur Wahrheit sein, sondern nur zu Bildern, und Bilder sind nun mal nicht wahr.

Das Bild eines Baumes ist kein Baum!

Aber diese Lösung verrate ich hier nicht, denn ich will ja die Pointe nicht versauen *g*


Schade. Dabei bin ich so gespannt. *ggg* Was wird da wohl Überraschendes kommen?

Ich sagte, daß ich die Pointe nicht verraten würde. Du erfährst sie dann, wenn du die Frage selbst weiter und zuende denkst.

Zu sagen, eine wundervoll geprägte Goldmünze sei Gold, ist nicht wahr, sondern reduktionistisch.


Heißt das, es ist nicht wahr? Wäre eine mehr als verwegene Behauptung.

Die Behauptung, sie sei Gold ist nicht wahr, nein. Sie ist aus Gold, ja, aber das Gold macht sie nicht zur geprägten Münze, sondern das Prägen. Reduktinismus unterscheidet sowas eben nicht, sondern reduziert, wie der Name sagt. Dabei bleibt immer viel von der Wahrheit auf der Strecke zugunsten von Abstraktionen, die dann als verkehrte Vorstellungen ein Eigenleben in unserem Geist führen, ihn vielfältig vorprägen und uns komplexe Gewißheiten simulieren, wo in Wirklichkeit nur Irrtum oder Lüge herrschen. Man kann auch sagen: "Wir werden dadurch systematisch fremdgedacht und denken nicht mehr selbst!"

Parallel dazu findet in manchen Wissenschaften eine immer weitergehendere Spezialisierung statt, so daß vom Einzelnen über immer weniger immer mehr gewußt wird, was asymptotisch dahin geht, daß man durch weitere Zunahme solchen Wissens schließlich über nichts alles und über alles nichts mehr weiß.

Wirklichkeit. Heute ist der Reduktionismus aber nicht mehr nur naturwissenschaftliche Methode, welche sich
ihrer Grenzen und ihres Zweckes bewußt ist, sondern er ist Leitphilosophie geworden und beansprucht Wahrheit,
ja letzte Wahrheit zu sein. Deshalb hatte ich dir ein "nur" nicht in den Mund gelegt (abgesehen davon, daß du nicht
der einzige bist, der sich hier geäußert hat), sondern das "nur" steckt bereits im reduktionistischen Denken selbst.


Meine ich "nur", schreibe ich "nur", meine ich "auch", schreibe ich "auch". Schreibe
ich mal weder noch, ist es Unterstellung, eine der beiden Bedeutungen zu behaupten.

Nein, diese Annahme war berechtigt, erstens aus Prinzip, weil das "nur" bereits in der Reduktion deines Denkens selbst steckt, wie ich erläutert habe, und zweitens auch konkret, denn deine Ausführungen waren ja eine Widerrede gegen den Studenten, der behauptet hatte, der Mensch sei kein Tier. Wenn du dem ausdrücklich widersprichst und dabei "auch" oder "nur" wegläßt, steckt das "ist nur Tier" implizit in deinem Widersprechen - und gewiß nicht in dem, was du "wegläßt". Warum läßt du es denn weg, wenn nicht deshalb, weil dir das "auch nur ein Tier" spontan eben derart selbstverständlich ist, daß du es, obwohl es die in Rede stehende Frage war, nicht eigens differenzieren zu müssen meintest?

Reduktionismus schafft nicht Wissen, sondern Bilder von der Wirklichkeit, und Bilder sind nunmal nicht wahr.


Sie sind aber unser einziger Zugang zur Wahrheit.

Nein.

Unser Denken funktioniert nunmal so.

Falsches Denken, das nur sinnliche Erkenntnis im Diesseits als wahr unterstellt, funktioniert so.

Immerhin gestattet es uns die Erkenntnis, daß totale Erkenntnis uns nicht möglich ist.

Sobald das erkannt wird, fängt die Prämisse des materialistischen Atheismus an einzustürzen.

Das ist doch nett - oder ist es gerade gemein?

Gemein ist es gegenüber dem seit über zwei Jahrhunderten gehegten Vorurteil, der Mensch sei allwissend oder doch auf dem Weg dorthin. Nett ist es freilich, diesen ideologischen Irrsinn endlich loszuwerden. Aber das merkt man erst, wenn man ihn auch loswerden will und nicht heimlich doch gerne allwissend wäre.

Um mit Logos beurteilen zu können, ob etwas wahr oder falsch ist, muß man sogar zwangsläufig simplifizieren.

Du meinst hier die Aussagelogik, nicht wahr? Mit ihr lassen sich abstrakte, wahre Aussagen aufgrund von Axiomen (Vorannahmen) machen, welch letztere nicht mit Methoden der Aussagelogik überprüfbar sind. Man erhält also einfach unten Aussagen über das, was man oben reingesteckt hat. Aber wieviel das Ganze mit der Wirklichkeit zu tun hat, das hängt nicht von der formalen Logik ab, sondern von der Wirklichkeitsgemäßheit der Axiome. Wenn ich annehme, daß Gott nicht existiert, dann folgt daraus, daß der Mensch allein im Kosmos ist. Das ist logisch wahr, aber keine Aussage über die Wirklichkeit. Ein ganz besonders beliebter Taschenspielertrick von Atheisten, übrigens... :-)

Kein Mensch kann schließlich erfassen und verstehen, was ein Ding (z.B. Mensch) in toto ist, dazu langt's halt nicht.

Eine entscheidende Einsicht!

Aber wir können Teilaspekte erfassen, wie z.B.: [...]

Woraus wir aber eben nicht selbst "das Ganze" zusammenbauen können.

Mißbrauchsmöglichkeiten gibt es dadurch, die Gefahr allgemeiner Entwertung des Menschen auch.
Mir scheint, wir haben hier Wissen, das man besser nicht wissen sollte. Was schlägst Du vor, verbieten?

Die meisten haben das wesentliche Wissen nicht mehr, das wir besser wissen sollten: daß wir Geschöpfe sind, die ihr Tun und Lassen vor ihrem Schöpfer zu verantworten haben. Die Mißbrauchsmöglichkeiten entstammen nicht primär dem falschen Denken, sondern das falsche Denken ist Konsequenz des Wunsches nach Mißbrauch.

Adam und Eva halt: Erbsünde.

Gruß vom
Nick

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Wenn wir Toren wüßten, daß wir welche sind, wären wir keine.


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