Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Psychogenese des Männlichkeitsverrats

Manfred, Tuesday, 30.07.2002, 05:30 (vor 8534 Tagen) @ Karl

Als Antwort auf: Psychogenese des Männlichkeitsverrats von Karl am 29. Juli 2002 13:54:00:

Hallo!

Hypothese:
Kann es sein, daß deser "Männlichkeitsverrat" nur eine Blüte eines Phänomens ist, daß uns und unsere gesellschaft eigentlich in verschiedensten Auswirkungen ständig und überall durchzieht?

Nämlich das Phänomen, das gar im grunde gar keins ist: ich spreche von einer neuen Qualität der Unaufrichtigen Lebensführung, die auf kurzfristige psychische Highlights setzt und dabei vesucht ohne jegliche Vorleistung auszukommen. Eine Art totale geistige Droge...

Konkreter:
Früher (und immer auch heute noch) gab es soetwas wie einen Kodex der redlichkeit, indem unter anderm auch (ohne geschriebenes Gesetz) festgelegt war, wann jemand auf etwas stolz sein konnte. Es gab Regeln wann jemand etwas geleistet hat für sich oder auch für andere. Das erhabene Gefühl des Stolzes und der Anerkennung war -sollte es ein redliches gefühl sein- zwingend verknüpft mit einer anerkennenswerten Vorleistung. Optisches Aushängeschild solcher Vorleistung konnte sein die öffentliche Würdigung, der orden sofern es um Leistungen für andere ging, oder ein "Statussymbol" sofern es um Leistungen für sich selber ging.

Ein Statussymbol z.B. die Villa , die teure Limousine hatte also nicht nur den direkten Zweck der materiellen befriedigung erfüllt, es half zugleich einen evtl. ebenso wichtigen oder sogar noch bedeutenderen psychisch/mentalen Vorteil seiner Umwelt gegenüber zu ereichen.

gutes Auto --> gute Leistungen im Beruf--> besserer Mensch

das ist die vereinfacht dargestellte Kausalkette die ich sehe.
Aber die Zeiten sind schnellebiger, das Leben komplexer geworden.
Statussymbole müssen längst nicht mehr materiell sein, es kann auch die Weltreise sein, oder sehr beliebt: Bildung, die "geistige Überlegenheit" als Krone aller Werte wurde als Angriffsziel erkannt.
noch vor 40 jahren hatten in Deutschland 10% aller Schüler mittere Reife 5% Abitur. Der Prozentsatz der Akademiker dürfte entprechen geringer gewesen sein. 85% aller Schüler hatten also Hauptschule bzw. keinen Schulabschluß.
Die Masse dieser "einfachen leute" dürfte diesen jedoch eine gewisse psychologische Stabilität in ihrem Selbstwertgefühl verliehen haben. Es war die Normalität ein "einfacher Mensch" zu sein.

das scheint heute anders zu sein.
Die klassichen Statussymbole sind längst keine hinreichend guten Indizien mehr für Qualität der Person. Sie haben zu weite Verbreitung gefunden. Ihren Anspruch auf Exklusivität eingebüßt. Und, ganz wichtig: sie taugen nicht mehr als Echtheitszertifikat! Die Rollex oder Escada-Bluse bekommt man gefälscht, den Dr.Titel kann man kaufen, Handys kosten 1 Euro, und den Merzedes least man oder leiht ihn von Papi. Was ein Abi aus Bremen wert ist erfährt man aus der Pisa-Studie ;-)

Und jetzt die einfache Essenz, Politiker und andere gruppierungen haben es längst erkannt: warum sollte man sich all dies flüchtigen Satussymbole so hart erkämpfen wenn sie gar nicht mehr soviel bringen. Man kann es versuchen, aber es kostet Zeit, Geduld und verlangt einem zuweilen echte Leistung ab.

Eines der imposantesten Statussymbole bekommt man nämlich frei Haus geliefert. Man muß dafür weder wirklich intelligent sein, noch fleißig oder gar ehrlich. Es reicht wenn man mit alles guten Sitten und Prinzipien bricht das Rückgrat herausnimmt und zum Moralheuchler a la Carte avanciert.

Man muß die edlen Eigenschaften gar nicht haben. Man muß keinen Friedenswillen haben, man muß nicht fleißig oder intelligent sein.
man muß keinerlei höhere Ziele verfolgen. Es reicht völlig so zu tun als ob! das allerdings sollte man mit viel schauspielerischer Überzeugung darlegen können. So einfach sehe ich das.
Man mache sich einfach die 10 besten Gedanken und Trendy-Meinungen zu eigen, hülle sie in ein paar wichtigtuerische Phrasen, halte ein paar dumme Klischees bereit und geboren ist der bessere Mensch. Beim Rasieren (oder schminken) sich in die Augen zu schauen ist eine Tugend, die man sich abgewöhnen kann. Wer es gut kann ist in so mancher Partei karriereverdächtig. Und er/Sie kann sich gewiss sein, die Anhängerschaft Gleichgesinnter, die sich hier noch als willenlose Lemminge dem Herdentrieb unterliegend anschließen, wird groß sein.
Diese methode spart unendlich viel Tiefgang und Gehirnschmalz. Eine wirklich schicke und edle Meinung ist sowas wie ein selbststärkendes Tabu.
Sie kann sogar gegenüber sachlich überlegene Argumenten bestehen, weil die Lüge wenn sie geschickt verpackt ist einfach die Massen besser anspricht.
Eine lüge die verspricht, daß sie einen als besseren Menschen aussehen läßt, ist ja sowas von apart. Man gibt sie nicht einfach auf, nur weil da einer mit logischen Argumenten daherkommt. Das erfordert nachdenken und ist unbequem. Ausserdem ist man ja in die Gemeinschft der Herde/ Mitschwestern eingebunden.
Eine gute Lüge mit tiefenpsychologischer Drogenwirkung ist bequem und hat daher eine lange Lebensdauer. So einfach sehe ich das (trotz des langen Textes)

Gruß
Manfred


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