Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Mario M., das Mädchen und das Geld

Christine ⌂, Sunday, 17.12.2006, 18:06 (vor 6930 Tagen) @ carlos

Folgenden interessanten Artikel gebe ich hier mal teilweise wieder, der Rest kann ja nachgelesen werden.
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14. Dezember 2006

URTEIL IM STEPHANIE-PROZESS
Mario M., das Mädchen und das Geld

Von Gisela Friedrichsen , Dresden

Mario M. hat im Fall Stephanie die Höchststrafe bekommen. Es war der spektakulärste Prozess des Jahres. Nicht nur wegen des unfassbaren Falls. Sondern auch weil die Rechtsbeistände des Mädchens mit ihrer Kampagne hohen Schadensersatz herausschlagen wollen - auf Kosten des Kindes.

Ist das Urteil angemessen? Ein an der obersten Grenze des Strafrahmens angesiedeltes Strafmaß war im Prozess gegen Mario M. vor dem Landgericht Dresden nach der Hauptverhandlung zu erwarten gewesen. Aber nicht unbedingt dieses nicht mehr zu toppende Ergebnis: 15 Jahre Freiheitsstrafe wegen Geiselnahme in Tateinheit mit Entziehung Minderjähriger, Vergewaltigung, schweren sexuellen Missbrauchs und Körperverletzung - plus Sicherungsverwahrung.

Mario M., der am 11. Januar die damals 13-jährige Stephanie auf dem Schulweg in einen Lieferwagen gezerrt, in eine Kiste gepfercht und in seine Wohnung verschleppt hatte, wo er sie in den folgenden fünf Wochen unzählige Male vergewaltigte und sexuell aufs übelste missbrauchte - ihm wurde von der Dresdner Strafkammer jede Milderung versagt.

Dass er sieben Stunden lang umfassend alle Details der Tat gestanden hatte; dass er damit sein Opfer vor einem Zeugenauftritt vor Gericht bewahrte; dass bei ihm laut psychiatrischem Gutachten eine schwere Persönlichkeitsstörung vorliegt; dass er, wie der Vorsitzende sagte, "einer nicht mehr hinzunehmenden Vorverurteilung in den Medien" ausgesetzt war; dass er Reue bekundete und sich um Wiedergutmachung bemühte - nichts davon brachte ihm auch nur einen Tag Strafe weniger ein.

Sogar die Staatsanwaltschaft hatte sich vom Richterspruch noch übertreffen lassen müssen. Sie hatte eine Strafe von 14 Jahren und neun Monaten beantragt. M.s Verteidiger, der Dresdner Rechtsanwalt Andreas Boine, fragte nach der Urteilsverkündung, ob man einem Angeklagten künftig noch raten könne zu gestehen, wenn sich davon nichts mehr auf das Strafmaß auswirke.

Der Rechtsstaat, so möchte man fast sagen, hat also Flagge gezeigt, hat bewiesen, dass er sehr wohl stark ist und hier dem Anliegen des Opfers Rechnung trug, das verständlicherweise die Höchststrafe verlangte. Doch ist das alles?

Eine Wiedergutmachung für das, was Stephanie angetan wurde durch den Angeklagten - und weiterhin angetan wird durch die Kampagne ihrer Berater - kann der Strafprozess nicht leisten. Selbst die härteste aller denkbaren Strafen beseitigt den angerichteten Schaden nicht. In welchem Ausmaß das Kind durch weiter fortdauernde Medienpräsenz beeinträchtigt wird, indem es seiner Identität verlustig geht und sich mittlerweile angesichts von Kontakten zu Schauspielern und Prominenten vermutlich selbst wie ein Star vorkommt, müssen sich diejenigen fragen, die hier nicht einen Riegel vorschieben. In der neuesten Ausgabe einer Zeitschrift wird eine fröhlich über ihre Erlebnisse bei M. plaudernde Stephanie mit den Worten zitiert: "Ich fühle mich wohl in meiner Haut..."

Der Vorsitzende Richter Tom Maciejewski hat in der Urteilsbegründung auch dem von der Nebenklage behaupteten Skandal fehlerhafter polizeilicher Ermittlungen widersprochen: In der Hauptverhandlung habe sich gezeigt, dass die Beamten "mit großem Engagement und hohem persönlichem Einsatz" die Sache aufgeklärt hätten. Bekanntlich war die Polizei dem Täter erst dadurch auf die Spur gekommen, dass Stephanie während eines nächtlichen Ausgangs mit ihrem Peiniger unbemerkt einen Zettel hatte fallen lassen mit einem Hilferuf. Zuvor war in vielerlei Richtungen ermittelt worden, ohne Erfolg allerdings. Denn niemand hatte beobachtet, wie das Mädchen überfallen worden war. Ob die Polizei tatsächlich früher hätte Verdacht schöpfen können gegen M., wie es die Nebenklage immer wieder behauptet, ist durchaus fraglich.
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Hi Carlos,

ich gebe zu, das ich mit der obigen Argumentation so meine Probleme habe, andererseits diese aber auch nachvollziehen kann.
Was bekommt wohl jemand, der das Gleiche macht und anschließend das Kind tötet? Immerhin würde dadurch zumindest die Chance steigen, das derjenige nicht erwischt wird.
Fragen über Fragen...

Liebe Grüße - Christine

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Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein


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