Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Klagen, EUGH, usw.

Timothy, Monday, 07.12.2009, 15:39 (vor 5867 Tagen) @ Eugen

Hallo Timothy,

vielen Dank für diese Informationen, die für mich durchaus kein alter Hut
sind. Ich bin ja kein Jurist und für alle Hinweise in dieser Richtung
dankbar. Wenn wir den Weg der Klage nutzen wollen, dann sollte das schon
mit einer gewissen Aussicht auf Erfolg geschehen.

Das Beispiel von A. Dory ist allerdings interessant. Sogar als
juristischer Laie hätte ich gewettet, dass die Klage mit der Begründung
abgeschmettert wird, mit der sie dann auch abgewiesen wurde: Die berufliche
Benachteiligung sei eine durch die Wehrpflicht hinzunehmende
Begleiterscheinung. M.W. war die berufliche Benachteiligung ja Gegenstand
der Klage von Dory.

Gruß, Eugen

Freut mich zu hören. Ja das Beispiel ist wirklich interesant, wobei man sagen muss dass die Sache nicht von anfang an so klar war, denn die Motivation zu seiner Klage erhielt Dory durch ein vorangegangenes Urteil des Europäischen Gerichtshofs, welches Frauen den Zugang zu den Laufbahnen an der Waffe innerhalb der Bundeswehr ermöglichte, mit der Begründung das es sich um Arbeitsverhältnisse handelt, welche unter das Gemeinschaftsrecht fallen.

Dory argumentierte also einerseits das es zu beruflichen Verzögerungen kommt, andererseits aber auch das die einseitige Einberufung gegen den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen verstoße.

Hier mal ein kleiner Auszug aus dem Urteil:

"Die Entscheidungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Organisation ihrer Streitkräfte können zwar nicht vollständig der Anwendung des Gemeinschaftsrechts entzogen sein, insbesondere wenn es um die Wahrung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Zusammenhang mit Arbeitsverhältnissen geht, vor allem beim Zugang zu militärischen Berufen. Daraus folgt jedoch nicht, dass Entscheidungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der militärischen Organisation, die die Verteidigung ihres Hoheitsgebiets oder ihrer unabdingbaren Interessen zum Ziel haben, unter das Gemeinschaftsrecht fallen. "

Eine Auslegungsfrage also. Wenn es um die berufliche Laufbahn im Militär geht zählt man den beruflichen Aspekt stärker, ergo Gemeinschaftsrecht, und wenn es um die Wehrpflicht geht zählt man die Sicherheitsinteressen des Landes stärker, ergo kein Gemeinschaftsrecht. Vielleicht wäre die Sache anders ausgefallen wenn die Generalanwältin (diese erstellt das Gutachten dem die Richter meist folgen) nicht zufällig eine österreichische Juristin gewesen wäre, und an dieser Grundsatzentscheidung nicht so ein "Rattenschwanz" in wichtigen Mitgliedsstaaten dranhängen würde.

Gruß Timothy

PS: In welchen Fällen habt ihr denn über Klagen nachgedacht?


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