Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Gleichberechtigung - Gleichverpflichtung

Maesi, Saturday, 05.01.2002, 01:16 (vor 8739 Tagen) @ Christiane

Als Antwort auf: Re: Gleichberechtigung - Gleichverpflichtung von Christiane am 03. Januar 2002 21:46:00:

Hallo Christiane

Die Frauen werden schon nachziehen, wenn die Männer beginnen sich zu verändern; schließlich müssen sie das, wenn sie nicht alleine bleiben wollen. (und das wollen sie garantiert nicht).
Auch die Emanzipation wurde von einigen Frauen begonnen und sie weitete sich aus.Anders wird der Weg der Männer wohl auch nicht sein können.

Hier hast Du IMHO eine etwas falsche Vorstellung der modernen Frauenbewegung. Schon mit deren Beginn vor ca. hundert Jahren (Suffragettenbewegung) wurde vom Mann verlangt, sich zu aendern; beide Prozesse (die Emanzipation sowohl der Frauen als auch der Maenner) sollten nach Meinung der Frauenbewegung parallel ablaufen. Wie immer in sozialen Bewegungen gab es natuerlich Wortfuehrerinnen, Vordenkerinnen und Strateginnen, die ihrer Zeit sozusagen voraus waren; meist jedoch sind gerade diese Vorkaempferinnen mit den erzielten Resultaten unzufrieden, weil sich die Bewegung spaeter anders entwickelte, als sie sich urspruenglich vorgestellt hatten. Dieses Phaenomen ist z.B. auch bei Doris Lessing und anderen sichtbar. Das Sprichwort 'Die Revolution frisst ihre Kinder' kann auch auf die moderne Frauenbewegung angewandt werden (wenn auch nur im uebertragenen Sinne).
Die Emanzipation wurde uebrigens von den beiden Weltkriegen (v.a. dem Zweiten Weltkrieg) wesentlich vorangetrieben; war es doch notwendig, dass Frauen sehr stark in der industriellen Produktion eingesetzt wurden, um Maenner fuer den Kriegsdienst freizustellen. Diese einschneidende Aenderung der Rolle der Frau, hat die Gleichberechtigung viel weiter gebracht, als die ganze vorherige Suffragettenbewegung, welche schwerpunktmaessig in buergerlichen Kreisen Fuss gefasst hatte. Die arbeitenden Massen waren davon kaum betroffen; die hatten naemlich ganz andere Probleme.

Nun kann man das aber schlecht nur dadurch ändern, daß die Männer sich ändern. Auch bei den Frauen muß ein Umdenk-Prozeß stattfinden.[/i]

Ja, das muß er. Aber das ist der zweite Schritt vor dem ersten. Umdenken beginnt immer dann, wenn man mit etwas konfrontiert wird. Vorher nicht.

Ich nehme an Du meinst: 'Das ist der zweite Schritt nach dem ersten'.
Muss tatsaechlich ein Umdenkprozess stattfinden? Ich glaube, der kategorische Imperativ wird zu oft eingesetzt. Ich muss nur zwei Dinge auf dieser Erde: naemlich sterben und Steuern bezahlen; alles andere ist freiwillig. *bg*
Wenn ich bereit bin bestimmte Konsequenzen zu (er)tragen, kann ich mich auch weigern, mich zu aendern. Zu oft wird suggeriert, es gaebe keine Alternative zu einer bestimmten Entwicklungsrichtung. Und selbst wenn ich mich aendere, muss das nicht notwendigerweise im Sinne einer Frauen- oder Maennerbewegung sein.
Ausserdem wird zu oft davon ausgegangen: die Maenner wollen dies, die Frauen wollen das. Das entspricht eindeutig nicht der Realitaet. Gerade jetzt ist eine Epoche, in der es sehr schwierig ist, einen laengerfristigen Trend auszumachen. Deshalb ist es auch sehr schwer abzuschaetzen, was eine Mehrheit der Maenner und Frauen heute tatsaechlich will und noch viel schwerer, was sie in 5-10 Jahren will.

Das bedeutet, daß die Männer beginnen müssen das zu leben, was sie sich für sich wünschen. Und dann werden die Frauen umdenken. Andersherum geht es nicht.

Wenn sich das eine Geschlecht aendert, heisst das nicht notwendigerweise, dass sich das andere Geschlecht in der gewuenschten Weise den Aenderungen anpasst. Die beiden Geschlechter koennten sich auch staerker von einander entfremden; IMHO ist momentan diese Prognose wahrscheinlicher. Und in diesem Falle ginge der Schuss nach hinten los.

>Denn auch in den Köpfen der Frauen hat sich die Emanzipation keineswegs voll durchgesetzt. Beispiel Hausarbeit: Es wird zwar immer verlangt, daß die Männer sich daran beteiligen sollten. Real sieht das aber in vielen Ehen und Partnerschaften so aus, daß die Frauen das gar nicht wirklich wollen. Viele Frauen betrachten den Haushalt als ihre Aufgabe und sehen überhaupt die gemeinsame Wohnung als ihr Revier. Bei allen Paaren, die ich kenne, läuft es so, daß die Frauen bestimmen, wie die Wohnung eingerichtet wird und daß sie den größten Teil der Hausarbeit auch allein machen. Nicht, weil ihre Männer zu faul dazu sind, sondern weil die Frauen gar nicht wollen, daß ihre Männer ihnen zu sehr dabei helfen.
Ja, da ist was dran!
Und aus verständlichen Gründen kämpfen die Männer dann auch nur sehr halbherzig darum in diesem Terrain Land zu gewinnen. ;-)

Das zeigt auch deutlich, dass sich der Feminismus als Ideologie bei den Frauen nie vollstaendig durchgesetzt hat. Einige feministische Anliegen war die Mehrheit der Frauen durchaus bereit aufzunehmen; in opportunistischer Manier hat sich der moderne Feminismus auf diese Gebiete, wo er erfolgreich war, konzentriert.
Gerade wenn es um Kinder geht, haben sich die Ideen der Altfeministinnen in Rauch aufgeloest. Noch heute beanspruchen die Frauen die primaere Kontrolle ueber den Nachwuchs, die feministischen Argumente ueber die Kettung der Frauen an ihre Kinder wird aber geschickt benutzt, um punktuell Vorteile zu erringen.
Das Leben der Kinder, v.a. wenn sie noch klein sind, spielt sich hauptsaechlich zuhause und in der Schule ab; niemals jedoch an einem Arbeitsplatz. Damit die Kontrolle ueber die Kinder aufrechterhalten werden kann, muss frau dort sein, wo der Nachwuchs ist: eben zuhause. Und die Arbeit, die sie dort verrichtet, ist die Hausarbeit. Ich gebe zu, eine ziemlich zynische Ansicht; aber als Erklaerungsmoeglichkeit, warum immer noch so wenige Frauen bereit sind, die Haupterwerbsrolle in der Familie anzunehmen, taugt sie mindestens so gut (oder vielmehr so schlecht) wie die, der angeblichen patriarchalischen Unterdrueckung der Frauen durch die Maenner.
Ein weiteres Problem ist, dass Frauen, die das haeusliche Umfeld fuer ihre eigene Domaene halten, in einem Hausmann natuerlich einen Rivalen sehen. Exakt das gleiche Verhalten entdeckten feministische Forscherinnen bei Maennern, wenn Frauen in einen Maennerberuf einsteigen wollten. Bezeichnenderweise sind diese Forscherinnen blind gegenueber der gleichen Situation im haeuslichen Umfeld.

Manche Frauen sagen sogar, daß sie die Hausarbeit gern machen.

Und wenn ein Mann auf die Idee kommt, als Hausmann zu Hause zu bleiben, findet seine Partnerin das meist überhaupt nicht toll.[/i]

Ja, weiter als die Männer sind die Frauen da wohl wirklich nicht. Beide sind zumeist mit der alten Rollenverteilung zufrieden.

Wenn beide mit der alten Rollenverteilung einigermassen zufrieden sind, braucht es auch keine Aenderung. Andere sind jedoch nicht damit zufrieden; die sollen dann halt neue Rollenmodelle ausprobieren. Die Gefahr liegt darin, dass ein altes Rollenmodell gegen ein neues, ebenso dogmatisches ausgetauscht werden soll.

Ich zumindest möchte nicht Hausmütterchen sein, obwohl ich gerne Hausarbeit mache. Aber NUR das wäre mir nicht genug. Und beides: Vollzeitarbeit UND Haushalt für 2 wäre mir zu viel.(Das hatte ich in meiner Ehe: Arbeit und ständig hinter meinem Mann und seinen Freunden hinterherputzen, wenn sie im Suff die Wohnung vollgekotzt haben)

Die beleidigende Bezeichnung des 'Hausmuetterchens' wird immer wieder aus der Mottenkiste feministischer Argumente hervorgeklaubt. Sie zeigt mir vor allem eines: eine bemerkenswerte Intoleranz gegenueber Menschen, die anders leben wollen, als die Leitfiguren des Feminismus proklamieren. Lass solche despektierlichen Termini in Zukunft bitte bleiben.

Und was die Jobs angeht: Irgendwo (ich glaube, in den USA) hat sich mal jemand die Mühe gemacht, und durch Umfragen ermittelt, welches die unbeliebtesten Tätigkeiten im Land sind. Letztendlich stellte sich dann heraus, daß 8 oder 9 der 10 dabei am meisten genannten Tätigkeiten Berufe sind, in denen vorwiegend oder ausschließlich Männer arbeiten...

Darüber sollte man auch mal nachdenken.[/i]

Darüber nachdenken kann ich erst, wenn ich mehr Informationen darüber habe: was das für Jobs sind; wer die Attraktivität der Jobs bewertet hat, warum Männer in diesem Job arbeiten usw...

Diese Untersuchung gab es tatsaechlich in den USA. Es wurden die 25 'miesesten' Jobs bezueglich Dreck, Bezahlung, Unfallrisiko und weiterer Kriterien untersucht. 24 dieser Jobs waren eindeutig Maennerberufe.
Es ist jedoch anzumerken, dass solche Jobs IMHO nicht einfach schlecht sind; ein Muellmann ist genauso notwendig, wie ein Universitaetsprofessor. Erst wenn die Muellabfuhr streikt, weiss man, wie wichtig die Muellmaenner sind.
Ausserdem koennen durchaus geschlechtsspezifische Unterschiede vorkommen, welche Berufe als attraktiv bzw. als mies angesehen werden.
Trotzdem kann diese Studie als Argument beigezogen werden, wenn Feministinnen wieder einmal die maennliche Ueberrepraesentanz in sogenannt besseren Berufen und gehobenen Stellungen monieren, und aufgrund dessen eine Frauenquote fordern, um eine angebliche (aber anderweitig nicht belegbare) Diskriminierung der Frau zu beseitigen. Ansonsten jedoch sollte diese Studie aus Maennersicht nicht ueberbewertet werden.
Wenn ich mich nicht irre, wurde diese Studie von Warren Farrell in seinem Buch 'Mythos Maennermacht' erwaehnt. Dieses Buch ist in der deutschen Uebersetzung laengst vergriffen, und eine Neuauflage scheint leider nicht in Sicht zu sein (sonst haette ich es laengst bestellt). Ist das vielleicht ein Resultat der feministischen Machtausuebung im Verlagswesen im deutschsprachigen Raum betr. die Gender-Problematik? Wer weiss... Vielleicht wuerde eine Quote fuer nicht feministisch indoktrinierte Menschen bei den Verlagen dem abhelfen. *eg*

Gruss

Maesi


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