Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: In China gibt es kein Geschlecht, denn es gibt in der Sprache kein Geschlech

Xenia, Monday, 23.08.2004, 20:12 (vor 7204 Tagen) @ hquer

Als Antwort auf: Re: In China gibt es kein Geschlecht, denn es gibt in der Sprache kein Geschlech von hquer am 23. August 2004 15:35:13:

Hallo hquer

Du hast nicht unbedingt Unrecht - alleine bleibt folgendes zu klären.
Ich habe mich hier natürlich auf die grammatikalischen Geschlechter bezogen, was auch sinnvoll war, denn dies widerlegt natürlich die alberne Theorie des "Sprache ist Biologie", das ist natürlich Unsinn. Denn wenn ich anerkenne, dass Sprachen verschiedene grammatikalische Geschlechter haben, dann erkenne ich auch an, dass Sprache ein in sich ausdifferenziertes, kulturelles Teilsystem ist, das eigen regeln besitzt, die ich nicht mehr oder nur noch mit allergrößter Mühe biologisch begründen kann.
Sprache weist bestimmten Zeichen einen bestimmten Sinn zu. Sie wird dazu nicht durch biologische Gründe gezwungen, allenfalls kann ich annehmen, dass biologische Merkmale, als da z.B. Phänotypen wären, hilfreich sind, um bestimmte semantische Gruppen zu bilden. Ich kann aber genauso annehmen, dass Sinnzuweisungen kulturell bedingt sind. Nur so als Beispiel: wenn in einer Sprache das Wort für Mann dasselbe ist, wie für Knecht (und es ist natürlich nicht bestimmbar, welches der Wörter zuerst da gewesen ist, vielleicht gab es erst das Wort für Knecht und ein anderes für Mann und später wurde biedes zusammengeworfen unter dem sprachlichen Zeichen für Knecht)
Wenn ich also annehme, dass solche Sinnzuweisungen getroffen werden können, dann muss ich annehmen können, dass dies für alle sprachlichen Zeichen gilt. Ich kann nicht willkürlich sagen: hier ja, dort nicht, nur weil ich meine, dass ich etwas kulturelles biologisch begründen könnte.

Wirklichkeit formt die Sprache und die Sprache formt die Wirklichkeit - beides ist richtig, aber diese Wechselwirkung ist bei einzelnen Bereichen, wie also zum Beispiel dem Geschlecht, sehr schwer auseinanderzuklamüsern. Das ist übrigens keine feministische Erkenntnis, sondern eine sprachwissenschaftliche - und wie bei so vielen Wissenschaften waren es auch in der Linguistik gänzlich unverdächtige Männer, die diese Theorien aufgestellt haben. Sich auf vermeintliche, biologische Tatsachen zu berufen bringt imho nicht viel, denn Biologie ist ein Totschlagargument. Wenn ich will kann ich fast alles biologisch erklären. Das hilft mir aber meistens nicht weiter.

Ich finds da unnötig Menschen ins Irrenhaus schicken zu wollen, nur weil man nicht versteht, worum es geht, oder weil man Angst vor den Ergebnissen ihrer Überlegungen hatte, nur weil es nicht ins eigene weltbild passt, das natürlich ausserhalb aller Diskussion steht, weil wo kämen wir denn dahin wenn wir alles hinterfragten etc etc etc.

Wie dem auch sei, man kann über diesen Punkt selbstverständlich streiten und es gibt gute Argumente auf der einen wie auf der anderen Seite. Wolfgang hat imho aber gleich erklärt, dass sich die Sonne um die Erde dreht. Und das ist eigentlich nicht nötig. Sprache ist viel komplizierter, als dass man sie auf so schnöde Wurzeln wie die Biologie zurückführen könnte *g*

Xenia

PS: ich weiß es jetzt nicht mehr ganz genau, welche Genera Swahili hat, aber ich glaube dort nicht nach alten/jungen Menschen unterschieden, sondern zum Beispiel nach belebten, unbelebten Gegenständen. Müsste ich aber nochmal genauer nachforschen.
Interessant finde ich es aber allemal, das manche Sprachen kein grammatikalisches Geschlecht ausgebildet haben - und gerade in der chinesischen Sprache, wo, und da hat Nick ausnahmsweise einmal recht, Dualität eine so große Rolle spielt. Darüber sollte man nicht einfach hinwegsehen.


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