Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: Männerthemen = rechts?

Jörg, Wednesday, 02.04.2003, 03:03 (vor 7698 Tagen) @ Arne Hoffmann

Als Antwort auf: Re: Männerthemen = rechts? von Arne Hoffmann am 01. April 2003 21:51:14:

Hallo Arne,

möglicherweise bezieht sich Maesi hier auf die untenstehende Rede des
Bundestagsabgeordneten Ronald Pofalla.

Gruß, Jörg

<hr>

<table border="0" cellpadding="0" cellspacing="0" width="500[/link]<tr><td>Der Bundestagsabgeordnete Ronald Pofalla zum Entwurf des Gewaltschutzgesetzes

(Wiedergabe einer am 8. März 2001 im Bundestag gehaltenen Rede im Rahmen der ersten Beratung zum Gesetzentwurf. Hervorhebungen sind nachträglich hinzugefügt worden.)

Ronald Pofalla (CDU/CSU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will den Appell der Bundesjustizministerin an die Mitglieder des Deutschen Bundestages aufgreifen. Frau Ministerin, ich kann Ihnen zusichern: Wir sind genauso wie Sie an einer schnellen Beratung und nach Möglichkeit auch an einer gemeinsamen Verabschiedung interessiert.

Ich glaube allerdings - ich werde auf einzelne Punkte gleich eingehen -, dass wir im Rahmen einer Anhörung zu diesem Gesetzentwurf zu der einen oder anderen Stelle Vertreter der Praxis hören sollten, um vielleicht eine noch feinere Ausjustierung bestimmter Regelungen vornehmen zu können. Ich versichere Ihnen aber, dass wir Ihr Anliegen, häusliche Gewalt als etwas, was nicht geht, darzustellen, für richtig halten und dass auch die Rechtsfolgen, die der Gesetzentwurf vorsieht, unsere Unterstützung finden.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube, es bedarf keiner besonderen Anmerkung, dass jede Form von Gewalt vom Deutschen Bundestag und seinen Fraktionen abgelehnt wird und wir das in der Vergangenheit durch eine Reihe von Gesetzesinitiativen deutlich gemacht haben. Der private Bereich - das wird fälschlicherweise von vielen so verstanden - ist keine Zone einer reuelosen Gewaltanwendung. Insoweit ist grundsätzlich jeder Versuch, eine solche Art der Gewaltanwendung zu verhindern, unterstützenswert. Jedoch muss gerade in einem solch empfindlichen Bereich wie in dem von zwischenmenschlichen Bindungen geprägten Ehe-, Verwandtschafts- und Partnerschaftsbereich behutsam vorgegangen werden.

Die Zielsetzung des hier in Rede stehenden Gesetzentwurfes der Bundesregierung - ich habe das eingangs deutlich gemacht – wird von uns grundsätzlich befürwortet und unterstützt. Sowohl die Gewalt in der Ehe und in der Partnerschaft als auch Belästigungen wie Nachstellungen oder ständiges Verfolgen müssen deutlich bekämpft werden. Die Ehe oder Partnerschaft ist kein rechtsfreier Raum.

Doch bleiben nach Lektüre des Gesetzentwurfs Bedenken, was die Umsetzung des mit dem Gesetz Bezweckten angeht. So ist zwar der Maßnahmenkatalog, der dem Gericht als Rechtsfolge bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des 1. Entwurfs des Gewaltschutzgesetzes zur Verfügung steht, durchaus ausreichend und gibt dem Gericht eine Fülle von Handlungsmöglichkeiten an die Hand; doch bestehen beispielsweise hinsichtlich der im Entwurf vorgesehenen erleichterten Beweisführung und der unter Umständen gebotenen - das will ich deutlich sagen -, jedoch im Entwurf rigoros geregelten Wohnungsüberlassung Bedenken.

Bedenken bestehen auch hinsichtlich der Regelungen des neuen § 64 b des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Hier soll, was im Einzelfall durchaus geboten erscheinen kann, in bestimmten Fällen die Vollstreckung vor Zustellung der Entscheidung des Familiengerichts ermöglicht werden. Das Kernproblem liegt dabei - dies ist nach unserer Auffassung durch den Gesetzentwurf nicht befriedigend geregelt - im Missbrauchspotenzial der beabsichtigten Regelungen. Durch die drastischen Maßnahmen kann zwar im tatsächlichen Misshandlungsfall schnell und effektiv geholfen werden, doch kann genauso schnell und effektiv derjenige abgefertigt werden, der Opfer eines abgekarteten Spiels geworden ist.

(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen sich erkundigen, wie das in Österreich war!)

- Ich kann auf eine zehnjährige anwaltliche Praxis bei familiengerichtlichen Auseinandersetzungen zurückblicken. Ich will nur darüber berichten, welche Schwierigkeiten bei der Umsetzung einer an sich vernünftigen Regelung bestehen können. Meine zehnjährige anwaltliche Praxis zeigt mir Folgendes: Es wird in familienrechtlichen Auseinandersetzungen - seien sie scheidungsrechtlicher, unterhaltsrechtlicher oder sorgerechtlicher Art - in einer nicht zu unterschätzenden Anzahl von Fällen von beiden Partnern, um es deutlich zu sagen, gelogen und die Tatsachen entstellend argumentiert, sodass es in der Sache für das erkennende Gericht manchmal schwierig ist, den tatsächlichen Sachverhalt zu erforschen und dann die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Bei der Frage der Güterabwägung bin ich - übrigens in Übereinstimmung mit dem Gesetzentwurf - der Auffassung, dass jemand, der mit dem Vorwurf belastet wird, er habe gegenüber dem Lebenspartner oder der Lebenspartnerin Gewalt angewandt oder mit Gewaltanwendung gedroht, diese Behauptung zunächst unter dem Gesichtspunkt der Wohnraumzuweisung gegen sich gelten lassen muss.

Ich möchte allerdings auch darauf hinweisen - über die Feinjustierung müssen wir uns im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens noch verständigen -: Wir werden Fälle erleben - egal, wie wir das Gesetz im Detail ausgestalten -, in denen eine gerichtliche Entscheidung ergangen ist und sich im Nachhinein herausstellt, dass das, was behauptet worden ist, so oder gar nicht stattgefunden hat. Ich weise darauf nur hin, weil das als Gefahr gesehen werden muss.

Ich sage Ihnen auch aufgrund meiner anwaltlichen Erfahrung: Ich habe eine Reihe von Mandantinnen und Mandanten vertreten, bei denen sich die Wirklichkeit - das hätte ich mir vor der Gerichtsverhandlung nicht vorstellen können - hinterher völlig anders dargestellt hat, als es die zwischen den Parteien ausgetauschten Schriftsätze und Sachvorträge erwarten ließen. Ich weise auf diesen Umstand hin, um deutlich zu machen, dass wir meiner Ansicht nach die Erfahrung der Personen, die in der Praxis stehen, im Rahmen einer Anhörung nutzen sollten, um vielleicht an der einen oder anderen Stelle eine feinere Ausjustierung bei den jetzt vorgesehenen Maßnahmen vornehmen zu können. Ich möchte dafür Beispiele nennen.

Zum einen sind im Gesetzentwurf strenge Regelungen hinsichtlich einer Widerlegungsverpflichtung für den Gewalttäter und – damit korrespondierend - Beweiserleichterungen für die verletzte Person, wie in der Begründung des Gesetzentwurfs dargestellt, vorgesehen.

Zum anderen gibt es die Regelung des § 64 b Abs. 2 FGG hinsichtlich der Vollstreckung ohne Notwendigkeit der vorherigen Zustellung der familiengerichtlichen Entscheidung. Aufgrund der Kombination dieser beabsichtigten rechtlichen Regelungen können gerichtliche Entscheidungen ergehen, die sich im Nachhinein – ich wiederhole mich - als falsch herausstellen. Daher muss auch über die Fristen, die Sie, Frau Ministerin, vorgeschlagen haben, noch einmal diskutiert werden.

Ich denke dabei an ein gekoppeltes Verfahren. Die Sechsmonatsfrist und die Möglichkeit, diese Frist um weitere sechs Monate zu verlängern - das haben Sie, Frau Ministerin, vorgeschlagen -, sind eventuell unter dem Gesichtspunkt, dass sich im Nachhinein etwas anderes herausstellen kann, als bei der Entscheidung des Gerichts angenommen wurde, zu verkürzen. Vielleicht sind auch drei Monate ausreichend, weil sich auch angesichts der Praxis der Familiengerichte relativ schnell Klarheit verschaffen lässt, ob das, was behauptet wurde, tatsächlich richtig ist. Die Gerichte sollten die Möglichkeit bekommen, statt einer Frist von sechs Monaten eine Frist von drei Monaten zu verhängen, in denen ihnen aber durchaus abverlangt werden kann, den Tatsachenvortrag, soweit das in dieser Zeitspanne möglich ist, zu überprüfen. Das sind beispielsweise Fragen, über die wir diskutieren sollten, um eine feinere Ausjustierung vornehmen zu können.

Ich möchte zusammenfassend deutlich sagen, damit keine Missverständnisse entstehen: Wir begrüßen den Gesetzentwurf der Bundesregierung. Wir wollen uns an der Beratung beteiligen und den Gesetzentwurf gemeinsam verabschieden. Auch wir wollen eine schnelle Beratung. Daher rege ich an, dass wir uns gleich in einer der nächsten Sitzungen des Rechtsausschusses auf ein enges zeitliches Verfahren verständigen, damit der Gesetzentwurf zeitnah verabschiedet werden kann.

Ich bitte allerdings auch darum, im Rahmen der Diskussion über die Ausjustierung noch einmal über die eine oder andere Bestimmung nachzudenken und mit Vertretern der Praxis zu reden; denn meine Erfahrung hat mich gelehrt, dass sich der anfänglich als richtig angenommene Tatsachenvortrag in einer nicht zu unterschätzenden Anzahl von Fällen - ich möchte nicht sagen: in einer großen Anzahl von Fällen; eine solche Behauptung würde ich nicht aufstellen; aber es ist eben auch nicht die totale Ausnahme - später, relativ schnell, als völlig falsch herausstellt.

Daraus dürfen nicht gerichtliche Entscheidungen zu Lasten einer Person entstehen, sondern es muss auch hier die Möglichkeit der kurzfristigen Überprüfung geben. Daher bieten wir eine gemeinsame Verabschiedung in der Sache an, wenn man zu gemeinsamen Lösungen kommt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)</td></tr></table>


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