Schlechte Bezahlung von Frauen - die üblichen Lügen
Mir gefällt diese oberflächlich-einseitige Betrachtung der sozialen oder medizinischen Berufsbereiche nicht. Zudem hat die Abwertung von Berufen oder Berufsbereichen nichts mit Männern und Frauen im eigentlichen Sinne zu tun, denn die Berufe würden im Großen und Ganzen auch dann noch schlecht bezahlt werden, wenn sie mehrheitlich von Männern ausgeübt würden.
Und es ist unumstößliche Tatsache, dass die berufliche Qualifikation eines Krankenpflegers weitaus höher ist als die eines Kfz-Mechanikers. Das eine ist eine Berufsfachschulausbildung, die mindestens die Fachoberschulreife voraussetzt, das andere eine praktische Ausbildung, für die der Hauptschulabschluss genügt. Von den Bildungsvoraussetzungen her kann ein Krankenpfleger also auch den Beruf des Kfz-Mechanikers lernen, umgekehrt ist das aber nicht der Fall!
Auch ist die Verantwortung, die in beiden Berufen übernommen werden muss, sehr unterschiedlich. Wenn der Krankenpfleger eine Fehler macht, etwa die Medikamente falsch dosiert oder den Zustand des Patienten falsch einschätzt, kann das Menschenleben kosten. Wenn der Mechaniker einen Fehler macht, kostet es nur Geld (und jetzt soll mir hier keiner mit irgendeinem exklusiven Bremsversagen kommen ...).
Die Krankenschwester ist es, die den Patienten überwacht. Und erst wenn sie Alarm schlägt, kommt der Arzt hinzu.
Um diese Verantwortung übernehmen zu können, muss sie medizinisch ausgebildet und entsprechend qualifiziert sein. Menschen können sehr schnell sterben, schneller als mancher hier sich das vorstellen kann. Und das sieht dann auch nicht so theatralisch und farbenfroh wie im Kino oder bei Dr. House aus. Ganz im Gegenteil, die Anzeichen sind oft recht diffus und man muss sachlich und fachgerecht differenzieren. Ein niedriger Blutdruck kann zum Beispiel auf die Medikamte zurückzuführen sein, aber auch Anzeichen einer inneren Blutung. Und eine Schwester, die den Blutdruck misst und den Wert im Cadex einträgt, muss drauf achten, ob dieser - und alle anderen Parameter - Hinweis auf einen sich verschlechternden Zustand des Patienten oder ein akutes, lebensbedrohliches Geschehen geben. Dazu muss sie die Parameter zueinander ins Verhältnis setzen und die richtigen Schlüsse ziehen können. Mit Bauchgefühl ("Oh, der sieht aber schlecht aus ...") hat das rein gar nichts zu tun.
Die abfällige Reduzierung dieses Berufes auf Tätigkeiten wie Betten machen und Essen austeilen ist schon recht böswillig und entspricht nur der sehr begrenzten Sicht eines selbstbezogenem Patienten oder dessen Angehörigen (was man nicht sieht, gibt es nicht ...). Zudem sind es in wirtschaftlich gut und damit personell schlecht geführten Krankenhäusern auch gar keine richtigen Krankenschwestern, sondern Schwesternschülerinnen oder -helferinnen, die diese Aufgaben wahrnehmen. Manche Tätigkeiten werden auch schlichtweg zu einseitig beurteilt. So ist z.B. die Körperpflege eines Patienten keine rein mechanische Tätigkeit, sondern dient gleichzeitig dazu den gesundheitlichen Zustand des Patienten zu überprüfen und einzuschätzen. Sonst könnte auch jeder Dahergelaufene von der Straße diesen Job machen, mit dem Ergebnis, dass die Patienten diesen Leuten unter den Händen wegsterben können, ohne das irgendwer was merken würde. Offenbar ist aber genau diese Einschätzung, dass es theoretisch jeder aus dem Lameng machen könnte, der Grund für das schlechte Image dieses Berufes.
Im übrigen ist auch das Waschen nicht so einfach und erfordert eine Ausbildung und Kentnisse in Hygiene. Denn durch unsachgemäßes Waschen werden Keime auf dem Körper verteilt, etwa auf Regionen wo sie nicht hingehören, und können dort zu schweren Infekten führen.
Ich gebe allerdings eines zu: Es gibt in diesen Berufen extrem große Qualitätsunterschiede was Ausbildung und Arbeitsleistung angeht. Manche Schwestern können nur auf Anweisung arbeiten, andere ersetzen fast das ärtzliche Personal, und manche schießen komplett übers Ziel hinaus und maßen sich Kompetenzen an, die sie nicht besitzen. Manche sind faul, andere fleissig. Manche können sich gut verkaufen, andere sind graue Mäuse, die mit geducktem Kopf über die Gänge huschen. Und ich wäre als Patient, Angehöriger oder Aussenstehender deshalb besser sehr zurückhaltend mit einer Beurteilung eines Berufes, von dem ich gerade mal nur das allerwenigste mitbekomme.
Eine Altenpflegerin
ist nicht mehr als eine Hotelservicekraft in einer besonderen Verwendung,
die zusätzlich wäscht, kleidet, füttert, Verbände wechselt, Medikamente
eingibt und ein bisschen die Station feudelt. Nicht mehr und nicht weniger.
Hast Du etwa schon mal als Altenpflegerin gearbeitet? Es gibt viele Leute die glauben, dass sie es "locker" können und in der Realität dann aber scheitern (Umschüler, Praktikanten etc.)! Deine Beschreibung dieses Berufsbildes läßt auch eines vermissen, nämlich dass es sich bei den Alten nicht um tote Gegenstände handelt, sondern um Menschen, mit denen man in soziale und psychische Interaktion treten und deshalb auch ein hohes Maß an psychischer Belastbarkeit ertragen können muss - insbesonders bei psychischen und psychosozialen Erkrankungen der Alten, z.B. der Demenz. Auch der enorme Zeitdruck, unter dem die Arbeit trotz der vielen Störeinflüsse geleistet werden muss, ist eine erhebliche Belastung. Komisch, dass diese Kriterien bei den hier vorherrschenden Bewertungen dieser Berufe nie berücksichtigt werden!
Ich habe in den diversen Kliniken, in denen ich ausgebildet wurde oder gearbeitet habe, Menschen kennenlernen müssen, die absolut ungeeignet für diesen gesamten Berufsbereich sind. Von der Schwesterhelferin bis zum Chefarzt war dabei alles vertreten. Zwar halten sich viele Menschen für stark und taff, aber merken nicht, dass sie unter Belastung neurotische Verhaltensmuster zeigen, mit denen sie für diese Berufe schlichtweg ungeeignet sind - und die sie auf Dauer auslaugen. Der knall-harte BWL-Macker (mein persönlicher Antiheld) - für den grundsätzlich alles möglich ist, wenn man nur will - wird schnell an seine Grenzen stoßen, wenn er merkt, dass man Krankheiten und Tod mit markigen Sprüchen und Powerpoint-Präsentationen nicht aufhalten kann. Mit Ohnmächtigkeit und eigener Hilflosigkeit muss man erst einmal umgehen können! Und das können die wenigsten.
Hinter einem Schreibtisch oder einer Werkbank kann man sich verschanzen, wenn man schlecht drauf oder unsicher ist, in einem pflegerischen oder medizinischen Beruf stehst du aber immer in der Kritik, denn nichts von dem was du machst bleibt unbeobachtet (Patienten, Angehörige, Kollegen, ander Berufsgruppen, Vorgesetzte)! Und im Gegensatz zu Formularen oder Maschinen ergeben sich im Umgang mit Menschen Situationen, wie sie variabler nicht sein können. Und auf alle diese Situationen musst Du fachgerecht reagieren können. Da hilft kein rethorisch geschultes Gebrabbel, kein Verschießen von leeren Worthülsen, wenn man nicht weiter weiß. Da muss man zu seinen Fehlern stehen und daran arbeiten, anstatt einen auf dicken Macker zu machen - sonst ist man nämlich ruck zuck weg vom Fenster. Inkompetenz läßt sich in diesem Berufsbereich nicht verbergen, und in keinem anderen gibt es (deswegen) eine so ausgeprägte Hierarchie wie in Krankenhäusern!
Ähnliches gilt für eine Krankenschwester. Erst wenn es um Funktionspflege
geht, steigt die Qualifikation deutlich an, was sich dann umgehend auch im
Gehalt ausdrückt.
"Funktionspflege" ist nur ein Begriff aus der Arbeitsplanung, ähnlich wie "Bereichs- oder Bezugpflege". Mit Qualifikation hat das nichts zu tun!
Im Übrigen sind Löhne und Gehälter nichts anderes als Preise, die am noch
einigermaßen freien Markt ausgehandelt werden.
Wo bitte lebst denn Du? Der so genannte Arbeitsmarkt ist von einer Quasimonopolstellung der Arbeitgeber geprägt. Wer würde sonst für ein Gehalt arbeiten, dass kaum zum Leben reicht? Die Gehälter richten sich auch nicht nach der Qualifikation, sondern nach der Arbeitsmarktsituation (hohe Artbeitslosigkeit = niedrige Gehälter) und dem Kostendruck durch die maschinelle Produktion. Mit dem jeweiligen Indivduum hat die Gehaltsbildung kaum noch etwas zu tun. Und deshalb kann es passieren, dass man zwar qualifiziert ist, aber dennoch nur wenig verdienen kann. Weißt Du zum Beispiel, angesichts der Backstraßen und Brotfabriken, wieviel ein Bäckergeselle verdient? Und die werden gesucht wie sontswas! Wo bleibt da das Marktprinzip?
Offensichtlich sind
Elektriker und Automechaniker mehr wert, andernfalls würden die Firmen
diese Preise nicht bezahlen.
Das ist eine äußerst bescheuerte Formulierung, denn ein Elektriker ist mit Sicherheit nicht mehr wert als eine Altenpflegerin!
In der schlechteren Bezahlung der sozialen oder medizinischen Berufe zeigt sich viel eher ein Phänomen, das zum Nachdenken anregen sollte. Denn sich um Menschen zu kümmern ist in unserer Gesellschaft weniger wert, als sich um Geldwerte zu kümmern. Und Autos sind Geldwerte! Man kann ganz pauschal feststellen: Je weniger Geld(wert) im Spiel ist, desto schlechter werden die Berufe bezahlt. Und übrigens: Ein Kfz-Mechaniker verdient schon lange nicht mehr mehr als eine Krankenschwester. Er muss nur weniger dafür arbeiten. Insgesamt gesehen verdient ein Kfz-Mechaniker inzwischen auch nur noch Peanuts.
Und wo steht geschrieben, dass Frauen diese
Berufe nicht ausüben dürften? Wenn sie dann ebenfalls eine ca. 50
Stundenwoche plus eventueller Überstunden auf sich nehmen, dann verdienen
sie auch genauso viel.
Ich kenne Krankenschwestern, die haben gerade mal nur ein bis zwei Wochenenden pro Monat frei. Die kommen vielleicht nicht auf 70 Wochenstunden (vom Nachtdienst einmal abgesehen), aber sie müssen auch an Feiertagen und eben auch an besagten Wochenenden arbeiten. Und ich kenne kaum einen anderen Beruf, der, wenn Vollzeit gearbeitet wird, so wenig nutzbare Freizeit übrig lässt und zeitlich so dermaßen unflexibel ist. Eine Krankenschwester kann nicht mal eben zwischendurch zur Post oder zur Bank fahren und die versäumte Zeit dann anschließend nacharbeiten.
Ursel sollte mal „Das dämliche Geschlecht“ von Barbara Bierach lesen. Dann
könnte sie lernen, dass es keine gläsernen Decken gibt.
Äpfel und Birnen! Es sind wohl kaum die von Dir zuvor beispielhaft genannten Krankenschwestern oder Altenpflegerinnen, die sich über eine angeblich gläserne Decke beschweren. Die wissen ganz genau, dass sie studieren müssten, um ihre "Bildungsdecke" zu überwinden. Das Problem mit der angeblich gläsernen Decke hat hingegen nur ein kleiner elitär Teil der Frauen.
Ein bißchen mehr Sachlichkeit und weniger Hass würde übrigens nicht schaden, denn Frauen sind nicht gleich Feministinnen. Und während Du die Altenpflegerin verbal anpisst, solltest Du dir auch überlegen, ob dir die durch den Staatsfeminismus befohlene Quotenfrau aus der Vorstandsetage den runzeligen Arsch abwischen würde.
Alex
gesamter Thread:
- Schlechte Bezahlung von Frauen - die üblichen Lügen -
Wolfgang A. Gogolin,
05.03.2009, 14:10
- Schlechte Bezahlung von Frauen - die üblichen Lügen - Nihilator, 05.03.2009, 14:32
- Gegenargumente? -
Betonmischer,
05.03.2009, 15:37
- Gegenargumente? -
Satyr,
05.03.2009, 15:49
- Gegenargumente? - guest2, 05.03.2009, 16:31
- Gegenargumente? - Eugen, 05.03.2009, 15:59
- Gegenargumente? - Wolfgang A. Gogolin, 05.03.2009, 15:59
- Wer definiert was Gleichwertig ist? -
Rainer,
05.03.2009, 16:22
- Wer definiert was Gleichwertig ist? -
Sophie X,
05.03.2009, 16:58
- Wer definiert was Gleichwertig ist - der zukünftige Profiteur narürlich - Borat Sagdijev, 05.03.2009, 23:13
- Wer definiert was Gleichwertig ist? -
Sophie X,
05.03.2009, 16:58
- Gegenargumente? -
Satyr,
05.03.2009, 15:49
- Schlechte Bezahlung von Frauen - die üblichen Lügen - Garfield, 05.03.2009, 16:55
- Schlechte Bezahlung von Frauen - die üblichen Lügen -
Melanippos,
05.03.2009, 17:27
- Schlechte Bezahlung von Frauen - die üblichen Lügen -
Alex Andro,
06.03.2009, 02:18
- Schlechte Bezahlung von Frauen - die üblichen Lügen - Rainer, 06.03.2009, 03:32
- Danke für diesen Beitrag - Christine, 06.03.2009, 04:18
- Schlechte Bezahlung von Frauen - die üblichen Lügen - Eugen, 06.03.2009, 12:54
- Schlechte Bezahlung von Frauen - die üblichen Lügen -
Melanippos,
06.03.2009, 19:50
- Schlechte Bezahlung von Frauen - die üblichen Lügen -
karlma,
07.03.2009, 10:40
- Schlechte Bezahlung von Frauen - die üblichen Lügen - Eugen, 07.03.2009, 12:07
- Schlechte Bezahlung von Frauen - die üblichen Lügen -
Alex Andro,
07.03.2009, 21:11
- Schlechte Bezahlung von Frauen - die üblichen Lügen -
Melanippos,
08.03.2009, 00:12
- Schlechte Bezahlung von Frauen - die üblichen Lügen - guest2, 08.03.2009, 01:33
- Schlechte Bezahlung von Frauen - die üblichen Lügen - guest2, 08.03.2009, 02:32
- Schlechte Bezahlung von Frauen - die üblichen Lügen -
Melanippos,
08.03.2009, 00:12
- Schlechte Bezahlung von Frauen - die üblichen Lügen -
karlma,
07.03.2009, 10:40
- Schlechte Bezahlung von Frauen - die üblichen Lügen -
Alex Andro,
06.03.2009, 02:18
- Schlechte Bezahlung von Frauen - die üblichen Lügen - Manndatar, 05.03.2009, 20:01