Denk ich an Deutschland in der Nacht ...
Hallo Mustermanni
Warum nun technische oder Geld verwaltende Berufe so unverhältnismässig
gut bezahlt werden, während Berufe die mit Menschen zu tun haben
vergleichsweise schlecht bezahlt werden, ist ein Thema für sich. Allerdings
ein Thema, in dem sich die Männerechtsbewegung schnell "vergalopieren"
kann, während die lila Fraktion ihre medial gewinnbringenden "Claims"
längst schon abgesteckt hat. So wird in Foren und einigen
Online-Publikationen von Männerrechtlern z.B. behauptet, dass die
Qualifikation sozialer Berufe hauptsächlich auf "Laberei" beruhen würde.
Einer solchen diffamierenden Unterstellung muss ich allerdings aufgrund
eigener Erfahrungen widersprechen.
Von Laberei wird meist bei bestimmten Studienfaechern gesprochen. Dabei muss man beruecksichtigen, dass es dabei weniger um eine Abwertung der betr. Faecher als solches geht sondern vielmehr darum, dass in diesen Faechern besonders viele Leute mit klug klingender Laberei blenden koennen und darauf basierend einen Abschluss erhalten. Daneben gibt es selbstverstaendlich weiterhin Absolventen, die hervorragendes leisten. Grundsaetzlich kann in jedem Studienfach eine Labertasche durchschluepfen (siehe Merkel in der Physik), aber in manchen Faechern kommt es leider ziemlich haeufig vor, weil es schlichtweg einfacher ist.
Die Variationen, Dynamiken und
Zusammenhänge des sozialen Zusammenlebens sind wesentlich komplexer (und
wesentlich schwerer zu begreifen) als irgendwelche technischen- oder
wirtschaftsmathematischen Formeln!
Das ist korrekt. Genaugenommen sind sie so komplex, dass es bislang noch nie gelungen ist, ein auch nur ein einigermassen taugliches soziologisches Modell zu konstruieren, welches menschliche Gesellschaften zuverlaessig beschreiben kann, welches verifizierbare oder falsifizierbare Voraussagen erlaubt etc. Aehnlich sieht es in der Paedagogik, Psychologie oder in der Psychiatrie aus: viele plausible Theorien, wenig streng wissenschaftlich belegbares. Insofern steht die harte wissenschaftliche Bestaetigung der Richtigkeit der Hypothesen/Theorien in diesen Disziplinen noch aus. Und ich bezweifle, dass man jemals auch nur annaehernd an die Belegbarkeit naturwissenschaftlicher Faecher herankommt. Trotzdem suggerieren die Politik, die Medien und nicht zuletzt auch gewisse Koryphaeen in den betr. geistes- und sozialwissenschaftlichen Studienfaechern selbst, dass genau das moeglich sei. Ein fataler Irrglaube.
Und auch geistig, sowie psychisch und
mental sind diese Berufe enorm anstrengend. Man(n) macht sich zudem
lächerlich, wenn man(n) mit angeblichen Fakten argumentiert, die in
Wirklichkeit lediglich auf (oberflächlichen) Klischees beruhen. Ich will
meine Kritik an dieser Stelle aber nicht weiter vertiefen.
Mag sein, dass manche dieser Berufe (z.B. im paedagogischen und sozialarbeiterischen Bereich) anstrengend sind. Das sagt jedoch nichts darueber aus, ob die Mehrzahl der darin Taetigen das richtige tut oder nicht. In einigen Einrichtungen, in denen soziale Berufe ausgeuebt werden, kann man sogar eher von grossflaechigen Schaeden als von Nutzen fuer die Gesellschaft sprechen (z.B. Jugendaemter). Da frage wohl nicht bloss ich mich, wie gut die Ausbildungen waren, die die dortigen Mitarbeiter genossen haben, wie fundiert die Theorien waren, die ihnen waehrend ihrer Ausbildung vermittelt wurden.
Womit wir wieder bei den Laberfaechern waeren, in denen inkompetente Absolventen mangels anderweitiger Verwendbarkeit an Hochschulen die naechste Generation von inkompetenten Studenten ausbilden - ein sich selbst erhaltendes System. Die einst hervorragenden traditionellen Geisteswissenschaften haben durch die Proletarisierung der Hochschulausbildung stark gelitten, von den vergleichsweise jungen Sozialwissenschaften ganz zu schweigen. Sie sind genau deswegen teilweise zu 'Laberdisziplinen' verkommen, eine Tragoedie sondergleichen.
Zurück zur eigentlichen Rentendiskussion - Gegenbeispiel:
Mein Nachbar war Busfahrer im städtischen (d.h. öffentlichen) Dienst
(nicht verbeamtet). Dieser Mann bekommt eine monatliche Rente von sage und
schreibe rund 2300,- Euro! Das ist im Westen m.W. der Rentenhöchstsatz! Er
hat zudem sein Leben lang von den Vergünstigungen und Gratifikationen des
öffentlichen Dienstes profitiert und auch diverse zinslose Kredite von
seinem Arbeitgeber erhalten. Er ist davon überzeugt, alles richtig
gemacht zu haben und ein "Leistungsträger" gewesen zu sein.[...]Mein Nachbar arbeitet übrigens nach wie vor (Busfahrer werden momentan
nämlich gesucht wie sonstwas) und er verdient dabei natürlich richtig,
RICHTIG ordentlich. Denn schließlich muss er weder sein zusätzliches
Einkommen (vollständig) versteuern noch Sozialabgaben entrichten! Und
jetzt erklär mir bitte mal an diesem Beispiel, was daran gerecht sein soll,
wenn der Arbeitnehmer gerade einmal auf vielleicht ein Drittel des
Einkommens vom Rentner kommt, mit einem Teil dieses Einkommens aber dessen
Rente erwirtschaften muss, und dann im Gegensatz zu diesem auch noch voll
versteuert wird und Sozialabgaben zahlen muss! Erkläre es mir bitte! Ich
verstehe es nämlich nicht!
Wie gerecht kann ein Zwangsumlageverfahren ueberhaupt sein? Allein schon der Zwang, sich an einem solchen System zu beteiligen, ist ungerecht. Jedes Zwangsumlagesystem ist per definition ausbeuterisch.
Betrachten wir das bestehende, umlagebasierte Rentensystem einmal naeher. Ein Erwerbstaetiger zahlt in die Rentenkasse ein und erwirbt dadurch Rentenansprueche in bestimmter Hoehe. Waehrend seines 75-jaehrigen Lebens ist er (wenn's hoch kommt) waehrend 45 Jahren erwerbstaetig und in dieser Zeitspanne Nettozahler, die restlichen 30 Jahre ist er Nettoempfaenger. Rechnen wir mal kurz modellhaft durch, was das im totalen Wohlfahrtsstaat heisst:
In den 45 Jahren muesste er genuegend Rentenabzuege fuer das Umverteilungssystem generieren, dass er auch die restlichen 30 Jahre davon leben kann. Das bedeutet, dass er bei den obigen vorsichtigen Annahmen 40% (!) seines Einkommens an den Wohlfahrtsstaat abliefern muesste, damit das System selbsttragend waere. Diese vereinfachte Rechnung soll nicht so sehr die exakte Hoehe der Sozialabzuege aufzeigen (dazu waere sie viel zu stark vereinfacht) sondern lediglich die Dimension der Abzuege darlegen, die in einem solch weitreichenden Umverteilungssystem auf den Erwerbstaetigen zukaeme. Zurueckgehende Geburtenraten, explodierende Gesundheitskosten, teil- oder nichterwerbstaetige Rentenbezueger etc. sind dabei noch nicht einmal beruecksichtigt, obwohl diese die Sozialabgabehoehe der Erwerbstaetigen noch weiter in die Hoehe treiben.
Wieviele Leute wuerden solch hohe Abgabenlasten zugunsten eines anonymen Umverteilungssystems freiwillig akzeptieren? Nicht viele. Ergo bleibt bloss entweder der totale Solidaritaetszwang im Zwangswohlfahrtsstaat oder die seit jeher praktizierte Alternative der privaten Solidaritaet in Familien, die nicht staatlich geregelt ist (und auch nicht sein kann) sondern Ergebnis einer freiwillig eingegangenen Symbiose, die zwar eine gewisse Einschraenkung der individuellen Freiheit bedeutet, aber eben auch aeusserst oekonomisch ist. Letzten Endes geht es nicht darum vollstaendig unabhaengig zu sein, das ist ohnehin vollkommen utopisch. Es geht vielmehr darum, von jemandem abhaengig zu sein, dem man vertrauen, auf dessen Loyalitaet man bauen kann. Vertrauen ist im Zwangswohlfahrtsstaat jedoch eine irrelevante Groesse, da Zwang und Vertrauen sich diametral entgegenstehen. Vertrauen kann naemlich nur auf Freiwilligkeit basieren nie jedoch auf Zwang.
Das Rentensystem, welches wir heute kennen, ist objektiv feststellbar zum Scheitern verurteilt. Man versucht durch steuerliches Sponsoring die wahren Kosten massiv zu kaschieren, damit man das Wahlvolk vorderhand noch bei der Stange halten kann. Aber die demographische Entwicklung wird unerbittlich zuschlagen, es ist bloss eine Frage der Zeit. Die Millionen von Erwerbstaetigen, die in den naechsten 10 - 20 Jahren ins Rentenalter rueberwechseln, werden durch nachrueckende Jahrgaenge nicht einmal annaehernd kompensiert. Je nachdem, wie stark die sich abzeichnende zukuenftige Rentnermehrheit sich an ihre 'Ansprueche' klammert und diese auch politisch gegenueber den nachfolgenden Nettozahlergenerationen durchzusetzen vermag, wird der Kollaps heftiger oder weniger heftig ausfallen.
Spaetestens nach dem Kollaps des Rentensystems werden jedoch Fragen nach abstrakter (Umverteilungs-)Gerechtigkeit, wie Du sie stellst, voellig obsolet sein. Und in der Haut der Rentner moechte ich dann nicht stecken. 'Sozialvertraegliches Fruehableben' wird in den naechsten Jahrzehnten ganz bestimmt zunehmend ein wesentliches Thema werden. Was das im Zwangswohlfahrtsstaat bedeutet, brauche ich wohl nicht naeher auszufuehren. Wem zwangswohlfahrtsstaatlich die Knete abgenommen wird, dem kann selbstverstaendlich auch das Leben genommen werden, wenn selbiges den Sozialsystemen nuetzt. Wohl dem, der dann noch eine mit ihm solidarische Familie/Freunde hat und nicht der Gnade des eiskalt kalkulierenden Wohlfahrtsstaats ausgeliefert ist.
Gruss
Maesi
gesamter Thread:
- OT: Das Alterseinkünftegesetz trat 2OO5 in Kraft -
Rosi,
23.08.2008, 15:45
- OT: Das Alterseinkünftegesetz trat 2OO5 in Kraft - roger, 23.08.2008, 16:53
- keineswegs OT! -
Holger(ausgeloggt),
23.08.2008, 17:57
- Wir bezahlen unsere eigene Vernichtung - Rosi, 24.08.2008, 03:54
- Das Prinzip ist vom Grundsatz her richtig -
Mustermanni,
24.08.2008, 01:21
- Denke an Ostdeutschland! -
Rosi,
24.08.2008, 03:04
- Denk ich an Deutschland in der Nacht ... -
Mustermanni,
24.08.2008, 15:10
- Denk ich an Deutschland in der Nacht ... - Rosi, 25.08.2008, 15:08
- Denk ich an Deutschland in der Nacht ... -
Maesi,
25.08.2008, 23:15
- Denk ich an Deutschland in der Nacht ... -
Mustermanni,
27.08.2008, 01:31
- Denk ich an Deutschland in der Nacht ... - Maesi, 29.08.2008, 22:50
- "Wehe, wenn sie sehen, wie viele sie sind..." - Rosi, 20.09.2008, 15:22
- Denk ich an Deutschland in der Nacht ... -
Pööhser Frauenfeind,
27.08.2008, 14:06
- Denk ich an Deutschland in der Nacht ... - Maesi, 29.08.2008, 22:56
- Denk ich an Deutschland in der Nacht ... -
Mustermanni,
27.08.2008, 01:31
- Denk ich an Deutschland in der Nacht ... -
Mustermanni,
24.08.2008, 15:10
- Denke an Ostdeutschland! -
Rosi,
24.08.2008, 03:04