Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

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Das ist doch mal was zum Thema !

Chato, Friday, 07.12.2007, 04:23 (vor 6589 Tagen) @ Guildo

Aus dir spricht der Wahn, dich von der von Gott geschaffenen Natur als eine
Art Überwesen - mehr Engel als Mensch - abzuheben. Du glaubst offenbar,
durch Unterdrückung der Bedürfnisse deines Körper zu etwas höherwertigeren
emporzusteigen. Das ist Gotteslästerung...

Guildo

Lieber Guildo!

Das ist auch mein Einwand - unpersönlicher und allgemeiner gefaßt, um die Person des Studenten so weit wie möglich herauszuhalten: mein Einwand gegen die Lehren Rudolf Steiners, die ich als pseudochristlich und häretisch bezeichne, da sie exakt an der von dir genannten Stelle den Bruch mit der christlichen Glaubenslehre vollziehen. Anderes ergibt sich hernach daraus, aber am Beginn des Irrweges steht diese Idee der Selbsthöherentwicklung des Menschen, für welche Steiner, der vom theosophischen Okkultismus herkommt, in seiner Schrift: "Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?" ausgefeilte "wissenschaftliche" Techniken ersonnen hat.

Nun ist es unbestreitbar, daß solche Techniken, auch und gerade in anderen als dem europäischen Kulturkreis, durchaus existieren und auch "Ergebnisse" zeitigen, wenn man sie anwendet. Aber diese Ergebnisse sind nunmal nicht christlich, sondern, insbesondere was Steiner anbelangt, ironischerweise durch und durch materialistisch und passen deshalb so gut in unsere Zeit hinein.

Wie kann das Beschäftigen mit "höheren geistigen Welten" materialistischem Denken entspringen? Materie und "geistige Welten": Schließt das einander nicht krasser aus, als irgend etwas sonst? So scheint es vordergründig zu sein, ja. Aber was sind das denn für "geistige Welten", um deren "Erkenntnis" es da geht? Und warum sollte man als Christ, statt auf Gottes Liebe zu vertrauen, überhaupt derlei "Erkenntnisse" benötigen, um das Ewige Heil der unsterblichen Seele zu erlangen? In der Bibel steht bekanntlich, daß man genau das dafür nicht nur nicht braucht, sondern daß dieser Weg zu anderen Zielen führt: Zur Selbsterhöhung und letztlich eben zur Selbstvergötzung des Menschen. Das ist, wie du richtig sagst, für einen Christen die totale Gotteslästerung.

Ich persönlich erkenne in solchen esoterischen Phänomenen eine nachgerade idealtypische Ausprägung jener listigen Frage der Schlange an Eva: "Sollte Gott wirklich gesagt haben, daß ihr von keinem Baum im Garten irgend etwas essen dürft?" Das hat Gott in Wahrheit gar nicht gesagt, wie die Schlange in dieser Geschichte auch sehr wohl wußte, sondern nur von einem Baum sollten die Menschen nicht essen, weil er ihnen nämlich den Tod bringen würde, wenn sie es täten: dem Baum der "Erkenntnis von Gut und Böse". Erkenntnis ist hier ausdrücklich nicht als eine echte Erkenntnis gemeint - das geht aus dem folgenden Geschehen ganz klar hervor - sondern als ein suggestives Gefühl einer Erkenntnis, also als täuschendes Selbstempfinden, man verfüge nun über quasi göttliche Fähigkeiten ("Ihr werdet sein wie Gott!", hatte die Schlange versprochen), obwohl man diese als Mensch natürlich nicht besitzt. Aus genau diesem Selbstempfinden heraus erwächst die Dämonie.

Die Idee einer menschlichen Erkenntnis "höherer Welten" als gewissermaßen objektive und erlernbare "Wissenschaft", so wie Steiner das in seiner Lehre entwickelt hat, ist in meinem Urteil um nichts weniger materialistisch, als etwa die Idee der Eroberung anderer Länder, um mit deren Bodenschätzen guten Profit zu machen. Gegen den Übergriff, solches ausgerechnet "christlich" zu nennen, muß man sich als Christ mit aller Deutlichkeit verwahren, weil der Sinn unseres Glaubens damit in sein genaues Gegenteil verkehrt wird. Ein zu erwartender Verweis darauf, daß es auch andere Halunken gab und gibt, die sich wahrheitswidrig "Christen" nannten bzw. nennen, ist natürlich ohne Belang für die Frage, ob Steiners Lehre christlich ist oder nicht.

Der Student wird sich einmal entscheiden müssen, welchen der beiden Wege er letztlich einschlagen möchte, den anthroposophischen oder den christlichen. Beides zusammen ist nicht möglich, auch wenn er noch so sehr davon träumt. Das ist jedenfalls meine Ansicht dazu, die er kennen sollte, damit er sich nicht unnötigen Täuschungen hingibt, was Einheit und Differenz zwischen ihm und mir anbelangt.

Noch eine Schlußbemerkung, da sich dafür gerade die Gelegenheit ergibt: Verschiedentlich wurde hier geltend gemacht, es gebe doch nun mal verschiedene religiöse Wege, deshalb könne der christliche nicht als einzig möglicher angesehen werden, sondern andere Wege seien genauso gut. Nihi hatte das zum Beispiel verschiedentlich vorgebracht.

Meine Haltung dazu ist die folgende: Selbstverständlich "muß" niemand Christ sein. Gerade wir Christen betonen in ganz besonderer Weise die Freiheit des Gewissens eines jeden Menschen, was natürlich die Freiheit des selbst gewählten religiösen Bekenntnisses in vorrangiger Weise mit einschließt. Nur ist es eben so, daß unterschiedliche Wege logischerweise auch zu unterschiedlichen Zielen führen, und nicht etwa zu ein und demselben, wie das immer gerne, aber völlig unüberlegt und sehr irrtümlich unterstellt wird.

Nein, so ist es eben nicht. Ein Buddhist zum Beispiel, für den das menschliche Leben letztlich nichts als sinnloses Leiden in einer Welt voller Täuschungen und Illusionen bedeutet, welchem es zu entrinnen gilt durch achtsames Befolgen der Lehre des Buddha und letztliches Erlöschen im Nirvana, der hat sich genau dieses Ziel gewählt. Und nicht irgend ein anderes. Dagegen ist von außen überhaupt nichts einzuwenden. Wenn er sich dieses Ziel setzt, dann wird er genau dieses Ziel irgendwann einmal erreichen oder auch nicht. Aber er wird auf keinen Fall irgendein anderes Ziel damit erreichen. Darüber sollte für jeden völlige Klarheit bestehen, denn die Freiheit der Wahl beinhaltet die Verantwortung für die Konsequenz dieser Wahl. Man muß wirklich wissen, was man will und was nicht. Sonst erreicht man etwas, was man dann vielleicht lieber nicht gewollt hätte, wenn man es schon vorher begriffen hätte.

Christ wird man, wenn man eine tiefe Sehnsucht nach dem christlichen Ziel empfindet, also nach der Person Jesu Christi - nicht nach dem Bild, das man sich von ihm machen mag, sondern nach der lebendigen Erfahrung, so man sie gesucht und gemacht hat. Wen das hernach kalt läßt, warum sollte der Christ werden? Es gibt dann keinen Grund dafür.

Wer sich prüft und dann andere Wege als den christlichen wählt, der gelangt zu den entsprechenden, anderen Zielen, falls er über diese Ziele nicht belogen wurde, bzw. in die Hölle, falls er hereingelegt worden ist. Zu was denn sonst? Zu prüfen ist also immer, 1. wohin es einen zieht und 2. wie vertrauenswürdig die Gewähr hinsichtlich des in Aussicht gestellten Zieles ist. Die Zahl der religiösen Betrüger ist nicht geringer, sondern größer, als die Zahl derer, die man sonst so kennt. Die Chance, vom "fliegenden Spaghettimonster" geholt zu werden ist also durchaus nicht gering... *ggg*

Die völlig verkehrte Vorstellung, jeglicher religiöse Weg führe sowieso zum selben Ziel, verhindert genau die genannte Selbstprüfung und ist deshalb von besonders großem Schaden für den, der diese Idee für wahr hält. Sie ist es nicht.

Sorry für diesen OT-Exkurs. Er war nötig, weil die soeben behandelten Fragen nun mal im Raum stehen, nachdem sie hier immer wieder und schon seit längerem von verschiedener Seite zur Sprache gebracht worden sind.

Gruß vom
Nick

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Wenn wir Toren wüßten, daß wir welche sind, wären wir keine.


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