Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Das Ursula-Prinzip: Das Land für die Frauen verändern

Chato, Saturday, 24.03.2007, 02:28 (vor 6842 Tagen) @ Garfield

Guten Abend Garfield!

Problematisch ist, daß solche Prozesse oft eine Eigendynamik entwickeln, der man
sich kaum entziehen kann. Auch wenn die Lenker eines Unternehmens einsehen, daß
sie sich selbst die Märkte zerstören, können sie damit schlecht aufhören, weil andere
Unternehmen, die damit nicht aufhören, sie dann am Markt unterbieten könnten. So
entsteht dummes Verhalten wider besseren Wissens.

Dir ist schon klar, daß du damit bestätigst und sogar detailliert begründest, wie sehr ich mit meinem Bestreiten "der Reichen" als "wirklich Mächtige" recht habe, und daß sie angeblich an den Verwüstungen durch den Feminismus schuld wären? "Dummes Verhalten wider besseres Wissen" ist nun mal die kürzeste und bündigste Definition von Machtlosigkeit, die sich überhaupt denken läßt, Garfield!

Wer ist dann am Ende daran schuld? Der Irre, der es nicht besser wußte, oder nicht doch
eher derjenige, der überhaupt erst ermöglicht hat, daß der Irre Schaden anrichten konnte?

Wußte letzterer es denn wirklich besser als der erste? Ist er nicht in Wahrheit ebenso blind hinsichtlich der Konsequenzen seines Tuns, wie der "demagogische Irre" und unterliegt er am Ende etwa nicht denselben Konsequenzen? "Weder noch!", lautet deshalb meine Antwort auf deine obigen Fragen.

Du argumentierst von deiner neomarxistischen Position aus, daß das Kapital, verstanden als Macht von Menschen über Menschen aufgrund eines gesellschaftlichen Verhältnisses von Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft auf der einen und Akkumulation toter, geronnener Arbeitskraft auf der anderen Seite... daß dieses Kapital also angeblich beliebige Ideologien im eigenen Interesse rational und zweckmäßig benutzen könnte. Für mich hingegen ist das Kapital die konkret gewordene Manifestation einer metaphysischen Macht, ein überpersonales, transzendentes, geistiges Prinzip, das Einfluß auf Menschen ausübt, um sie sich zum Zwecke ihrer eigenen Destruktion zu unterwerfen. Der "einzelne Kapitalist" (das bedeutet heute freilich fast immer: der einzelne bezahlte Manager) unterliegt dieser apersonalen, metaphysischen Macht nicht weniger, als jeder andere auch, und "beherrscht" sie definitiv nicht!

Der Kapitalist ist für mich folglich nicht weniger "irre", als der, der deiner irrtümlichen Ansicht nach von ihm, dem Kapitalisten, angeblich zu eigenen Zwecken benutzt wird. Du bestätigst zwar beiläufig immer wieder mal diesen Sachverhalt (s.o.), ziehst dann aber nicht die Konsequenz daraus. In Wahrheit sind doch beide Gestalten nichts weiter als ausführende Sklaven eines übergeordneten Prinzips, dem sie sich unterwerfen und das sich ihrer zu seinen Zwecken bedient. Und die sind nun mal nicht personal und individuell faßbar, sondern kollektivistisch und deshalb metaphysischer Natur.

Der Zweck des Kapitals (und eben nicht der "des Kapitalisten"!) ist doch deswegen so irre, weil er in totaler Versklavung schlechthin und in Vernichtung des Menschen als solchem besteht und darauf abzielt. Davon hat jedoch weder der Kapitalist noch "sein" destruktiver Ideologe etwas. Trotzdem aber tun beide "das Dumme wider besseres Wissen", wie du es oben ausdrückst. Und warum? Weil sie eben beide äußeren Zwängen unterliegende, abhängige Geister sind, also ohne eigenen, freien Willen hinsichtlich ihres hier in Rede stehenden Tuns, mögen sie dies subjektiv auch ganz anders erleben und interpretieren. Die Wirklichkeit dieser Zwänge zeigen sich dadurch, daß sie ihnen nachgeben und gar nichts anderes tun können, ohne augenblicklich nicht mehr die zu sein, die sie sind: der Ideologe folgt seinen Zwangsideen, der Manager der Entwicklung an den Börsen. Beide sind also in gleicher Weise nicht die Herren des Geschehens, an dem sie aktiv teilnehmen, sondern ausführende Organe eines beiden letztlich zwar gemeinsamen, aber eben überpersonalen, kollektiven, mithin außerindividuellen Willens.

Du beschreibst diesen Sachverhalt für deinen Kapitalisten ja selber mit folgenden, erhellenden Worten: "Wer viel Geld und viel Einfluß und damit eben viel Macht hat, wird dadurch nicht automatisch weise und allwissend." Eben! Auch dein Kapitalist handelt halt nicht rational, also im Wissen um die wirkenden Gesetze und um die zu erwartenden Folgen, sondern blind und rein reaktiv, sehr häufig sogar nachgerade panisch getrieben, ständig zwischen Hoffnung und Verzweiflung hin und her pendelnd, ohnmächtig all dem ausgeliefert, was die allgemeine und die Marktentwicklung ihm tagesaktuell diktiert. Er handelt nicht etwa im eigenen, individuellen, persönlichen Interesse, sondern er dient eben "gegen (hohe) Bezahlung" (der Ideologe ist da übrigens "idealistischer") einem ihm übergeordneten, kollektivistischen Prinzip, das ihm sein Handeln unerbittlicher diktiert, als es der ärgste menschliche Sklaventreiber fertigbrächte (gerade diese Tatsache hat Marx doch deutlich und unwiderlegbar herausgearbeitet). Jeder Ausschlag an der Börse ist ein Imperativ für ihn, sofort zu handeln und darauf zu reagieren, ein Zwang, dem er sich nicht entziehen kann bei Strafe des Bankrotts. Er handelt und entscheidet also überhaupt nicht frei, wie du es unterstellen müßtest, wenn du ihm "Macht" zubilligen möchtest, sondern ist im Gegenteil in einer ganz besonders extremen Weise abhängig von außer ihm sich vollziehendem Geschehen. Er ist folglich - in einem kurzen Satz ausgedrückt - das genaueste Gegenteil von einem "mächtigen Menschen", das sich überhaupt denken läßt!

Wenn so eine Gestalt nun auf den Gedanken kommt, sich "ideologische Irre" nutzbar machen zu wollen, dann hegt sie diesen Gedanken nicht, weil sie weiß, was sie will, oder gar wüßte, was der "Ideologe" tun wird, sondern weil sie nicht weiß, was sie will noch was geschehen wird und ihr einfach nichts besseres einfällt. Beispiel: Ernennung Hitlers zum Reichskanzler. Das war nüchtern und sachlich betrachtet Russisches Roulette mit fünf Patronen in der Trommel. Das wußten Hindenburg, Papen und Schleicher, und "die Kapitalisten" wußten auch, daß sie nicht mehr als das wußten. Wer solche Spielchen, deren Ausgang völlig unbestimmt ist, nötig hat, ist absolut machtlos, ein von Ängsten getriebener und geistig impotenter Knecht des Geistes seiner Zeit. So jemand entscheidet gar nichts, sondern über den wird entschieden. Daß das stimmt, hat sich unmittelbar danach erwiesen.

So ein "Kapitalist" (bzw. Manager) fällt in solchen Dingen also keine eigene Entscheidung, sondern er reagiert blind, dient also ohne eigenes, personales Bewußtsein über das sich vollziehende Geschehen und dessen Konsequenzen jenem metaphysischen, apersonalen Prinzip der Destruktivität - vulgo: dem Bösen - für das er gewissermaßen bloß die Energie (das Kapital) bereitzustellen hat, der ideologische Demagoge aber die Intelligenz und die Ideen, die dann mit der akkumulierten Macht des Kapitals in der Welt verbreitet und politisch durchgesetzt werden. Davon hat dein Kapitalist aber ebenso wenig einen persönlichen Nutzen, wie letztlich der "irre Ideologe", von dem du behauptest, er diene diesem Kapitalisten. In Wahrheit dienen sie beide dem einen, nämlichen, überpersonalen, destruktiven Prinzip, das den einen wie den anderen benutzt und nach Gebrauch auf den Müll wirft. Das ist jedenfalls meine Sicht der Zusammenhänge, die der deinen (materialistischen) natürlich diametral widerspricht. Aber sie ist m.E. nicht nur schlüssiger und konsistenter, sondern viel erklärungsmächtiger, schon weil sie ohne all die inneren Widersprüche auskommt, die du dauernd übergehen mußt, sondern sie kann sie erklären.

Macht hat grundsätzlich immer derjenige Wille, der gestaltend sich selbst verwirklicht und den von ihm Beeinflußten zur Norm ihres Handelns wird. Und dieser Wille ist hier nun mal, was das Kapital anbelangt, kein individuell faßbarer, menschlicher, personaler, sondern ein überpersönlicher, kollektiver, transzendenter Wille. Marx hat sich ein Leben lang vergeblich verrenkt, diesen nicht zu bestreitenden Sachverhalt, den er durchaus durchschaut und eingeräumt hat, gleichwohl "materialistisch" zu erklären. Das konnte aus Prinzip nicht funktionieren, weil schon der ganze Materialismus nicht funktioniert, erst recht dann nicht, wenn es um geistige Phänomene geht, weswegen seine völlig verkehrte Theorie, die er irrtümlich für wissenschaftlich hielt, sich als atheistischen Antireligion erwies, als solche gelebt und durchgesetzt wurde und entsetzliches Leid über die Menschheit brachte - so wie es eben immer geschieht, wenn man ideologischen Unsinn für Wahrheit hält.

Und wie könnte man in Zukunft verhindern, daß sich so etwas wiederholt? Indem man
alle Irren vorsorglich einsperrt, oder nicht vielleicht doch eher dadurch, daß man
denjenigen, die irgendwelche Irren für ihre Zwecke einspannen, auf die Finger klopft?

Och, du denkst dabei an die Zukunft? Wieso eigentlich? Vielleicht sind ja schon alle Irren längst vorsorglich eingesperrt worden und merken es bloß nicht, bzw. wollen es nicht wahr haben, weil sie halt irre sind? Ich beweise dir jetzt mal, daß genau dies der Fall ist:

Wenn man mal ganz realistisch feststellt, daß wir Menschen so gut wie völlig unwissend sind, was die tieferen Gesetze des Seins anbelangt - was nicht schlimm ist, weil wir ja nur Menschen sind - aber leider, da so gut wie alle irrtümlich das Gegenteil annehmen (vor allem von sich selbst und hinsichtlich ihrer eigenen Einsichten) eben auch so gut wie alle komplett irre sind, und - weiter - daß wir uns ja bekanntlich keineswegs frei bewegen können, weder im Raum, noch in der Zeit, dann muß deine erste Vorsichtsmaßnahme schon mal als längst verwirklicht bezeichnet werden. Wieso? Unser irdisches Leben dauert nur wenige Jährchen und gewährt keinem von uns den geringsten Zutritt zu all dem, was sich zeitlich davor oder danach befindet - was aber freilich und bekanntlich das allermeiste von allem ist. Zeitlich gesehen ist's also schon mal arg eng, derart eng, um genau zu sein, daß "eingesperrt" die Sache ziemlich genau beschreibt. Dieses lächerlich kurze Leben findet außerdem bloß auf diesem winzigkleinen, blauen Planeten statt, der verloren um irgendeine der über 100 Mrd. Sonnen dieser Galaxie kreist, von welch letzteren es wiederum vielleicht eine Billionen geben könnte. Wenn man, wie gesagt, all diese sehr einfachen Tatsachen ganz nüchtern berücksichtigt, dann kann unser Bewegungsspielraum, auf's Ganze gesehen, nur als derart drastisch eingeschränkt bezeichnet werden, daß der Ausdruck "eingesperrt" in dem Maße beschönigend ist, wie der Ausdruck "irre" wegen des verbreiteten Nichtwahrhabenwollens solch schlichter Tatsachen sowie insbesondere der ernüchternden Konsequenzen, die diese Tatsachen hinsichtlich unserer Bedeutung und unserer Einsichtsfähigkeit haben, zutreffend ist.

Das mit dem "vorsorglichen Einsperren aller Irren" stimmt also schon mal auf jeden Fall und man braucht sich nicht weiter mehr darum zu kümmern. Nun zu deinem zweiten Vorschlag, der darin bestand, denjenigen, die irgendwelche Irren, zum Beispiel uns, für ihre Zwecke einspannen möchten, auf die Finger zu klopfen. Ich finde diese zweite Idee von dir ganz ausgezeichnet! Aber ich finde im allgemeinen leider wenig Einsicht in solche Zusammenhänge wie die von "irre sein" und "für fremde Zwecke eingespannt sein" und deshalb entsprechend wenig Bereitschaft, denjenigen dann auch tatsächlich auf die Finger zu klopfen, die sowas mit einem machen möchten, sondern es herrscht im Gegenteil viel eitle Bereitschaft, sich für jeden noch so absonderlichen Blödsinn um so williger einspannen zu lassen, je blödsinniger er ist. Es handelt sich hier explizit um ein geistiges Problem, das deshalb entsprechend angegangen werden muß. Ganz besonders beliebt sind übrigens ausgerechnet und zufälligerweise jene beiden oben bereits ausführlich erörterten Rollen als "reicher Mann" und "berühmter Demagoge", die leider von ziemlich vielen Menschen verkannt werden als Wege der Freude, des Glücks, der Stärke und der Freiheit, obwohl es in Wahrheit besonders schreckliche Wege in die Entfremdung, ins Unglück, in die Ohnmacht und in die Sklaverei sind. Ich hatte es oben detailliert dargelegt.

Freundlicher Gruß
vom Nick


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