Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Frauenbenachteiligung im Beruf (war: Re: Frauenhass? Gerechtigkeitssinn !)

point / Thomas , Tuesday, 29.01.2002, 19:42 (vor 8714 Tagen) @ Xanthippe

Als Antwort auf: Re: Frauenhass? Gerechtigkeitssinn ! von Xanthippe am 29. Januar 2002 15:41:48:

Aber einem Punkt sind Frauen im Berufsleben ganz klar benachteiligt: haben sie Kinder ist die 1. Frage beim Vorstellungsgespräch was frau denn macht wenn diese mal krank sind. Wird einem Vater diese Frage auch gestellt?

Nein. Weil ein Mann *von vorneherein* gar nicht alleinerziehend Kinder betreuen müssen darf, da er ansonsten nicht Fulltime-Karrieremässig zu nutzen ist vom Betrieb.

Allein deshalb wird ihm diese Frage nicht gestellt - man erwartet einfach, daß der Fall nicht eintritt. Sollten mehr Männer alleinerziehend werden, wird auch dies zum (wahrscheinlich nie offen ausgesprochenen) Ausschlusskriterium werden, da kannst Du sicher sein.

Jüngere Frauen kämpfen damit, daß sie ja schwanger werden k ö n n t e n, das reicht für viele Kleinunternehmen (nicht jeder hat das Glück bei nem Konzern zu schaffen) als ko- Kriterium.

Stell Dir vor, Du als Kleinunternehmer müsstest wählen zwischen einem Mann, der möglicherweise ausfällt und einem Mann, der voraussichtlich nicht ausfällt. Oder einer Frau, die schwanger werden könnte, und einer, die sterilisiert ist. Alle anderen Kriterien sind gleich gut erfüllt.

Wen nimmst Du?

Das Ganze hat, wie meist, eben primär nichts mit einer gemeinerweise freiwilligen Geschlechtsdiskriminierung zu tun, sondern mit Effizienz-Zwängen der Wirtschaft. *Diese* kann man in der Tat kritisieren (wenn man eine Idee hat, wie es anders funktionieren sollte... ;-).

Ich glaube nach meinen Informationen übrigens nicht, daß Unternehmer*innen* anders bei der Einstellung/Nichteinstellung von Frauen handeln als männliche Unternehmer.

Tja, und neulich erzählte mir meine Freundin, Diplom- Ökonomin von Beruf, gewollt kinderlos, daß sie ob ihrer Kinderlosigkeit bei Vorstellungsgesprächen auch schon angemacht wurde.

Inwiefern, und von einem Mann oder einer Frau?

Punkt 1 habe ich am eigenen Leib öfter erfahren, als mir lieb ist. Gerade vor kurzem habe ich meine Kündigung bekommen, weil mein Chef (Einzelunternehmer) es sich nicht leisten kann, daß Mutter wegen Kinderbetreuung ausfällt. Das steht zwar nicht in der Kündigung, aber unter 4 Augen hat er es mir genau so gesagt.

Es gibt qua "Kindergebärenkönnen" eine prinzipielle, biologische "Geringer-Eignung" von Frauen für andauernde berufliche Karriere. Das klingt hart. Aber: Genauso gibt es auf der Gegenseite eine vollkommene (!) Nicht-Eignung des Mannes, eigene Kinder zu gebären.

Hast Du schon einmal einen Mann darüber klagen hören, daß dies so ist?

Gehört nicht, wenn überhaupt (schliesslich kann man Gebärfähigkeit ja durchaus auch als Fähigkeit ansehen statt als reinen Nachteil), dann *beides* in die Beschwerdekiste an den lieben Gott, und nicht in die ans andere Geschlecht?

Ich fühle mich in diesem Punkt ganz klar benachteiligt. Wie gesagt, in die Chefetage zieht es mich gar nicht, ich möchte nur mein täglich Brot verdienen.

Wie gesagt, siehe oben. Marktwirtschaft basiert auf Wettbewerb. Wettbewerb hat Leistungsfähigkeit als oberstes Kriterium. Ein grosser Teil von Leistungsfähigkeit ist Kontinuität.

Die Gesellschaft muss, formuliert man es aus wirtschaftlicher Sicht, entscheiden, wieviel finanzielle Beeinträchtigung sie zu Gunsten eines abstrakten Gleichberechtigungsideals in Kauf zu nehmen bereit ist. Das schlimme ist nur die Verlogenheit der betreffenden Diskussion: Kein Verantwortlicher in Politik oder Wirtschaft könnte das heute noch so offen ausprechen, ohne nicht sofort von den Medien und Frauenorganisationen gelyncht zu werden.

Und es ist ja in der Tat einiges getan worden, um diesen spezifisch weiblich-biologischen Vorteil/Nachteil (je nach Sichtweise) "künstlich" abzufedern. Aber das hat seinen Preis. Und in wirtschaftlich schwierigen Zeiten werden sich die Unternehmen dessen stärker bewusst.

Trotzdem (es mag nach dem Vorangegangenen zynisch klingen, ist aber definitv nicht so gemeint) wünsche ich Dir von Herzen viel Glück für Deine Suche nach einem neuen Arbeitsplatz!

bye
Thomas


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